HEIMATBLATT FÜR
STADT UND LAND
MITTWOCH, 22. AUGUST 1951
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
7. JAHRGANG / NR. 130
„Demokratische“ deutsche Truppen
McCloy zum Verteidigungsbeitrag / Erklärung über Ruhrbehörde in Aussicht
* In seinem gestern veröffentlichten Bericht über das zweite Quartal 1951
8t ® lu amerikanische Hohe Kommissar McCloy fest, daß die Debatte über einen deut- schen verteidigungsbeitrag nicht mehr um die Streitfrage geht, ob sich die Bundesrepublik überhaupt an ihrer eigenen Verteidigung beteiligen soll, sondern um die Art und die Bedingungen des Beitrages. Gegenwärtig würden die Möglichkeiten zur Sicherung einer völlig demokratischen Verwaltung aller etwa aufzustellenden deutschen Streitkräfte untersucht.
In diesem siebten Vierteljahresbericht stellt McCloy außerdem eine Erklärung der Alliierten Hohen Kommission in Aussicht, in der der Bundesrepublik die Auflösung der Internationalen Ruhrbehörde zugesichert werden soll, sobald ihr Bestehen durch die Behörden der im Schumanplan vorgesehenen westeuropäischen Montanunion überflüssig geworden sei. Das Verbot der Demokratischen Partei des Saarlandes habe zwar zu einer gewissen Abkühlung zwischen der Bundesrepublik und Frankreich geführt, aber dank der diplomatischen Geschicklichkeit maßgeblicher* Staatsmänner in beiden Ländern sei die Gefahr ei-
Hoifnungen auf dem Nullpunkt
Ölverhandlungen festgefahren
TEHERAN. In allen maßgebenden Kreisen Teherans ist die Hoffnung auf eine Beilegung des Ölkonfliktes durch die gegenwärtigen Verhandlungen fast auf den Nullpunkt gesunken.
Harriman, der amerikanische Sonderbeauftragte, soll der persischen Delegation in seinen bisher energischsten Worten gedroht haben, seine Vermittlerrolle aufzugeben, wenn Persien keine größeren Zugeständnisse mache. Er werde sich offen hinter die britischen Vorschläge stellen, wenn Persien seine Ablehnung dieses Vorschlages als endgültig betrachte.
Die angelsächsischen Beobachter glauben nicht, daß Mossadeq, der unter dem Druck der Extremisten steht, wesentlich von seinem bisherigen Standpunkt abgehen könne. Stokes selbst soll gewillt sein, schon heute nach London zurückzufliegen, wenn nicht eine entscheidende Wende eintreten sollte.
ner Entfremdung vermindert worden. McCloy nimmt an, daß mit der zu erwartenden alliierten Erklärung über die Auflösung der Ruhrbehörde der wichtigste Grund für die sozialdemokratische Opposition beseitigt werde.
Im überraschend guten Abschneiden der Sozialistischen Reichspartei bei den niedersächsischen Wahlen sieht McCloy eine „potentielle Gefahr“. Die tolerante Haltung der KDP gegenüber der SRP falle auf. Es gebe eine ganze Reihe von Symptomen einer „ganz ungewöhnlichen geistigen Verwandtschaft zwischen beiden Parteien“.
Auf wirtschaftlichem Gebiet sei „eine bemerkenswerte Verbesserung der deutschen Ausfuhrpassition“ zu verzeichnen. In der deutschen Landwirtschaft hemme der Kapitalmangel ein Ansteigen der Erzeugung. Der Ost- West-Handel sei für beide Partner eine wirtschaftliche Notwendigkeit und sollte deshalb mit Ausnahme der Ausfuhr strategisch-wichtiger Güter fortgesetzt werden.
Der Bericht beschäftigt sich auch ausführlich mit der Südweststaatfrage im Zusammenhang mit dem „Blitzgesetz“. Dieses Gesetz könne zwar als „praktisch und nützlich“ angesehen werden, keine Regierung mit beschränkten Vollmachten könne aber Gesetze erlassen, die außerhalb ihrer verfassungsmäßigen Zuständigkeit stehen, nur weil diese Gesetze vielleicht nützlich sein könnten. Die Hohe Kommission habe der Bundesregierung mitgeteilt, daß sie „ernsthafte Zweifel“ an der Ver- fsasangsmäßigkeit des Blitzgesetzes habe; von einem direkten Eingriff habe sie jedoch abgesehen, da zusammen mit dem Blitzgesetz auch das Gesetz über den Südweststaat erlassen
Stärkung der Koalition
Adenauer verkennt nicht Ausmaß der Differenzen / Besprechungen in Etappen
BONN. Bundeskanzler Dr. Adenauer sprach am Montag vor seinem Amtsantritt die Erwartung aus, daß alle bestehenden Schwierigkeiten bei gutem Willen und dem notwendigen Entgegenkommen aller Beteiligten überwunden werden können. „Allerdings verkenne ich keinesfalls das Ausmaß der Differenzen“, fügte der Bundeskanzler hinzu. Dr. Adenauer, der einen frischen Eindruck machte, versicherte, daß ihm der Urlaub auf dem Bürgenstock in der Schweiz „trotz der verschiedenen notwendig gewordenen Unterbrechungen“ gut bekommen sei
Aus der Umgebung des Bundeskanzlers verlautet, daß die Besprechungen Dr. Adenauers mit seinen Kabinettsmitgliedern und Parlamentariern der Regierungskoalition „in Etappen“ stattfinden. Nach einer zweistündigen persönlichen Aussprache mit dem Bundeskanzler erklärte Vizekanzler Blücher, er sei nach wie vor „fest entschlossen" aus der Ruhrbehörde auszutreten. Der Kanzler habe seine Gründe zur Kenntnis genommen. In der Unterredung unter vier Augen seien „alle vordringlichen Probleme“, darunter die Kohlenfrage, die Südweststaatfrage sowie die Frage der Besatzungskosten, eingehend besprochen worden.
Zu den gegenwärtigen Spannungen inner-
Die Schwernik-Resolution
„Keine Änderung der sowjetischen Politik“
WASHINGTON. Präsident Tr um an hat die „Friedensresolution des Obersten Sowjets der UdSSR“ an den amerikanischen Kongreß weitergeleitet. In seiner Begleitbotschaft betonte der Präsident, wenn die Sowjetunion aufrichtig den Frieden wolle, könne sie sich an den Bemühungen beteiligen, einen Weg zur Rüstungsminderung und Kontrolle der Atomenergie im Interesse des Friedens finden. Sie könne außerdem aufhören, eine bewaffnete Aggression gegen den Beschluß der Vereinten Nationen zu unterstützen. Derartige Handlungen würden weit mehr als alle Worte zeigen, daß die Sowjetunion wirklich den Frieden wolle.
Gleichzeitig unterrichtete Präsident Truman den USA-Köngreß davon, daß kein Anzeichen für eine Änderung der „jetzt den Weltfrieden bedrohenden“ sowjetischen Politik vorliege.
Der amerikanische demokratische Senator Joseph C. O. Mahony erklärte nach einer Konferenz mit General Omar Bradley und anderen hohen Beamten des amerikanischen Verteidigungsministeriums, das Oberkommando der amerikanischen Streitkräfte habe dem Kongreß die Versicherung abgegeben, daß die Sowjets „eine böse Überraschung“ erleben würden, wenn sie es jetzt wagten, die Vereinigten Staaten anzugreifen.
worden sei und ein enger Zusammenhang zwischen beiden Maßnahmen bestehe.
Der Vierteljahresbericht schließt mit den Worten: „Regierung und Bevölkerung der Bundesrepublik sahen sich schwierigen Entscheidungen gegenüber. Es scheint jedoch kein Zweifel mehr darüber zu bestehen, daß die Wahl zwischen Ost und West bereits getroffen worden ist."
Ein Besagungssoldat 10 000 DM
BONN. Wie das „Deutsche Industrieinstitut“ mitteilt, fordern die Allierten für jeden Besatzungssoldaten etwa das Siebenfache von dem, was sie nach dem ersten Weltkrieg pro Soldaten für die Rheinland-Besatzung ausgaben. Damals kostete jeder Besatzungssoldat jährlich 1450 DM (1000 RM), wogegen heute eine jährliche Kopfquote von 10 000 DM erforderlich sei.
Der Deutschland-Korrespondent der Christlich-sozialen Zeitung „La Libre Belgique“ kritisiert scharf den Widerstand der Bundesregierung gegen die Höhe der Besatzungskosten und kommt zu dem Ergebnis: „Wenn wir brutal sein und den Deutschen keine Antwort schuldig bleiben wollen, müssen wir ihnen klipp und klar sagen, daß sie sich nur weigern, den Gürtel enger zu schnallen.“
Russische Emigranten schlossen sich am Montag in Stuttgart zum „Befreiungsrat der Völker Rußlands" zusammen. Das Bild zeigt Alexander K e- renskij (links) und Mikhail Soloview (stehend) während einer Pressekonferenz. Soloview gehört der Kampfgruppe für die Freiheit Rußlands an. Feto AP.
Bereitschaft zur Einigung
halb der Regierungskoalition erklärte Blücher, sowohl er als auch der Bundeskanzler seien der Meinung, daß die Koalition gestärkt werden müsse. „Aber dazu gehört der gute Wille auf beiden Seiten“, fügte Blücher hinzu. Es habe eine ausführliche Aussprache stattgefunden, wobei zahlreiche Mißverständnisse beseitigt worden seien. Bei den Besprechungen zwischen dem Bundeskanzler und den DGB- Vertretern auf dem Bürgenstock seien keine Entscheidungen gefallen.
Bundeskabinett tagt wieder
Kaiser berichtete über FDJ-Treffen
BONN. Das Bundeskabinett ist gestern wieder unter Vorsitz von Bundeskanzler Dr. Adenauer zusammengetreten, um in einer Generaldebatte innen- und außenpolitische Probleme zu erörtern. Der Bundeskanzler berichtete über seine Besprechungen auf dem Bürgenstoch mit den Vertretern des deutschen Gewerkschaftsbundes. Im Mittelpunkt der innenpolitischen Erörterungen stand die Note des südbadischen Staatspräsidenten Dr. Wohieb, die einen Aufschub der Südweststaatabstimmung gefordert hatte.
Bundesminister Jakob Kaiser berichtete in der Kabinettsitzung über seine Eindrücke von den kommunistischen Weltjugendfestspielen in Berlin.
hf. Wenn in dieser Woche die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und dem DGB fortgesetzt werden, besteht Grund zu der Hoffnung, daß es schließlich zu einer Übereinstimmung kommen wird, die den Beschiß des DGB-Vorstandes, seine Vertreter aus allen wirtschaftspolitischen Gremien zurückzuziehen, hinfällig werden läßt. Die Gespräche zwischen Bundeskanzler und dem DGB-Vor- stand auf den Bürgenstock sind doch konkreter gewesen, als offiziell zugegeben wird, und sie haben gezeigt, daß sowohl der Bundeskanzler als auch die Vorstandsmitglieder des DGB zu einer echten Einigung bereit sind. Obwohl kein Zweifel darüber besteht, daß die DGB-Vorstandsmitglieder unter einem Druck „von unten“, das heißt dem Drängen der 5,9 DGB-Mitglieder gegenüberstehen, sehen doch Männer wie Fette, vom Hoff, Grosse und Deist die gewerkschaftliche Interessenvertretung besser in einer Zusammenarbeit mit der Regierung gesichert, als in einer Frontstellung gegen diese Regierung. Sie glauben, daß es mit dieser Regierung zu einem auch gegenüber den Fachgewerkschaften des DGB vertretbaren Kompromiß kommen kann, wenn es — Dr. Adenauer ist, dessen Auffassung bestimmt. Darin, daß die Gewerkschaften Vertrauen zu Adenauers ehrlicher Bereitschaft zu einem für den DGB akzeptablen Kompromiß haben und der Bundeskanzler die gleiche Haltung gegenüber dem DGB-Vorstand einzuneh- men scheint, liegt ein Ausgangspunkt.
Er macht verständlich, warum der Bundeskanzler scharf auf die Interventionen und Stellungnahmen Blüchers reagierte oder antworten ließ, und er zeigt, warum der DGB seine Angriffe gegen viele Männer, Organisationen und Erklärungen richtet, nicht aber gegen den Kanzler. Adenauers Haltung, die selbst von seinen Staatssekretären bis jetzt nicht voll geteilt wird, ist nun auf der Regierungsseite zum offiziellen Standpunkt des Kabinetts zu machen. Gelingt Adenauer das, ohne den Zusammenhalt der Koalition aufs Spiel zu setzen, es wäre ein ganz großer Er-
Peking eher verhandlungsbereit
Fernsteuerung der koreanisdien Kommunisten
KÄSONG. Der Presseoffizier der UN im Hauptquartier in Munsan, Brigadegeneral Nuckols, sagte gestern, die Chinesen seien nach seiner Ansicht eher als die Nordkoreaner bereit, einen Waffenstillstand auf Grund der realen militärischen Lage in Erwägung zu ziehen. Er vermute, daß der nordkoreanische Delegations 1 eiter seine Anweisungen „von irgendeiner Stelle innerhalb der kommunistischen Hierarchie“ erhalte. Gerüchtweise verlautet, daß General Nam II sowjetischer Staatsbürger sei.
Die Sonntagssitzung des Unterausschusses des beiden Waffenstillstandsdelegationen soll unproduktiv gewesen sein, die Montagssitzung nur eine gute Stunde gedauert haben. Es hätten andererseits keine Anzeichen für einen Zusammenbruch der Verhandlungen Vorgelegen. Die Kommunisten haben in den letzten Tagen im Niemandsland Briefkasten aufgestellt, in denen sie Aufforderungen an die UNO-Soldaten deponieren, sie sollten die Waffen niederlegen und zwischen den Frontlinien über die sofortige Herbeiführung eines Waffenstillstands diskutieren.
Nam II forderte am Montag vom UN-Ober-
kommando „schwere Bestrafung der für den Zwischenfall Verantwortlichen“ (Bruch der neutralen Zone) und die Versicherung, daß sich ein derartiges Vorkommnis nicht wiederhole. Eine amtliche Verlautbarung der UN-Waffen- stillstands-Delegation deutet an, daß der von den Kommunisten behauptete Bruch der neutralen Zone von Käsong von einer politischen Gruppe veranlaßt worden sei, die einen Abbruch der koreanischen Waffenstillstandskonferenz beabsichtigen könnte.
Die Kämpfe in Korea sind am Wochenanfang wieder etwas stärker aufgelebt. Nach einer Mitteilung der 8. amerikanischen Armee sind Einheiten dieser Armee im Mittelabschnitt nördlich und westlich von Tschorwon und südlich von Kumsong zum Angriff übergegangen. Auch die begrenzte Offensive weiter östlich halte an. Heftige Nahkämpfe nördlich von Tschorwon hätten zu einem Rüdegang der UN- Einheiten geführt; ebenso hätte harter Widerstand der Kommunisten nordöstlich von Ku- mhwa und südlich von Kumsong angreifende UN-Einheiten zunächst zu geringfügigen Rückzügen veranlaßt.
folg für ihn und seine Partei, die damit ihre Petition in der parteipolitischen „Mitte“ wieder festigen und viele Prognosen über den Haufen werfen würde, die von der CDU eine Entwicklung zur „Rechten“ hin erwarten. Adenauer ist — aus welchen Gründen auch immer—nicht der Mann, der die CDU in dieser Richtung führen will, mögen auch manche zu vereinfachende Darstellungen des Gegensatzes Arnold/Adenauer bisweilen diesen Eindruck erweckt haben.
Für den DGB-Vorstand, dessen politisches Konzept sich damit deutlich machen läßt, daß er nicht etwa eine SPD-Regierung, sondern viel lieber eine große Koalition (aus CDU und SPD) sehen würde, ist eine solche CDU, die, vom Ahlener Programm ausgehend und der Haltung der christlichen Gewerkschaftler im DGB folgend, Zusammenarbeit mit dem DGB will, ein Partner.
In diesem Sinn waren auch die Diskussionen auf dem Bürgenstock verlaufen, wo es lediglich in der Frage des Aktienumtausches zu erheblichen Differenzen kam. Aber auch diese können beseitigt werden. So wären neben der beiderseitigen Bereitschaft zur Einigung auch schon alle Voraussetzungen für sie gegeben, wenn nicht Adenauers Partner — FDP und DP — den Bundeskanzler frondieren. Es mag parteitaktische Gründe geben, die den beiden Rechtsparteien eine solche Haltung nahelegen, letztlich werden sie sich Konsequenzen daraus doch sehr überlegen; denn sehr leicht könnten sie die einzigen Verlierer in der damit zwangsläufig werdenden Situation werden. Im DGB, wo nach dem Tode Böcklers der Vorstand als Gremium nicht mehr so stark im Zeichen einer Persönlichkeit steht, wird man das mögliche Übereinkommen mit Adenauer auch erst durchsetzen müssen; denn es hieße die Aktivität der SPD unterschätzen, wollte man ihre Bemühungen um eine Zusammenarbei mit dem DGB gegen die bisherige Regierungspolitik nicht als eine Realität sehen.
Gerade weil der sozialdemokratische Einfluß in und auf den DGB und auch manche Übereinstimmung im Grundsätzlichen besteht, wird der Vorstand der Gewerkschaften dem Hauptausschuß schon eindeutige Tatsachen über die Erfüllung der gewerkschaftlichen Interessen (in einem Übereinkommen mit Adenauer) vorlegen müssen, will er auf dieser Seite voll unterstützt werden. Daß man die Schaffung dieser Tatsachen in Düsseldorf für möglich hält, ist eine Einstellung, die Bonn teilen sollte, wenn es jetzt nach den Gesprächen auf dem Bürgenstock und der inoffiziellen Fühlungnahme zwischen dem DGB und den Unternehmern am runden Tisch im Palais Schaumburg um Beschlüsse geht
Neuer Präsident
Wechsel beim Verwaltungsgerichtshof TÜBINGEN. Der bisherige Präsident des Verwaltungsgerichtshofs in Württemberg- Hohenzollem, Dr. Neuschier, tritt seinem Ansuchen entsprechend am 1. September dieses Jahres in den Ruhestand. Staatspräsident Dr. Müller hat ihm in einem persönlichen Schreiben für seine verdienstvolle Tätigkeit gedankt Zum Nachfolger wurde Ministerialrat Robert Barth ernannt, ein gebürtiger Rottweiler, der zu den erfahrensten Fachleuten der württembergischen Verwaltung gehört und bisher beim Innenministerium tätig war.