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HF.I M ATRLATT STADT UND LAND
STADT UND LAND
HEIMATBLATT FUF
FREITAG, 29. JUNI 1951
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
7. JAHRGANG / NR. 99
Kompromiß-Vor schlag
Zum Lohnkonflikt im Bergbau BONN. Die Vertreter der Bonner Koalitionsparteien haben am Mittwoch in ihren Verhandlungen bei Bundeskanzler Dr. Adenauer vorgeschlagen, die Bergarbeiterlöhne um 12 Prozent zu erhöhen. Die von den Bergleuten darüber hinaus geforderten zwei Prozent sollen durch ein Festhalten des Konsumbrotpreises gesichert werden. Der Konsumbrotpreis soll dabei aus anderen Mitteln subventioniert werden.
Gestern verhandelte Bundeswirtschaftsminister Erhard mit den Tarifpartnern des Steinkohlenbergbaus. Die Deutsche Kohlenbergbauleitung war durch Generaldirektor Dr. Heinrich Kost, die Industriegewerkschaft Bergbau dprch ihren zweiten Vorsitzenden, Heinrich I m i g, vertreten.
Die außerordentliche Delegiertenkonferenz der Industriegewerkschaft Bergbau hatte am Dienstag mit 255:158 Stimmen für einen Streik gestimmt, wenn die von der Gewerkschaft ursprünglich erhobene Forderung auf Erhöhung der Löhne und Gehälter um 14 Prozent von Arbeitgeberseite nicht innerhalb von fünf Tagen anerkannt werde. Der vom Hauptvorstand der IG Bergbau zur Annahme empfohlene Vorschlag, die Löhne und Gehälter gemäß den Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung, der Kohlenbergbauleitung und der Gewerkschaft nur um 12 Prozent zu erhöhen, verfiel der Ablehnung.
Die Industriegewerkschaft Bergbau warnte inzwischen ihre Mitglieder davor, kommunistischen Streikparolen Folgezu leisten.
Adenauer vermittelt
Koalitionsparteien besprachen Haushaltspolitik BONN. Bundeskanzler Dr. Adenauer hatte am Mittwoch eine längere Aussprache mit den Vertretern der Koalitionsparteien im Bonner Bundeskanzleramt. An den Besprechungen nahm auch Bundesfinanzminister Schäffer teil. Im Mittelpunkt der Aussprache stand die Frage der Haushalts-, Finanz- und Steuerpolitik der Bundesregierung. Der Bundeskanzler soll bei den bestehenden Schwierigkeiten als Vermittler eingeschaltet werden, nachdem die FDP sich geweigert hat, neue Steuern zu bewilligen.
chungen in einer Erklärung ihre Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, sich an jeder Aktion zu beteiligen, die dazu angetan sei, Korea einen dauernden und wahren Frieden zu bringen.
Außenminister A c h e s o n erklärte am Mittwoch, die beste Garantie für die Annahme eines Waffenstillstandes durch die USA würde ein Rückzug der rotchinesischen Truppen hinter den Jalufluß bieten. Gleichizeitig schlug er einen „gestaffelten Rückzug“ aller ausländischen Truppen aus Korea nach dem Waffenstillstand vor, wobei sich beide Seiten vollkommen darüber klar sein müßten, daß eine Verletzung dieses Abkommens „äußerst gefährlich“ sein würde und eine tödliche Bedrohung für den Weltfrieden darstellte.
UdSSR schlägt Verhandlungen der Militärbefehlshaber vor
USA-Botschafter Kirk bei Gromyko / Längere Ost-West-Besprechungen erwartet
WASHINGTON. Die Sowjetunion hat den USA zu verstehen gegeben, daß die Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Korea von den Militärbefehlshabern der nordkoreanischen Truppen und der Streitkräfte der UN geführt werden sollten, verlautete am Donnerstag aus amerikanischen Regierungskreisen. Der sowjetische Standpunkt wurde dem amerikanischen Botschafter in Moskau, Alan Kirk, in Besprechungen mit dem stellvertretenden Außenminister Gromyko mitgeteilt.
. Nach dem sowjetischen Vorschlag würde die rotchinesische Regierung an den Waffenstillstandsverhandlungen nicht beteiligt sein, jedoch die Möglichkeit haben, den Nordkoreanern Berater zur Verfügung zu stellen. Diese Auffassung stützt sich offensichtlich darauf, daß die rotchinesische Regierung nicht offiziell in den Konflikt eingegriffen, sondern lediglich „Freiwilligen“ die Teilnahme an den Kämpfen auf nordkoreanischer Seite genehmigt hat.
Die Besprechungen Kirks mit Gromyko und ein weiteres Herantreten an den sowjetischen UN-Delegierten Malik, die beide auf Anweisung von Außenminister Acheson erfolgten, werden in diplomatischen Kreisen als erste Schritte zu längeren informatorischen Ost- West-Besprechungen angesehen. Man hält es für sicher, daß noch einige Zeit vergehen dürfte, bevor über die Möglichkeit.eines Waf- fenstilistandsabkommens Gewißheit bestehe Gromyko habe die Unklarheit über die Bedeutung des Vorschlags Maliks beseitigt. Ungeklärt blieb jedoch noch die Frage der Garantie gegen eine Verletzung des vorgeschlagenen Waffenstillstandes. Wahrscheinlich wird die Regierung der USA weitere Besprechungen Zur Klärung der tjoeh offenstehenden Fragen Vorschlägen. Militärische Verhandlungen allein werden als ungenügend angesehen.
Die 16 in Korea kämpfenden Mitgliedstaaten der UN haben am Mittwoch nach Bespre-
15 Jahre Gefängnis tür Grosz
BUDAPEST. Ein ungarisches Gericht hat am Donnerstag Erzbischof Josef Grosz der „Verschwörung zum Sturz des volksdemokratischen Regimes und anderer Verbrechen" für schuldig befunden und zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Grosz war seit der Verurteilung von Kardinal Mindszenty der höchste Würdenträger der katholischen Kirche in Ungarn.
Erleiditeiung in Paiis
PARIS. Der Beschluß der USA, Frankreich in Anbetracht seiner Rüstungsanstrengungen finanzielle Unterstützung zu gewähren, die noch über die bisherige hinausgehen soll hat in Paris große Erleichterung ausgelöst. Die letzte Kammer hinterließ als Erbe ein Milliardendefizit im laufenden Staatshaushalt Durch den Zufluß amerikanischer Mittel kann die französische Staatskasse nunmehr die Zeit bis zum Herbst ohne Schwierigkeiten überbrücken. Bis dahin muß die neue Nationalversammlung die notwendigen Maßnahmen getroffen haben, um das Defizit zu decken.
Bemerkungen zum Tage
Vorbehalte zum Sdiumanplan
Endgültige Stellungnahme des Bundesrats erst nach dem Bundestag Drahtbericht unserer Bonner Redaktion
BONN. Auf Grund seiner Vorbehalte wird der Bundesrat seine endgültige Stellungnahme zum Schumanplan erst abgeben, wenn das Ratifizierungsgesetz vom Bundestag verabschiedet ist und wieder vor die Ländervertretungen kommt. Das wird nicht vor September der Fall sein. Wie dann die endgültige Stellungnahme ausfallen wird, soll von der Erfüllung der folgenden Bedingungen abhän- gen, die vom Bundesrat am Mittwoch einstimmig aufgestellt wurden:
1. Es sollen verbindliche Zusagen aller in Frage kommenden ausländischen Mächte ein- gehoit werden: Noch vor der Ratifizierung des Schumanplanes sollen folgende Institutionen und Reservate des Besatzungsregimes in dem Augenblick vollständig wegfallen, indem die Vertragsorgane ihre Tätigkeit beginnen: Ruhrbehörde, Alliierte Kohlen- und Stahlkontroll- gruppen, Sicherheitskontrolle, Eingriffsrecht der Alliierten in Kohle- und Stahlwirtschaft, Beschränkung der Stahlkapazität und der Stahlproduktion.
2. Empfiehlt der Bundesrat der Regierung, bei den Verhandlungen über die zusätzlichen Abkommen zu den bisherigen Übergangsabkommen entsprechend dem im Plan festgelegten Schutzprinzip den vordringlichen deutschen Investitionsbedarf in der Stahlerzeugung zu berücksichtigen.
3. Müsse eine befriedigende Regelung über die Verbundwirtschaft und über eine wirtschaftliche Regelung des Kohlenverkaufs gefunden werden.
4. Durch eine gemeinsame Regelung der beteiligten Mächte soll klargestellt werden, daß durch Maßnahmen der Hohen Behörde des Schumanplans eine Sozialversicherungsreform nicht behindert wird, Sozialversicherungsleistungen nicht gesenkt und die Tarifvertragsfreiheit nicht beschränkt werden kann.
Mit unverminderter Harfe
TOKIO. Die Kämpfe in Korea wurden am Donnerstag mit unverminderter Härte fortgesetzt, obwohl die Weltöffentlichkeit die Möglichkeit eines Waffenstillstandes immer lebhafter erörtert. Es kam zu mehreren größeren Gefechten, bei denen die Kommunisten vergeblich versuchten, den Vormarsch der UN- Truppen aufzuhalten. Die Geländegewinne, die die UN-Verbände erzielten, blieben jedoch gering.
Im westlichen Mittelabschnitt werden zurzeit die kommunistischen Streitkräfte verstärkt. Als wahrscheinlicher Zeitpunkt für eine neue kommunistische Offensive nennen UN- Frontoffiziere die zweite Juliwoche.
5. Die Mitwirkung des Bundesrats bei der Willensbildung der deutschen Stellen im Rahmen des Schumanplanes müsse vor der Ratifizierung gesetzlich gesichert werden.
Dieser letzte Punkt spiegelt die sehr einmütige Enttäuschung der Länder wider, bei den seitherigen Beratungen des Schumanplans übergangen worden zu sein. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Arnold hat die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage „mit außerordentlichem Befremden" als eine Ignorierung der Bestimmungen des Grundgesetzes gekennzeichnet.
Bundeskanzler Dr. Adenauer, der im Bundesrat nur kurz das Wort ergriff, betonte, daß er Zusicherungen erhalten habe, nach denen das Ruhrstatut und damit auch die Ruhrbehörde mit Inkrafttreten des Schumanplans fallen würden. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken der Länder werde das Justizministerium Stellung nehmen. Ein hoher Regierungsbeamter erklärte darüber hinaus unserer Bonner Redaktion, daß er überzeugt sei, daß die von den Ländern erhobenen Forderungen „eine weitgehende Erfüllung finden würden und letztlich der Bundesrat, der politischen Notwendigkeit der Ratifizierung des Schumanplans entsprechen könne und werde“. Führende Kreise der SPD und mit ihr Dr. Schumacher erklären zum Ergebnis der Bundesratsdebatte, die Länder seien keineswegs bereit, die Linie des Bundeskanzlers im Schumanplan Hals über Kopf zu akzeptieren.
„Lichtblick''
cz. Die Initiative des amerikanischen Außenministers Acheson nach dem Waffenstillstandsvorschlag des sowjetischen UN-Delegierten Malik hat zu einer gewissen Klärung des russischen Standpunktes geführt. Bemerkenswert erscheint uns am Ergebnis der Unterredung des USA-Botschafters Kirk mit dem stellvertretenden sowjetischen Außenminister Gromyko weniger, daß die Militärbefehlshaber verhandeln sollen, da sie ohne „Anweisung“ der UN bzw. der hinter Nordkorea stehenden Mächte keine über den reinen Waffenstillstand hinausgehende Vereinbarung treffen können, als daß Rotchina im Hintergrund bleibt. Die Nordkoreaner können gegenüber den UN leichter nachgeben als Peking, dessen Mitgliedschaft bei den UN zurzeit ja verständlicherweise auf schärfsten Widerstand des Westens stößt. Nordkorea beugt sich den UN, das wäre eine Formel, die der Kommunismus in Fernost bei der Liquidation seiner aggressiven Pläne in Korea hinnehmen könnte. Solche Gesichtspunkte oder „Lichtblicke“ können nicht hoch genug in die Rechnung eingesetzt werden, was vermehrt Anlaß gibt, anzunehmen, daß der sowjetische Vorschlag eine Beendigung des Koreakrieges durch ein Abkommen nicht mehr so ausgeschlossen erscheinen läßt wie in den letzten Monaten. Ergänzend wäre noch folgende Überlegung anzustellen: Beim jetzigen Stand der Kriegshandlungen müssen die Sowjets wie die Rotchinesen es sich überlegen, inwieweit bei Fortführung des Krieges notwendige Investierungen in Korea sich überhaupt noch rentieren können bei der Super-Aufrüstung der USA, während ein Waffenstillstand eine gewisse rückläufige Entwicklung in den Staaten auslösen könnte, Überlegungen, die zwar nicht für den Friedenswillen der Sowjets Zeugnis ablegen, aber der Welt die Atempause bringen könnten, in der vermehrte Anstrengungen zur Sicherung des Weltfriedens auf jede erdenkliche Weise betrieben werden müßten.
Die Pistole aut die Brust
hr. Über drei Monate haben sich die Lohnverhandlungen zwischen den Ruhrkumpels und der Deutschen Kohlenbergbauleitung hingezogen. Die Bergarbeiter gehören schon immer zu den höchstbezahlten deutschen Arbeitern. Durch die Lohnerhöhungen für fast alle anderen Gruppen sahen sie ihren Vorsprung schwinden. Soweit darf es nach ihrer Ansicht nicht kommen. Die Kohlenbergbauleitung, die, aus verschiedenen Gründen, im Prinzip den Standpunkt der Bergarbeiter teilt, steht aber mit dem Rücken an der Wand. Der Kohlepreis im Exportgeschäft ist durch die Alliierten festgelegt, der Kohlepreis im Inland gehört zu
Briten arbeiten nicht für Persien
Rückberufung der englischen Angestellten beginnt / Ölfeld stillgelegt
ABADAN. Das britische Personal der Anglo- Iranian-Oil-Company lehnte einmütig das Angebot der persischen Regierung ab, von der nationalen persischen Ölgesellschaft beschäftigt zu werden. Der persische Ministerpräsident Mossadeq wiederholte am Mittwochabend seine Rundfunkbotschaft, in der er den englischen Angestellten ihre persönliche Sicherheit und die Beibehaltung ihrer gegenwärtigen Bezüge im Falle ihres Verbleibens zusicherte.
Der persische Ministerpräsident Mossadeq versicherte Präsident Truman gestern ln einer Botschaft, daß Persien alle nur möglichen Maßnahmen treffen werde, um eine Unterbrechung der Ölzufuhr an die westliche Welt zu verhindern. Darüber hinaus erklärte Mossadeq, Persien wolle alles versuchen, um den Betrieb der Raffinerie in Abadan aufrecht zuerhalten. Der indische Ministerpräsident Nehru hat, wie gestern noch bekannt wurde,
der persischen Regierung „freundschaftlich" vorgeschlägen, den Ölkonflikt „auf friedliche Weise im Einklang mit den nationalen persischen Interessen und ohne Gefährdung des Weltfriedens zu regeln“. Eine friedliche Regelung würde das persische Prestige nicht beeinträchtigen.
Die Anglo-Iranian hat am Mittwoch damit begonnen, ihre Angestellten von den ölfeldem nach Abadan zurückzurufen, von wo sie auf dem Luftwege aus Persien evakuiert werden sollen. Das Flugzeug mit den letzten Frauen und Kindern der britischen Angestellten verließ Abadan am Mittwochmorgen. Zurückgeblieben sind nur rund 50 Krankenschwestern.
Auf dem größten ölfeld in Südpersien ruhen die Ölpumpen da die Vorratstanks bis obenhin gefüllt sind und die Anglo-Iranian ihre Tanker angewiesen hat, unverzüglich aus den persischen Ölhäfen auszulaufen.
den Preisen, auf denen das ganze soziale Gefüge ruht, und sollte nicht erhöht werden. Gewinnspannen, auf die man zurückgreifen könnte, sind nicht da. Im Gegenteil, die deutschen Zechen sind veraltet und in Bonn zerbricht man sich seit langem den Kopf, woher das Geld für die dringend benötigten Investierungen kommen soll. So steht Interesse gegen Interesse. Die Verhandlungspartner, IG Bergbau und die Kohlenbergbauleitung, diesen Eindruck hat man wenigstens, bemühten sich rechtschaffen um eine vernünftige Lösung. Sie einigten sich auf zwölf Prozent Lohn- und Gehältererhöhung. Aber eine Delegiertenkonferenz aus den Revieren setzte sich am Dienstag auf Vorschlag des Essener Kommunisten Bed- natz über die von ihren eigenen Vertretern mit ausgearbeitete Regelung hinweg und forderte 14 Prozent. Darüber soll nun neu verhandelt Werden. Verhandelt? Die Delegierten haben ein auf fünf Tage befristetes Ultimatum gestellt — andernfalls Streik! Streik bedeutet keine Kohle. Und zwar sofort, denn alte Bestände und Zechenvorräte gibt es im Deutschland der Ruhrbehörde schon lange nicht mehr. Die laufende Förderung vermag ja nicht einmal den dringendsten Bedarf zu decken. Die Elektrizitätswerke haben für etwa zwei, die Bundesbahn, die Gas- und Wasserwerke für etwa sechs Tage Kohlen Ein Streik würde die gesamte Wirtschaft der Bundesrepublik binnen weniger Tage lähmen. Wenn die Bergarbeiter auf ihrer Forderung bestehen, so wird man sie ihnen zugestehen. Sie könnten mit dieser Verhandlungstaktik — die Pistole auf die Brust — auch 20 oder 30 Prozent Lohnerhöhung durchsetzen. Fraglich ist nur, ob sie sich selbst dabei, auf etwas längere Sicht, nützen
Echte Gemeinschah
kw. Seit kurzem befindet sich der amerikanische Hohe Kommissar für Deutschland, McCloy, in den Vereinigten Staaten, um mit den zuständigen Stellen die die Deutschlandpolitik betreffenden Fragen zu behandeln. Daß dabei die Frage des deutschen Verteidigungsbeitrages eine wichtige Rolle spielt, bedarf keiner besonderen Erklärung, nachdem die amerikanische Haltung hiezu eindeutig festliegt. McCloy selbst soll sich dazu geäußert haben, daß die deutsche Haltung jetzt bejahender sei als vor einem halben Jahr.
Auf welche Anzeichen sich diese Anschauung stützt, ist uns nicht bekannt. In der öffentlichen Meinung findet sie sicher keine wesentlich stärkere Stütze als vor Monaten. Ja, es ist wohl sicher, daß der größte Teil des deutschen Volkes auch heute einer Remilitarisierung ablehnend gegenübersteht, im Gegensatz zur Regierung und wahrscheinlich auch der Opposition. Beide haben zwar unterschiedliche Auffassungen über die Voraussetzungen einer Teilnahme an einem europäischen Verteidigungssystem, aber die Notwendigkeit, einen Beitrag zu leisten, wird von beiden grundsätzlich anerkannt. Es hieße, sich einer trügerischen Illusion hinzugeben, wollte man sich auf den Standpunkt stellen, als wären wir in dieser Entscheidung frei. Niemand, der die Dinge real sieht, kann sich der Erkenntnis verschließen, daß in der heutigen, durch den Gegensatz zwischen Ost und West bedingten weltpolitischen Spannung unser Schicksal aufs engste mit dem des Westens verbunden ist.
Man muß, bevor man an die Realisierung eines deutschen Verteidigungsbeitrags herangeht, die psychologischen und politischen Hemmnisse beseitigen. Es hat keinen Wert, immer nur von europäischer Schicksalsgemeinschaft zu sprechen Eine Europaarmee, die einen Wert haben soll, ist nur möglich, wenn Europa selbst eine Wirklichkeit und kein Phantom, und wenn es nicht nur eine einseitige Interessengemeinschaft Ist. In einer echten Gemeinschaft ist kein Platz für eingeschränkte Souveränität und zweierlei Freiheiten