Staatshaushalt im Zeichen der allgemeinen Finanzkrise

Haushaltdefizit für das Finanzjahr 1951 71178900 DM / Dazu nodi ein Defizit aus dem Haushaltsjahr 1949/50 von 22,2 Millionen

BEBENHAUSEN (Eig. Bericht). Sehr frühzeitig diesmal erhält die Öffentlichkeit Gele­genheit, sich mit der nicht einfachen und unter den gegenwärtigen Aspekten auch wenig erfreulichen Materie des Staatshaushalts für das Jahr 1951 (Finanzjahr 1951/53) zu be­fassen. Dem Plenum des Landtags wurde am vergangenen Mittwoch der Entwurf des Haushaltsplans zur ersten Beratung vorgelegt, und zwar, abweichend von der bisherigen Übung, noch bevor er dem Finanzausschuß zur Prüfung und Bearbeitung Vorgelegen hat. Das rechnerische Ergebnis: ein Defizit von über 48 Millionen im ordentlichen Haushalt und ein Defizit von über 38 Millionen im außerordentlichen Haushalt, dazu ein unge­

decktes Defizit aus dem Haushaltsjahr 1949/50 über 93 Millionen DM Gesamtdefizit.

Die erste Beratung bestand praktisch in der großen und wohlfundierten Haushaltsrede des Staatspräsidenten und Finanzministers Dr. Gebhard Müller. Die wichtigsten Gedanken­gänge:

Inflation verhindern

Schicksal eines jeden Finanzministers ist, daß er mit unerbittlicher Härte allen Ver­suchen widerstehen muß, die täglich an ihn herangetragen werden, die Grenzen zu über­schreiten, die einer geregelten Finanzordnung gezogen sind. Seine vornehmlichste Aufgabe besteht darin, die Zerstörung der Finanzord­nung, die Bereitschaft zum Gleitenlassen, zum Defizit, zur Inflation, zu verhindern. In der Regel werde von den Kreisen der Interessier­ten, Betroffenen und Fordernden darauf hin­gewiesen, daß die soziale Gerechtigkeit, die Forderungen des Rechtsstaats, die wirtschaft­liche Entwicklung, der Stand der Preise und Löhne eine Erfüllung ihrer Aufgaben durch Erhöhung der Staatsausgaben unausweichbar mache. Fast in keinem Fall aber werde von der Seite der Nehmenden, und Empfangenden ein über die bloße Phrase hinausgehender Hinweis gegeben, woher der Staat die zur Er­füllung ihrer Wünsche notwendigen Mittel nehmen solle. Trage der Staat den Forderun­gen ganz oder teilweise Rechnung, und be­schaffe sich die Mittel zur Deckung der Mehr­ausgaben durch Erhöhungen der Steuern, so sehe sich der Finanzminister einer zweiten Front gegenüber, die ihre Speere gegen ihn schleudere: die Steuerzahler, besser gesagt, das unübersehbare Heer derjenigen, die die erhöhten Steuern bezahlen sollen, aber nicht bezahlen wollen.

Ein Finanzwunder

von 33,3 Millionen DM, alles in allem also

solches von 23 Millionen DM aufweist. Auf die verständliche Frage, wie es möglich sei, dieses Defizit ohne schwere Beeinträchtigung der Staats­finanzen weiterzuschleppen, ist zu erwidern, daß die erforderlichen Mittel dazu vorläufig den Grundstöcken entnommen wurden. Es besteht also in dieser Höhe eine Schuld an die Grund­stöcke des Staates. Sie wird sich dann recht ver­hängnisvoll auswirken, wenn die Mittel dieser Grundstöcke für die dort festgelegten Aufgaben gebraucht werden.

Die neue Situation

Sie ist gekennzeichnet durch eine wesent­lich höhere Anforderung des Bundes gegen­über den Ländern. Im Rechnungsjahr 1950/51 war die Deckung des Defizits in Bund und Ländern noch durchaus im Rahmen einer ord­nungsgemäßen Finanzwirtschaft möglich. Die Mehrausgaben für das Rechnungsjahr 1951/52 schätzt der Bundesfinanzminister auf 4,5 Mil­liarden DM. Während im Rechnungsjahr 1950 der Bund von den Ländern eine Interessen­quote von 1,2 Milliarden DM gefordert hat, verlangt er von den Ländern zur Deckung des sonst nicht auszugleichenden Mehraufwands im Rechnungsjahr 1951 mit 2,135 Milliarden DM einen Anteil an der Einkommen- und Körperschaftssteuer von 31,3 Prozent. Der Mehraufwand ist hauptsächlich durch die stän­dig zunehmenden Aufwendungen auf sozia­lem Gebiet, auf dem Gebiet der Besatzungs­kosten und der Steigerung der Löhne und Ge­hälter wie auch der Preissteigerungen für Sachaufwendungen erwachsen. Die Besat­zungskosten erfordern ein starkes Drittel, mehr als die Hälfte der Ausgaben des Bun­des sind für Soziallasten vorgesehen.

nämlich zunächst auf Grund eines ersten Bun­desratsbeschlusses nur 20 Prozent aus dem Steueraufkommen des letzten Jahres und 40 Pro­zent aus dem geschätzten Mehrertrag von 10 Mil­lionen eingesetzt, zusammen also 29,4 Millio­nen DM. Dieser Ansatz ist bereits weit über­holt, denn die Länder haben sich zum Erweis ihres guten Willens entschlossen, der finanziel­len Situation des Bundes Rechnung zu tragen und vorschußweise auf das noch nicht endgültig verabschiedete Gesetz 25 Prozent der Steuerein­nahmen abzuführen.

Konsequenzen aus dem verlorenen Krieg

Die öffentlichen Haushalte bei Bund, bei den Ländern und bei den Gemeinden müssen aus­geglichen werden, die Stabilität der Währung muß unter allen Umständen sichergestellt blei­ben. Eine Erschütterung der Währung wäre schlimmer als alles, was an steuerlichen Lei­stungen, an Einschränkungen und Verzicht heute vom deutschen Volk gefordert werden kann. Wir müssen den Mut aufbringen, die Konsequenzen aus dem verlorenen Krieg und aus der Notwen­digkeit einer Friedenssicherung zu ziehen. Die Inflation kann nur vermieden werden, wenn man den Mut aufbringt, die Ausgaben aus dem laufenden Sozialprodukt zu decken. Das bedeutet Verzicht auf manche Verbesserungen der Le­benshaltung. Einschränkung des Verbrauchs und Unterlassung jeder nicht unbedingt notwendigen Investition. Wir können es uns nicht leisten, daß einzelne oder weite Kreise beanspruchen, bes­ser als früher zu leben. Es ist aber auch nicht zu verantworten, daß Schulden gemacht werden, deren ordnungsmäßige Tilgung nicht sicherge­stellt ist. Nur wer gewillt ist, einer zunächst versteckten, dann aber offenen Inflation das Wort zu geben, kann eine andere Finanzpolitik be­fürworten. Dies gilt auch für gewisse Bauvor­haben auf dem Gebiet des Straßen- und Brük- kenbaues, für die Errichtung von Schwimmbä­dern, für die Ausweitung von Krankenhäusern und ähnlichen Ausgaben, deren Bedeutung nicht verkannt wird, für deren Durchführung aber die Mittel fehlen oder Mittel nur auf Kosten ande­rer, weit dringlicherer Aufgaben beschafft werden können. Paläste für die Verwaltung des sozia­len Elends, der Fürsorge für die Kranken und Arbeitslosen, Paläste für Banken und Versiche­rungsgesellschaften, Millionenobjekte, die Ver­

schuldung oder Festlegung sonst dringend er­forderlicher Mittel verursachen, sind kein Be­weis für eine gute Verwaltung und eine wirt­schaftliche Blüte, sondern das Gegenteil.

Auch für die private Wirtschaft

Das gilt auch für die private Wirtschaft, soweit sie unmögliche und nicht vertretbare Investitionen vorgenommen hat oder plant. Mancher Betrieb hat in dieser Beziehung seit der Währungsreform mit Hilfe steuerlicher Vorteile ... schwer gesündigt. Nicht bloß den Arbeitern, Angestellten und Beamten, ganz abgesehen von denen, die nicht mehr ar­beiten können, kann man Verzicht und Ein­schränkung zumuten, in allen Schichten der Bevölkerung muß in gleicher Weise gespart werden...

Bei der imgewöhnlich geringen Sparrate gibt es keinen langfristigen Kapitalmarkt. Die Investitionen für die Grundstoffindustrien ... müssen durch zwingend vorgeschriebene Ab­führungen aus Ertrag und Substanz der deut­schen Wirtschaft aufgebracht werden und das ist nur möglich, wenn alle nicht unbedingt notwendigen Investitionen unterbleiben.

Die Entwicklung der Löhne und Preise hat in ihrer tatsächlichen Gestaltung die Finanz­wirtschaft der öffentlichen Hand in ungewöhn­lichem Ausmaß negativ beeinflußt. An die Wirtschaft muß der dringende Appell gerich­tet werden, auf dem Gebiet der Preisbildung zu vernünftigen Maßstäben zurückzukehren. Jede Sünde auf diesem Gebiet rächt sich bit­ter an der Wirtschaft selber. Es muß auch den Lohn- und Gehaltsempfängern gesagt werden, daß es mit der Erhöhung der Löhne und Ge­hälter nicht getan ist. Wenn die dadurch er­forderlichen Mehraufwendungen das Lei­stungsvermögen des Staates ... übersteigen, so wird das Ende schlimmer sein als der An­fang.

(Zu den Einzelplänen und ihren Abweichun­gen vom Haushaltsplan des vergangenen Jahres werden wir Stellung nehmen, nachdem sie den Finanzausschuß passiert haben. Die Red.)

Erregte Sdiulbuchdebatte

Staatspräsident verwahrt sich gegenvor- und gegenreformatorische Machtgefühle'

Der Ablauf des Staatshaushalts unterscheidet sich stets vom Voranschlag, vom Haushalts plan. Der Haushaltsplan schloß 1950/51 mit einem De­fizit von rund 21,4 Millionen ab, der außer­ordentliche Haushalt zeigte in Einnahmen und Ausgaben rund 40,5 Millionen DM. Tatsächlich ist es der Regierung gelungen, den ordentlichen Haushalt ohne Defizit abzuschließen und die Ausgaben des außerordentlichen Haushalts ohne Aufnahme aus vorhandenen Kassenmitteln, durch Ausnützung der verschiedenen Stöcke zu bestrei­ten. Zu diesem für das Land recht günstigen Ergebnis hat die Tatsache entscheidend beigetra­gen, daß wir im vergangenen Jahre aus den E- und F-Hieben der Besatzungsmacht einen Be­trag von insgesamt 26,5 Millionen DM für die Staatskasse erhalten haben. Andererseits wurden einige beachtliche Ausgaben, so vor allem die Zinsen für Ausgleichsforderungen der Bank deut­scher Länder, nicht geleistet.

Ungedeckte Ausgaben

Aus dem Haushaltsjahr 1949/50 ist indessen noch ein Defizit von 22,2 Millionen DM vorhan­den. Seine Deckung war bisher nicht möglich. Es wird auch im kommenden Jahr nicht zum Aus­gleich kommen, nachdem der vorliegende Haus­haltsplan im ordentlichen Teil ein Defizit von 48 Millionen DM und im außerordentlichen Teil ein

Wichtige Grundlage erschüttert

Der Bund hat unter Verzicht auf die Interes­senquoten der Länder nach Artikel 106 Ahs. 3 des Grundgesetzes von den Ländern einen Satz von 31,3 Prozent der Einkommen- und Körper­schaftssteuer verlangt. Der Bundestag hat dieser Forderung zugestimmt, der Bundesrat hat ab­gelehnt. Rechnerisch würde die Abgabe von 31,3 Prozent aus der Einkommen- und Körper­schaftssteuer so aussehen: der Staat hat im letz­ten Jahr eine Interessenquote von 21 Millionen DM gezahlt, wobei der tatsächliche Betrag der Einkommen- und Körperschaftssteuer 127 Millio­nen DM ergab. Im vorliegenden Haushalt ist das Aufkommen dieser Steuern auf 137 Millio­nen DM veranschlagt, wonach bei 31,3 Prozent das Land also 43 Millionen DM an den Bund ab­zuführen hätte 22 Millionen DM mehr als im vergangenen Jahr. Berücksichtigt man das Mehr­aufkommen der genannten Steuern mit 10 Mil­lionen DM, dann ergibt sich eine Verschlechte­rung des Haushalts mit 12 Millionen DM. Die Durchführung des Beschlusses des Bundestages würde also das Ende der Eigenstaatlichkeit des Landes auf finanziellem Gebiet bedeuten.

Wie die Würfel aber auch fallen mögen, mit größeren Leistungen an den Bund als im Ent­wurf des Haushaltsplans vorgesehen, ist auf jeden Fall zu rechnen. Damit ist eine wichtige Grund­lage des Haushaltsplans erschüttert. Es wurden

BEBENHAUSEN (Eig. Bericht). Mit einer überaus lebhaften, sich über zwei Stunden hinziehenden Debatte über die Schulbuchfrage begann die 107. Sitzung des Landtages von Württemberg-Hohenzollem. Dr. L e u z e (FDP) und die übrigen Mitglieder der Fraktion hat­ten eine große Anfrage an das Haus gerich­tet, ob der Regierung bekannt sei, daß bis heute in der Unterstufe der Volksschulen des Landes allein das Lesebuch des Burda-Ver­lages, das von Regierung und Landtag glei­chermaßen als untragbar bezeichnet wurde, zugelassen sei; warum bis heute das Lesebuch von Württemberg-Baden, für dessen Einfüh­rung sich die Schulbuchkommission bereits durch Beschluß vom-14. September 1950 aus­gesprochen habe, noch nicht eingeführt sei, und ob die Vorarbeiten für die Herausgabe eines eigenen Lesebuches für die Unterstufen der Volksschulen im Gange seien.

In seiner Antwort wies Kultminister Dr. Sauer darauf hin, daß sich die wiederholte Kritik des Parlaments nur gegen die Bände der Oberstufe dieses Lesebuches gerichtet hätten. Der gegenwärtige Zustand sei zwar ein Provisorium, aber auch das württemberg­badische Lesebuch sei von der Schulkommis-

Undramatischer Abschluß der Kiehn-Untersuchung

Der Landtag nahm nun auch den Bericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschus­ses zur Klärung der Angelegenheiten Kiehn, Trossingen, entgegen, der ursprünglich schon für die 106. Sitzung vorgesehen war. Damals waren aber zu dem bereits fertigen Bericht der Berichterstatterin des Untersuchungsaus­schusses, Abg. Dr. Metzger (SPD) kurz vor dem Sitzungstermin von der Mehrheit des Untersuchungsausschusses Abänderungswün­sche vorgebracht worden, denen sich die Be­richterstatterin nicht anzuschließen vermochte. Daraufhin beauftragte der Untersuchungsaus­schuß seinen Vorsitzenden, Abg. Schneider (CDU) mit der Aufstellung eines neuen Be­richts. Dieser Bericht lag nunmehr dem Ple­num zur Annahme vor.

Über die Untersuchung selbst bringt er keine Gesichtspunkte, die von uns nicht schon in unserer laufenden Berichterstattung anläßlich der Verhandlungen erörtert worden wären. Er gipfelt in der bekannten Erklärung vom 9. Februar 1951, die von uns damals im Wortlaut veröffentlicht wurde und die im we­sentlichen besagt: Staatspräsident und Staats­regierung hätten sich nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses durch die Ge­währung eines Wechselkredites an die EFKA- Werke Fritz Kiehn in Trossingen im Interesse des Landes richtig gehandelt, Beamten des Wirtschafts- und des Finanzministeriums sei keinerlei Unkorrektheit bei der Behandlung des Kredites Kiehn nachzuweisen gewesen, Verwaltung und Durchführung der Vermö­genskontrolle seien dagegen nicht ausreichend gewesen und hätten zu Bedenken Anlaß geben können. In Zusammenhang mit der wirtschaft- hchen Bedeutung des Kredits kann der Be­richt auf die unterdessen sehr günstige Ent­wicklung der Chiron-Werke verweisen.

Abg. Dr. Metzger (SPD) antwortete auf die ausführliche Erläuterung und Begründung des Berichtes mit einer umfassenden Erklä- dJdg, die den gegensätzlichen Standpunkt ih­rer Fraktion über den Fall selbst und die Prozedur der parlamentarischen Untersuchung Ausdruck brachte. Es wird dabei vor al­len Dingen Kritik an den Methoden der Un­

tersuchung geübt, während gegen die wirt­schaftliche Zweckmäßigkeit und die Entschei­dung der Staatsregierung keine Argumente vorgebracht werden.

Abg. Leuze (FDP) scheint das Unter­suchungsergebnis unklar. Er reichte für seine Fraktion einen Antrag ein, den Bericht als Zwischenbericht entgegenzunehmen und den Untersuchungsausschuß zu beauftragen, sich die Akten der durch das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuß ausgelösten Strafver­fahren usw. nach rechtskräftiger Erledigung dieser Verfahren vorlegen zu lassen, sie zu verarbeiten und sodann einen abschließenden Bericht zu erstatten. Der Antrag wurde mit Stimmenmehrheit abgelehnt.

Staatspräsident Dr. Müller stellte in einer abschließenden Darlegung fest, ihm persön­lich sei es völlig gleichgültig, ob der Bericht des Abg. Schneider oder der Abg. Frau Dr. Metzger angenommen werde, denn auch in letzterem schienen ihm keine Behauptungen enthalten, die ein pflichtwidriges Verhalten der Regierung feststellen. Er bedauert, daß die Institution des Untersuchungsausschusses in unserer Verfassung nur sehr lückenhaft ver­ankert ist. Am besten sei wohl, einem solchen Untersuchungsausschuß eine ganz begrenzte Aufgabe zu erteilen; er möchte nicht dafür stimmen, daß der Streit weitergeführt, werde. Für die Regierung sei die Frage gewesen, ob die politische Belastung und die allgemeinen Erwägungen der Entnazifizierung schwerwie­gend genug gewesen seien, die Schließung des Betriebes in Kauf zu nehmen und 300 Arbei­ter auf die Straße zu setzen. Auch über den Kredit selbst bestünden falsche Vorstellun­gen. Normalerweise sei ja ein Kredit vom Kreditgeber aus dessen eigenen Mitteln zu beschaffen. Hier aber habe der Staat von sich aus keinen roten Pfennig gegeben, son­dern Kiehn habe dem Staat drei Millionen an Steuern geschuldet, sie bezahlt, und der Staat habe sie Kiehn als Kredit wiedergege­ben.

Staatspräsident Dr. Müller bestätigte dann noch, daß das Kabinett sich genötigt gesehen habe, andere Bedingungen für die Rückzah­

lung des Kiehnkredites zu genehmigen, als sie zunächst vereinbart worden seien. Es sei von vornherein klar gewesen, daß ein Drei- Millionen-Kredit nicht in zwei Jahren zurück­bezahlt werden könne, nur habe man damals mit der Möglichkeit gerechnet, den Kredit durch eine Bank ablösen zu lassen. Abg. Schneider teilte mit, daß die Restschuld nach den inzwischen geleisteten Rückzahlungen noch 1,75 Millionen DM betrage. Das Haus nahm mit Stimmenmehrheit den vorgelegten Bericht des Untersuchungsausschusses an, und damit ist der politisch-parlamentarische Teil der Angelegenheit abgeschlossen.

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Auf die auf der Tagesordnung stehende Be­ratung einer großen Anfrage der Abg. Dr. Leuze und Genossen betreffend Ausschüt­tung der Rate der zweiten Hausrathilfe verzichteten die Anfragenden mit Rücksicht auf in unseren Ausgaben Nr. 110 vom 18. Juli veröffentlichten Mitteilungen.

Ein Initiativgesetzentwurf der Abg. Dr. Leuze und Genossen über das Verbot der Einrichtung oder Unterhaltung von Gewerbe­betrieben bei Behörden und öffentlichen An­stalten im Lande Württemberg-Hohenzollem wurde an den Wirtschafts- und Sozialausschuß überwiesen.

Ferner wurde der Entwurf eines Gesetzes über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Dentisten mit den Anträgen des Verwaltungs- und Rechtsausschusses nach der zweiten und drit­ten Beratung angenommen, und der Entwurf eines Gesetzes über die Änderung und Auf­hebung von Vorschriften auf dem Gebiet des Versorgungsrechts mit den Anträgen des Ver­waltungs- und Rechtsausschusses nach der zweiten und dritten Beratung einstimmig an­genommen.

Die Punkte 8, 9 und 10 der Tagesordnung (Anträge des Verwaltungs- und Rechtsaus­schusses und Anträge des Petitionsausschus­ses) wurden von der Tagesordnung abgesetzt und auf die nächste Sitzung vertagt.

sion zurückhaltend beurteilt worden. Gegen­wärtig werde ein neues Lesebuch vorbereitet. Dr. Leuze schloß aus den Ausführungen Kult­ministers Dr. Sauer, daß die Arbeiten am Lesebuch mit äußerster Bedachtsamkeit ge­führt würden. Ein Lesebuch für den Südwest­staat sei im Augenblick wohl eine etwas zu weitgespannte Aufgabe. Nichts sei natür­licher, als sich darauf zu beschränken, zu­nächst für die Unterstufe eine befriedigende Lösung für das Land zu finden. Aus dem Widerstand, den das Kultministerium diesem Anliegen entgegensetze, rühre eine gewisse Skepsis seiner Fraktion gegen das Kultmini­sterium her.

Eine erregte Debatte wurde dadurch aus­gelöst, daß Abgeordneter Leuze in diesem Zusammenhang Kritik an der Personalpolitik des Staates übte. Er forderte die unbedingte Parität der beiden Konfessionen in der Per­sonalpolitik und meinte, gerade in der Schul­buchfrage sei diese Forderung nach Auffas­sung weiter evangelischer Bevölkerungskreise nicht berücksichtigt worden. Abg. G o g (CDU) erwiderte darauf, Dr. Leuze übersehe, daß die Probleme der Lesebücher für die Unterstufe und die Oberstufe sehr reinlich auseinander­zuhalten seien. Bei den Büchern für die Un­terstufe handele es sich durchaus um Lese­bücher. die sich sehen lassen könnten und in unsere demokratische Welt paßten. Seine Fraktion sei der Auffassung, daß der jetzt bestehende Interimszustand durch ein weite­res Kompromiß, nämlich die Einführung des Lesebuches von Württemberg-Baden, noch untragbarer gemacht werde. Man solle nun mit Mut und Tatkraft diese Frage in Angriff nehmen. Abg. Kalbfell (SPD) forderte die Parteien auf,etwas mehr Toleranz unter Christen zu üben. Es gehe hier auch um die Frage, wer die Kosten tragen solle. Das Land sei dazu verpflichtet, könne aber diese Ver­pflichtung bisher nicht erfüllen, und nun mute man den Eltern zu, zu zahlen. Es wäre we­nig empfehlenswert, jetztkurz vor Tor­schluß noch ein neues Lesebuch herauszu­geben. Zweckmäßig sei vielmehr, ein Lesebuch für ganz Württemberg zu schaffen, und zwar in Abstimmung mit dem Kultministerium von Württemberg-Baden, welche Aufgabe dem Kultministerium zufalle, nicht aber einem Verlage.

Arbeitsminister Wirschlng brachte den Standpunkt der evangelischen Christen in der CDU zum Ausdruck, als er nachdrücklich über den aggressiven Ton, in dem diese Polemik geführt werde, seine Verwunderung aussprach. Wenn man Dr. Leuze hört, müßte man an­nehmen, daß er der alleinige Vertreter des evangelischen Volksteils sei, bemerkte der Minister. Hinsichtlich der Forderung Dr. Leu- zes nach paritätischer Beteiligung beider Kon­fessionsteile erwiderte er, wenn man die lei­tenden Stellen ansehe, sei festzustellen, daß der katholische Volksteil durchaus zu kurz komme.

Abschließend sprach Staatspräsident Dr. Gebhard Müller grundsätzlich zu einigen Äu­ßerungen. Wenn Dr. Leuze gesagt habe, die Parität werde nicht gehalten, so habe er da­mit wohl gemeint, daß bei ihm und dem Staat vor- oder gegenreformatorische Macht­gefühle sich regten.Ich wende mich mit Nachdruck gegen eine solche Unterstellung, sagte der Staatspräsident,bei der schicksal­haften Bedeutung des Verhältnisse« der bei­den Konfessionen für das deutsche Volk halte ich es für unverantwortlich, mit solchen allge­meinen Behauptungen die Atmosphäre zu vergiften.