NUMMER 102

WIRTSCHAFT

MITTWOCH, 4. JULI 1951

Bau-Ausstellung auf internationaler Ebene

DieConstructa-Aussteilung als Ausdruck des Bauwillens unserer Zeit ' Umfassende Übersicht der deutschen Bautechnik

Im Nehmen eilig .

HANNOVER. Bundes - Wohnungsbauminister Eberhard Wildermuth sagte bei der Eröff­nung der Constructa-Bauausstellung ln Hanno­ver, das Bauen diene dem Leben des Menschen als eine königliche Kunst.Architekten und In­genieure, Maschinenbauer und Bankiers, Beamte und die große Fülle der guten alten Handwer­ker müssen Hand in Hand arbeiten, damit das Werk entsteht und Menschen aus Baracken und Bunkern in helle und freundliche Wohnungen, von den Straßen der Heimatlosigkeit an Plätze freier Arbeit gebracht werden, fuhr der Mini­ster fort; den Sinn dieser großen Bauausstel­lung faßte er in die Worte zusammen;Wir sind uns bewußt, daß unsere Aufgabe erst be­gonnen hat und daß unser Tun in Wirtschaft und Politik Mängel und Unterlassungen auf­weist. Wir sind daher dankbar für jede Kritik aus dem Inland oder Ausland. Diese Kritik müsse aber von der Kenntnis der Tatsachen ausgehen.Zwangswirtschaftliche Maßnahmen Irgendwelcher Art sind in Deutschland, nach dem, was unser Volk von 1938 bis 1948 erlebt hat, nicht mehr durchführbar. Das heutige Bauen diene kommenden Generationen, die ein­mal als freie Menschen in einem freien und eini­gen Deutschland als Glied eines freien und eini­gen Europas in Frieden leben sollen.

reich, Belgien, Holland, Österreich und die

jk. Im deutschen Steuerrecht besteht der selt­same Zustand, daß eine große Gruppe von frei­beruflich Schaffenden Schriftsteller. Journali- den Städte zu gelangen. In einem weiteren Teil sten. Künstler, Privatgelehrte usw. neben ih-

Schw'eiz, dann Norwegenund Schweden aus dem werden die Zusammenhänge zwischen der geo- rer

Norden sowie Spanien, Italien und England, und graphischen Situation Japans infolge seiner In- Steuer zu bezahlen haben. Warum das so sein aus Übersee die USA und Japan. Indiejer Schau ^wf^und^der dadurch bedingtem Wohndichte U ^ ä Xtn\llerRi*t U nte°n di! KöpTe^

des Auslands will Frankreich den Wiederaufbau seiner zerstörten Gebiete zeigen, während Eng­land seine städtebaulichen Pläne zur Lösung der

und ihren Einflüssen auf die Wohnformen und - ...... . ... - , .

den Wohnhausbau in Japan erläutert. Die USA .brochen. Ohne Zweifel befinden sich die meisten

Angehörigen dieser Berufe genau so in sozial abhängiger Stellung wie die Lohn- und Gehalts-

_____ _ _ _ wollen ihre Ausstellung im wesentlichen dem

Wohnungsproblemeinseinen ' Industriestädten rationellen Bauen widmen und zu diesem Zweck - rahreseinkommen ab 8000 DM

darstellen will. Zur Großstadtplanung wollen aus einzelnen Städten verschiedene Bauaufgaben <äas P s . n I ^ DM , m Monat _ unterlagen bisher

Holland mit dem Wiederaufbauplan von Kotter- und deren Lösungen durch die Leistungen ein- ° eber ] der Einkommensteuer einer Umsatzsteuer dam und Norwegen mit dem Generalbebauungs- zelner Architekten zeigen. Dabei werten auch die VOn 3 Prozent Das lgt nun geändert worden,

plan von Oslo interessantes Material beisteuern, aus der Geschichte des Dessauer Bauhauses un- Grundsätzlich wird die Umsatzsteuer für dies«

Holland tritt außerdem noch auf dem Gebiet des Wohnungsbaues in Erscheinung, indessen Belgien vor allem den gemeinnützigen Wohnungsbau aus­stellen will. Dagegen hat Österreich mehr das gute und preiswerte Einfamilienhaus in den Vor­dergrund gestellt.

vergessenen deutschen Architekten Gropius und Mies van der Rohe in Erscheinung treten.

Siebzig Sonderzüge

Mit dieser Vielseitigkeit wird die Constructa nicht nur für die Baufachleute eine sehenswerte Schau sein, sondern außerdem auch viele Laien­besucher anlocken; zumal, da cde umsichtige Aus-

gaagm.fr Buiaaaftg

Japan: Die Hälfte aller Städte abgebrannt Die japanische Abteilung soll mit einer inter-

tet hat und für alle möglichen Ermäßigungen bei

Wiederaufbau und Tradition stehen. Ein Teil

. gibt einen originellen Überblick über die einzel- , _ . _ - » . r , . .

kh. Die gestern in Hannover eröffnete und über nen Epochen der japanischen Architekturge- den Reisen zu Wasser, auf dem Lande und Inder

fünf Wochen dauernde BauausstellungConstructa S chichte P mit dem Versuch, die Beeinflussung ^uft gesorgt ist. Im Bundesgebiet werden allein

europäischer Bau- unc Gerateformen durch Ja­pans Formtraditionen zu klären. Ein anderer Teil unterrichtet über die Totalverwüstungen Hiroshi­mas und Nagasakis und führt den Nachweis, daß nicht weniger als die Hälfte aller Städte Japans

bis Kriegsende abgebrannt waren. Hier werden ««senae aucn rur eine Anranrt im um K v«, auch die Versuche gezeigt, durch Errichtung von 200 Kilometern zur Fahrtstrecke des Sonderzug

bringt in 10 Hallen des Messegeländes eine um­fassende Übersicht der deutschen Bautechnik. Da­bei fehlt auf dieser von den Verbänden der deut­schen Bauwirtschaft, der Bauwissenschaft und der Baukunst unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten getragenen Ausstellung nichts, was zu dem Begriff Bauen in seiner weitesten

zahlenmäßig sehr beträchtliche Gruppe von Er­werbstätigen auf 4 Prozent erhöht, gleichzeitig aber die Freigrenze auf 12 000 DM Jahreseinkom­men festgelegt.

Das ist löblich, denn damit findet ein alte« Anliegen kleiner Einkommensbezieher endlich seine Erfüllung. Der schlichte Steuerzahler hat ohnedies nie verstehen können, aus welchen Gründen Einkommen, die bei der gegenwärtigen Preissituation schon unter der Linie der mittle­ren Lebenshaltungskosten liegen, zusätzlich be­steuert werden müssen, nur well kein Anstel­lungsvertrag besteht. Der Schönheitsfehler die- _ _ ser an sich begrüßenswerten Neuregelung der

siebzig Soncerzüge von der Bundesbahn zu die- Heraufsetzung der Freigrenze besteht nur darin.

ser Ausstellung gefahren, die über das Wochen- <j a ß s i e erst a b l. Januar 1952 in Kraft tritt, ende mit einer Fahrpreisermäßigung während die Umsatzsteuererhöhung bereits ab

von 50 Prozent als Schnellzüge ohne Zuschlag laufen und bei deren Benutzung der

1. Juli gilt. Wer also als freischaffender Er­werbstätiger im Monat 500 DM verdient, muß

Auslegung gehört. Da findet der Besucher nicht Eisenbetonbauten zu einer höheren Feuersicher- die Ermäßigung von 50 Proz. auf den Fahrpreis

nur die bei der heute in Deutschland herrschen­den Wohnungsnot besonders aktuelle Sonder­schauDie neue Wohnung, sondern daneben auch gleichzeitig neue Formen für Einfamilien­häuser und zweigeschossige Zweifamilienhäuser, in denen jede Wohnung einen eigenen Zugang zum Garten hat. Darüber hinaus werden viele Pläne zur Behebung der Wohnungsnot in der Schau über Städtebau und Ortsgestaltung gezeigt.

Abe r auch der Technik im Haushalt ist beson­dere Aufmerksamkeit gewidmet worden, und hier werden die Hausfrauen mit großem Inter­esse die neuen Anlagen für Knochen, Heizen, Baden und Waschen mit Elektrizität und Stadt­gas, Ferngas und Flaschengas bewundern. Des­gleichen wird die neue Raumgestaltung im Woh­nungsbau mit ihren Wohn-Schlafzimmern, die nachts durch Schiebewände geteilt werden kön­nen, und ihren neuzeitlichen Kochnischen und Küchen ohne Zweifel viele Betrachter anziehen.

Vergleich mit internationaler Bautechnik

Die größte Bedeutung dieser Bauausstellung besteht aber unbestritten darin, daß sie die Mög­lichkeit zu Vergleichen mit der Bautechnik von zwölf europäischen und außereuropäischen Län­dern bietet. Dazu gehören als Nachbarn Deutsch­lands mit ähnlichen Sorgen vor allem Frank-

heit der bisher meist aus Holzhäusern bestehen- für seine Anfahrtstrecke erhält.

Wirtschaftsspiegel

Neue Baumwoll-Kursverluste

Reisende auch für eine Anfahrt im Umkreis von somit im restlichen Halbjahr 1951 4 Prozent oder

monatlich DM an Umsatzsteuer bezahlen. Wes­halb. wenn schon Steuererhöhungen notwendig und verordnet werden, nicht auch die Steuer- erleichterungen zum gleichen Zeitpunkt wirksam werden lassen? Hier zeigt sich wieder einmal: der Fiskus ist eilig im Nehmen, aber langsam im Geben.

NEW YORK. Die durch den Malik-Vorschlag ausgelöste weltpolitische Entwicklung und die auf guten Wetteraussichten beruhenden günsti­gen Erntevoraussagen haben an der New Yorker Baumwollbörse in der letzten Woche zu neuen Kursverlusten geführt. Im Durchschnitt ergaben sich Preissenkungen von 2,15 bis 5.15 Dollar pro Ballen.

Im Erntejahr 1951/52 wird die Erzeugung an Baumwolle den Verbrauch voraussichtlich über­schreiten, wie der Internationale beratende Baumwollausschuß ankündigt. Nach dem derzei­tigen Stand ist eine Baumwollwelternte von 35 Millionen Ballen zu erwarten, möglicherweise noch mehr, wenn die Ernte der USA das von der Regierung aufgestelte Produktionsziel von 16 Millionen Ballen erheblich überschreitet.

DÜSSELDORF. Kommunale Energiewirt­schaft wünscht Investitionshilfe. Als volkswirt­schaftlich gefährlich bezeichnete ein Sprecher des Verbandes kommunaler Unternehmen die An­sicht der zentralisierten Energiewirtschaft, die für

Die neue Umsatzsteuer

die Energiewirtschaft bestimmten Mittel aus der Investiitonshilfe müßten ihnen überwiegend oder ganz zur Verfügung gestellt werden. Es sei er­heblich billiger, die vorhandenen Kraftwerks­kapazitäten von 6 Millionen kWh in der Bun­desrepublik durch Ausbau der kommunalen und dezentralisierten Kraftwerke zu erhöhen, als neue Kraftwerke auf Stein- und Braunkohlen­basis zu errichten.

BONN. Finanzierungsprojekte werden über­prüft. Auf Wunsch der ECA-Mission in der Bun­desrepublik wird in diesen Tagen eine Reihe von Finanzierungsprojekten aus der dritten ERP- Tranche im Bereich der Eisen- und Stahlindu­strie überprüft werden. Eine Begründung für diese Maßnahme wurde von amerikanischer Seite nicht gegeben.

BONN. Der Bund haftet nicht für Ansprüche gegen JEIA. Die Bundesrepublik ist nach einem von der Alliierten Hohen Kommission vor eini­gen Tagen genehmigten Gesetz von der Haft­pflicht für alle Ansprüche gegen die JEIA befreit. Die JEIA war, wie bekannt, die alliierte Stelle, über die bis zu ihrer Auflösung die gesamte deutsche Ein- und Ausfuhr abgewickelt wurde.

BONN. Das Gesetz zur Änderung des Umsatz­steuergesetzes bewirkt ab 1. Juli eine allgemeine Umsatzsteuererhöhung von 3 auf 4 Prozent und eine Heraufsetzung des ermäßigten Steuersatzes für die Lieferungen im Großhandel von Proz. auf 1 Prozent. Von der Erhöhung ausgenommen bleibt jedoch der ermäßigte Steuersatz von 1,5 Prozent für die Lieferungen und den Eigenver­brauch von Getreide. Mehl, und Schrot oder Kleie aus Getreide und den daraus hergestell­ten Backwaren, wie Brot. Brötchen und Zwie­back. Außerdem bleibt der bisherige Steuersatz von 3 Prozent bestehen für Lieferungen und den Eigenverbrauch von Frischmilch, Butter, Butter­schmalz, Margarine, Kunstspeise- und Platten­fett, pflanzlichen Ölen, Zucker, Grieß und Teig­waren.

Die Ausgleichsteuer, die bei der Einfuhr neben den Zöllen erhoben wird und zum Ausgleich der Belastung der inländischen Gegenstände mit der Umsatzsteuer dient, wird im allgemeinen auf 4 Prozent erhöht. Die bei der Umsatzsteuer gel­tenden ermäßigten Steuersätze werden auch bei der Ausgleichssteuer aufrechterhalten. Für die Einfuhr von Naturerzeugnissen. Nahrungs- und Genußmitteln sowie von Halb- und Fertigwaren kann die Ausgleichsteuer nach näherer Be­stimmung der Bundesregierung auf 8 Prozent er­höht werden. Auf Grund dieser Ermächtigung

wird eine Reihe dieser Waren mit einer Aus­gleichsteuer von 6 Prozent belegt werden.

Gleichzeitig mit dem Umsatzsteueränderungs­gesetz tritt die Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Durchführungsbestimmungen in Kraft. Danach wird die Zusatzsteuer grundsätz­lich auf alle Fabrikationsunternehmen, die ihre selbsthergestellten Gegenstände im Einzelhan­del liefern, ausgedehnt. Außerdem werden zur Förderung des Exports die Ausfuhrhändlerver­gütung und die Ausfuhrvergütung erhöht. Die Ausfuhrvergütung wird nach Fertigwaren (2V2%>), Halbwareen (1 Proz.) und sonstigen Waren (Vs Prozent) gestafelt. Schließlich wird der gesamte Lohnveredelungsverkehr für ausländische Rech­nung von der Umsatzsteuer befreit.

Steuerliche Erleichterungen und Steuerbefrei­ungen werden ferner in folgenden Fällen neu eingeführt: Die Krankenhäuser der öffentlich- rechtlichen Körperschaften und die amtlich aner­kannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege werden von der Umsatzsteuer befreit. Die Son­dersteuer für Unternehmen mit einem Gesamt­jahresumsatz von über 1 Million DM entfällt. Die bisherige Freigrenze für die Besteuerung der Privatgelehrten, Künstler, Schriftsteller, Handlungsagenten und Makler sowie auch der freischaffenden Journalisten wird vom 1. Januar 1952 ab auf den doppelten Betrag, nämlich auf 12 000 DM jährlich erhöht.

Pkw-Produktion im ganzen gestiegen

FRANKFURT. Die Pkw-Produktion von neun der zehn großen westdeutschen Automobil-Werk« ist im Juni auf 15 285 Einheiten gestiegen gegen­über 14 850 im Mai. Nach den bisherigen An­gaben kann die Gesamtproduktion im ersten Halbjahr 1951 auf rund 132 000 Einheiten veran­schlagt werden gegenüber 92 932 in der gleichen Zeit des Vorjahres und 70 129 Im ersten Halb­jahr 1949.

Daimler-Benz meldet im Juni 1951 3978 Pkw gegenüber 4005 im Mai. In diesen Ziffern sind allein 1773 des Typs 170 D enthalten. Die Produktion des Volkswagenwerks wird mit 9178 im Juni angegeben, aber zugleich mit­geteilt, daß die Tagesproduktion gegenüber dem Mai von 420 auf 380 Volkswagen gesunken ist. Die Produktion sei auch im Ju" ; infolge der an­haltenden Schwierigkeiten ir. - Feinblechbe­lieferung unter der geplante- r löhe und der Kapazität des Werkes geblieben

in der gegenwärtigen tarifpolitischen Auseinan­dersetzung gebeten.

WIEN. Milch und Butter wieder rationiert. BONN. Gewerkschaften rufen Vermittlung Ab heute werden* in Wien Milch und Butter an. Die beiden am Tarifvertrag für das private wieder bewirtschaftet, um angesichts der stark Versicherungsgewerbe beteiligten Gewerkschaften verringerten Anlieferungen eine gerechtere Ver- Deutsche Angestelltengewerkschaft und Gewerk- teilung zu sichern. Ähnliche Maßnahmen wer- schaft Handel, Banken und Versicherung haben den auch in anderen großen österreichischen das Bundesarbeitsministerium um Vermittlung Verbrauchszentren getroffen.

DBV:Unverständliche Maßnahme

WEINHEIM. Gegen die vom Bundeskanzler Dr. Adenauer in Rom getroffene Änderung der Sperr­fristen für die Einfuhr von Obst und Gemüse aus Italien haben der Deutsche Bauernverband (DBV), der Landesverband der badischen Be­zirks-Obst- und Gartenbacjvereine sowie die Ar­beitsgemeinschaft der badischen Erzeugerabsatz- Organisationen scharf protestiert. In einem Tele­gramm an den Bundeskanzler heißt es, durch dieseunverständliche Maßnahme werde Baden als Frühanbaugebiet wieder am härtesten ge­troffen; eine solche Handelspolitik sei geeignet, die Klein- und Familienbetriebe Badens völlig zu ruinieren.

w. Wie der Deutsche Bauernverband meldet, hatte der Bundeskanzler aus Rom in einem Telegramm Anweisung gegeben, weiteren italienischen Wün­schen hinsichtlich der Sperrfristen für Obst und Gemüse stattzugeben und die Zollstellen sofort

Sperrfristen bei der Einfuhr aus Italien für fol­gende Erzeugnisse lauten:

anstatt jetzt

1. Pflaumen 15. 7. bis 15. 9. 26. 7. bis 15. 8.

2. Kirschen 15. 6. bis 25. 7. 25. 6. bis 25. 7.

3 Birnen 1. 8. bis 31.10. 26. 8. bis 31.10.

4. Gurken 15. 7. bis 31. 8. 20. 7. bis 31. 8.

5. Tomaten 1. 8. bis 15, 9. 6. 8. bis 15. 9.

Der DBV hatte schon im Interesse einer Ver­ständigung mit Italien auf Sperrfristen bei Trau­ben, Aprikosen und Pfirsiche den wesentlich­sten Produkten für die italienische Ausfuhr verzichtet und bei Kirschen trotz schwerster Be­denken nachgegeben. Die jetzigen Zugeständnisse, so wird weiter erklärt, geben die Hauptemt« deutscher Kirschen schutzlos- der klimatisch be­günstigten italienischen Konkurrenz preis und werden der Erzeugung von Tomaten, Gurken, entsprechend zu verständigen. Danach sollen die Pflaumen und Birnen schweren Schaden zufügen.

Ferdinand Sauerbrucfa gestorben

Unter den medizinischen Künsten ist die Kunst des Chirurgen, des großen und erfolgreichen Ope­rateurs von jeher am meisten bewundert, taxiert und beschrieben worden. Der Chirurg hat den greifbaren Erfolg. Er ist der Feldherr, der sou­verän um die Erhaltung des menschlichen Kör­pers kämpft. In Ferdinand Sauerbruch, der am Montag, einen Tag vor seinem 76. Geburts­tag, im Berliner Urban-Krankenhaus gestorben ist, hat Deutschland einen seiner größten Chirur­gen verloren, einen Operateur, der im Munde der ganzen Welt war, weil sein Skalpell Staatsober­häupter, Könige und andere Große dem sicheren Tode entrissen hatte. Es sei an den englischen König Georg V. erinnert, der Sauerbruch im Jahre 1931 zum Ausbau der Berliner Kliniken als Dank für die geglückte Blasenoperation eine Million Reichsmark schenkte.

Durch sein Wirken an der Berliner Charitö über drei Jahrzehnte bis zu seiner schmählichen Entlassung durch die Ostzonenregierung im Jahre 1949 hat er das ehrwürdige Institut der preußi­schen Könige zu einer der ersten Anstalten des alten Reiches emporgehoben und als er dieses Institut verlassen mußte er durfte nicht ein­mal sein Instrumentarium mitnehmen, besaß der einst so reiche Mann nichts als ein paar Westmark, da ihm die Stadt Berlin eine Pensions- zahlung verweigerte und die Sozialversicherungs­behörden von Ost- und Westberlin sich heftig um seinen Antrag, ihn als Kassenarzt zuzulassen, stritten. Ein befreundeter Kollege nahm ihn in seiner Klinik auf, doch die Wunderhand, der so vieles glückte, war im Alter schwach geworden. Im Schatten der Armut mit einem kleinen Ehren­sold, den ihm die kommunistische Ostberliner Akademie der Wissenschaften" zahlte, gebrech­lich und krank, ist der große Helfer an einer Lungenentzündung, dahingegangen. Wissen wir von einem anderen großen Chirurgen, von dem Schwaben Paracelsus, nicht ein ähnliches Sterben in Armut und tiefster Bescheidenheit?

Welche Leistungen haben den Namen Sauer­bruch unvergeßlich in die Geschichte der Chirur­gie eingetragen? Der Schüler und Assistent des Breslauer Chirurgen Johann von Mikulicz-Ra- decki (18501901) hat das vor dem ersten Welt­krieg für unlösbar gehaltene Problem der Lun­genoperation, bei der der Brustraum geöffnet

werden mußte, wodurch der Patient infolge des äußeren atmosphärischen Druckes sofort starb, mit dem sogenannten Unterdruckverfahren auf einfachste und verblüffende Weise gelöst. Um den äußeren Druck abzuschwächen, wurde die Operation in einem luftverdünnten Raume vor­genommen. Dieser immer mehr verfeinerten Tech­nik der Unterdruckkammer hat Sauerbruch seine Berufungen nach Marburg und in die Schweiz verdankt, wo er bei Davoser Patienten die Thorax-Chirurgie verbesserte und dem berühm­tenZauberberg von Thomas Mann manches gute literarische Motiv lieferte. Im ersten Welt­krieg war Sauerbruch als Heereschirurg tätig. Er erfand die bewegliche Prothese, wobei es nicht ohne Reiz ist zu bemerken, daß Sauerbruch, der immer bereit war, zu lernen, die höchst kunst­voll gearbeiteteEiserne Hand des Götz von Berlichingen sich aus Schloß Jagsthausen im Württembergischen kommen ließ und erstaunt war, wie die Mechaniker des 16. Jahrhunderts hier schon Dinge gelöst hatten, auf die die mo­derne Technik erst wieder aufmerksam gemacht werden mußte. Auch bei der Erneuerung der Prothesentechnik fand er die einfachste und darum richtigste Lösung. Das Ersatzglied wurde so angebracht, daß die Muskeln des Amputations­stumpfes für die Beweglichkeit ausgenützt wer­den konnten. Berühmt geworden ist auch seine Umkehrplastik, das heißt, der amputierte Oberschenkel wurde durch den Unterschenkel er­setzt, vielmehr der Unterschenkel wurde als Prothesenhalt in umgekehrter Form an die Stelle des weggenommenen Teiles gerückt. Sein erfin­derischer Blick rief die verschiedensten neuen Operationsarten ins Leben, wenn etwa an die plastische Operation bei Speiseröhrenkrebs, bei Magen- und Herzoperationen erinnert werden darf, die sich in der Fachdisziplin der ganzen Kulturwelt durchgesetzt hatten und überall er­folgreich waren. Bei all dem gehörte Sauerbruch nicht zu den Dogmatikern und bloßenArtisten seines Faches. In mehreren Publikationen hat er sich wohl zu den Errungenschaften der wissen­schaftlichen Chirurgie, wie sie im 19. Jahrhun­dert begründet und ausgebaut wurde, bekannt, ohne sich jedoch vor den paracelsischen Fragen, der Homöopathie, der Diät usw. zu verschließen. Er bemühte sich, die operative Technik als eine artistische Fertigkeit den übrigen medizinischen Disziplinen unterzuordnen und suchte vor allem

eine Verbindung der Medizin mit der Philoso­phie. In seinem Disput mit dem Kollegen Bier ist er nicht so weit wie dieser in der Frage einer den Organismus bestimmenden Seele gegangen, aber er hat dem unwägbaren Element, das in jeder Krankheit sich äußert, doch eine wichtige Rolle für die Findung einer richtigen Diagnose zugestanden.

Seine Persönlichkeit wissen diejenigen zu rüh­men, die mit ihm gearbeitet und ihn gekannt haben. Wenn ihm manche übelnahmen, daß er unter Hitler Staatsrat wurde und den National­preis annahm, ohne je Pg gewesen zu sein, daß er sich um das Urteil der Spruchkammer nicht im geringsten gekümmert habe, dann möchten wir meinen, daß der große Arzt und Helfer der Menschen politisch überhaupt nicht beurteilt wer­den kann und ihm die Devise des Paracelsus über sein Grab schreiben:

Alterius non sit, qui süüs esse potest. Dr. M.

Kulturelle Nachrichten

Am 1. Juli 1951 bestand cdeDeutsche Apotheker-Zeitung vereinigt mit Süd­deutsche Apotheker-Zeitung 90 Jahre. Sie wurde 1861 von Apotheker Zwink in Göppingen unter dem NamenPharmazeutisches Wochenblatt aus Württemberg gegründet. Seit 1886 führt sie den NamenSüddeutsche Apotheker-Zeitung und wird seit 1892 in Stuttgart herausgegeben. 1950 wurden die Verlagsrechte derDeutschen Apo­theker-Zeitung, die früher in Berlin erschien, er­worben und beide Zeitschriften vereinigt und der Name des Verlages inDeutscher Apotheker-Ver- lag geändert.

Probleme der Kernphysik und der U 1 - trastrahlung stehen im Mittelpunkt einer Konferenz, zu der annähernd 150 Kernphysiker und Experimentalphysiker aus dem In- _ und Ausland im Physikalischen Insiitut der Univer- stät Heidelberg zusammengekommen sind. An der Tagung nehmen neben Wissenschaftlern aus der Schweiz, aus Holland, Frankreich, Italien, Belgien, Schweden, Norwegen und Amerika auch die bekanntesten deutschen Atomphysiker, unter ihnen die Professoren Dr. Otto Hahn und Dr. Werner Heisenberg, teil

Generalmusikdirektor Heinz D r e s s e 1, bisher Münster wurde für die Spielzeit 1951/52 r.ls Ge­

neralmusikdirektor der Städtischen Bühnen Frei­burg i. Br. verpflichtet.

Die Akademia Goetheana in Sao Paulo, Bra­silien, hat Prof. Dr. Eduard Spränger, zu ih­rem korrespondierenden Mitglied erwählt.

J u d i t h, ein Meisterwerk von Michelangelo da Caravaggio (Merisi), dem Hauptmeister der naturalistischen Richtung des Frühbarode, ist Jetzt im Dommuseum von Salerno gefunden wor­den. Das Werk des unsteten Künstlers, das im Katalog der Mailänder Caravaggio-Ausstellung als verlorengegangen bezeichnet wurde, ist tat­sächlich jahrelang mehr oder weniger versteckt in der Domsakristei von Salerno gewesen, eh* es wieder an sichtbarer Stelle aufgehängt wurde.

Für c'p.n Bücherfreund

Gärten und Straßen

Emst Jünger, Gärten und Straßen. 3. Auf­lage 1950 bei Ileliopolls-Verlag. Ewald Kate­mann Tübingen. 257 S

Das erste der Kriegstagebücher Jüngers, da« zeitlich denStrahlungen vorausgeht und von April 1939 bis Juli 1940 datiert, war lange ver­griffen. 1942 erstmals erschienen und heute un­verändert neuaufgelegt, läßt es über mancherlei staunen. Einmal darüber, daß der Autor damal« ohne jede Andeutung des Politischen auskam, mehr noch aber über seine Eindrucks- und Ge­nußfähigkeit, die aus dem außergewöhnlichen Erleben des Frankreichfeldzugs besondere, pri­vate Nahrung zog. Jünger liebt die schönen Din­ge. Er gehört zu den immer seltener werdenden Menschen, die das Einzelne in seiner Besonder­heit und Einmaligkeit zu schätzen vermögen. Aber die Kehrseite solchen Genießertums ist jene empfindsame Egozentrik, die aus allem nur noch den Nektar schlürfen möchte. Auch die Le­bensgefahr scheint für ihn nur da zu sein, um durch ihre Spannung den Genuß zu vertiefen. Daß sein scharfer und geübter Geist aus der tauben Vermummung, in der sich die Dinge meist zeigen viel Feines und Verborgenes ans Tages­licht holt und in klugen Apercus niederlegt, ge­hört zum Wesen solch kühl beobachtenden Er­lebens. a h-