SAMSTAG, 3 0. JUNI1951

WIRTSCHAFT

NUMMER 100

Entlastungsfaktoren und Spannungsmomente

Mai-Bericht der BdL: An Krediteinschränhungen wird festgehalten

FRANKFURT. Der Mai-Bericht der Bank deut­scher Länder verzeichnet einen weiteren Fort­schritt in der Konsolidierung der Wirtschafts­lage, zeigt allerdings neben gewissen Entlastungs­faktoren auch latente Spannungen auf, die eine Tendenz zur Verschärfung haben. Als wichtigstes Entlastungssymptom wird die Normalisierung in der Verbrauchsgüternachfrage bezeichnet. Der Grund dafür wird in einer stärkeren freiwilligen Zurückhaltung der Käufer vermutet, die ihre Ur­sache allerdings auch in der anhaltenden Erschöp­fung der Kaufkraftreserven, dem Mißverhältnis vieler Preise zum Einkommen und der Erwar­tung von Preisrückgängen haben dürfte. Zum er­stenmal wird im Bericht von einembeträcht­lichen Rückgang der Verbrauchsgüterproduktion fast auf cer ganzen Linie gesprochen, dabei je­doch der Verbrauchsrückgang als für die uner­läßliche Zunahme der Spartätigkeit dringend not­wendig bezeichnet.

Als weiteres Entspannungssymptom führt der Bericht diefortschreitende Preisberuhigung an. Im ganzen sei das Preisniveau in den letzten Wo­chen nur noch wenig gestiegen; unter dem Druck des durch die Absatzentwicklung und die gleich­zeitige Kreditrestriktion verursachten Geldman­gels in Produktion und Handel sei es bereits zu Preisabschlägen gekommen. Als drittes Entspan- nungssympton wird die anhaltende Konsolidie­rung im Außenhandel bezeichnet.

Als Spannungsmomente erscheinen der BdL an erster Stelle die verschiedenen Produk­tionsengpässe, allen voran die Kohlenversorgung. Der Stahlmangel wird als nächster Gefah­renpunkt bezeichnet, doch bilde die Lohnsituation neben der Entwicklung der öffentlichen Ausgaben einenbesonders neuralgischen Punkt". Der Be­richt warnt vor der inflatorischen Wirkung einer neuen Lohnwelle und erklärt, wenn eine solche nicht_ abgewendet werden könne, bestehe zweifel­los die Gefahr, daß der Konsolidierungsprozeß von dieser Seite her einer neuen, nicht geringen Belastung ausgesetzt werde. Bei dieser Entwick­lung der Wirtschaftslage habe die Kreditpolitik vorläufig unbedingt an einer restriktiven Linie" festzuhalten, weil sonst leicht ein neues starkes

Ungleichgewicht zwischen dem durch die Produk­tionsmöglichkeiten beschränkten Angebot und der gesteigerten Nachfrage entstehen könnte, das die allmähliche Preisberuhigung erneut unterbrechen, den Lohnkampf verschärfen, die Sparneigung wieder reduzieren und nicht zuletzt den Anstieg des Exports gefährden dürfe, der bei dem gegen­wärtigen Stande immer noch nicht ausreiche, um die für die Aufrechterhaltung der Produktion er­forderliche Einfuhr zu ermöglichen.

Blücher: Stabile Preise und Löhne

DORTMUND. Auf der Hauptversammlung des Landesverbandes Westfalen-Lippe der chemischen Industrie forderte Vizekanzler Blücher eine sofortige Stabilisierung der Preise und Löhne. Die Bundesrepublik stehe jetzt vor der akuten Gefahr, durch ein neues Ankurbeln der Lohn- Preis-Spirale allmählich auf dem Weltmarkt kon­kurrenzunfähig zu werden. Dies könne für den Arbeitsmarkt trotz reichlicher Beschäftigungsmög­

lichkeiten zunehmende Arbeitslosigkeit bedeuten.

Die Lohn-Preis-Spirale verhindere jede Kapi­talbildung und auch alle Erwägungen über eine befriedigende Altersversorgung. Die Nivellierung von Löhnen und Gehältern müsse von einer Dif­ferenzierung abgelöst werden, um neuen Anreiz zu erhöhter Leistung zu schaffen.Eines steht fest, so sagte Blücher,die Regierung wird nicht die Notenpresse in Bewegung setzen und damit den Weg in die Inflation gehen, denn es wäre der größte Sieg Stalins.

Blücher warnte ferner die deutsche Wirtschaft davor, auf die Weltmarktbaisse zu spekulieren und bei Importen jetzt zurückzuhalten, um das Sinken der Weltmarktpreise abzuwarten. Über die Preisentwicklung lasse sich noch nichts End­gültiges sagen, die Bundesrepublik müsse Vor­räte anlegen, um sich vor Überraschungen zu sichern. Für die Industrie forderte Blücher eine Selbstverwaltung, diekein Interessenklub, son­dern eine Institution mit echten vom Staat über­tragenen Funktionen sein solle.

Umsatzsteuer nachzuzahlen?

Das Gesetz enthält eine genaue Vorschrift / Umsatzsteuer ist Kostenfaktor

Wi. Vorsichtige Lieferanten haben vorausschau­end bereits seit längerem auf Rechnungen einen Vermerk angebracht, daß sie sich Vorbehalten, bei Erhöhung der Umsatzsteuer einen Zuschlag zum Rechnungspreis nachzufordern. Die Umsatzsteuer ist Kostenfaktor. Wurde also vor dem 1. Juli 1951 auf Grund eines vor der Verkündung des Um­satzsteueränderungsgesetzes abgeschlossenen Ver­trags eine Rechnung erteilt, so enthält der be­rechnete Preis die Umsatzsteuer nach dem alten, niedrigeren Steuertarif, der Lieferant hat aber die Umsatzsteuer nach dem neuen erhöhten Steuer­satz zu entrichten, wenn das Entgelt erst nach dem 30. Juni vereinnahmt oder bei Sollversteue- rung die Lieferung oder Leistung erst nach dem 30. Juni bewirkt wurde.

Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit Ver­merke auf Rechnungen im Einzelfall Gegenstand

Wirtschaf tssyiegel

Stahlprefserböhun^ zu erwarten

DÜSSELDORF. Vertreter der westdeutschen Eisen- und Stahlindustrie erklärten, daß mit einer Erhöhung der Stahlpreise in der Bundes­republik in nächster Zeit zu rechnen sei.

Das Bundeswirtschaftsministerium sei nach in dieser Woche geführten Verhandlungen mit einer Heraufsetzung der Stahlpreise grundsätzlich ein­verstanden. Während die Industrie jedoch eine Preiserhöhung um 1015 Prozent für wünschens­wert halte, habe das Bundeswirtschaftsministe­rium bisher mit Rücksicht auf nachfolgende Ver­teuerungen in den Zweigen der weiterverarbei- tenden Industrie eine unter 10 Prozent liegende Erhöhung befürwortet.

MAINZ. Häutemarkt noch uneinheitlich. Die 27. südwestdeutsche Häuteauktion in Mainz nahm bei mäßiger Kauflust einen schleppenden Ver­lauf. Im allgemeinen war die Nachfrage sehr un­terschiedlich, so daß einzelne Posten durch starke

DM-Wechselkurse

Die zu ledern Wochenende erscheinende Tabelle weist das Umrechnungsverhältnis von 100 DM zu den wichtigsten fremden Währungen aus. und zwar

nach den Kursen

im

Züricher

Freihandel.

28. 6.

27. 6.

Schweizer Franken

91.50

91.50

USA-DoHar . . .

21.08

21.08

Engl. Pfund . .

8.20

8.16

Franz. Franken .

8026.

7956.

Belg. Franken .

1122.

1125.

Holl. Gulden . .

83.56

83.56

Span Peseten . «

1065.

1066.

Port Eskudos

606.76

607.98

Schwed. Kronen

128.87

128.87

Argent. Pesos . .

i

508.33

508.33

Bras Milreis .

.

.

österr Schilling .

i

0SI6-0216

Ital. Lire

Tschech Kronen .

*iC98x-iS98T

S36S £fi*98S

Umrechnungskurs D-Mark Ostmark am 28, 4.504.70.

5. 51:

Nachfrage Preisverbesserungen erzielten, andere dagegen mangels Interesse ohne Gebot blieben.

WIESBADEN. Wieder lebhaftere Preisbe­wegungen. Die Verbraucherpreise ausgewählter Waren in den Landeshauptstädten haben sich in der Woche vom 8.15. Juni bei uneinheitli­cher Tendenz wieder lebhafter als in der Vor­woche entwickelt, teilte das Statistische Bun­desamt mit.

FRANKFURT. Kein Bardepot mehr. Der in­terministerielle Einfuhrausschuß hat, wie vom Bundeswirtschaftsministerium mitgeteilt wird, beschlossen, das Bardepot bei Einfuhranträgen im allgemeinen fortfallen zu lassen. Der Ein­fuhrausschuß will sich jedoch Vorbehalten, in allen Fällen, in denen mit hohen Überzeichnun­gen der Einfuhrausschreibungen gerechnet wer­den muß, ein 25*/»iges Bardepot beizubehalten.

BONN. Österreichbesprechungen abgeschlos­sen. Die seit längerer Zeit laufenden deutsch­österreichischen Handelsbesprechungen über die Anpassung des bestehenden Handelsvertrages an die neue deutsche Importregelung der OEEC sind abgeschlossen worden. Im gegenseitigen Warenverkehr einschließlich deutscher Kohlen­lieferungen wird sich voraussichtlich eine deut­sche Aktivspitze von 3 Millionen Dollar im Mo­nat ergeben. t

LONDON. 30 Prozent Dividende bei Anglo- Iranian. Die Anglo-iranische Ölgesellschaft kün­digt die Verteilung einer 25prozeniigen Divi­dende an. Mit einer früher verteilten Zwischen- dividefide schüttet die Gesellschaft, wie in je­dem Jahr seit 1946, 30 Prozent Dividende aus.

/ BONN. Bisher 6,15 Milliarden DM ERP- Hiife. Seit Bestehen des Marshallplans sind der Bundesrepublik ERP-Mittel von insgesamt 1 464 178 000 Dollar oder 6,15 Milliarden DM zu­geteilt worden, gibt das ERP-Ministerium be­kannt.

vertraglicher Vereinbarungen geworden sind. Das Umsatzsteueränderungsgesetz regelt die vertrag­lichen Beziehen zwischen Lieferanten und Lei­stungsempfänger für die Übergangszeit zum er­höhten Umsatzsteuertarif von sich aus gesetzlich, ohne daß es eines Vorbehalts auf der Rechnung bedurft hätte. Danach ist der Empfänger einer Lieferung verpflichtet, seinem Lieferanten einen Zuschlag zum Entgelt zu gewähren, der der Er­höhung der Umsatzsteuer entspricht. Vertraglich kann anderes vereinbart werden. Ist der Liefe­rant Hersteller oder hat er den Gegenstand der Lieferung bearbeitet, so daß seine Lieferung dem allgemeinen Steuersatz unterliegt, beträgt der Zu­schlag etwa 1 Prozent des Rechnungsbetrags, bei Lieferungen im Großhandel etwa 0,25 Prozent.

Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts ist bei Zahlungen mit Wechsel oder Scheck der Zeit­punkt der Einlösung des Schecks bzw. Weiter­gabe des Wechsels, bei Überweisungen der Zeit­punkt der Gutschrift beim Postscheckamt oder bei der Bank. Anzahlungen oder Abschlagszah­lungen, die vor dem 1. Juli geleistet wurden, sind vereinnahmte Entgelte und unterliegen somit nicht dem erhöhten Steuersatz und der Zuschlags- pflich*.

Treibstoffe wieder teurer?

HAMBURG. Das Bundeskabinett hat auf An­trag des Bundesfinanzministers den bisher an­gewendeten Gleitzoll für Rohöl aufgehoben und ihn durch feste Zollsätze ersetzt. Dieser Beschluß wird eine wesentliche Erhöhung der Benzin- und Dieselölpreise in allen Zonen zur Folge haben. Ferner muß der Beschluß des Kabinetts zu einer grundlegenden Änderung der Ölversor­gung des deutschen Marktes führen.

Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ist bisher darairf ausgerichtet gewesen, durch Er­weiterung der westdeutschen Raffineriekapazitä­ten in absehbarer Zeit von der Einfuhr von Mi­neralölfertigprodukten imabhängig zu werden und dadurch Devisen im Werte von jährlich etwa 100 Millionen DM einzusparen. Der Fort­fall der bisherigen Vorzugszölle nimmt den Raf­finerien des Bundesgebietes mit ihren verhält­nismäßig geringen Kapazitäten die Konkurrenz­fähigkeit mit den internationalen Großraffine­rien. Hinzu kommt, daß aber die übrigen west­europäischen Raffinerien weiterhin Vorzugszölle genießen und billiger verarbeiten können. Unter diesen Umständen wird die westdeutsche Mine­ralölwirtschaft sich darüber schlüssig werden müssen, ob der geplante großzügige und mo­derne Ausbau der Raffinerien geschäftlich noch tragbar sein wird. Die Einstellung dieses in vol­lem Gange befindlichen Ausbaus, müßte natür­lich erhebliche Rückwirkungen auf den Arbeits­markt haben.

jk. Auf welchem Wege auch immer: der Bun­desfinanzminister kommt schließlich doch noch zu seinem Ziel. Geht es nicht bei den Autobah­nen, dann vielleicht beim Treibstoff. Und wenn man für den Gedanken einer neuen oder wei­teren Treibstoffsteuer keine Meinung finden kann, dann erhöht man eben die Zölle. Haupt­sache ist jedenfalls, daß man auf irgendeine Weise dem Kraftverkehr etwas abzwacken kann. Ob sich daraus nun ein wirtschaftlicher Unsinn ersten Ranges entwickelt, scheint keine Rolle zu spielen. Ausschlaggebend ist. daß dem Staats­säckel etwas zufließt; und wenn es auch nur im Augenblick ist und später dafür 100 Millionen mehr ausgegeben werden müssen.

Solchen Gedankengängen kann der schlichte Bürger natürlich nur schwer folgen. Sollten sie in der Tat verwirklicht werden und notwendi­gerweise nicht nur zu einer weiteren Belastung unseres Devisenkontos führen, sondern auch Arbeitslosigkeit sowohl beim Raffinerieaufbau wie in Auswirkung weiterer empfindlicher Preissteigerungen für Treibstoffe in der Kraftfahrzeugindustrie bringen, dann wird er wohl das gute Recht haben, den Herrn Bundes­finanzminister bei Gelegenheit an seinen Pyr­rhussieg zu erinnern.

Diskrepanz zwischen Ein- und Ausfuhrpreisen

In Westdeutschland 40 Prozent, in der Schweiz 3 Prozent

(*) Die Koreakonjunktur beeinflußte den west­deutschen Export in günstiger Weise. Allerdings befürchtete die Exportindustrie schon damals, daß cie Chancen bei den steigenden Einfuhr­preisen durch das niedrige westdeutsche Export­preisniveau nicht voll ausgenutzt werden könn­ten. Teilweise waren die Verträge mit. festen Preisen schon abgeschlossen, teilweise wirkte die Diskriminierung für den westdeutschen Köhlen­preis nach, so daß sich Westdeutschland in die­ser Beziehung auch jetzt noch in einer ungün­stigen Lage befindet. Wie das Schaubild zeigt, liegen die westdeutschen Ausfuhrpreise nach dem Stand vom März dieses Jahres unter dem Mo­natsdurchschnitt von 1949. Dagegen stiegen sie in Großbritannien um 19 Prozent, in der Schweiz um 1 Prozent und in den Vereinigten Staaten um 8 Prozent an. Bei den stark gestiegenen Ein­fuhrpreisen befindet sich Westdeutschland dem­nach gegenüber den anderen Ländern im Nach­teil. Die Diskrepanz zwischen den Ein- und Aus­fuhrpreisen beträgt in Westdeutschland 40 Prozent, in Großbritannien 26 Prozent, in der Schweiz 3 Prozent und in den Vereinigten Staa­ten 20 Prozent. Die Forderung des Freiherrn v Maltzan, die er in Reutlingen an die würt- tembergischen Exporteure stellte, daß wesentlich mehr exportiert werden müßte, um die gegen­über 1938 notwendig gewordenen höheren Im-

Preisniveaus für deutsche Exportwaren schwer erfüllbar. Die Exportpreise werden jedoch in­zwischen bei Abschluß neuer Geschäfte mit dem

Einfuhrpreis«

Ausfuhrpreise

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Ausland eine Korrektur erfahren haben, so daß

porte finanzieren zu können, ist in Anbetracht sich bald eine Änderung zugunsten Westdeutsch­stes gegenüber dem Ausland niedriger liegenden lands ergeben wird.

Aus der christlichen Welt

Zweierlei Aufnahme

Das Evangelium ist die Botschaft davon, daß Gott Menschen aufnimmt? Eigentümlich aus­wahllos und frei. Wer von Jesus _ zum Jünger gemacht, wer von ihm gesegnet wird, von dem wird eigentlich kein besonderes Verdienst oder eine besondere Frömmigkeit hervorgehoben. Es scheint im Gegenteil eine gewisse Unterwertig­keit. die ein solcher Mensch im Urteil seiner oft sehr frommen Zeitgenossen hat. fast der Anlaß des Erbarmens zu sein, so als ob sich gerade damit die Freiheit wie die Größe der Gnade manifestieren wollte.

Diese göttliche Freiheit des Aufnehmens hat ihre Konsequenzen für das Handeln der Chri­sten und der Gemeinde:Nehmet euch unter­einander auf, gleichwie euch Christus hat auf- 6 genommen zum Lobe Gottes! Hier wird deut­lich gesagt, daß die Gemeinde Jesu keine In­teressengemeinschaft ist wie eine Partei oder ein Berufsverband, wo man miteinander ein bestimmtes Ziel im Auge hat und sich mit Recht fragen darf, ob man auch zueinander paßt. In der Gemeinde Jesu handelt es sich nicht so sehr in erster Linie um einmiteinander als um einfüreinander, ohne daß Maßstäbe angelegt werden dürften, die allein menschlich werten­den Ansprüchen entnommen sind.

Richtschnur der christlichen Aufnahme ist also das Aufnehmen, wie es Christus den Seinen getan hat? aus einer freien Gnade und einer zu­geneigten Liebe, die eben damit, daß sie ihre Voraussetzungen allein in sich selber hat. of­fen für jeden sein kann

Aber diesesAufnehmen ist immer wieder aus uns selbst heraus bedroht. Auch die Ge­meinde Jesu neigt dazu, eine Interessengruppe zu werden. Dann nämlich, wenn sie diesesAuf­nehmen mißversteht. Wir sprechen heute auch

vonAufnehmen, wenn wir fotografieren. Je nachdem, wie dieseAufnahme dann ausge­fallen ist, beurteilen wir sie als gut oder schlecht. Nun können wir auch ohne Kamera mit dem Auge und dem Herzenfotografieren" und die so entstandenen Bilder, die wir uns von einem Menschen gemacht haben, für gut oder schlecht nehmen. Gewöhnlich urteilen Menschen eben so. Wenn wir einander begeg­nen, könnte eigentlich immer von einer solchen Aufnahme gesprochen werden. Auch in der Gemeinde Jesu geschieht das. Man ist dann nur für dieFrommen oder für die zur Buße Bereiten da.

Aber nun steht hier das Wort:Nehmet euch untereinander auf, gleich wie euch Christus hat aufgenommen zu Gottes Lobe. Wir müssen fragen, wie nun diesesAufnehmen bei Jesus Christus selbst aussieht, wie das Bild ist, das er sich vom Menschen, von uns gemacht hat. Zweifellos ein wahres Bild, kein verschönertes. Das zeigt sein Bild das er am Kreuz vor aller Welt als das Bild des wahrhaftigen Menschen dargestellt hat. Aber zugleich auch kein Bild aus einem Verbrecheralbum, kein Steckbriefbild eines Gejagten und Verfolgten. Das Unfaßbare an der Aufnahme, mit der Christus uns auf­genommen hat, ist dies: Er sieht uns als ge­liebte Menschen.

Wenn wir mit seinen Augen sehen, dann wird die Welt nicht mehr in viele Gruppen lie­benswerter oder hassenswerter Menschen zer­fallen, sondern der Platz zurAufnahme sein in unser Herz und in unsere Gemeinschaft. Dann wird der andere nicht mehr der oder jener mit verächtlichen Fehlern und Eigenhei­ten sein können, sondern einer, der einen Platz bekommt, den königlichen Platz, den Ehrenplatz, den ihm wie uns Christus schon längst gegeben hat. Es ist dann an uns, an unsererAufnahme, ihn das und nur das wissen und erfahren zu lassen. -ter.

Begegnung der Konfessionen

Der Pfarrer der Tübinger orthodoxen Gemeinde, Dr. P. Zacharias, nahm kürzlich an einer ökumenischen Tagung in der Schweiz teil und stellte uns nachfolgenden kurzen Beitrag zur Ver­fügung.

Alljährlich veranstaltet cer Schweizerische öku­menische Diakonieverein, der um die Jahrhun­dertwende gegründet wurde, in Rüschlikon bei Zürich einen Kirchentag, auf dem sich refor­mierte, lutherische, aitapostolische, orthodoxe, altkatholische und römisch-katholische' Gäste aus der Schweiz, aus Frankreich, Deutschland, Holland und anderen europäischen Ländern tref­fen. Kennzeichnend für diese Zusammenkünfte ist, daß alle theologischen Vorträge und Be­sprechungen eine Grundlage haben, die durch den Gastgeber in hervorragender Weise reprä­sentiert wird, und die allen Teilnehmern ge­meinsam ist: die Diakonie.

Der diesjährige Kirchentag, der vom 16. bis 18. Juni unter dem ThemaDie Einheit der Kirche ein Mysterium stattfand und der etwa 200 Teilnehmer zählte, erhielt sein Gepräge vor allem durch die Anwesenheit von Vertretern der Gemeinschaft von Taize-les-Cluny, eines Klosters, das in aller Form der reformierten Kirche Frankreichs angeschlossen ist. Etwa ein Dutzend junge Schweizer und Franzosen leben dort nach den Regeln der großen Mönchstradi­tion der Kirche. Sie glauben, daß die Ablehnung der Klöster durch die Reformatoren sich nur gegen Fehlentwicklungen gerichtet habe, und daß die Bibel die mönchische Lebensform nicht verbiete, sondern ihr im Gegenteil an vielen Stellen hohes Lob spende In einem ausführ­lichen Vortrag schilderte Pastor Max Thurian das Leben dieser Mönchsgemeinschaft.

In dem zweiten Hauptreferat, das der refor­mierte Pfarrer Meyer aus Küsnacht über das Thema des Kirchentages hielt, wurde zu zeigen versucht, wie nicht nur die äußere Einheit der

Kirche in den ersten christlichen Jahrhunderten, sondern auch die spätere äußere Zerrissenheit der Kirche als Mysterium, d. h. als Bestandteil der göttlichen Heilsökonomie aufgefaßt werden müsse. Von den Gottesdiensten, die die Tagung trugen, traten besonders die Eucharistiefeier der Gemeinschaft von Taize-les-Cluny hervor, so­wie die Feier der Göttlichen Liturgie nach orthodox - byzantinischem Ritus in deutscher Sprache. Dr. Paulus Zacharias

KAPSTADT. Die katholische Arbeiterjugend Südafrikas protestiert in einer Denkschrift scharf gegen die gesetzlich verankerte Diskri­minierung der farbigen Bevölkerung Südafri­kas durch die Regierung Malan und stellt fest, daß die Fortführung dieser Politik zur völligen moralischen und kulturellen Verelendung der farbigen Industriearbeiterschaft führen müsse. Von den 12 Millionen Einwohnern Südafrikas seien mehr als 75 Prozent Eingeborene oder farbige Einwanderer, die aber nur 15 Prozent des Bodens besäßen. Die spärlichen landwirt­schaftlichen Möglichkeiten hätten die Abwande­rung der Dorfbewohner in die Bergbau- und Industriezentren zur Folge, wo sie nur unter sehr schlechten Bedingungen Arbeit finden könn­ten und vor die Alternative Hunger oder Skla­verei gestellt seien.

VATIKANSTADT. Zehntausende von Pilgern aus Italien, Frankreich, England, Spanien, Deutschland und zahlreichen Ländern Südameri­kas und Asiens waren am Sonntagvormittag in der vatikanischen Basilika versammelt, als Papst Pius XII. die selige Emilia de Vialar und die selige Maria Mazzarello zu den Ehren der Altäre erhob. Den Feierlichkeiten wohnten zahl­reiche Kardinäle. die Erzbischöfe von Turin und Karthago, der Generalobere und das General­kapitel der Salesianer sowie zahreiche Vertreter des beim Hl. Stuhl akkreditierten diplomatischen Korps bei.

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VORARLB ERG

vor* 21. Juli bis 12. August 1951

Prospekte und Karlen im Deutschen Reisebüro Reutlingen und Tübingen; Amtlichen Reisebüro Ravensburg; Reise- büro Rominger Stuttgart und Ulm; Reisebüro Tuttlingen. 30%ige Fahrpreisermäßigung auf der Deutschen Bundes* bahn für die Export* und Mustermesse im benachbarten Dornbirn. Reiseenfriü 22. Juli bis 5. August. Rückfahtt27 Juli bis 10. August 1951

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