MITTWOCH, 4. JCLI 1951

NUMMER 103

Berlin-Korea im,Fliegenden Moskauer*

Der modernste sowjetische FD-Zug auf der längsten Eisenbahnstrecke der Erde

F. K. H. Einmal in der Woche, nachts um 8 Uhr, verlassen zehn stromlinienförmige, von zwei überstarken Lokomotiven gezogene D- Zugwagen den im sowjetischen Sektor Ber­lins gelegenen Bahnhof Friedrichstraße. Es ist nicht immer der gleiche Wochentag, an dem der geheimnisvolle FD-Zug dem Bannkreis der einstigen Reichshauptstadt entweicht und die Fahrt auf der längsten durchgehenden Eisenbahnstrecke der Erde antritt. Die sowje­tischen Behörden wählen aus naheliegenden Gründen jeweils einen anderen Tag, der aus den offiziellen Fahrplänen nicht zu ersehen ist.

Der Fliegende Moskauer", der wegen der dunkelgrünen Farbe seiner hochmodernen Wagen auchgrüner Pfeil genannt wird, ent­wickelt sogleich eine sonst in der Ostzone höchst ungewohnte Geschwindigkeit. Mit 150 Stundenkilometern rast er bis nach Frank­furt/Oder durch, wo eine kurze Kontrolle durch die sowjetische Geheimpolizei erfolgt. Die nächsten Haltebahnhöfe sind Warschau, Brest-Litowsk, Minsk und Moskau. In der Hauptstadt der UdSSR dauert der Aufenthalt nur ganze drei Stunden. Nach dem zweiten Lokwechsel geht es weiter über Kasan, Ufa, Tscheljabinsk, Omsk, Sibirsk, Krasnojarsk, Irkutsk, Strjensk, Chabarowsk nach Wladi­wostok, von wo es keine zweihundert Kilo­meter mehr sind zur koreanischen Grenze.

Zwischenfälle trotz schärfster Kontrolle

DerFiegende Moskauer bewältigt die rie­sige Entfernung von über 12 000 Kilometern Eisenbahnstrecke in der für östliche Ver­hältnisse ungewöhnlich kurzen Zeit von 15 Tagen bei häufigem Maschinenwechsel. In die­sem luxuriösesten Schnellzug der Sowjetunion fahren natürlich nur vertrauenswürdige Per­sönlichkeiten der Ostblockstaaten, was allein schon durch die Tatsache unterstrichen wird, daß sogar Stalin gelegentlich seinen Salon­wagen an diesen sorgfältig bewachten Expreß hängen läßt. Während der langen Reisezeit haben Militärs, Diplomaten und Geheimagen­ten genügend Zeit, ihre Sonderaufgaben, de­nen sie entgegenfahren, in allen Einzelheiten durchzudenken und sich auf ihre Missionen vorzubereiten.

Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen soll es in letzter Zeit hin und wieder Vorkommen, daß sich in dem scharf bewachten Zug Zwischen­fälle ereignen, die anscheinend der sonst so präzis arbeitende Apparat der MVD nicht ver­

hindern kann. Wie man aus Nachrichten ent­nehmen kann, die durch unterirdische Kanäle den Eisernen Vorhang passieren, sollen zu­weilen geheime Schriftstücke unter dem Kopf schlafender Diplomaten verschwinden. Ein andermal soll ein hoher sowjetischer Staats­beamter, der Beauftragte für die ukrainische Kolchosenwirtschaft, zwischen Minsk und Ba- ranowitsche von seinem Schicksal ereilt wor­den sein. Die Täter, so wird berichtet, hätten ihn aus dem fahrenden Zug geworfen, dann die Notbremse gezogen und unbekannt mit wichtigen Dokumenten entkommen können.

Die zweite transsibirische Bahn

DerFliegende Moskauer, dessen greller Lichtstreifen durch dünnbesiedelte und teil­weise unbewohnte Gebiete huscht, folgt auf

dem größten Teü der Strecke dem Schienen­strang der transsibirischen Bahn, die nach wie vor als Hauptlinie im asiatischen Ruß­land die Rolle der transkontinentalen Ver­bindung spielt. Inzwischen ist seit dem zwei­ten Weltkrieg ein zweites sibirisches Bahn­projekt verwirklicht worden, das im wesent­lichen aus zwei Teilsektoren besteht, nämlich Im Osten aus dem Abschnitt Baikal-Amur und im Westen aus dem sogenannten Iuschsib.

Das Ziel des Projekts der Eisenbahnlinie BAM (Baikal-Amurski-Magistral) war es, den russischen Fernen Osten und Transbaikalien mit Mittelsibirien zu verbinden. Der Bau die­ses Abschnitts war 1938 begonnen worden und scheint gegen 1942 in Betrieb genommen wor­den zu sein. Einzelheiten über den Bau sind nicht bekannt geworden, weil die Durchführung des Projektes wegen seiner strategischen Be­deutung geheimgehalten wurde. Der Iuschsib (Iuschno-Sibirski-Magistral) ist in seiner wirt­schaftlichen Bedeutung noch wichtiger.

Rechtsverhältnisse der entlassenen Beamten

Entscheidung des Staatsgerichtshofes > Gesetz vom 22. 12. 1948 ist verfassungswidrig

TÜBINGEN. (Eigener Bericht.) Der Staats­gerichtshof unseres Landes hat nunmehr in der Sitzung vom 2. Juli 1951 in Bebenhausen, auf Grund der Anrufung des Dienststraf­senates des OLG Tübingen, rechtskräftig da­hin entschieden,

daß dasGesetz über die Regelung der Rechtsverhältnisse der aus politischen Gründen vom Amte entfernten Beamten vom 22. Dezember 1948 verfassungs­widrig ist.

In seiner eingehenden Begründung hat der Staatsgerichtshof im wesentlichen ausgeführt:

Das Gesetz verstößt, abgesehen von seiner Vereinbarkeit bzw. Unvereinbarkeit mit Be­satzungsrecht, gegen Grundsätze der rechtstaatlichen Ordnung. Zwar gibt Art. 124 Satz 2 der Landesverfassung dem Gesetzgeber eine generelle Ermächtigung zum Erlaß von Gesetzen und Verordnungen zur Befreiung vom NS und Militarismus und ihren Folgen bis einschließlich 31. Dezember 1948. Diese Ermächtigung des Verfassungsge­setzgebers legalisiert jedoch nicht solche Rechtsvorschriften auf diesem Gebiete, die, erkennbar in ihrer praktischen Auswirkung für die Betroffenen, gegen den Geist der frei­heitlichen Verfassung verstoßen. Der Staats­gerichtshof stellt fest, daß das betreffende Ge­setz die Staatsregierung zu einer Art Über­prüfungsinstanz hinsichtlich rechtskräftiger

Spruchkammerentscheidungen gemacht habe. Es seien im Gesetze ungleiche Behandlungs­maßstäbe zuungunsten bestimmter Beamten enthalten, d. h. je nach politischer Einstufung, wobei der Regierung die Auswahl ihrer Maßnahmen völlig freigestellt worden sei. Das Gesetz habe sogar u. U. Anwendung auf Nichtbetroffene finden können, wenn diese durch außerordentliche Maßnahmen suspen­diert, entlassen oder in den Ruhestand ver­setzt wurden. Maßgeblicher Gesichtspunkt bei Erlaß dieses Gesetzes sei das Bestreben gewe­sen, finanzielle und haushaltsrechtliche Schwie­rigkeiten des Staates durch seine tatsächliche Anwendung auf die Betroffenen zu überwin­den.

Irgendwelche Richtlinien und Maßstäbe ent­halte das Gesetz nicht und die Regierung sei daher frei gewesen, jeden Zweck mit diesem Gesetze zu verfolgen. Die Betroffenen hätten kein rechtliches Gehör ge­habt, sie seien jeder Denunziation ausgeliefert gewesen, ein eigentliches Verfahren habe das Gesetz ebensowenig vorgesehen wie eine Be­gründung der Entscheidungen, die im übrigen verwaltungsgerichtlich nicht nachprüfbar seien (laut Entscheidung des Verwaltungsgerichts­hofes in Sachen Professor Dr. Sittig). Die Ent­scheidungen seien den betroffenen Beamten auch nicht zugestellt worden.

Abschließend kommt der Staatsgerichtshof zu dem Ergebnis, daß es sich im Rahmen des

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Schauprozeß in der Tsdhechei

FRANKFURT. Im Prager Pankratz-Gefäng­nis hat am Montag der Prozeß gegen den Chef des Prager Büros der Associated Press, Wil­liam N. O a t i s, begonnen, der beschuldigt wird, im Aufträge der AP eine Spionage­organisation geleitet zu haben. Mit ihm ste­hen drei tschechische AP-Angestellte vor dem Staatsgerichtshof.

Oatis, der bleich und sehr erschöpft aussah, erklärte, er habe alsSpionageagent im Auf­träge seiner Vorgesetzten in New York und London politische, wirtschaftliche und militä­rische Nachrichten gesammelt, die nicht von amtlichen tschechoslowakischen Stellen veröf­fentlicht worden seien. Die drei tschechischen Mitangeklagten bekannten sich ebenfalls im Laufe der .Verhandlung schuldig, Spionage betrieben zu haben.

Westliche Pressevertreter, die über den Pro­zeß berichten könnten, befinden sich nicht mehr in Prag. Lediglich zwei Angehörige der US-Botschaft sind als Beobachter zugelassen. Der Prozeß gegen William Oatis ist nach An­sicht des USA-Außenministeriums ein Beweis für diefast zur Psychose gesteigerte Angst der kommunistisch-beherrschten Staaten vor einer objektiven Berichterstattung über ihre inneren Angelegenheiten. Ein Sprecher er­klärte am Montag, die Spionageanklage gegen Oatis seidieselbe alte Platte, die man schon seit fünf Jahren höre.

für rechtswidrig erklärten Gesetzes durchweg um reine Ermessensentscheidungen der Re­gierung handle, die zudem mit irgendwelchen Rechtsmitteln nicht anfechtbar sind. Dieser völlige Mangel an einem Rechts­schutz der Betroffenen gegenüber der Re­gierungsentscheidung bei der praktischen An­wendung der Gesetzesbestimmungen begründe in erster Linie die Entscheidung des Staats­gerichtshofes. Der Gerichtshof hat ergänzend festgestellt, daß es sich auch im wesentlichen um reine Zufallsentscheidungen bzw. autori­täre Entscheidungen der Regierung in diesem Bereiche handle bzw. gehandelt habe. Eine Interessenabwägung zugunsten der Beamten habe in der Regel nicht stattgefunden, entge­gen den Bestimmungen eines früheren Ge­setzentwurfes, der den grundlegenden Eeam- tenrechten mehr gerecht werden wollte. Jeden­falls habe die Regierung keine Ermächtigung zu einer schrankenlosen Freiheit in ihren Ent­scheidungen erhalten.

Die Auswirkung dieser Entscheidung des Staatsgerichtshofes auf zahlreiche Fälle von Betroffenen wird von erheblicher Bedeutung in Zukunft sein.

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