DerGläserne Gigant ein Wunderwerk deutscher Technik

Br begeistert Tausende von Besuchern aus aHer Welt bei seiner Rundreise durch die Bundesrepublik

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Wer kennt nicht die Mär vom Golem, dem -künstlichen Menschen, der einst in den wink­ligen Gassen der Altstadt von Prag von kun- 'diger Hand eines weisen Rabbis zu unheim­lichem Leben erweckt worden sein soll. Diese (Sage gibt einem alten Traum der Menschheit Ausdruck, sich ein künstliches Abbild ihrer selbst zu schaffen. Ein Wesen zu bilden, das den Befehlen seines Meisters gehorcht und ohne Herz und Gemüt alles ausführt, was ihm geboten wird, wenn es gilt seine Feinde ziu vernichten.

Dem zwanzigsten Jahrhundert, seiner hoch- entwickelten Technik und Wissenschaft blieb es Vorbehalten, diesen alten Plan eines genia­len Geistes Wirklichkeit werden zu lassen. Im Hygiene-Museum in Dresden entstand in jahrelanger Arbeit in den dreißiger Jahren das berühmte gläserne Menschenpaar, das da­mals als ein Wunder der Technik und Wissen­schaft angesehen wurde und mit Recht das Erstaunen ungezählter Tausender von Be­suchern aus aller Welt hervorrief. Die Wir­ren das Krieges und der Nachkriegszeit ver­nichteten viele der wertvollsten Bestände des Dresdener Museums. Auch das gläserne Menschenpaar fiel dar chaotischen Zeit zum Opfer. Es wurde getrennt. Der Mann wurde nach Rußland geschafft, eine wdUkommene Beute für die Sammlungen Moskaus. Die Frau rettete man in den Westen, wo sie bald in In. und Auslande ihren alten Ruf, das vollkom­menste Abbild des menschlichen Körpers und ee ner Funktionen zu sein, wiedererlangte.

Doch (He deutsche Technik und Wissenschaft begnügte sich nicht mit der durchsichtigen Eva allein. Sie schuf in jüngster Zeit ein neues Gegenstück, denGläsernen Giganten, der seinen Vorgänger an Größe und tech­nischer Ausstattung noch übertrifft. Die über­lebensgroße Figur, weicher der Beschauer nur bis ans Knie reicht, wird zur Zeit in der ge-

; Neue Stahlwerke an Elbe und Oder

Das Wirtschaftsministerium derDeutschen Demokratischen Republik arbeitet zur Zeit umfassende Pläne aus, um einRuhrgebiet des Ostens zu schaffen. Auf Forderung Moskaus werden an Elbe und Oder neue Stahlwerke errichtet und die bestehenden, größtenteils von den Russen demontierten Anlagen, wieder aufgebaut. Das Ziel des lau­fenden Fünfjahresplanes ist es, bis 1955 die Ostzone unabhängig von der Ruhr zu machen.

Der Plan sieht für die nahe Zukunft einen jährlichen Ausstoß hochwertigen Stahles von 6,5 Millionen Tonnen vor. Zur Zeit produ­zieren die Werke jenseits des Eisernen Vor­hanges jährlich 2,8 Millionen Tonnen. Die Sriederaufgebauten Werke von Henningsdorf, Riese, Gröditz und Unter-Wellenborn stellen £ur Zeit 1 000 000 t Stahl im Jahre her. Die Döhlen und Neubau-Stahlwerke nehmen in Wenigen Monaten die Produktion auf.

Um auf die Produktionsziffem von 6,5 Mil­lionen im Jahre 1955 zu kommen, muß noch Öer derzeitige Engpaß in der Eisenerz- und Schrottversorgung überwunden werden. Man hat für che Entwicklung und den Ausbau bestehender und neu erschlossener Erzlager in allen Teilen Ostdeutschlands den Betrag von 240 Millionen Ostmark bereitgestellt.

«ernten Bundesrepublik im Rahmen der Aus­stellungNeues Leben gezeigt.

DerGläserne Gigant ist ein 3,60 m großer Mensch aus Plexiglas, der auf einem 1,90 m hohen Sockel steht. Wie durch ein Vergröße­rungsglas sieht der Betrachter sein Ebenbild und erhält Aufschluß über Lage und Form des Knochengerüstes der inneren Organe und über die Funktion des Blutkreislaufes. So wie man vielfach Einzelteile vergrößert, um sie an­schaulicher darzustellen, wurde hier der Mensch vergrößert und dieser Riese ge­schaffen.

Während des ganzen Lebens muß das Herz, das beim erwachsenen Main etwa 70 mal in der Minute schlägt, das Blut in Bewegung halten, um die aufgenommenen Nahrungs­stoffe und den Sauerstoff in die einzelnen Or­gane und Gewebe zu führen. Um den Be­schauer nicht zu verwirren, sind im Giganten nur die großen Adern schematisch dargestellt, auch sind die komplizierten Kredslaufverhält- nisise in der Milz und den Nieren nur ange­deutet.

Durch eine sinnvolle Beleuchtungseinrich­tung kann der Betrachter den Weg des Blut- stromes verfolgen und den großen und klei­nen Kreislauf erkennen. Er sieht, wie das Blut von der linken Seite des Herzens in die große Körperschlagader und weiter durch die Sei­tenäste in den Körper gepumpt wird und wie dann das mit Stoffwechselprodukten und Kohlensäure beladene Blut durch die Blut­adern zur rechten Seite des Herzens zurück­fließt. (Ende des großen Blutkreislaufes). Wei­ter verfolgt man das kehlensäurehaltige Blut auf seinem Weg in die Lunge, wo es die

Kohlensäure abgibt. Sauerstoff aufnimmt und zur linken Seite des Herzens zurück fließt. Da­mit ist der kleine Kreislauf beendet, an den sich nun wieder der große anschließt. Die Blutgefäße, in denen sauerstoffhaltiges Bhit fließt, sind rot und diejenigen, die kohlen­säurehaltiges Blut führen, blau gehalten, da auch bedan Menschen das mdt Sauerstoff ver­sehene Blut heller ist, als das kohlensäure- haltige.

Länger als drei Monate arbeitete man in der Bildhauer-Werktatt das Deutschen Gesund­heitsmuseums an der Fertigstellung des Gi­ganten. Eine unendliche Kleinarbeit war not­wendig, um des Werk in seiner heutigen Vol­lendung zu schaffen. Der Riese enthält eine Fülle von Einzelteilen, von denen nur einige einmal mitgeteilt seien, um einen Begriff von der geleisteten Arbeit zu geben.

Das Gewicht des Skelettes .allein beträgt zweihundert Kilogramm. Die Länge des Rohr­systems, das den Blutkreislauf darstellt, 62 Meter. Die automatisch betriebene Lichtkette enthält 1500 Glühbirnen. Zur Herstellung des Innenkörpers und der Außenhaut wurden sfchMeßlich 35 Quadratmeter Plexiglas ver­wandt. Vierhundert Zentner Modellgips ver­brauchte man, um die zahlreichen Einzel­formen zu gießen und zu prägen, ehe man eie zum Ganzen zusammensetzte.

Viele geschickte Hände waren an der Vol­lendung der Figur beteiligt. Die Arbeit vieler vergrübelter Stunden der Techniker und Wis­senschaftler steckt in demGläsernen Gi­ganten, der wahrlich ein Meisterwerk deut­schen Erfindungsgeistes ist, das noch Gene­rationen nach i»i6 bewundern werden.

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Europas Jugend auf der Lorelei

Die grün-weiße Fahne flattert vom höchsten Gipfel des Felsens über dem Rhein

Dort wo der Rhein am schönsten ist, wo er sich durch die dunklen Schieferberge mit ihren romantischen, sagenumwobenen Burgen zwängt, liegt auf steiler Höhe das Plateau des Lorelei-Felsens.

In diesen Wochen des herrlichen Sommers am Rhein ist die Lorelei das Ziel der Jugend Europas. Sie versammelt sich zu fröhlichem Lagerleben und ernster Diskussion unter der grün-weißen Fahne mit dem großen E, dem zukunftsweisenden Zeichen eines kommenden Staatenbundes.

Rund zehntausend junge Menschen aus allen Ländern des .alten Kontinents kommen in Gruppen von je tausend Buben und Mädeln jeweils mehrere Tage hier zusammen, um sich kennenzulernen und die Probleme unse­rer Zelt in fruchtbaren Gesprächen zu dis­kutieren. Die besten Männer und Frauen aus der Europa-Bewegung haben sich zur Ver­fügung gestellt, um den jungen, begeisterten Menschen dabei zu helfen, ohne ihnen eine Meinung aufdrängen zu wollen.

Wie hat sich das Bild des kleinen Städtchens St. Goarshausen gewandelt, seit die Jugend ihm das Gepräge gibt. In den engen Gassen herrscht ein Sprachengewirr, des man wahr­haft babylonisch nennen möchte. Schnell hat man sich aneinander gewöhnt und die Be­völkerung gibt auf alle Fragen bereitwillig

Auf dem Wege zum kalten Licht

Panelit - die leuchtende Glasplatte Ein neuer Werkstoff für Haus und Heim

Seit Jahrzehnten bemühen eich Wissen­schaftler, Tcbniker und Ingenieure darum, ogenianntes kaltes Licht zu schaffen, wie es uns die Natur in Gestalt der Leuchtorgane der verschiedensten Arten von Leuchtkäfern täglich eis nachahmenswertes Vorbild auf- Eeigt Bisher ist dieses große Experiment einer Lichtquelle, die keine Wärme-Energien vrbraucbt, nicht gelungen. Jede Glühbirne verbraucht Kraft, wenn sie leuchten soll.

Die neuesten Forschungen auf dem Ge­biet des kalten Lichtes haben Wege gewie­sen, die dem erstrebten Idealzustand nahe kommen, wenn er auch in absehbarer Zu­kunft noch nicht erreicht werden wird. Es bandelt sich hier um einen Werkstoff, Pane- ;äit genannt, der aus einer mit besonderen ^Farblösungen bestrichenen Glasplatte besteht, "die mit ein paar Handgriffen an das elek­trische Leitungsnetz angeschlossen werden können. Der Verbrauch an Strom ist nicht höher als etwa der unserer elektrischen Klingel; er macht nur einige Pfennige im Jahre aus. Die Panelit-Platten, die in den Laboratorien und Forschungsstätten der großen amerikanischen Elektrizitäts-Gesell­schaften entwickelt wurden, dienen vorerst zur Beleuchtung von Treppenstufen, Haus­nummern, Standuhren und Klingeiknöpfen, kurz allen jenen Dingen, die wir bisher in der Dunkelheit erst suchen und in vielen Fäl­len mit Fuß und Hand ertasten mußten.

Die elektrisch fluoreszierenden Platten wer­den zur Zeit in mehreren Farben versuchs­weise hergestellt. Bin gelbliches, bläuliches und rötliches Licht, das durch den chemischen Anstrich der Glasplatten bestimmt wird, er­leuchtet je nach Wunsch und Geschmack die Versuchshäuser in die man Panelit-Platten einbaute.

11 Gegensatz zum Neonlicht, durch dessen Röhren ein ständiger Funkenstrom geleitet wird, erhitzt sich der neue Werkstoff nur in geringem, kaum wahrnehmbarem Maße, da sich die schwache zum Betrieb der Platten benötigte Energie auf die gesamte Leucht­fläche verteilt.

Panelit strahlt einen sanften Schimmer #us, der etwa der Lichtquelle von fünf .Wachskerzen entspricht. Wenn auch das Ver­fahren des Panelit-Lichtes noch im Ent- Wicklungsstadium ist, sind doch jetzt schon für den Architekten und Raumgestalter voll­

kommen neue Wege gewiesen, um das Pro­dukt, das dem erstrebenswerten Ziel des kal­ten lichtes am nächsten kommt, in den viel­fältigsten Formen und Farben zu verwenden. Die Häuser der Zukunft können ganz aus dem neuartigen Werkstoff erbaut werden. Wie riesige Leuchtkäfer werden sie in der nachtdunklen Landschaft stehen, ein Triumph der Lichttechnik und des menschlichen Erfin­dungsgeistes, der nicht eher ruhen wird, bis er hinter das Geheimnis des bescheidenen Gl übwürrrxhens gekommen ist, das mit sei­ner kleinen Laterne aus kalten licht durch den Abend gaukelt.

Auskunft, wenn auch oft nur durch Hand und Kopf. Eine vorbildliche Organisation hat dafür gesorgt, daß niemand das große Zelt­lager verfehlen kann, zu dem es auf steiler und gewundener Straße bergan geht, hinein in die vier Zeltdörfer. Sie tragen Namen, die verpflichten: Graf Folks Bernadette, Em­manuel Mounier, Geschwister Scholl und Federico Lorca.

Hier oben, von wo der Bück weit über Taunus und Hunsrück schweift, über die Bur­gen und Schlösser im Lande, herrscht inter­nationales Leben. Hunderte vom Briefen und Karten werden täglich auf dem Postamt im Zelt abgeliefert, sie gehen in alle Welt und senden Grüße von einem der schönsten Fleck­chen Erde Europas. Man telefoniert mit Paris, London und Rom und in den Vortragszelten findet man sich zum eifrigem Lernen und Lehren zusammen. Daß Spiel und Unter­haltung nicht zu kurz kommen, ist selbstver­ständlich. Braungebrannte Jugend klettert auf den Felsen umher und schaut auf das silberne Band des Rheinstromes hinunter, an dessen Ufern von Kaisern und Königen, von. Feld­herrn und Diplomaten Geschichte gemacht wurde.

Unter den Fahnen aller Nationen Europas, die an ihren hohen Masten längs der Land­straßen im Sommerwind wehen, versammelt man sich, wenn der Abend sinkt, zu Spiel und Tanz. Die wiederhergstellte große Freilicht­bühne mit dem maßvollen Rund der terrassen­förmig ansteigenden steinernen Sitzplätze wurde zum Mittelpunkt zahlreicher künstle­rischer Darbietungen. Die Aufführung von Bühnenstücken der Dichter unserer Zeit ist Höhepunkt des kulturellen Lebens dieses Lagers der Jugend Europas.

Sie findet hier, hoch über dem Rhein, der symbolhafte Wirklichkeit ist, fern alter ver­stiegenen Romantik vergangener Zeiten, mit offenen Herzen und Sinnen zueinander, um einer besseren Zukunft zu dienen.

Gute Zeiten für die Zollbehörden

Das internationale Heisepublikum nimmt es mit den Gesetzen und Zollbestimmungen nicht so genau, wenn es in den Sommermona­ten kreuz und quer durch die Welt fährt, fliegt oder schwimmt. Die Hauptreisesaison ist daher für die Zollbehörden aller Länder auch die Zeit, wo man die bestenFänge macht.

Nylons im Polstersofa So entdeckten die Zollbehörden von South­ampton kürzlich mehr als 13 000 Paar bester amerikanischer Nylonstrümpfe in dem Pol­ster eines Sofas, das zur Wohnungseinrich­tung einer aus Amerika zurückkehrenden englischen Familie gehörte. Den Zollbeamten wären die nagelneuen Polsternägel aufgefal­len, die sich mit ihrem Glanz auffällig von dem verschlissenen Überzug abhaben. Ein von Beruf neugieriger Beamter löste einen der Nägel und zog nach kurzen;Bohren ein Paar Nylons heraus, dem bald mehr folgten. Der Wert des Schmuggelgutes beträgt weit über 100 000 Mark in deutschem Geld.

Die verräterische Spreclipnppe Als Zollbeamte das Gepädr, der Passagiere eines Dampfers untersuchten and dabei einen großen Koffer beiseite schoben, tönte aus die­sem plötzlich laut und deutlich der Ruf Mama! Daraufhin öffneten sie das Gepäck­stück und förderten eine große Anzahl zoll­pflichtiger Sprechpuippen zu Tage, die unter einer harmlosen Tarnbezeichnung über die Grenze geschafft werden sollten. Der Besitzer hatte wohl nicht mehr mit der Präzision des Spielzeuges gerechnet.

Goldene Unterkleider

An einer in der Reisezeit stark begangenen Grenzstation zwischen der Schweiz und Ita­lien verhaftete die Polizei im Verein mit einer Zollbeamtin eine Schmugglerin, die im wahrsten Sinne des Wortesgoldene Unter­wäsche trug. Sie hatte die zarten Seiden­gebilde mit echt goldenen Stickereien ver­sehen, die ein Gesamtgewicht von immerhin 21 Pfund ausmachten. Die Betreffende hat nun genügend Zeit im Gefängnis über neue und bessere Methoden des Goldschmuggels nachzudenken.

Wertvolle Backsteine

Im goldreichen Südafrika sind selbst die gewöhnlichen Backsteine goldhaltig und ge­hören wohl zu den. wertvollsten der Welt. Kürzlich stellte man beim Neubau eines großen Bürohauses in Johanmsburg fest, daß die Backsteine, die man verwendete, deutliche Spuren von Gold enthielten. Man ging der Sache auf den Grund und machte die Entdeckung, daß auf eine Tonne Back­steine einGoldgehalt im Werte von etwa drei Dollar kommt. Achtzehn Millionen dieser Steine werden jährlich hergestellt.

Was leistet die Transsibirien-Bahn?

Die Transsibirien-Bahn, eine der Lebens­adern der russischen Wirtschaft und auch heute noch die einzige nennenswerte Ver- kehrsverbindung zum Fernem Osten der Sowjetunion, war kürzlich Gegenstand der Forschung für einige große EisenbahngeseH- schaften Amerikas. Dabei stellte man fest, daß auf der Transsibirien-Bahn in einer Richtung täglich 40 000 Tonnen Güter beför­dert werden können, während auf der glei­chem Entfernung in Amerika die Züge 72 000 Tonnen verfrachten. Ein interessanter Aus­blick auf die Leistungsfähigkeit dieser viel­gerühmten Bahn, die während zweier Welt­kriege das Ziel zahlreicher Sabotagetrupps war, aber trotz aller auf sie verübten An­schläge immer in Betrieb blieb.

Palenque verlorene Stadt im Dschungel

Mit dem Luxuszug in das geheimnisvollste Trümmerfeld Mexikos

Heliumgas sichert Dokumente

Die berühmten Dokumente und Originale der amerikanische Verfassungs-Urkunde und der Unabhängigkeitserklärung werden nun endlich für alle Zeiten gegen Schaden gesi­chert sein. Seit 123 Jahren bemüht^ man sich darum, die Originale dieser Urkunden gegen äußere Einflüsse zu sichern. Man verschloß sie in Truhen und Panzerschränken, die aber kein Hindernis für tierische Schädlinge waren, die, ohne sich um die Bedeutung der Pergamente zu kümmern, diese anfraßen, so daß viele Stellen der Dokumente, die zur Grundlage eines neuen Staates wurden, heute kaum mehr leserlich sind.

Nach jahrelangen Laboratoriumsversuchen ist es nun den Wissenschaftlern gelungen, eine besonders und dauerhafte Art der Auf­bewahrung für die historischen Staatspapiere zu finden. Man verschloß sie in eigens kon­struierten Behältern aus Bronze und Glas, in die man Heliumgas füllte. Diese Methode gibt die Gewähr, daß die Urkunden nun­mehr endgültig ohne Schaden zu nehmen die kommenden Jahrhunderte überdauern wer­den. Ein an den Behältern angebrachtes Meßgerät zeigt sofort an, wenn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen das Helium einmal ent­weichen sollte. Den größten Schaden erlit­ten die Urkunden während des amerikani­schen Bürgerkrieges, als die Regierung oft ihren Sitz wechseln mußte und man die Pa­piere einfach zusammengerollt im Gepäck mit ach führte. Das Verfahren wird in Zu­kunft auch für alle anderen wichtigen Staats­dokumente angewandt werden, die Genera­tionen überdauern sollen.

Bis vor wenigen Monaten wußten die Tourastenischaren, die auf der Halbinsel Yu- katan an der Golfküste Mexikos die Über­reste alter Maya-Kulturen besichtigten, noch nichts von der geheimnisvollen, neu entdeck­ten Stadt Palenque, die sich hinter einer Mauer undurchdringlicher Dschungelwälder ver­steckte.

Erst mit der Fertigstellung der berühmten Bahnstrecke zwischen Puerto Mexiko an der Küste und Campeche im Innern des Landes wurde cKe verlorene Stadt von Palenque einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht und offenbarte ihre wunderbaren Tempel, Pa­läste und KuJtsitätten, die heute wieder der grünen Hölle von den Archäologen entrissen werden. Bisher war es nur eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern gelungen, auf dem Rük- ken des Maultieres auf mühsamen Dschungel- pfaden in das sagenumwobene Trümmerfeld Mexikos vorzudringen. Sie fanden gewaltige Bauwerke vor, die wesentlich älter als die der Mayas sind. Schon vor dreihundert Jahren, als die spanischen Eroberer auch auf Yükatan unaufhaltsam vardrangen, fanden sie die heu­tige Stadt von allen lebenden Wesen verlassen. Sie bot sich ihnen genau so vom Pflanzen­wuchs überwuchert dar, wie dem heutigen Be­trachter, der allerdings mit dem Luxuszug bis mitten in das großartigste Trümmerfeld der neuen Welt hinefofahren kann.

Ferrocaril del Sur heißt diese berühmte Eisenbahn. Nach mehr als siebzehnjähriger Bauzeit, die ungeheure Opfer von Menschen und Material forderte, wurde sie schließlich als die große Verbindungslinie ins Innere des Landes vollendet. Auf der Strecke von mehr als 600 Kilometern Länge überspannt sie auf 500 Brücken die Hindernisse einer phantas­tischen tropischen Landschaft die zuvor noch

keines Weißen Fuß betreten hatte, denn es gibt hier keine Straßen, sondern nur die Ge­letee der Eisenbahn, einem Meisterwerk der Technik. Die hier lebenden Eingeborenen, Ab­kömmlinge der einst herrschenden Indianer- Stämme sahen noch nie ein Auto und ergriffen beim ersten Erscheinen der Lokomotive und ihrer langen Wagenschlange die Flucht in die Wälder.

Heute treiben sie an den kleinen Zwischen. Stationen auf der Strecke nach Palenque einen lebhaften Handel und sind in derverlorenen Stadt" selbst sprachgewandte Fremdenführer geworden. Eis ist ein besonderes Erlebnis, ein­mal mdt dem Ferrocaril del Sur von der Küste aus durch den schweigenden Urwald in dieses riesige Trümmerfeld zu fahren. Kaum ent­steigen die Touristen dem mit allem Komfort ausgestafteten Zug, so befinden sie sich inmit­ten ehrwürdiger, mehr als hundert Meter ho­her Tempel- und Sakralbauten. DerPalast des Rechts, auf dessen Mauern in Hiero­glyphen die Gesetze untergegangener Völker aufgeschrieben sind, und der Mond-Tempel gelten als die schönsten und merkwürdigsten Bauwerke erloschener Kulturen. Tiefes Schweigen umfängt den Besucher, wenn der Mond über den Ruinen als blutigrote Scheibe aufgeht. Jeden Augenblick vermeint man, einen der geheimnisvollsten Priester auf den Stufen der Altäre erscheinen zu sehen, um den Göttern ein Menschenopfer darzubrimgen, von denen heute noch in den primitiven Hütten der Ureinwohner des Landes die Alten raunen.

Die verlorene Stadt im Dschungel liegt nicht mehr abseits. Sie ist heute das Tor zu netten Entdeckungen geworden, zu einer Welt, die nur langsam ihre Geheimnisse der Neugier forschender Wissenschaftler preisgibt.