NUMMER 122 MITTWOCH, 8. ACGÜSX 1951

9 *

HolfmannNichts zu verbeigen

Angelsächsische Beobachter erwünscht

SAARBRÜCKEN. Der Ministerpräsident des Saarlandes, Johannes Hoffmann, erklärte am Montag, im Saargebiet gäbe es nichts zu verbergen, und er würde es begrüßen, wenn britische und amerikanische Beobachter an Ort und Stelle die deutschen Vorwürfe über ein undemokratisches Verhalten der Saarre­gierung nachprüfen würden.

Die deutschen Beschwerden gehen haupt­sächlich auf das Verbot derDemokratischen Partei Saar zurück. Es erfolgte mit der Be­gründung, daß die Partei die Verbindung des Saarlandes mit Frankreich lösen und statt des­sen eine Anlehnung an die Bundesrepublik anstrebe. Der stellvertretende Vorsitzende der verbotenen Partei, Paul Simonis, erklärte dagegen, seine Partei wolle zu Frankreich und Deutschland gleich enge Beziehungen aufrecht erhalten.

Hoffmann gebrauchte am Montag bei der näheren Erläuterung seiner politischen Ziele für das Saargebiet den Ausdruck:ein zweites Luxemburg. Dieses etwa ein Drittel der 950 000 Einwohner des Saargebietes umfas­sende Land ist wirtschaftlich mit Belgien ver­einigt, außenpolitisch aber unabhängig und besitzt eine eigene Armee.

Erhöhte Stahlproduktion

Forderung des TJS-RüstungsproduktionsChefs

WASHINGTON. Der amerikanische Rü­stungsproduktionschef, Charles Wilson, hob die Notwendigkeit hervor, daß die Bundes­republik Deutschland ihre Produktion an Stahl und anderen wichtigen Industriegrund- stoften erhöht. In einem Interview mit dem Washingtoner dpa - Korrespondenten sagte Wilson, die Bundesrepublik werde für viele Grundelemente in das industrielle Verteidi­gungsprogramm einbezogen werden. Die ent­sprechenden Lieferkontrakte würden durch den Ausschuß für internationale Sicherheits­angelegenheiten und durch Vertreter der Nord­atlantikpaktorganisation in Europa abgeschlos­sen. __

Der Bewilligungsausschuß des amerikani­schen Repräsentantenhauses hat am Montag den Verteidigungshaushalt der Vereinigten Staaten für das am 1. Juli begonnene neue Rechnungsjahr auf 56 Milliarden Dollar (rund 235 Milliarden DM) festgesetzt. Der Betrag ist der höchste, der jemals in Friedenszeiten für die amerikanische Verteidigung vorgesehen war. Die Ausgaben für die Kriegsführung in Korea seit dem 30. Juni sind in dem bewillig­ten Etat nicht enthalten. Sie werden später nachgefordert.

Soldatenbl älter

Bonnwohlwollend

BONN. Führende Mitglieder des deutschen Soldatenbundes und andere ehemalige hohe Offiziere treffen am kommenden Wochenende in Bonn zusammen, um die Herausgabe einer militärtechnischen Zeitschrift und einer bun­deseinheitlichen Soldatenzeitung vorzuberei­ten. Die technischen Vorbereitungen für die Herausgabe dieser Presseorgane liegen bei dem Pressechef des ehemaligen OKW, Som­me r fe 1 d, der bereits vor einigen Monaten eine militärtechnische ZeitschriftEuropäische Sicherheit herausgab, die jedoch wegen Diffe­renzen mit dem Verlag wieder eingestellt wurde.

Von zuständiger Seite verlautete, man wolle diese Publikationsmittel dazu benutzen, um die verschiedenen Soldatenorganisationen in der Bundesrepublik mit dem deutschen Sol­datenbund zu verschmelzen, darin die Inter­essen der ehemaligen Berufssoldaten zu ver­treten und Stellung zu nehmen zu wichtigen po­litischen Fragen, insbesondere zu einem mög­lichen deutschen Verteidigungsbeitrag. Die Bundesregierung nehme gegenüber diesen Be­strebungen einewohlwollende Haltung ein. Besonders von amerikanischer Seite bringe man diesen Absichtengroßes Interesse ent­gegen. Über die Finanzierung des Projekts wird völliges Stillschweigen bewahrt.

Ruhiger Festspielverlauf in Berlin

FDJler haben mehr Interesse für Westsektoren I Kinder kehren zurück

BERLIN. Der überwiegende Teil der zu den Weltjugendfestspielen in Ostberlin ver­sammelten rund 500 000 Jugendlichen bummelte gestern und am Montag tatenlos durch die Stadt, da nach Angabe der Teilnehmer nur zwei von je 50 der Gäste zu den großartig propagierten Veranstaltungen zugelassen wur­den. In den Westberliner Jugendheimen an der Sektorengrenze herrschte trotz verschärf­ter Kontrollen wieder Hochbetrieb.'

Die Zahl der FDJ-Mitglieder, die ihren Be­such in Ostberlin zu einem Ausflug in die Westsektoren benutzten, stieg sprunghaft an. Am Montag machten sich über 20 000 Teil­nehmer der Festspiele persönlich ein Bild von den Verhältnissen im freien Berlin. Viele Jugendliche beklagten sich über die Art und Unregelmäßigkeit der Beköstigung, die nur für die Sportler zufriedenstellend sei. So hät­ten dienur marschierenden Teilnehmer am ersten Tage Dauerwurst, Brot und statt Butter Keks bekommen. Zum Frühstück habe es in den Massenquartieren Wasser, in den Privat­quartieren dagegen meist Ersatzkaffee gege­ben.

Die nicht der FDJ angehörenden Teilneh­mer sind besonders fanatischen FDJ-Funktio- nären unterstellt worden. Sie sagten, daß die Tage in Berlin ihnen von ihrem Jahresur­laub abgezogen würden oder nachgearbeitet werden müßten.

Am Montag legten die ausländischen Dele­gationen und die FDJ am sowjetischen Ehren­mal in Berlin-Treptow Kränze nieder. Im An­schluß daran nahmen sowjetische Offiziere den Vorbeimarsch der Delegierten ab. Später er- öffnete der stellvertretende Ministerpräsident Walter Ulbricht die11. akademischen Som­

merspiele. Zu diesen Sommerspielen, die vom kommunistischen Weltstudentenbund veran­staltet werden, entsandten 36 Länder ihre Vertreter. Nach der Sowjetzone stellten die Sowjetunion, Polen und die Tschechoslowakei die meisten Teilnehmer

In Ostberlin und in der gesamten Sowjet­zone werden indessen Unterschriften für ein Telegramm an Stalin gesammelt, das am kom­menden Sonntag, demTag der jungen Frie­denskämpfer, abgeschickt werden soll. Die Teilnehmer an den Weltjugendfestspielen müssen sich in die in den Massenquartieren ausliegenden Listen eintragen.

Die SowjetzonenwochenschauDer Augen­zeuge filmte am Montag bei Lindewerra un­mittelbar an der Zonengrenze gestellte Bil­der von angeblichen Westzonenbewohnem, die in die Sowjetzone wollten. In der Werra schwammenFlüchtlinge aus der Bundesrepu­blik, die kurz zuvor von Osten her in das Wasser gewatet waren, mit dramatischem Ge­baren in Richtung Sowjetzone, wo die Film­operateure desAugenzeugen bereitstanden, um dieMassenflucht aus dem Westen aufzu­nehmen.

55 Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren aus Darmstadt, Wolfenbüttel und Grasleben ka­men über Helmstedt aus der Sowjetzone zu­rück. Sie waren vor etwa drei Wochen in ein Ferienlager jenseits der Grenze gebracht wor­den und sollten an den kommunistischen Ju­gendfestspielen teilnehmen. Als sie das nicht wollten, sondern unter Tränen baten, sie wie­der nach Hause zu lassen, wurden sie schließ­lich zurückgeschickt. Die Kinder waren nach Angaben der Bahnpolizeiverwahrlost und verlaust.

Kleine Weltdironik-

MÜNCHEN. Der Staatssekretär im bayerischen Justizministerium, Dr. Fritz Koch, gab vor dem Landesausschuß der SPD in München bekannt, daß gegen den amtierenden Münchener Polizei­präsidenten, Vizepräsident Dr. Wilhelm Weit­mann, Anklage wegen versuchter Nötigung er­hoben worden sei. Die Vorwürfe gegen Weit­mann beziehen sich auf eine Devisenangelegen­heit.

MÜNCHEN. Die Münchener Berufungskammer hat am Dienstag den Einspruch des ehemaligen Staatsministers und Chefs der Präsidialkanzlei Hitlers, Otto Meißner, verworfen und damit die im Mai dieses Jahres ausgesprochene Einstufung in die Gruppe der Belasteten bestätigt.

FRANKFURT. Die Stellvertreterin des ameri­kanischen Verteidigungsministers Marshall in Personalfragen, Mrs. Anna Rosenberg, ist zu einem mehrtägigen Besuch der amerikanischen Armeeführung in Deutschland eingetroffen. Mrs. Rosenberg wurde bei ihrer Ankunft auf dem Frankfurter Rhein-Main-Flughafen mit einem Ehrensalut von 17 Schüssen sowie von einer Ehrenkompanie der drei amerikanischen Wehrmachtsteile empfangen. Hauptgegenstand ihrer Besprechungen- mit den Armeeführem ist die weitere Verstärkung der Truppen in Deutsch­land.

BONN. Der diesjährige gesamtdeutsche CDU- Parteitag, der ursprünglich in Stuttgart statt- flnden sollte, wird nach einem neuen Beschluß vom 19. bis 21. Oktober in Karlsruhe veranstal­tet. Das Hauptreferat wird Bundeskanzler Dr. Adenauer halten.

BONN. Die kurzfristige Verschuldung des Bun­des ist im zweiten Quartal dieses Jahres um rund 200 Millionen DM auf 1,34 Mrd. DM ge­stiegen. Die langfristige Schuld beträgt etwas über 6 Mrd. DM.

BONN. Die Heilung des Oberarmbruchs, den sich Bundespräsident Heuß während seines Ur­laubs zugezogen hat, macht gute Fortschritte. Doch muß sich der Bundespräsident weiterhin größte Schonung auferlegen.

WOLFSKEHLEN. Die Feuersäule des Erdgas­brandes bei Wolfskehlen in Hessen ist am Mon­tagmorgen erloschen. Das 850 m tiefe Erdölbohr­loch stößt jetzt eine etwa 20 m hohe Schmutz­säule aus. Die Flamme erlosch, als das Gas mit

zum Teil flüssigem Ton und Schiefer durchsetzt wurde.

ISERLOHN (Westfalen). In Iserlohn tagten über das Wochenende die deutschen Mittelge- birgs- und Wandervereine, die im deutschen Wanderverband zusammengeschlossen sind. An der großen Kundgebung auf dem Schillerplatz nahmen etwa 10 000 alte und junge Wanderer aus der ganzen Bundesrepublik, aus ostdeut­schen Gebieten und von der Saar teil.

BERLIN. Über 230 Tonnen Westberliner Fracht­güter wurden über das Wochenende von den Sonderflugzeugen der drei alliierten privaten Luftfahrtgesellschaften in 31 Flügen über die kommerzielle Luftbrücke nach Hamburg und Frankfurt befördert.

SAARBRÜCKEN. Die spinale Kinderlähmung im Saargebiet breitet sich mehr und mehr aus. Die Zahl der Erkrankten hat sich Anfang die­ser Woche von 68 auf 83, darunter acht Erwach­sene, erhöht. Bis jetzt sind vier Fälle tödlich verlaufen.

ROLLE (Schweiz). Der in Rolle tagende öku­menische Rat der Kirchen hat eine sieben Punkte umfassende Erklärung an die Christen der Welt veröffentlicht, in der sowohl die Aggression als auch der Präventivkrieg verurteilt werden. Die Erklärung ist als Antwort aufIrreführende Friedensvorschläge" gedacht und stellt fest, daß der Weltfrieden ohne ein gegenseitiges Ver­trauen zwischen den Völkern nicht gesichert werden könne.

CANBERRA. Auf den Waffenstillstand in Ko­rea könne sehr wohl ein rotchinesischer Angriff auf Indochina folgen, erklärte der Gouverneur des Staates New York, Thomas E. Dewey, auf einer Pressekonferenz in der australischen Bun­deshauptstadt Canberra. Es sei möglich, daß die Kommunisten durch einen Waffenstillstand mit Korea die freie Welt in Sicherheit wiegen woll­ten, während sie gleichzeitig den Angriff auf In­dochina vorbereiteten.

DJAKARTA. (Java). Auf Java kam es am Sonntag und Montag zu schweren Unruhen. Eine Menge, die rote Fahnen mit sich führte, ver­suchte sich in den Besitz des Hafens von Dja- karta zu setzen. Es kam zu schweren Schieße­reien mit der Polizei, bei denen sechs Personen getötet worden sein sollen.

Sommerresidem oder Urlaub?

hf. Es ist auch außerhalb Bonns kein Ge­heimnis mehr, daß die Bundesregierung schlechter funktioniert, wenn der Bundeskanz­ler auf Reisen ist, als wenner im Palais Schaumburg residiert. Daß es so ist, spricht weniger gegen den Kanzler und Außenmini­ster als gegen seine Kabinettskollegen, die in der Behandlung wichtiger Probleme nicht im­mer eine glückliche Hand bewiesen und bis­weilen auch denKurs Adenauers verließen. Wenn in anderen Ländern, und so war es auch im Deutschland der Weimarer Zeit, ein Kabi­nettschef in die Ferien geht, so tritt vollver­antwortlich sein Vertreter an seine Stelle. Der Kabinettschef wird auf dem laufenden gehal­ten. Während der gegenwärtigen Ferien des Bundeskanzlers wird eine andere und, wie uns scheint, nicht billige Praxis geübt. Adenauer regiert vom Bürgenstock aus, wie es einst Au­gust der Starke tat, wenn er Warschau oder Dresden mit einer Sommerresidenz vertauschte. Adenauer residiert auf dem Bürgenstock.

Ein Mann, der es wissen muß und jetzt ge­rade vom provisorischsten aller Regierungssitze zurückkehrte, meinte, die Besucherliste auf dem Bürgenstock könne es durchaus mit der des Palais Schaumburg aufnehmen. In der Tat ist es ein reger Pendelverkehr zwischen dem offiziellen Bonn und der damit ihrerInoffi- zialitätberaubtenSommerresidenz am Vierwaldstättersee geworden. Der Kanzler will es so und die Schweiz freut sich. Wir gönnen denzum Bericht in die Schweiz beorderten Beamten durchaus die Reise und meinen, man sollte auch gegenüber den Dispositionen de* Kanzlers in seinem Urlaub nicht kleinlich sein, die Höhe der Gesamtkosten für die Reisen desPendelverkehrs usw. kennen wir aller­dings nicht. Aber wäre dem vielgewünschten Ansehen unserer Demokratie nicht mehr ge­dient, wenn die Regierungsarbeit in Bonn auch ohne Adenauer in der Urlaubszeit laufen und der Kanzler in der Feme wirklicheFerien vom Ich machen würde?

Rüstungsaufträge bejaht

Deutsche Industriedelegation berichtet

KÖLN. Der Präsident des Bundesverbände* der deutschen Industrie, Fritz Berg, der über seine Reise mit einer deutschen Industriedele­gation nach den USA berichtete, unterstrich am Dienstag die Bedeutung von Verteidigungsauf­trägen für die deutsche Wirtschaft. Deutsch­land stehe in der Rohstoffversorgung amEnde der Schlange und könne aus eigener Kraft nicht nach vorne kommen.Wenn wir nicht Verteidigungsaufträge in größerem Ausmaß und damit auch die Rohstoffe aus Übersee be­kommen, sehe ich nicht, wie die Industrie im Herbst die aus dem Baufach und der Landwirt­schaft entlassenen Arbeitskräfte aufnehmen soll. Bei Einbeziehung in das Verteidigungs­system des Atlantikpakts und der damit ver­bundenen ausreichenden Rohstoffversorgung sei das Wiederaufleben einer größeren Arbeits­losigkeit in der Bundesrepublik dagegen nicht zu befürchten.

Wenn Deutschland wirtschaftliche Hilfe ' durch Verteidigungsaufträge aus Amerika er­warte, so müsse es auch auf politischem Ge­biet den amerikanischen Wünschen entgegen- kommen und die klare Bereitschaft ausspre­chen, sich an der Verteidigung der westlichen Welt zu beteiligen.

Als erstes praktisches Ergebnis habe die In­dustriedelegation die Möglichkeit mitgebracht, Unterkontrakte von den mit Verteidigungsauf­trägen versehenen amerikanischen Firmen zu bekommen. Über die Einzelheiten würde noch verhandelt.

HAMBURG. Der seit dem 26. Juli von der Bun­desregierung verbotene Rat der kommunisti­schen WS war am Freitag letzter Woche in Hamburg zu einer Geheimsitzung zusammenge­kommen. Sämtliche Landesorganisationen sollen vertreten gewesen sein. In dem später veröf­fentlichten Kommunique wird das Verbot der WN als verfassungswidrig bezeichnet. Der Rat übermittelte den Teilnehmern an den kommu­nistischen FDJ-Festspielen ln OstberllnGrüß* freundschaftlicher Verbundenheit.

jj'Kl

:teres J)piel

IM NECKARTAL

Ein fröhlicher Roman von Else Jung

10] Copyright by Verlag Bechthold

Die schlanke, zierliche Dame, die von der Hand ihres Begleiters gestützt, aus dem Wagen Sprang, erstarrte plötzlich zur Bildsäule, als sie Thilos ansichtig wurde, dann öffnete sie den Mund und stieß einen lauten Schrei aus. Ihre Erstarrung löste sich, sie wirbelte heran und hing im nächsten Augenblick an Thilos Hals.

Ich habs ja gewußt, daß ich dich finden werde! rief sie lachend, klopfte dem noch immer Sprachlosen den Rücken, hielt ihn von sich ab und erklärte, daß er blendend aussähe.

Jetzt war es an Imma, sich in ein Steinbild zu verwandeln. Stocksteif ,stand sie da und schaute fassungslos zu, wie Thilo und die fremde Frau sich küßten. Schauer der Eifer­sucht schüttelten sie.

Imma räusperte sich energisch.

Möchtest du uns nicht bekannt machen, Thilo?

Der Angerufene wandte sich um.

Verzeih, aber ich war so überrascht, sagte er, seinen Arm um die Fremde legend und sie zu Imma führend,diese reizende junge Dame ist nämlich meine Schwester Isa, von der ich dir schon erzählt habe.

Eine Zentnerlast fiel von Imma ab.

Thilos Schwester?

Herzlich streckte sie Isa die Hand entgegen.

Wie nett, daß ich Sie nun auch persönlich kennenlernen darf, sagte sie erleichtert und konnte wieder lachen.Thilo hat mir so viel Liebes von Ihnen erzählt. *

Freut mich! Isa sah sie mit schief­geneigtem Kopf an, und ihre Augen spiegel­ten Wohlgefallen.So also sieht Imma aus!

Sie blinzelte Thilo zu und winkte Kersten heran.

Komm her und gib Pfötchen, Walter, rief sie übermütig,es war eine großartige Idee von dir, nach Maria-Laach zu fahren.

Ich habe immer großartige Ideen, ant­wortete Kersten fröhlich, verbeugte sich vor Imma und schüttelte Thilo die Hand.Wür­den Sie mich bitte der jungen Dame vor­stellen?"

Nicht nötig! Imma lachte ihn freund­lich an.Ich habe Sie oft genug auf der Leinwand gesehen, Herr Kersten.

Geschmeichelt verbeugte er sich nochmals, aber als er sich wieder aufrichtete, sah er Isas Blick und zuckte zusammen.

Eben hast du mich wieder sehr an Rumba erinnert, sagte sie tadelnd, und Imma konnte nicht verstehen, warum der hübsche Mensch mit einem Male brennend rot wurde.

Den Abend verbrachten sie zusammen in Andernach, und bei der zweiten Flasche Wein erklärte Isa plötzlich, daß sie sich mit Walter Kersten verlobt habe.

Nein wirklich? Thilo war an die überraschenden Einfälle seiner Schwester so gewöhnt, daß er es nicht glauben wollte. Er hatte ein wenig viel getrunken und war ge­neigt, auch die ernstesten Dinge als einen Spaß aufzufassen. Er lachte wie über einen guten Witz, und erst als Isas kleine Hand, an der ein glatter, goldener Reif unter dem Tür­kismatrix funkelte, sich ihm unter die Augen schob, konnte er nicht länger zweifeln und raffte sich zu einem launigen, mit etwas schwerer Zunge gesprochenen Glückwunsch auf.

Spät in der Nacht fuhren sie nach Godes­berg zurück. Isa und Kersten waren in Ander­nach geblieben, aber sie hatten verabredet,

sich am nächsten Tage um zwei Uhr in Koblenz zu treffen, um ihre Rheinreise ge­meinsam fortzusetzen.

Während der Heimfahrt saß Imma am Steuer.

Kannst du denn fahren? hatte Thilo ge­fragt, der nur ungern von seinem Führersitz gewichen war.

Beruhige dich, ich kann! Auf jeden Fall habe ich nicht soviel Wein getrunken wie du. Es wird gut sein, wenn du dich morgen gründ­lich ausschläfst, hatte Imma geantwortet, und zu Thilos Verwunderung hatte sie den Silbergrauen ohne Zwischenfälle sicher in die Hotelgarage gebracht.

Imma war todmüde, aber sie konnte trotz­dem keinen Schlaf finden. Im Kloster Maria- Laach war sie zu einem Entschluß gekommen, und nun lag sie viele Stunden wach und er­wog ihn nach allen Richtungen.

Als sie ihr kleiner Reisewecker um halb acht Uhr aufstörte, hatte sie gerade zwei Stunden geschlafen,' aber es half nichts, sie mußte heraus. Eine halbe Stunde später stand sie vor der Portierloge und sagte:Wenn mein Bruder nach mir fragen sollte, so rich­ten Sie ihm bitte aus, daß er mit dem Früh­stück auf mich warten möge, ich bin gleich wieder zurück.

Sie ging zum Postamt und meldete ein Fern­gespräch an. Die Verbindung kam schneller, als sie gedacht hatte, und als sie aus der Tele­fonzelle heraustrat, lächelte sie.

Es würde schon klappen.

Kersten hatte gestern als nächstes Reiseziel Bingen vorgeschlagen, und sie würde schon dafür sorgen, daß es dabei blieb.

Fünftes Kapitel

Es war eine wunderschöne Fahrt von Koblenz über Boppard, St. Goar, Bacharach und Aßmannshausen nach Bingen. Sie hatten der Lorelei jugewinkt, in den berühmten

Weinorten kurze Rast gemacht, und ihre froh# Laune war von Kilometer zu Kilometer ge­stiegen.

Imma und Isa verstanden sich prächtig. Si« hatten sich bei einem Glas Aßmannshäuser den Schwestemkuß gegeben und hatten di# Herren sehr zu Thilos Mißvergnügen eine Stunde sich selbst überlassen. Als si# zurückkehrten, gingen sie Arm in Arm, und e* sah aus, als hätten sie sich zu einer ganz be­sonderen Schandtat verschworen.

Prosit Imma! sagte Isa, der neugewonne­nen Freundin geheimnisvoll zublinzelnd,auf gutes Gelingen!

Hoffentlich! Imma blinzelte ebenso auf einen Zug.

Was sie denn immer miteinander zu tuscheln hätten, wollte Thilo wissen.

Du mußt nicht so neugierig sein, mein Guter, wies ihn Isa zurecht.Wenn Frauen tuscheln, handelt es sich meistens um einen Mann.

Zufällig um mich? fragte Thilo eifrig.

! Isa lachte unbekümmert laut und fröhlich.Von dir oder Walter war zwi­schen uns überhaupt nicht die Rede.

Darauf lachten sie beide, und Thilo mur­melte etwas vor sich hin, das genau so wie alberne Gesellschaft klang. Er fühlte sich gekränkt und sah Imma vorwurfsvoll an.

Du erfährst es bald 1, tröstete sie itoi aber dann darfst du mir nicht böse sein. Willst du es mir versprechen?

Wie könne er das, wenn er nicht wisse, was es sei! Sie solle es ihm gleich sagen.

Aber Imma schüttelte den Kopf, nahm Das Arm und ging mit ihr zu den parkenden Wa­gen.

Als sie nach Bingen kamen, schlug es von den Kirchtürmen sieben Uhr. Isa hatte Hunger und wollte etwas essen.

(Fortsetzung folgt)