SAMSTAG, 7, JULI 1951

NUMMER 104

Neue Rundfunksaison im Schatten der Aufwandsteuer

Reifere Technik höhere Qualität / Preiserhöhungen in mäßigen Grenzen

jk. Die Rundfunkwirtschaft hat bewußt darauf verzichtet, in diesem Jahre eine große Funkausstellung zu veranstalten. Aus wel­chem Anlaß wohl hat sie nicht viel Neues zu bieten, wurden keine großen Fortschritte erzielt? Ein Blick in die Fertigungsprogramme der Spitzenfirmen zeigt auf den ersten Blick, daß überall mit Erfolg weiterentwickelt wurde; technische Verfeinerungen hinsichtlich Empfangsleistung und Klanggeräte, und vor allem: die Ultrakurzwellentechnik hat in der verhältnismäßig kurzen Zeit ihrer Anwen­dung im Rundfunkempfang einen so hohen Grad technischer Reife erreicht und erfaßt eine solche Breite im Empfängerbauprogramm, daß sachliche Gründe für eine allgemeine Schau der Rundfunkwirtschaft in ausreichen­dem Maße vorhanden gewesen wären. Andere Überlegungen müssen also für die Entschei­dung maßgebend gewesen sein.

Geschwächter Binnenmarkt Eine gewisse Rolle mag wohl die zuneh­mende Messemüdigkeit spielen. Die großen Veranstaltungen dieser Art haben ja in letzter Zeit einander derart gejagt, daß man geglaubt haben mag, der Wirtschaft auf diesem Ge­biet zunächst nichts mehr zumuten zu kön­nen. Aber ein anderer Umstand ist noch, wenn wir richtig unterrichtet sind, von entschei­dender Bedeutung gewesen. Eine große Funk­ausstellung kostet Geld viel Geld. Und die deutsche Radioindustrie steht vor der gewiß nicht leichten Aufgabe, ihre Preise bei allge­mein beträchtlich gestiegenen Rohstoff- und Lohnkosten der ziemlich unterminierten Kauf­kraft des Binnenmarktes anzupassen und zu­gleich verlorene Auslandsmärkte wiederzuer­obern, einer starken Auslandskonkurrenz «tandzuhalten. Noch im August vergangenen Jahres lagen die Preise deutscher Rundfunk­geräte unter dem Niveau von 1938, und wenn «ie inzwischen auch wieder steigende Tendenz aufweisen, so unterliegt doch keinem Zwei­fel, daß der zwar aufnahmefähige, aber ge­schwächte Binnenmarkt das ganze Ausmaß der Kostensteigerungen zu tragen nicht in der Lage wäre.

Nur 63 Prozent der Haushalte Die Leistungen der deutschen Funkindustrie haben in den kurzen Jahren seit der Wäh­rungsreform ihren alten hohen Stand wieder erreicht. Dafür zeugen nicht zuletzt auch die wachsenden Exporterfolge. Wer die neuen Geräte sieht und hört, ist leicht überzeugt. Kaum ein Modell vom einfachsten bis zum größten das nicht einen UKW-Teil besitzt. Die Gehäuseformen zwar meist von jener ge­schmackvollen, ruhigen Linienführung nicht viel abweichend, wie sie den Traditionen des deutschen Empfängerbaues entspricht, aber meist in Edelholz und von bester, ja kostba­rer Qualität Schmuckstücke für jedes Heim. In allen Preisklassen sehr merkbare techni­sche und akustische Verbesserungen, in den mittleren und höheren Klassen eine erstaun­liche Empfangssicherheit, Klangfülle und Wirklichkeitstreue. Starker Anreiz zum Kauf wäre also unbedingt vorhanden. Bedarf eben­falls, denn bisher sind nur 63 Prozent aller Haushalte mit Rundfunkgeräten versorgt.

Ist Rundfunk Luxus?

Wird sich der Binnenmarkt die. gesteigerte Leistungsfähigkeit unserer Rundfunkindustrie zunutze machen können? Die Industrie ist einstweilen optimistisch. Wir hingegen müs­sen bekennen, daß wir gewisse Bedenken haben. Sie haben sich verstärkt gemeldet, als wir in diesen Tagen vom Beschluß des Bun­deskabinetts höiten, eine Aufwandsteuer einzuführen und in der Liste derLuxus- güter auch Rundfunkgeräte feststellten. Zu­erst Luxussteuer, dann Sonderumsatzsteuer, jetzt Aufwandsteuer verschiedene Worte für die eine fatale Sache. Zwar ist sie noch nicht Gesetz, diese Aufwandsteuer, denn die Parlamente haben das letzte Wort. Aber es besteht die Gefahr, daß wir dieser Aufwand­steuer nicht entrinnen können. Dann aller­dings sehen wir schwarz für die Rundfunk­industrie, für ihre Leistungsfähigkeit und für ihren Export.

Attacke auf eine Industrie

Aufwandsteuer für Rundfunkgeräte welch ein Schildbürgerstreich! Wer sich von der Größe der Gefahr eine Vorstellung machen möchte, möge zur Kenntnis nehmen, daß im II. Halbjahr 1948 300 000 Geräte im Werte von 75 Millionen, im Kalenderjahr 1949 schon 1,4 Millionen Geräte im Werte von 266 Mil­lionen und im Kalenderjahr 1950 aber 2,35 Millionen Geräte im Werte von 364 Millionen DM produziert wurden. Der Durchschnitts­preis eines Gerätes betrug also 1948 noch 250 DM, um im Jahre 1950 auf 155 DM zu sin­ken. Was soll nun im Jahre 1952 ein Emp­fänger kosten, wenn infolge einer so sinn­losen Steuer und bei allgemein gestiegenen Kosten die Produktion etwa auf die Hälfte oder noch weniger der Produktionsziffer von 1950 sinken sollte? Hier entscheidet doch, wie nirgends sonst, die Größe der Serie den Preis, die Forschung und technische Leistung einer Industrie, die gerade wieder begonnen hat, sich ihr altes Ansehen in der Welt wiederzu­erobern.

Kreditbeschränkung hier sinnlos

Aber ein anderer Hemmungsfaktor darf bei Abschätzung des Binnenmarktes nicht außer Betracht bleiben: die Krediteinschränkungs­maßnahmen der Bank deutscher Länder. Sie hat den Landeszentralbanken untersagt, Kon­sumfinanzierungswechsel anzukaufen oder doch wenigstens geboten, diesen Ankauf stark ein­zuschränken. Nun ist aber ein Rundfunkemp­fänger ein Gut langfristigen Verbrauchs. Wer kann schon den Kaufpreis bar auf die Laden­theke zahlen? 80 bis 90 Prozent aller Geräte­käufe, ließen wir uns sagen, wurden durch Teilzahlungswechsel finanziert, und dieses System habe so gut funktioniert wie in der Vorkriegszeit. Die schon an sich viel zu sehr verallgemeinernde Maßnahme der Kreditbe­schränkung scheint uns hier, wo doch eine ausreichende deutsche Produktionskraft vor­handen ist und von ihrer Ausnutzung nicht nur die Stärke eines sehr wesentlichen Indu­striezweiges, sondern auch eine ausreichende Bedarfsdeckung abhängt, jeden volkswirt­schaftlichen Sinnes zu entbehren.

Ansonsten aber abgesehen von diesem abwegigen Steuerplan und der völlig unnö­tigen Kreditbeschränkung wäre alles in schönster Ordnung. Wie unser nachfolgend skizziertes Empfängerbauprogramm (das auf Vollständigkeit keinen Anspruch erhebt) und mehr noch die Anschauung der Empfänger­serien 1951/52 zeigen werden, die wir als eine reiche Ernte unserer reifen Technik zu be­zeichnen geneigt sind.

Preiserhöhungen?

Durch den Einbau von UKW-Empfangsan- lagen in das gemeinsame Gehäuse bei fast

allen Typen ist ein Preisvergleich mit den Geräten des Vorjahres nur sehr schwer mög­lich. Zunächst hat es den Anschein, als wäre auf generelle Preiserhöhungen verzichtet wor­den und als rechtfertige sich der Mehrpreis durch die Hinzunahme des UKW-Teiles. In Einzelfällen läßt sich dann allerdings erken­nen, daß bescheidene Preisaufschläge, etwa bis zu 10 Prozent, zu verzeichnen sind, soweit die Preisangaben überhaupt vorliegen. Mit einer solchen Entwicklung war aber ange­sichts der Material- und Lohnkostenverteue­rung, worauf wir schon vor einiger Zeit hin­wiesen, zu rechnen. Einschneidendere Verän­derungen könnten allerdings, wie schon dar­gestellt, von der geplanten Aufwandsteuer ausgehen. Hinsichtlich Technik und Ausstat­tung erwecken sämtliche Geräte jedenfalls den Eindruck, daß für die geforderten Preise ein voller Gegenwert geboten wird.

Die neuen Geräte

Abkürzungen: Erste Zahl hinter Namen oder Ty­penbezeichnung Anzahl der Kreise (vor dem Bruch­strich); hinter dem Bruchstrich: Anzahl der Röhren; UKW = eingebauter Ultrakurzwellenteil, Preise un­verbindlich. U = Allstrom, W = Wechselstrom.

Blaupunkt

Alle Geräte eingebauter hochwertiger UKW- Teil. Super F 510 W 9/6 298 DM für U, 308 DM für W; Super F 510 W 9/7 378 DM, Super F 51 9/7 U und W 448 DM; Super M 51 W 9/8 498 DM; Super G 51 W 10/10 etwa 600 DM; Truhe T 51 W 10/12 etwa 1500 DM

Grundig

Gloria U 1/2 elegantes, helles Spritzgußge­häuse 55 DM;1001" GW 6/5, UKW, modernes Preßstoffgehäuse 183 DM;1002 GW 199.50 DM; 2000 GU 7/6, Bandbreiteregelung, UKW 248 DM; 2002 W, Edelholzgehäuse, sonst wie2000 W, 298 DM;2004 WU 7/7, UKW, Luxusedelholz­gehäuse 358 DM;Drucktasten-Super 3003 W 6/8, UKW, Edelholzgehäuse 428 DM;Druck­tasten-Super 4004 W/U 9/9, UKW, sieben Wel­lenbereiche, Bandbreiten- und Baßregisteranzei­ger 498 DM;Drucktasten-Super 5005 W 9/11, UKW, drei Lautsprecher, Gegentaktendstufe, ein­gebaute UKW-Antenne 698 DM.

Mende

Nord-Mende 185 8/6 219 DM;Nord-Mende 258 8/5 258 DM;Super-P 186 WU 8/5 UKW. Kunststoffgehäuse 295 DM;Super 186 WU 8/5 UKW Edelholzgehäuse 328 DM;Super 188 WU 8/7 UKW, Konzertlautsprecher, Nußbaumgehäuse 438 DM;Groß-Super 189 WU 8/8 UKW, Kon­zertlautsprecher, Nußbaumgehäuse 476 DM.

Lorenz

Feldberg 4/8, eingebaute Antenne, Zwei­front-Schalengehäuse aus Preßstoff 142 DM; Wendelstein 6/6, Preßstoffgehäuse 205 DM, mit UKW 239 DM;Watzmann Mittelklassen-Super 8/7, UKW, Edelholzgehäuse 345 DM;Zugspitze Groß-Super, 9/7, UKW, Nußbaumgehäuse, 425 DM; Spitzen-SuperGroßglockner 9/9, UKW, Edelholzgehäuse 550 DM;Autolor 6/6, 320 DM; Weekend Koffersuper mit HF-Vorstufe für Batterie und Allstrom 7/5 245 DM ohne Batterie.

Philips

Capelle 51 UKW, 15 Röhren, Tonwieder­gabe etwa neun Oktaven etwa 750780 DM;Sa­turn 51 Groß-Super für Normalwellen und UKW etwa 480 DM;Sirius Mittelklassen-Super mit UKW-Empfangsteil etwa 360 DM;Philetta 51

Koffersuper etwa 190 DM;Capelia - Musik­schrank, zwei hochwertige Konzertlautsprecher, eingebauter Dreigeschwindigkelten-Plattenwechs- ler, Edelholzausführung; Preis nicht angegeben.

Saba

Sämtliche sechs Typen derSaba-Heimat-Se- rie 1951/52 mit organisch eingebautem UKW- Super;Lindau mit sechs und acht Kreisen in Preßstoff- und Edelholzgehäuse;Schwarzwald, sechs + neun Kreise, 8 Röhren;Bodensee, sie­ben + neun Kreise;Konstanz, neun + zehn Kreise, die beiden letztgenannten nur W; Preise nicht bekanntgegeben.

Schaub

Kongreß 53 U 6/6, UKW, Preßstoffgehäuse 239 DM; ohne UKW 205 DM;Regina 53 P" 8 + 6/7 UKW, elegantes Preßstoffgehäuse 299 DM; das gleiche Gerät in Edelholzgehäuse 399 DM; Welt-Super 53 W 9 + 7/9 UKW, kunstvolles großes Edelholzgehäuse 550 DM;Supraphon 8+6 Röhren, Kombination eines Groß-Supers mit Magnettongerät, eingebaute Plattenspielein­richtung mit Saphir-Tonabnehmer 1750 DM;Pi- rolette 4/5 U, Preßstoffschalengehäuse 142 DM.

Siemens

Siemens Spezial-Super 52 6/5, UKW, wein­rotes Preßgehäuse, etwa 280 DM;Siemens-Ex- port-Super 52, nur Wechselstrom, 6/7, UKW, Frequenz-Bereich nahezu acht Oktaven, etwa 350 DM;Siemens-Qualitäts-Super 52, nur für Wechselstrom, 7/8, UKW, eingebaute UKW-An­tenne; Preis nicht angegeben;Siemens-Groß- Super 52, 7/8, UKW, etwa 558 DM;Siemens- Spitzen-Super 52, sieben Wellenbereiche, 11 Röh­ren, großes Edelholzgehäuse, zwei Hochleistungs­lautsprecher, etwa 780 DM;Siemens-Phono- Super 52, eine Kombination des Qualitäts-Super 52 mit einem Schallplattenlaufwerk und Saphir­tonabnehmer, etwa 580 DM.

Telefunken

Kurier 52 W U 6/6, UKW Kunststoffge­häuse;Rhythmus 52 W U 8/6, UKW, einge­baute UKW-Antenne, hochglanzpol. Nußbaumge­häuse;Operette 52 U W 7/8 UKW, hochglanz­pol. Nußbaumgehäuse;Opus 52 8/9 UKW, acht Watt Sprechleistung, hochglanzpol. Nußbaumge­häuse; Spitzen-SuperT 5001 W 8/10 UKW, zwei Lautsprecher, 8 Watt Sprechleistung. Für alle Typen Preise bei Redaktionsschluß noch nicht bekannt.

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