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1. Jahrgang
WISSENSCHAFT-LITERATUR • KUNST
Nummer 130
Helmut Paulus
Profil eines schwäbischen Dichters / Von Otto Heuscheie
ALTE BRÜCKE IN MOSTAR
Brücken und Tempel gehören zu den eindrucksvollsten Bekundungen menschlichen Gestaltungswillens. Beide sind Symbole. In beiden spiegelt sich, wie Paul B onatz und Fritz L e- o nh a r d t in dem kürzlich vom Verlag Karl Robert Langenwiesche (Königstein/Ts.) herausgebrachten „Blaue n" Brückenbuch ausführen, die Geschichte der Menschheit. Beide geben auch die Verschiedenheit der Völker und ihrer Kulturen wieder. Die alte Brücke in Mo- star(Jugos lawien), scheint aus einer großen Feste herausgewachsen zu sein. Vielleicht war sie einmal ein römischer Übergang, den später die Türken zu einer Steinbrücke aushauten, sind doch die Vorsprünge der Stirn und Brüstung typisch türkisch. Die Aufnahme ist dem Brückenbuch entnommen.
Urmensch und Mensch
Neuere Probleme zur Abstammungslehre des Menschen
Es Ist kein leuchtendes und strahlendes Werk, das der nun Fünfzigjährige in Genkin- gen bei Reutlingen als Sohn eines Pfarrers geborene, jetzt in Marbach lebende Dichter Helmut Paulus hervorgebracht hat. Es ist auch fern von allen neutönerischen und gesuchten Experimenten, fremd ist es all den wechselnden und intellektuell bestimmten Modeströmungen, wie sie das literarische Leben der Gegenwart in fast verwirrender Weise kennzeichnen. Paulus ist vielmehr ein Dichter, der in seinen Büchern das gibt, was ihn innerlich bewegt, was ihn erfüllt und bedrängt, und er gibt es auf die ihm eigene saubere, klare, v sorgfältige Gestaltung verinnerlichter Art, die die deutsche erzählerische Tradition des 19. Jahrhunderts aus eigentümlicher schöpferischer Kraft fortsetzt.
Helmut Paulus blendet nicht und experimentiert nicht, er gestaltet, er formt und bildet mit der strengen Beherrschung der handwerklichen Mittel. Es eignet ihm ein besonders ausgeprägtes Verhältnis zum Unauffälligen, zum Unscheinbaren; nicht das große, leicht ins Auge fallende Heldentum lodet ihn, sondern eben die stillen, unscheinbaren, unbeachteten Lebensläufe. Man kann dabei an Stifters Liebe zum Kleinen und Stillen, zum Unscheinbaren denken. Alles, was Paulus hervorbringt, trägt so die Züge seines eigenen Stillen und allem Schein abholden Lebens, dem alles Laute, alle Betriebsamkeit fremd Ist. Was der Dichter an den Tag gibt, ist Immer das Ergebnis eines langsamen, stillen, naturhaften Wachsens und Reifens.
Mit einem Roman „Die Geschichte von Ga- melin“ hat Paulus 1935 seinen Weg begonnen und als Verfasser mehrerer Romane ist er weit über Schwaben hinaus bekannt geworden. Den Stärksten Widerhall fand mit Recht der eigenwüchsigste und persönlichste seiner Romane: r Ring des Lebens“ (1937), in dem er die chichte einer Bauerntochter gestaltet, die mit ihren Kindern allein durch ein schweres Leben gehen muß. In diesem Buche sind alle Züge von Paulus’ Erzählkunst gegenwärtig, seine Treue zum Dinglichen und Kleinen, seine Sorgfalt in der Zeichnung der Gestalten, der Dinge und der Handlungen, seine Liebe zu den Leidenden und Gebeugten. Die Art, wie •r das mühselige Leben dieser tapferen Frau, die allen Widerständen zum Trotze und in rückhaltloser Hingabe ihres Selbst durchs Le-
Alfred Stange: Deutsche Malerei der Gotik. IV. Südwestdeutschland in der- Zeit von 1400—1450. Deutscher Kunstverlag, München-Berlin 1951, DM 38.00. ' ■
Dieser Band der großangelegten Geschichte der mittelalterlichen Malerei Deutschlands, der nach einer längeren Pause im ErscheinerT'des Werkes nunmehr vorliegt, enthält die Denkmäler unserer engeren Landschaft. „Konstanz und das Bodenseegebiet“, „Der Oberrhein“, „Ulm und das Gebiet der schwäbischen Alb“, „Augsburg und (Bayrisch!) Schwaben“ — so lauten die großen Kapitelüberschriften. Dabei geht der Verfasser methodisch jeweils von der Gattung aus, die die meisten sicher lokalisierbaren Werke hinterlassen hat; es ist gewöhnlich die Buchmalerei, während die Wandmalerei nur noch spärliche und vielfach schlecht erhaltene Beispiele aus diesem Zeitraum bietet. Die kostbaren Werke sind jedoch die Tafelbilder. Von zahlreichen Künstlern weiß man nach Hans Rotts gründlichen archivali- schen Veröffentlichungen nur die Namen und kennt keine Werke. Besonders scheint schwäbischem Wesen entsprechend der Typus des Wanderkünstlers verbreitet gewesen zu sein; so hat sich in einem Kreuzgang in Genua noch
Persien in bewegter Zeit
Ulrich Kahrstedt, Artabanos III. und seine Erben, A. Francke-Verlag, Bern 1950, 89 S u. 2 Karten. DM 9.00.
Innerhalb der orientalistischen Disziplinen wird die Iranistik leider nur wenig gepflegt. Dies ist um so bedauerlicher, als die Geschicke des alten Iran eng mit denen der griechischen und römischen imperialen Geschichte verknüpft sind. Zudem ist das östliche Iran die Heimat Zarathustras. — Seit dem Ende der Achämeniden geben eine Fülle von kriegerischen Auseinande-’ctzungen und religiösen Steifigkeiten diese: feil Asiens sein Gepräge. Franz Altheim versuchte unlängst in seiner „Weltgeschichte Asiens“ die Ereignisse dieses Landes, das vom Euphrat bis zum Indus reicht < und dessen kultureller Einfluß bis nach Sy- ■ rien, China und Nordasien nachzuweisen ist, übersichtlich darzustellen. Der Göttinger Alt- r historiker Kahrstedt beschränkt sich da- > gegen in seiner neuen Arbeit, die sich an die i Fachgenossen wendet und die Fortschritte der t Iranistik seit den Tagen eines v. Gutschmid i zeigen kann, auf jene Epoche der persischen 3i Geschichte, die durch die Herrschaft des Groß- -4 königs Artabanos III. aus dem Geschleckte der
- Arsakiden (11—38 n. Chr.) gekennzeichnet ist. -1 Kahrstedt behandelt mit großer Sachkenntnis 4 der spärlich fließenden Quellen — in der
Hautpsache Münzen und antike Schriftsteller 7 — und des modernen Fachschrifttums die Ereignisse jener Jahrzehnte, da in Rom die er-
• »ten Kaiser (bis Nero) herrschten. Es ist eine bewegte Zeit, in der Artabanos nochmals ver-
- suchte, das Reich der Großkönige, wie es einst unter Dareios I. bestand, zu erneuern. Es sollte ein Traum bleiben, den Artabanos und
• seine Erben träumten. Die alte Größe war
dahin. — Das Buch, das in den von L. Alföldi herausgegebenen „Dissertationes Bemenses“ erschien, gehört zu denjenigen vorzüglichen Monographien, die helfen können, ein Bild vom Werden und Vergehen Irans zu zeichnen. Hierfür schuldet nicht nur die Iranistik dem Verfasser großen Dank. Dr. W. N.
ben geht, gestaltet, hat wenig ihresgleichen im Schrifttum der Zeit. In dem letzten großen 1949 erschienen Roman „Die drei Brüder“ (Vier Falken Verlag, Düsseldorf) ist das Schicksal einer Familie, vor allem das des Vaters und seiner drei sehr verschieden gearteten Söhne geschildert. Wie in den früheren Romanen zeichnet Paulus auch in diesem ein Zeitbild, in das die Einzelschicksale hineinverflochten sind. Menschliche Größe steht aber hier neben menschlicher Schwäche, Liebe, Hingabe und Opferbereitschaft neben Haß, Egoismus und Selbstsucht.
An lyrischen Veröffentlichungen liegen zwei schmale, aber ihrem Gehalte nach gewichtige Bändchen vor, „Mutterschaft“ (1935) und „Die kleine Gartenwelt“ (1943). Auf der Grenze zwischen strenger Versgestaltung und rhythmischer Prosa stehen die Idyllen „Jahreszeiten“ (1941).
Es ist ein durchaus eigenartiger und eigener Beitrag, den Helmut Paulus zu dem Besitzstand des deutschen Schrifttums der Gegenwart beigesteuert hat, ein Werk, das seine Kraft in seiner Verinnerlichung in der behutsam sorgfältigen Art der Darstellung und der erfüllten Menschlichkeit des Dargestellten trägt. Es liegt ein Zug des Herben und Verhaltenen, des Kargen eher als der Fülle über diesem Werk, das darum aber nicht arm ist an stiller scheuer Schönheit. Es klingt ein leiser, aber eindringlicher Ton durch diese Bücher, ein Seelenton, wie er heute 'nur selten erklingt, wie ihn aber nur ein echter Dichter anzuschlagen fähig ist.
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Von Otto Heuscheie brachte unlängst der J. F. Steinkopf-Verlag, Stuttgart, eine Neuauflage der 1942 erschienenen Anthologie „Geisteserbe aus Schwaben 1700 — 19 00“ (352 S., DM 15.—), die dem Leser ein einprägsames Bild des schwäbischen Menschen und seiner Kultur vermitteln kann, heraus. Mit viel Kenntnis stellte Heuscheie aus der großen Fülle von Prosawerken süddeutscher Philosophen, Dichter und Forscher dasjenige zusammen, das noch heute Gültigkeit besitzt und charakteristisch ist für die Wirksamkeit und Lebendigkeit des schwäbischen Geistes. Heuscheies Sammelwerk, dessen äußere Aufmachung hervorgehoben werden muß, ist ein Lesebuch im besten Sinne.
das von Justus Amman aus Ravensburg signierte Wandbild einer „Verkündigung“ erhalten, das auf Vertrautheit mit dem Genfer Altar der Brüder Van Eyck schließen läßt. Vieles um Schicksal und Werke dieser Künstler liegt im Dunkel, das auch Bemühungen des Verfassers nicht erhellen konnten. Wenn er für den Wurzacher Altar einen anderen Maler annimmt, der unter Multscher die Gemälde geschaffen habe, so können wir ihm nicht ohne weiteres zustimmen. Einige örtliche Zusammenhänge seien erwähnt; So spielte ein Maler aus Tübingen, von dessen Kunst wir leider keine Proben mehr besitzen, in Basel und für Konrad Witz eine bedeutsame Rolle. Dieser Meister Niklaus Ruesch, genannt La- welin, begegnet zuerst 1408 und starb 1453 oder 1454. Er führte in Basel viele wichtige Aufträge, namentlich auch als Wandmaler, aus und könnte der Lehrer von Witz gewesen sein, denn dieser heiratete eine Nichte der Frau des aus Tübingen stammenden Meisters. In Rottenburg, wo sich im reichhaltigen Diözesanmuseum noch die „Himmelfahrt“ aus einem ehemaligen Rottweiler Altar befindet, schreibt Alfred Stange dem Maler des Wurzacher Altares das Säulenfresko mit dem hl. Christo- phorus in der Ehinger Kirche zu, eine zumindest aufsehenerregende Behauptung. Von mancherlei Neuentdeckungen sei zum Schluß noch das reizvolle Doppelbildnis eines adligen Paares, Wilhelms IV. Schenk von Schenken- stein und seiner Gemahlin Agnes von Werdenberg, in fürstl. Fürstenbergischem Besitz hervorgehoben. Das mit einem Tafelteil in Lichtdruck gut illustrierte Buch wird für jeden Liebhaber mittelalterlicher Kunst ein unentbehrlicher Wegweiser und Berater sein. W. B.
In diesen Tagen jährte sich der Todestag Emst Wiecherts zum ersten Male. Aus diesem Anlaß brachte der Kurt-Desch-Ver- lag, München, unter dem Titel „Ernst Wiechert. Der Mensch und sein Werk“ eine Anthologie mit Beiträgen von Freunden und Verehrern des 1887 in Ostpreußen geborenen Dichters und einer Neuauflage der Reden „An die deutsche Jugend“ heraus. Zugleich stellte der gleiche Verlag aus dem Nachlaß Wiecherts Bekenntnisse und Betrachtungen zu einem Sammelband „Es geht ein Pflüger über das Land“ zusammen, die trotz ihres meist nur geringen Umfanges überaus Bezeichnendes über den Menschen Wiechert und sein Werk aussagen. Das nachfolgende Prosastück ist diesem Band entnommen.
Ich sehe zurück und sehe: daß die Menschen hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, ohne daß sie satt werden. Daß Blumen zertreten auf der Straße liegen und Tiere geschlagen werden. Daß man Kindern Steine statt des Brotes reicht. Daß Junge wie Alte Fahnen, Abzeichen,. Erkennungsmarken, Weltanschauungssymbole tragen und einander darum totschlagen. Daß es immer noch heißt: „Am Anfang war das Wort.“ Aber daß es nicht weiter heißt: „Und das Wort ward.Fleisch und wohnte unter uns.“ Sondern daß es heißt: „Und das Wort blieb tot, und wir tanzten nach dem toten Wort.“ Daß die Masse gesund und kompakt ist wie zu allen Zeiten. Daß die Prophe-
Die Beschäftigung mit den Problemen der menschlichen Stammesgeschichte ist nach Thomas Huxley die Beschäftigung mit die Frage aller Fragen. Während der Engländer Charles Darwin in seiner „Entstehung der Arten“ (1859) das Problem der Menschwerdung noch unberücksichtigt ließ, war es als erster Ernst H a e c k e 1, der diese Frage in seiner „Natürlichen Schöpfungsgeschichte“ (1866) und der „Anthropogenie“ (1874) in den Kreis seiner Untersuchungen und Betrachtungen einreihte und damit erstmalig vom wissenschaftlichen Standpunkt aus anschnitt. Haeckel fehlten noch völlig die Funde aus der menschlichen Vorgeschichte, die - heute in zum Teil verwirrender Fülle zur Verfügung stehen und die wesentlichste Grundlage unserer Erkenntnisse darstellen. Während es bisher im wesentlichen als erwiesen erschien, eine fortlaufende Stufenfolge von den Menschenaffen zu den Menschen anzunehmen, weisen alle neuen Funde und Ergebnisse auf eine sehr frühe Trennung des menschlichen Zweiges von den Säugetieren hin, eine Folgerung, die im Gegensatz zu den früheren Auffassungen als umwälzend bezeichnet werden muß.
Zurzeit konzentriert sich das Interesse der Anthropologie im wesentlichen an zwei Punkten. Vorwiegend aus Südafrika liegen zahlreiche Funde vor, die einen ziemlich affenartigen Kopf mit jedoch fast menschlichem Gebiß aufweisen und aus einer Zeit stammen, in der höher entwickelte Lebewesen sich bereits nach- weisen lassen. Sie sind sozusagen an den heutigen Menschenaffen „vorbeientwickelt“ und
Hans J. Rehfisch: Die Hexen von Paris, J. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart 1951, 624 S„ DM 14.80.
Rehfisch, der vor 1933 maßgebenden Anteil am dramatischen Schaffen in Deutschland hatte, legt mm als Sechzig jähriger ein erstes großes erzählendes Werk vor, das im Paris und Versailles Ludwigs des Vierzehnten spielt. Neben dem Sonnenkönig agieren historisch getreu die bekannten Figuren jener Epoche, die politischen und die kulturellen. Als „Hexen von Paris“ bewegen sich besonders zwei Frauen im hellsten Lichtkreis der Gestaltung. Beide sind hineinkomponiert in ein farben-
ten gekreuzigt werden wie zu allen Zeiten und die Scheiterhaufen auf allen Feldern rauchen: In der Politik wie in der Moral, in der Kunst wie in der Religion, in der Schule wie in den Todeskimmem der Zuchthäuser.
Ich sehe voraus und sehe: daß meine Brüder auf der Erde nicht sterben werden. Meine Brüder, die jede zertretene Blume aufheben und jedes geschlagene Tier trösten. Meine Brüder, die sich aufgemacht haben, eine Träne zu trocknen, wie andere sich aufmachen, einen Schatz zu graben. Meine Brüder, die mit verbrannten Händen ein Holzscheit aus einem Scheiterhaufen reißen. Meine Brüder, die nicht Heilige sind, sondern Sünder, aber die aus der Sünde noch Heiligkeit pressen, weil sie eine Kelter sind für die Kommenden.
Ich sehe, daß wir ein Strom sind und die Jahresanfänge uns nicht durchschneiden wie Brücken, sondern wie Schatten der Bäume, an denen wir vorüberziehen. Daß keines unserer Worte ins Leere fällt, wie keiner seiner Wellen ins Leere mündet. Und daß es uns genug sein muß, wenn ein einziges Mal zwischen Quelle und Mündung ein Müder bei uns niedersitzt, um seine wunden Füße in uns zu kühlen.
Ich weiß, daß wir im Meere versinken, aber ich weiß, daß wir der versteinte Grund sein werden, auf dem die Korallen Gottes sich aufwärts bauen in ein kommendes Licht.
stehen zwischen deren Vorfahren und den eigentlichen Menschen. Berücksichtigt man ferner, daß auch der Neandertaltypus starke Variationen aufweist, ohne dabei eine Verbindung mit den heute lebenden Menschen erkennen zu lassen, so kommt man zu dem Schluß, daß es sich hier nicht mehr um menschliche Vorläufer, sondern um wahrhaft fossile Menschen einer niederen, ausgestorbenen Entwicklungsstufe handelt.
Die zweite Frage, die sich naturgemäß aus - dieser ersten ergibt, ist die, welche Funde auf einen direkten Zusammenhang mit den heutigen Menschen schließen lassen. Hier sind es die Typen von Cro Magnon, Chancelade und Mechta-el-Arbi, die als sichere Vorläufer der heutigen Rassen gelten. Aber diese Typen liegen in der Nacheiszeit, während die bisher besprochenen eiszeitliche oder noch ältere Funde sind. Die Schwierigkeiten liegen also an der Übergangsstelle von Neandertaler zu diesen Typen. Der einzige Zweig, der zu dem heutigen Menschen und seinen fossilen Vorstufen überleiten könnte, ist in den Funden von Piltdown, Swanscombe und Fontechevade (Frankreich, 1947) gegeben. Dieser letzte Fund ist sicher älter als der Neandertaler, wenn auch die Untersuchungen noch nicht endgültig abgeschlossen sind.
Es liegt nahe anzunehmen, daß eine direkte Linie existiert haben muß, und daß die Vertreter der Funde von Afrika und der Neander- talstufe Zweige darstellen, die sich von ihr durch Spezialisierung mehr oder weniger weit entfernt haben. Dr. Büsanny-Caspari
sattes und ereignisreiches Sittengemälde jener Zeit des schon morbiden Absolutismus und der heraufdämmernden Wandlung. Des Autors offenbare Absicht, durch das Historische hindurch in eine tiefere Schicht des Menschlichen hineinzuleuchten, wird dichterisch erreicht gerade in der einprägsamen Zeichnung jener Frauengestalten, die damals noch als dem Satan verschriebene Hexen galten und sich zum Teil selber als solche zu erkennen glaubten. Aber Rehfisch begnügt sich nicht mit dem bloß künstlerischen Erfassen, er spricht auch stark das ethische Empfinden an, wenn er in den Abgründen weiblichen Wesens Kräfte ahnen läßt, die nach ihrer Befreiung aus Wahn und Wirrnis hinführen können zu lichterer Menschlichkeit. Ein großer Roman. J. B.
Traud Gravenhorst. Heimweh des Herzens. Erzählung. Rainer-Wunderlich-Verlag Hermann Leins, Stuttgart und Tübingen. 287 S. 8.50 DM.
Die Erzählung spielt in der Epoche romantischer Sehnsucht, da der Schrecken der französischen Revolution eben überwunden ist und Buonapartes Name zu strahlen beginnt. In Berlin lehren Schlegel und Schleiermacher, halten geistreiche Frauen Hof und prägen d?n Stil einer jungen hochbürgerlichen Gese: 1- schaftskultur.
Berlin, Schlesien mit Breslau und dem fruchtbaren Neißegebiet mit den alten stolzen Herrensitzen, und das alte Traumland der Deutschen, Italien sind die Schauplätze der Erzählung. Die Zeitereignisse und der damit verbundene politische und geistige innere Umbruch spiegeln sich in der Schlesierin Christine von Gantz, die als Gattin eines preußischen Diplomaten in einer starr gewordenen Welt die Traurigkeit und Einsamkeit des Herzens durchleidet; dann aber, für eine kleine Ewigkeit erblühen und selig sein darf. Ihre zerbrochenen Flügel sind wieder ganz; die schrecklichen grauen Spinnweben sind weggeweht; die zugeschlagenen Türen ihrer Seele haben sie geöffnet. Traud Gravenhorst schildert die Wandlung dieses einsamen Frauenherzens bis zu seiner letzten Erfüllung mit Duft und Charme, mit jener Frische des Ge* fühls, die uns an einer mit dem Herzen erlebten Dichtung immer von Neuem entzückt.
Deutsche Malerei der Gotik
Beim Uebergang
Von Ernst Wiechert
Das Leben der Montespan