In den USA gibt es kein Briefgeheimnis

Was die Zensur sich alles leistet / Von Max Barth

Andere mögen anders denken; aber was mich betrifft, so gehört zu den Typen, für die ich abgrundtiefe Verachtung hege, der Zen­sor, insbesondere der Briefzensor. In den Ver­einigten 'Staaten z. B. gibt es faktisch kein Briefgeheimnis. Es ist verboten, die Post zu bestimmten Dingen zu mißbrauchen, z. B. zur Versendung von Briefen, die zur Ausfüh­rung eine Schwindels dienen. Die Post hat ihre eigene Geheimpolizei, und wenn Verdacht besteht, daß einer brieflich eine Schwindelei begehen will, kann seine Korrespondenz ge­öffnet werden. Er kann auch bestraft werden, wenn er aus allzu fleischlicher Sehnsucht nach seinem Mädchen ihr zu drastische erotische Mitteilungen sendet, denn auch Obszönitäten dürfen nicht versandt werden.

Journalisten haben aus anderen Gründen Kummer mit der Zensur. Sie zu überlisten, Ist oft ein aufregender und hochinteressanter Sport. Als z B. der Herzog von Windsor damals König Edward VIII. keinerlei An­zeichen gab. Frau Wally Simpson aus den USA aufzugeben, vielmehr deutlicher und deut­licher an den Tag legte, daß es seine Absicht, sei, sie zu seiner Frau zu machen, bestand ein unausgesprochenes Tabu für alle Presse­meldungen über alles, was auch nur entfernt mit dieser Angelegenheit Zusammenhängen mochte. Die ausländischen Korrespondenten in London mußten sich achselzuckend drein schicken. Wers nicht tat. war Bill Stoneman, der damals, ich weiß nicht mehr welches amerikanische Blatt vertrat. Wally Simpson war noch verheiratet, und wenn sie den König heiraten wollte, mußte sie sich scheiden las­sen. Stoneman bereitete seinen kommenden Coup sorgfältig vor. Indem er plötzlich ein ausgesprochenes Interesse für Kleinigkeiten aus dem täglichen Leben der englischen Pro­vinzbewohner an den Tag legte, Hochzeiten, Geburten, Todesfälle unbekannter kleiner Leute nach USA kabelte. Und im Rahmen dieser Serie bekam eines Tages seine Redak­tion denn auch die Mitteilung, um deretwillen er überhaupt diese Kategorie von Depeschen begonnen hatte: daß in einem kleinen eng­lischen Provinznest eine Frau Simpson eine Amerikanerin, ihre Scheidung erhalten habe

Als F. D Roosevelt Präsident geworden war, brach er nicht nur nicht mit unserem Diktator Hitler, sondern nahm auch die di­plomatischen Beziehungen mit seinem Kolle­gen Stalin wieder auf. Die Ausländskorre­spondenten in Moskau wußten, daß Litwinow zur Besprechung der neuen Beziehungen nach Washington fahren werde; aber sie durften ihren Blättern nichts davon berichten. Der­selbe Bill Stoneman war damals in Moskau. Er nahm eine Droschke, fuhr auf einen Vor­ort und gab zu normalem, nicht Presse-Tarif, ein Telegramm an die Privatadresse seines Redakteurs auf, das hieß:Maxie trifft Fran- kie nächsten Monat Pennsylvania Avenue. In Chicago sah man sich die Depesche an,

Fahrprüfung für Diplomaten

WASHINGTON. Sowjetische Diplomaten und das Personal der russischen Botschaft und Konsulate in den USA müssen in Zukunft «ine strenge Fahrprüfung ablegen, wenn Sie gelbst am Steuer ihres Wagens sitzen wollen. Bislang mußten sie nur Fragen über Ver­kehrszeichen schriftlich beantworten, um einen amerikanischen Führerschein zu bekommen. Jetzt werden die Dinge strenger gehandhabt, um Moskau einen Wink zu geben, da die ame­rikanischen Diplomaten in Rußland einer so scharfen Fahrprüfung unterzogen werden, daß Sie sie praktisch nicht bestehen können, außer sie wären in der Lage, ihren Wagen selbstän­dig auseinanderzunehmen und wieder zusam- menzusetzen sowie alle Teile und ihre Funk­tionen zu beschreiben. Praktisch läuft das dar­auf hinaus, daß in der Moskauer USA-Bot- ichaft alle Kraftwagen von Russen gesteuert Werden, in denen man MWD-Agenten vermu­tet. Sollte diese Gegenmaßnahme der Ameri­kaner nichts nützen, so werden die Fahrprü­fungen für die Sowjetdiplomaten in Kürze so Schwer werden, daß alle durchfallen müssen.

sagte sich, daß Pennsylvania Avenue eine Hauptstraße Washingtons sei; Washington be­deutete natürlich, daß mitFrankie Frank Delano Roosevelt gemeint sei; und wenn Frankie Roosevelt war, mußteMaxie Maxim Litwinow sein. Die Meldung war klar, und man brachte als erstes Blatt die sensatio­nelle Nachricht von Litwinows Reise nach USA.

Wahre Orgien feiert die Zensur im Krieg. Eines Tages schrieb ich aus New York in einem Brief nach einem neutralen europäi­schen Land, daß nun bei uns auch der Früh­ling komme: wenn ich morgens zur Arbeit in die Stadt führe, sei die Luft mild, und Bäume und Gärten begännen, sich grün zu färben. Ich bekam den Brief vom Zensor zu­rück, weilWetternachrichten nicht erlaubt seien. Briefe nach dem Zielland dauerten da­mals zwar 36 Monate, falls sie überhaupt ankamen (viele gingen mit versenkten Schif­fen unter); aber es wäre für die Kriegführung der Alliierten offenbar höchst schädlich ge­wesen, wenn man in Berlin im Juni oder September aus dem neutralen Ausland die sensationelle Tatsache erfahren hätte, daß es in New York im März auch Frühling ge­wesen sei.

Ein andermal passierte folgendes: Als ich nachmittags aus dem Geschäft heimging, lag in den Straßen Rauch. DieNormandie", das ehemals französische Schiff, brannte. Ich fügte die Mitteilung in einen Brief ein, an dem ich gerade schrieb und der nach Stockholm gehen sollte. Zugleich sagte ich, der ursprüngliche Verdacht, es handle sich um Sabotage, sei,

wie die sofort angestellte Untersuchung er­geben habe, falsch. Ich bekam auch diesen Brief zurück. Das Thema war tabu. Der be­treffende Absender bekam damals ein ganzes J'ahr lang keinen Brief, obgleich ich mehr als ein Dutzend gesandt hatte. Sie wurden ent­weder im Atlantik versenkt oder von der amerikanischen Behörde unterschlagen. Wäre der Brief aber an sein Ziel gelangt, so hätte er 69 Monate gebraucht und in Stock­holm hatte man die Nachricht vom Brand der Normandie schon früher als ich gehabt, da das Feuer, als ich von der Arbeit heimging, bereits stundenlang gebrannt hatte.

Zu den drolligsten Erfahrungen mit der Zensur gehört wohl, was der amerikanische Journalist Ray Daniell, damals Korrespon­dent derNew York Times, in London er­lebte. Er legte dem Zensor eine Depesche vor, die einen deutschen Nachtangriff schilderte: Er sagte, es sei einer der heftigsten Luftan­griffe gewesen, die bisher auf London unter­nommen worden seien, aber die britischen Kampfflugzeuge hätten ihn abgeschlagen, die englische Luftwaffe habe die Nazis über der Themsemündung besiegt.

Dem Zensor gefiel die Geschichte bis auf einen einzigen Punkt: Es sei verboten, in Telegrammen die Namen von Flüssen zu er­wähnen. Die Themse dürfe also in der Mel­dung nicht Vorkommen.Setzen Sie statt des- genAmazonas, sagte Daniell. Und bestand darauf.

Und so las man denn eine Stunde später in der New YorkerTimes, daß deutsche Flie­ger in der Mündung des Amazonenstroms (al­so in Brasilien) erschienen und von englischen Flugzeugen verjagt worden seien und daß damit London wieder einmal gerettet sei.

Vorposten Jugoslawien

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Unser Schaubild macht deutlich, wie bedroht das gegen Moskau rebellierende Jugoslawien durch seine Lage inmitten der Ostblockstaaten ist. Gleichzeitig gibt das Bild eine Übersicht über die Grund- und Schwerindustrien des Landes.

Paradies für Fluchtkapital

Nicht die Schweiz gibt Sicherheit, sondern Uruguay, Mexiko und Belgisch-Kongo

wk. NEW YORK. Die weltpolitischen Um­wälzungen der letzten Jahrzehnte, die zu kon­tinentalem, ja weltweitem Denken zwingen, werden besonders anschaulich gemacht durch die Wege, die das Kapital im Augenblick der Gefahr und während internationaler Span­nungen nimmt, um sich vor Zugriffen und kriegsbedingter Entwertung in Sicherheit zu bringen. In der Auswahl und der Bewertung dieser Asyle haben sich bemerkenswerte Ver­änderungen vollzogen. Für das schütz- und anlagesuchende Kapital ist die Schweiz längst

Die Vorzugsstellung, die dieses Gebiet ein­nehmen konnte, TÜhrt aus einer besonderen Ursache. Belgisch-Kongo wird, wie man als sicher annimmmt, im Fall eines Krieges von den Vereinigten Staaten eine Ausnahmebe­handlung hinsichtlich der Blockierung auslän­discher Guthaben erhalten, wie dies bereits im letzten Krieg geschah. Die Vereinigten Staaten rechnen im Ernstfall sehr stark mit den Lieferungen von Zinn, Kupfer, Kobalt, Radium und Uranium aus dem Kongogebiet.

Aber auch Mexiko, in unserer Erinnerung

die mit der Bestimmung Mexiko durch ihre Hand gehen, auf wöchentlich 8 Millionen Dol­lar. Zu den 150 Millionen Dollar, die aus dem Überschuß seiner Handelsbilanz stam­men, und den beträchtlichen Einnahmen aus dem internationalen Fremdenverkehr kom­men weitere 100 Millionen Dollar für Käufe mexikanischer Werte und an europäischen De­visen. In ihrer Gesamtheit dürfte diese Ka­pitaleinfuhr nach Mexiko den Betrag von 400 Millionen Dollar erreicht haben. Die Gold- und Dollar-Reserve der Nationalbank hat sich verfünffacht und 355 Millionen Dollar erreicht. Allein in den ersten drei Monaten des laufen­den Jahres sind 124 Millionen Dollar in Gold aus den Vereinigten Staaten nach Mexiko ge­flossen.

nicht mehr der ideale Zufluchtsort, und die eher ein Land unaufhörlicher Revolutionen

Zeiten dürften vorbei sein, in denen der fremde Kapitalist sogar auf Verzinsung ver­zichtete, wenn man ihm nur sein Geld ab­

und chronischer Unsicherheit, ist heute für ausländisches Kapital in einem ungeahnten Ausmaß interessant, ja attraktiv geworden.

nahm, und der Anlagemarkt in der Schweiz Die New Yorker Banken schätzen zurzeit die

buchstäblich überfloß.

Für die amerikanischen Kapitalisten hat seit geraumer Zeit Lateinamerika eine große An­ziehungskraft, vor allem Uruguay, das über­haupt ein starker Magnet für alleharten Währungen geworden zu sein scheint. Bin­nen weniger Monate haben Sich die Gutha­ben an Gold und an Dollar dort um nicht we­niger als 650 Millionen Dollar vermehrt. Da­von entfallen etwa 80 Millionen auf Gold, 150 Millionen auf USA-Dollar und, sehr bezeich­nenderweise, der größere Teil auf Schweizer­franken, die hauptsächlich von Wertpapierver­käufen an der Züricher Börse stammen. Aber auch belgische und holländische Devisen ge­langen nach Montevideo, der Hauptstadt des Landes mit liberalem Regime, das heute als die Schweiz Amerikas gilt.

Ein anderer interessant gewordener Zu­fluchtsort liegt im Herzen des schwarzen Erd­teils. Das Gold, das sich bei Kriegsende vor­zugsweise nach Tanger orientierte, wo sich eine blühende Spekulation entfaltete, strömt heute nach Belgisch-Kongo, das in wachsen­dem Umfang auch harte Devisen anzieht. Mehr als 600 Millionen Dollar sind auf diese Weise nach der Kolonie geströmt, die aus Goldtrans­aktionen sowie aus amerikanischen und euro­päischen Investitionen und Beteiligungen an Kongo-Unternehmungen stammen. Spekula­tive Momente spielen dabei kaum eine Rolle, und es ist nicht zu erwarten, daß sich hier ein schwarzer Markt für Gold und Devisen entwickelt, wie es in Tanger der Fall war.

amerikanischen und europäischen Kapitalien,

BAD ISCHL. In dem verträumten österreichi­schen Bad Ischl wurde gestern das 7. Welt­pfadfindertreffen eröffnet Über der Zeltstadt auf dem Golfplatz wehen die Fahnen fast aller der 33 Staaten, darunter auch die schwarz-rot- goldene der Bundesrepublik, deren Pfadfinder zum ersten Male seit dem Kriege wieder an einem Weltpfadfindertreffen teilnehmen. Die zweitgrößte Gruppe stellen mit 3000 Mann nach den Gastgebern die Engländer.

Kronjuwelen zurückerstattet

Von amerikanischen Offizieren gestohlen / Von Amerika wieder beschafft

FRANKFURT. Als 1945 der Hauptmann im amerikanischen Frauenkorps, Cathleen Nash, sich im Kronberger Schloß der Landgräflichen Familie von Hessen mit einem Offiziersklub etablierte, ging sie mit ihrem späteren Mann, dem Oberst JackDurant, und einem wei­teren Offizier sehr bald den hessischen Kron­juwelen im Keller des Schlossesauf den Grund. Die Herrlichkeit war aber rasch zu Ende, denn 1946/47 wurden die drei von der amerikanischen Justiz zu Zuchthaus- und Ge­fängnisstrafen verurteilt. Die Amerikaner lie­ßen sich die großangelegte Fahndung nach den von Irland bis Texas abgesetzten Juwelen 420 000 DM kosten und haben zugesagt, die restlichen zwei Drittel der Schmuckgegenstände noch beischaffen zu wollen. Jetzt sind nämlich von der amerikanischen Armeejustiz der Land- gräflichen Familie erst ein Drittel des gesam­ten Kronschatzes im Werte von 214 Milliarden DM, darunter Platinarmbänder mit bis zu 600 Diamanten, zurückgegeben worden.

Der amerikanische Anwalt der Landgräf­lichen Familie erklärte, die Juwelen besäßen keinen Museumswert, da die Steine aus den Fassungen genommen worden waren. Auch entspreche der größte Teil der Diamanten nicht ihrem Karatwert, da ihr Schiff veraltet sei.

Bei der Übergabe in Frankfurt war die Land- gräfin Margarethe von Hessen neben weiteren Prinzen aus dem Hause anwesend. Der stellvertretende Oberste Heeresrichter, der amerikanischen Armee, Brigadegeneral Mik- k e 1 w a i t, betonte, daß die amerikanische Bundeskriminalpolizei die Suche nach den noch immer vermißten Juwelen aufgenommen habe.

Siamesische Zwillinge

OBERHAUSEN. Im September werden die jetzt vier Wochen alten Hornberger siamesi­schen Zwillinge im Mittelpunkt eines Zivilpro­zesses stehen, den sie um ihrRecht am eige­nen Bild gegen zwei Journalisten führen. Die Säuglinge wurden ohne Genehmigung ihrer El­tern und der Ärzte von den zwei Reportern technisch sehr unvollkommen im Kranken­haus aufgenommen. Die Gegenklage betont, daß die Zwillinge durch ihre Mißbildung zu einemFall der Zeitgeschichte geworden seien, und daher ein öffentliches Interesse vorliege. Die Eltern der Zwillinge Flüchtlinge, die An­gebote von Raritätenkabinetten usw. über die Zurschaustellung der Zwillinge ablehnten beanspruchen die Bildhonorare der Presse zur Bestreitung des Lebensunterhaltes der Kinder.

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