ÜBERPARTEILICH'*: TAGESZEITUNG

7. JAHRGANG / NR. 133

MITTWOCH, 8. AUGUST 1951

Sowjetunion sdilägt den USA Fünfmäditepakt vor

ZurStärkung des Friedens / Von den UN schon einmal abgelehnt

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Links: Verladung Berliner Exportgüter in eine Maschine des Warenflugdienstes auf dem Tempelhofer Flugplatz. Fürs erste werden täglich auf derkleinen Luftbrücke" Berlin Bundes­republik 60 Tonnen Westberliner Waren nach Westdeutschland befördert; rechts: Das erste Stalin-Denkmal. Es wurde bei den ostzonalen Jugendfestspielen in der Stalin-Allee " enthüllt. Davor ein Volkspolizist als Ehrenwache.

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Bemerkungen zum Tage

WASHINGTON. Der Präsident des Obersten Sowjets der UdSSR, Nikolai Schwernik, formell das Staatsoberhaupt der Sowjetunion, hat Präsident T r u ma n am Montag in einem Sdireiben den Abschluß eines FSnfmächtepak- tes zurStärkung des Friedens vorgeschla­gen. Dieser Pakt solle dem Ziel dienen, die in­ternationale Rüstung zu beschränken und die Atomwaffen zu verbieten. Beigefügt war eine langeFriedensresolution, die vom Obersten Sowjet verabschiedet worden ist.

Das Sdireiben Schwemiks enthielt keinen Hinweis darauf, welche fünf Mächte den vor- ichlagenden Pakt abschließen sollten. Beamte des amerikanischen Außenministeriums sehen darin nur eine Wiederholung früherer sowje­tischer Vorschläge, also einen neuen propagan­distischen Schritt der sowjetischenFriedens­offensive. Man nimmt an, daß Schwernik an die UdSSR, die USA, Großbritannien, Frank­reich und Rotchina gedacht hat Weiterhin kam in dem Schreiben Schwerniks zum Aus­druck, der Abschluß eines solchen Paktes würde eine außergewöhnlich wichtige Bedeutung für die Verbesserung der sowjetisch-amerikani­schen Beziehungen und die-Stärkung des Frie­dens unter den Völkern haben. Truman wurde aufgefordert, dieFriedensresolution dem ge­samten amerikanischen Volke zur Kenntnis zu bringen, was der amerikanische Präsident auch unverzüglich anordnete.

Der sowjetische Schritt stellt offensichtlich die Antwort auf die im Juni vom Kongreß der USA verabschiedete und am 7. Juli von Tru­man an Schwernik weitergeleitete Resolution dar, in der der Kongreß die freundschaftlichen Gefühle des amerikanischen Volkes gegenüber allen anderen Völkern einschließlich derer der Sowjetunion zum Ausdruck gebracht hatte. In einem Begleitschreiben hatte Truman darum ersucht, die amerikanische Resolution der ge­samten Bevölkerung der Sowjetunion zugäng­lich zu machen, was bisher jedoch weder durch die sowjetische Presse noch durch den sowje­tischen Rundfunk erfolgt ist.

Die sowjetische Bevölkerung habe, so hieß s in derFriedensresolution, keinen Grund, daran zu zweifeln, daß das amerikanische Volk

TOKIO. Mit der Wiederaufnahme der Waf­fenstillstandsverhandlungen in Korea ist frü­hestens heute zu rechnen. General Ridgway führte gestern und am Montag diesbezügliche Besprechungen mit den vier nach Tokitf beru­fenen amerikanischen Mitgliedern der Dele­gation. Ridgway hat sich am Dienstag in giner Botschaft an die kommunistische Heeresleitung in Korea bereiterklärt, die seit Samstag unter­brochenen Waffenstillstandsverhandlungen in Käsong fortzusetzen. Gleichzeitig forderte er aber Garantien für die künftige Freihaltung der neutralen Zone von Streitkräften.

In seiner Antwort auf die letzte Mitteilung der Kommunisten über die Neutralität- soags erklärt Ridgway:Es sollte klar verstan­den werden, daß mein Eingehen auf die Wie­deraufnahme der Waffenstillstandsbesprechun­gen unter der Voraussetzung geschieht, daß Sie sich völlig an ihre Garantien der Neutralisie­rung des Raumes um Käsong halten. Jede wei­tere Unterlassung in dieser Beziehung wird als beabsichtigter Schritt Ihrerseits ausgelegt werden, die Waffenstillstandsverhandlungen abzubrechen.

Man glaubt in Tokio, Ridgway habe den UN- Parlamentären neue Instruktionen für die erste Sitzang nach der Wiederaufnahme der Ver­handlungen gegeben. Es gilt als wahrschein­lich, daß Ridgway Anweisung gab, den kom­munistischen Unterhändlern rundheraus mit­zuteilen, daß die Stellungnahme der UN im Hinblick auf die Pufferzone endgültig ist. Wäh­rend das UN-Oberkommando auf einer Puffer­zone entlang der derzeitigen Front besteht, verlangen die Kommunisten die Ziehung der Zone in Anlehnung an den 38. Breitengrad.

Der Sender Peking brachte am Montag eine Meldung über den angeblichen Verlauf der in

Pleven hat angenommen

PARIS. Der mit der Neubildung der franzö­sischen Regierung beauftragte frühere Mini­sterpräsident Renö P1 e v en teilte Staatsprä­sident Au r i o 1 am Dienstag mit, daß er den Auftrag zur Regierungsbildung endgültig an­nehme. Pleven wird sich heute der National­versammlung stellen. Nachdem die Radikal­sozialisten am Dienstagvormittag beschlossen batten, für die Investitur Pievens zu stimmen, dürfte die absolute Mehrheit für ihn gesichert sein, da die Volksrepublikaner, die Sozialisten und die Unabhängigen sich bereits am Montag nir ihn entschieden hatten.

keinen Krieg wünsche. Das sowjetische Volk sei sich einig in dem Bemühen, einen dauerhaf­ten Frieden herzustellen und die Drohung ei­nes neuen Krieges zu beseitigen. Der Abschluß des Vorschlages des Fünfmächtepaktes würde das Vertrauen in die Erhaltung des Friedens he­ben, die Möglichkeit bieten, die Rüstung zu be­schränken und daher auch die Last der militä­rischen Ausgaben erleichtern, die die Völker bedrückten. Ein Hinweis auf die UN als Orga­nisation zur Erhaltung des Weltfriedens war in dem Schreiben nicht enthalten.

Die sowjetische Anregung zu einem Fünf­mächtepakt kam den bei den UN akkreditier­ten Diplomaten ziemlich überraschend, da es sich offensichtlich um den gleichen Vorschlag handelt, den die UN bereits im vergangenen Jahre ablehnten.

Besprechungen laufen

FreundlicheFühlungnahme in Teheran

TEHERAN. Die britisch-persischen Ver­handlungen über die Beilegung des Erdölkon­fliktes werden heute ihre Fortsetzung finden. Lordsiegelbewahrer Richard Stokes, der die britische Abordnung führt, besuchte ge­stern die Raffinerie der Anglo-Iranian in Aba- dan. Von persischer Seite verlautete, er werde rechtzeitig nach Teheran zurückkehren, um die heutigen Verhandlungen für die Briten zu führen.

Bei dem Besuch Stokes in Abadan war auch der amerikanische Sonderbeauftragte Averell Harriman anwesend. Der Flug­platz, auf dem die Delegationen landeten, wurde von hunderten von persischen Solda­ten mit aufgepflanztem Seitengewehr bewacht. Zu irgendwelchen Zwischenfällen ist es jedoch nicht gekommen.

Die erste 90 Minuten dauernde Sitzung der beiden Delegationen am Montag sollte einer Fühlungnahme dienen. Die auf der Veranda des Sommerpalastes des Schahs abgehaltene Besprechung verlief nach den übereinstim­menden Aussagen beider Parteien in einer freundlichen Atmosphäre.

den bisherigen Verhandlungen von der UN- Delegation in Käsong vorgeschlagenen Demar­kationslinie. Hiernach soll die Linie zwischen den beiden kämpfenden Parteien in Korea von Soari, etwa 8 km südlich Käsongs, an der Ost­küste nach Tosudae verlaufen, das etwa 30 km nördlich von Pjöngjang liegt. Dort biegt sie nach Südwesten, nach Woram, etwa 20 km nördlich von Yontschon ab, überquert dann den Indschin-Fluß in der Nähe von Kuntschon, nördlich Käsongs, und verläuft von dort nach der Ongdschin-Halbinsel. Der Sender Peking berichtet hierzu, daß bei einer Annahme die­ser Linie die kommunistischen Truppen ein Gebiet von etwa 50008000 Quadratkilo­metern aufgeben müßten, das sie jetzt kon­trollieren.

Ein deutscher Diplomat

em. Der Tod Ernst Freiherr v. Weizsäckers macht es einem Württemberger nicht schwer, das politische Wirken dieses vornehmen und aufs beste geschulten Sohnes unseres Landes in ständig wechselnden, höchst schwierigen Po­sitionen mit geziemendster Hochachtung zu rühmen. Auf der Höhe seiner Arbeit im Aus­wärtigen Amt unter Hitlers Parvenütum und verbissener Rechthaberei hat Weizsäcker als Staatssekretär, wie ihm nicht nur viele Pro­minente des Auslandes, wie ihm zuletzt auch die früheren Gegner ein Churchill sprach in bezug auf seine Verurteilung im Wilhelmstra­ßenprozeß von einemtödlichen Irrtum bezeugten und wie wir es auch aus seinem Erinnerungsbuch gelesen haben, gegen den nationalistisch-kriegerischen Chauvinismus der Machthaber des Dritten Reiches versucht, un­ter allen Umständen den Frieden,zu erhalten, aus der Gewißheit heraus, daß das geliebte Vaterland einen zweiten Weltkrieg genau so verlieren würde wie es den ersten verloren hat. Hätte es den falschen Ohrenbläser und Dilet­tant in politicis, hätte es Ribbentrop nicht ge­geben, wären Weizsäcker und seine Freunde mit ihrer klug wägenden Diplomatie vielleicht bei Hitler durchgedrungen und das Vertrauen, das er bei den Botschaftern in Berlin besaß man lese etwa Hendersons schöne Beurteilung des geachteten deutschen Kollegen, wäre stark genug, gewesen, einen kriegerischen Kon­flikt zu vermeiden.

Weizsäcker rettete sich 1943, als schon alles dem Untergang zueilte, an die einzige echte Friedensstelle in der entflammten Welt. Als Botschafter beim Heiligen Stuhl hat der Enkel des liberal-protestantischen Tübinger Theolo­gen gleichen Namens zur vollen Zufriedenheit des Papstes unentwegt für den Frieden ge­wirkt. Er bekleidete nach altem preußischem Brauch zum letzten Male als protestantischer

Diplomat ein Amt an der Zentrale des Katho­lizismus. Vielleicht war er auch der letzte der deutschen Diplomaten, die ein preußisch-ge­schultes Offiziersethos mit dem reicheren Kul­turwissen eines Süddeutschen verbanden. Mit dieser bewährten Verbindung mußte er im Emporkömmlingsstaat des Dritten Reiches scheitern und in ein Zwielicht geraten.

Endlich vernünftige Regelung

jk. Recht plötzlich und für die Pariser OEEC- Kreise selbst etwas unerwartet, nachdem man diese Frage ursprünglich erst in dieser Woche entscheiden wollte, hat der Rat der OEEC be­reits am Samstag der Erhöhung der deutschen Kreditquote in der Europäischen Zahlungs­union (EZU) von 320 auf 500 Millionen Dollar zugestimmt. Das besagt: die Bundesrepublik kann im Handelsverkehr mit den der EZU angehörenden Staaten laufend einen Gesamt­kredit von nicht weniger als 2 Milliarden DM (500 Mill. Dollar) in Anspruch nehmen. Die Bundesregierung ist so erklärte Vizekanz­ler Blücher über diese (an sich gewiß er­freuliche) Tatsache befriedigt.

In der Tat: hier wurde ein Erfolg erzielt, der sich auf den immer noch stark förderungs­bedürftigen Außenhandel der Bundesrepublik nur in günstigem Sinne auswirken kann. Mein erinnere sich hier nur an die große Zeit­spanne, die ganz normalerweise zwischen den sofort zu zahlenden Rohstoffeinfuhren und den deutschen Fertigwarenexporten mit langem Zahlungsziel besteht. Gerade diese zeitliche Differenz ist ein erheblicher Faktor in der prekären Devisensituation der Bundesrepu­blik.

Die Erhöhung der EZU-Quote ist ein altes Anliegen der Bundesrepublik. Es existiert praktisch seit der Gründung der EZU: damals wurde von Sachverständigen schon massive Kritik daran geübt, daß überholte Bezugs­zeiträume als Bemessungsgrundlage herange­zogen wurden. Daß hier mit übertriebener Vorsicht verfahren wurde, war einer der Hauptgründe der westdeutschen Zahlungs­bilanzkrise. Welche Feststellung die Anerken­nung der jetzt getroffenen vernünftigeren Re­gelung nicht schmälern soll. Internationale Einrichtungen dieser Dimensionen benötigen naturgemäß eine Anlaufzeit. Aber mm erst wird sich die EZU wirklich als ein brauch­bares Instrument der europäischen Zusam­menarbeit erweisen.

Ernst v. Weizsäcker gestorben

Beisetzung auf Schloß Solitude LINDAU. Der ehemalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt und frühere deutsche Bot­schafter am Vatikan, Freiherr v. Welz- s ä c k e r, ist am Samstag im Krankenhaus von Lindau im 70. Lebensjahr an einem Herzschlag gestorben. Wie dpa meldet, mußte sich v. Weiz­säcker schon vor über einer Woche in klinische Behandlung begeben. Eine Kreislauflähmung führte dann überraschend schnell zum Tode. Emst v.'Weizsäcker kehrte 1946 aus Rom zu­rück und wurde im August 1947 von den ame­rikanischen Behörden nach Nürnberg beordert, wo er imWilhelmstraßen-Prozeß im April 1949 zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, nach einer Haftermäßigung auf fünf Jahre und einer nochmaligen Überprüfung des Urteils dann aber im Oktober 1950 auf freien Fuß ge­setzt wurde.

v. Weizsäcker wurde gestern nach Stuttgart übergeführt und wurde heute im Familien­grab auf Schloß Solitude beigesetzt

Verteidigungsbeitrag als Bedingung

Bonn enttäuscht über Besprechungen zum Abbau der alliierten Kontrollen

BONN. Bei den deutsch-alliierten Bespre­chungen über die Ablösung des Besatzungs­statuts durch ein Vertragswerk herrscht auf deutscher Seite der Eindruck vor, daß ein weit­gehender Abbau der alliierten Kontrollen in der Bundesrepublik erst erfolgen wird, wenn sich die Deutschen zu einem Verteidigungsbei­trag bereiterklären, verlautete am Montag aus der Umgebung des Bundeskanzlers. Man ist enttäuscht über den bisherigen Verlauf der Be­sprechungen, deren erste Phase mit der Ab­fassung eines Zwischenberichts für die am 10. September in Washington beginnende Au­ßenministerkonferenz der drei Westmächte in der vorigen Woche abgeschlossen worden ist.

Anfangs sei das Verhandlungstempo außer­ordentlich schleppend gewesen und der deut­sche Verteidigungsbeitrag sei von keiner Seite erwähnt worden. In den letzten Verhand­lungswochen habe sich jedoch die Situation grundlegend geändert und auf Drängen der Alliierten der deutsche Verteidigungsbeitrag im Mittelpunkt der Besprechungen gestanden.

Nach deutscher Ansicht lasse sich ein ab­schließender aktiver und freiwilliger deutscher Verteidigungsbeitrag und die von den Alliier­ten im Rahmen des Vertragswerks gewünschte Beibehaltung der obersten Gewalt nicht mit­einander vereinen. Der Wunsch der Alliier­ten in Fragen der ost-westdeutschen Beziehun­gen, den Sowjets gegenüber direkt auftreten

zu können, sei durch eine entsprechende ver­tragliche Regelung auch dann möglich, wenn die Bundesrepublik die oberste Gewalt besitze.

Befriedigt sei man auf deutscher Seite über die Aussicht auf Bildung einer deutsch-alliier­ten Kommission, die auf der Basis völliger Gleichberechtigung Meinungsverschiedenhei­ten über die Auslegung des Vertragswerkes schlichten solle. Zu erwarten sei, daß die drei allüerten Regierungen unmittelbar im An­schluß an die Außenministerkonferenz noch im September der Hohen Kommission Anwei­sung erteilen würden, die zweite Phase der deutsch-alliierten Gespräche über die Um­wandlung des Besatzungsstatuts zu eröffnen. Bis zu der Außenministerkonferenz in Rom im Oktober werde man vermutlich einen weiteren Zwischenbericht fertigstellen können, so daß möglicherweise mit einer endgültigen Entschei­dung im November dieses Jahres zu rechnen sei.

Von maßgebender alliierter Seite wurde die deutsche Kritik als reine Propaganda für in­nere deutsche politische Zwecke bezeichnet. Bevor man die Besprechungen auf dem Peters­berg überhaupt begonnen habe, sei den Deut­schen ganz entschieden erklärt worden: Die Umwandlung des Besatzungsstatuts kann nur dann erfolgen, wenn Deutschland einen Ver­teidigungsbeitrag leistet, und die Alliierten werden sich in jedem Falle die oberste Gewalt in der Bundesrepublik Vorbehalten.

Ridgway verhandelt wieder

Kommunisten haben neutrale Zone zugesichert / Peking zur Demarkationslinie