NUMMER 97
AUS DEM HEIMATGEBIET
MONTAG, 25. JUNI 19 51
Wenn das Hühnerauge sticht...
Prof. Di. Kritzinger sprach über »Wetterleiden, ihre Ursache und Bekämpfung“
Bad LiebenzelL In sehr aufschlußreicher, anschaulicher und allgemein verständlich gehaltener Darstellung führte Prof. Dr. K. H. Kritzinger (Wildbad) am Freitagabend seine Hörerschaft in das interessante Gebiet der Bioklimatologie, d. h., der Lehre vom Klima in seinem Einfluß auf den menschlichen Organismus ein.
Wir wissen zwar, daß Wetter und Klima Einfluß auf unser körperliches und seelisches Befinden haben. Wir wissen weiter, daß jeder anders und verschieden stark auf Witterungseinflüsse reagiert, — nur wenig aber wissen wir darüber, warum Wetterveränderungen den Ablauf unserer Körperfunktionen so vielfach beeinflussen; denn die Bioklimatik steht erst am Anfang ihrer Erkenntnisfähigkeit.
Eine altbekannte Tatsache sind die Wetterschmerzen an Narben und besonders an Amputationsstümpfen, bei chronischen rheumatischen oder chronisch entzündlichen Prozessen, an Frostbeulen und Hühneraugen. Diese Wetterschmerzen setzen meist vor Eintritt des schlechten Wetters, vor dem Barometerfall ein, und häufig lassen die Beschwerden mit dem Fallen des ersten Regentropfens nach.
Bei der Auslösung von Wetterbeschwerden spielen Einzelerscheinungen wie Luftdruck, Feuchtigkeit, Temperaturen usw. eine große Rolle. Der Wind z. B. ist ein klimatischer Faktor ersten Ranges. Bekannt ist die krankmachende Wirkung des Föhns (Fallwind). Er bewirkt depressive Zustände und Schwächung der Willenskraft; an Föhntagen häufen sich Selbstmorde und Unfälle.
Eine deutliche Abhängigkeit Von Witterungseinflüssen zeigen auch die Saisonkrankheiten. Häufige Saisonkrankheiten sind im Winter und Frühjahr Diphtherie, Scharlach, Grippe, Lungenentzündung, Asthma, Blinddarmentzündungen; im Sommer infektiöse Darmerkrankungen, Hitzschlag und Sonnenstich.
Unter den wetterempfindlichen Menschen unterscheidet man zwei Typen: Den auf „Warmfront" — steigendes Thermometer, fallendes Barometer — ansprechenden W- Typ und den gegen „Kaltfront“ — fallendes Thermometer, steigendes Barometer — empfindlichen K-Typ. Die gegensätzlichen Symptome in den Warm- und Kaltfronterscheinungen werden vom Nervus Sympathicus und vom Nervus Vagus, die unabhängig vom Bewußtsein körperliche Vorgänge regulieren, ausgelöst. Der Sympathicus bewirkt u. a. Beschleunigung des Herzschlages, eine Verengung der Gefäße. „Erkältung“ durch Kälteeinwirkung kommt einer Reizung des Sympathicus gleich. — Der Vagus verlangsamt den Herzschlag, fördert die Magen- und Darmbewegung, reizt Blase, Gebärmutter und Magendrüsen. „Kaltfrontier“ neigen daher zu Krämpfen und Koliken. Da Wehen krampfartige Zusammenziehungen sind, so ist es nicht verwunderlich, daß Kaltfronteinbrüche von einem Anstieg der Geburtenziffern begleitet werden.
Auch die Luftelektrizität steht mit Wetterschmerzen in Zusammenhang. Rheumatiker z. B. sprechen stark auf elektrische Vorgänge in der Atmosphäre an.
Innere Zusammenhänge bestehen auch zwischen der Wetterwirkung und der Wirkung rutenaktiver Stellen. Die Annahme, daß dieselbe Kraft, die die Rute zum Ausschlag bringt, auch in irgend einer Weise den Organismus beeinflußt, ist berechtigt, und die Frage: „Können rutenaktive Stellen eine krankheitsauslösende Wirkung haben“, liegt nahe. Beim Menschen sollen über Reizzonen vor allem Rheuma, Schlafstörungen, Migräne und ähnliche Erscheinungen ausgelöst werden. Abschirmungen bringen da vielfach Abhilfe.
Auf ähnlichen Zusammenhängen beruhen auch heftige körperliche Empfindungen über Erzgängen, die auf das Vorhandensein von Erzlagern schließen lassen.
Für Bade- und Kurorte gewinnt unter den mannigfachen Umständen, die den Erfolg einer Badekur mitbestimmen, die Bedeutung
der Klimaeinflüsse und ihre Einschätzung in therapeutischer Hinsicht immer mehr an Wichtigkeit. Zu dem von den Kurorten schon lange betriebenen Wetterdienst werden in Zukunft vielleicht die Wettervorhersagen Wamungsrufe aufnehmen, d. h., meteorologische Prophylaxe (= Vorbeugungsmaßnahmen) betreiben. Durch das rechtzeitige Wissen um die krankheitsauslösenden atmosphärischen Vorgänge könnte der Arzt manchem seiner Patienten seine Wetterschmerzen leich
ter machen und schwereren gesundheitlichen Störungen entsprechend Vorbeugen.
Mit herzlichen Worten dankte Badearzt Dr. Seeger für das in verschwenderischer Fülle Gebotene, das am Schluß mit reichem Beifall bedacht wurde. Abschließend gab Bürgermeister Klepser interessante Einzelheiten über unsere hiesige Klimastation und deren Arbeit im Zusammenwirken mit einem ganzen Netz solcher Einrichtungen, die alle dem Zweck der Gesundung unserer Heilung suchenden Gäste dienen sollen. Nachdem Prof. Dr. Kritzinger noch verschiedene Fragen beantwortet hatte, wurde die wertvolle Veranstaltung geschlossen.
Der Masseur — ein Helfer des Arztes
Ist Massage in Verbindung mit medizinischen Bädern zweckmäßig?
Der nachfolgende Artikel wird uns von dem bekannten Massagelehrer und Olympiamasseur M. Käsberger (z. Z. an der Massageabteilung Oberes Bad in Bad Liebenzell) zur Verfügung gestellt.
Die oben angeführte Frage, die vom Kurgast des öfteren an den Masseur, die Masseuse oder Krankengymnastin gerichtet wird, ist wohl in den meisten Fällen zu bejahen.
Bei medizinischen Bädern unterscheidet man solche mit natürlichen medizinischen Bestandteilen (Thermalbäder) und solche, denen man künstliche medizinische Zusätze beimengt, z. B. Auszüge und Extrakte aus bestimmten Heilpflanzen oder aber Sole, Salz, Kohlensäure, Sauerstoffgas, Moorlauge, Schwefel usw.
Die Hauptanwendungsgebiete der medizinischen Bäder, meist in Verbindung mit Massage sind: rheumatische Beschwerden, schlechte Durchblutung, allgemeine Körperschwäche, Schlaflosigkeit, nervöse Erschöpfung u. ä. m. Ausschlaggebend für die Wirkung sind: Häufigkeit der Anwendung, Dauer, Temperatur sowie Menge und Art des Zu
satzes. Es ist am besten, hierüber einen Arzt zu befragen.
Was versteht man nun unter Massage? Darunter verstehen wir eine in allen Kulturländern gebräuchliche Bezeichnung für die Anwendung einer Anzahl Handgriffe, ausgeübt am kranken und gesunden Körper zum Zwecke der Heilung, der Körperpflege sowie zur Steigerung beruflicher und sportlicher Leistungen. Die Massage gehört in das Gebiet der physikalischen Therapie. Sie war schon 3000 v. Chr. ein beliebtes und erfolgreich angewandtes Heilmittel.
Man unterscheidet heute eine allgemeine Vollmassage mit Wirkung auf Haut, Muskeln, Kreislauf, Nerven, Bänder, Sehnen und Gelenke. Anzeigengebiete sind: Rheuma, Nervenstörungen, Stoffwechsel- und Kreislaufstörungen, Nachbehandlung von Knochenbrüchen, Verstauchungen, Lähmungen usw.
Eine weitere, heute schon ziemlich verbreitete Methode ist die Bindegewebsmassage (Dicke, Leube, Kohlrausch). Während die Allgemeinmassage eine Menge ver-:
Tt&i Spott um Swmtag,
Fußballturnier in Neubuladi
Auf der schön gelegenen Platzanlage in Neubulach wickelte sich bei gutem Fußballwetter ein spannender Pokalbetrieb ab, der in seiner Organisation nichts zu wünschen übrig ließ. Bei Beginn der sportlichen Darbietungen umsäumte bereits eine ansehnliche Zuschauerzahl das Spielfeld, die noch stark anwuchs, als gegen Mittag die Kämpfe-ihren Höhepunkt erreichten.
Als besondere Fußballdelikatesse war das Werbespiel Stuttgarter Kickers Reserve gegen Nagold anzusehen, bei dem zweimal 40 Minuten gespielt wurde. Klangvolle Namen wie die von Schaletzky, Handschuh und Pfisterer tauchten bei den Stuttgartern auf, die zusammen mit jungen talentierten Nachwuchskräften dementsprechend in ihrer Spielweise brillierten. Besonders zeigte der alte Routinier Schaletzky seine vollendete Technik, wodurch er auch das zweite Tor für Stuttgart erzielte, nachdem Handschuh das erste Tor erzielt hatte. Kurz vor Halbzeit erhöhten die Kickers auf 3:0 gegen die sich tapfer wehrenden Nagolder, die ebenfalls ein sehr gutes Spiel zeigten, aber doch der besseren Spielweise ihres Gegners nicht gewachsen waren. Nach dem Seitenwechsel konnten aber doch die Nagoldtäler in den ersten Minuten das 3:1 erreichen,"worauf sie sehr gut ins Spiel kamen und dadurch immer wieder gefährlich vor dem Stuttgarter Gehäuse auftauchten. In der 50. Minute mußten die Kik- kers nochmals ein Tor hinnehmen, doch konnte Schaletzky anschließend das 4:2 her- steilen, dem kurze Zeit darauf das 5:2 folgte. Gegen Schluß gingen die Stuttgarter voll aus sich heraus und erzielten dadurch nochmals zwei schöne Tore, so daß das Propagandaspiel mit 7:2 für Stuttgart endete.
In der A-Klasse, in der die Vereine Calw I, Althengstett I, Effringen I und Stammheim I spielten, war Effringen mit 5 Punkten der glückliche Gewinner des Wanderpokals, der diesmal im Besitz des Siegers verbleibt. Althengstett konnte sich durch ein etwas glücklich erzieltes Tor und einen
Sieg gegen Stammheim mit 4 Punkten an die zweite Stelle setzen, während der Pokalverteidiger Calw mit 3 Punkten knapp vor Stammheim den 3. Patz belegte.
In der B-Klasse hatte Rotfelden abgesagt, so daß nur die Vereine Calw II, Neuweiler / Oberkollwangen, Breitenberg und Alzenberg um den Pokal kämpften. Hier konnten sich die Mannschaften Calw II und Oberkollwangen mit je 4 Punkten in den Vordergrund spielen, was ein Entscheidungsspiel notwendig machte, das nach Verlängerung nochmals unentschieden ausging, wodurch das bessere Torverhältnis für Calw II entschied. Nach Turnierschluß überreichte Bürgermeister Breitling (Nagold) den Siegermannschaften ihre Trophäen und dankte mit herzlichen Worten den aktiven und passiven Helfern des Festes, das für die Veranstalter ebenfalls ein Erfolg gewesen sein dürfte.
Handballturnier in Nagold
Beim gestrigen Handballturnier in Nagold konnte sich die II. Mannschaft aus Böblingen den Titel eines Gesamtsiegers sichern. Sieger der Kreisklasse I wurde Bondorf I, Sieger der Kreisklasse II Böblingen II. Den Jugend-Wanderpokal holte sich die Simmers- felder Handballjugend; als Pokalsieger ging die Jugendmannschaft von Oeschelbronn hervor.
Radrennen in Altensteig
Der Besuch bei den Radrennen in Altensteig war schwächer als erwartet. Die erschienenen Zuschauer jedoch kamen voll auf ihre Kosten und sahen spannende Rennen, bei denen sich die Teilnehmer nichts schenkten. Ergebnisse: Jugendklasse B: 1.Narr (Schwenningen), 2. Scheel (Nagold), 3. Günther (Nagold), 4. Stahl (Ostelsheim). Jugendklasse B: 1. Kistler (Tailfingen), 2. Merz (Ludwigsburg), 3. Bischof (Ludwigsburg), 4. Graf (Altensteig), 5. Klaiber (Altensteig). Hauptrennen Kl. A: 1. Egeler (Bondorf), 2. Rammler (Vaihingen), 3. Breisinger (Metzingen), 4. Baitinger (Oeschelbronn).
schiedener Handgriffe aufzuweisen hat, wird Bindegewebsmassage fast ausschließlich mittels einer einzelnen Streichung ausgeführt Hierbei wird mit der Kuppe des 3. und 4 Fingers mit verschieden starkem Druck auf dem Gewebe entlang gestrichen. Diese Streichung muß exakt, zum Teil in Richtung der Benninghoffschen Hautlinien und der Hautsegmente (Headsche Zonen) verlaufen.
Der Sinn dieser Massage ist, einen Zugreiz auf die verschiedenen Gewebsschichten auszuüben mit der Absicht, Verspannungen in diesem Gewebe, hervorgerufen durch nervöse Reize des sympathischen Nervensystems als Folge einer Erkrankung eines bestimmten inneren Organs, zu beseitigen. Durch Beseitigung der Verspannung auf dem Oberflächendeckgewebe übt man einen reflektorischen Reiz auf das dem Segment zugehörige Organ aus und trägt so zur Heilung eben dieses Organs bei. Als Beispiel sei Angina pectoris angeführt, eine Erkrankung der das Herz ernährenden Gefäße. Wenn diese Gefäße aus irgend einem nervösen oder hormonalen Anlaß verengt sind, das Herz dadurch nicht genügend ernährt wird, treten verschiedenartig empfundene Herzbeschwerden auf, die durch die oben beschriebene Massageart beseitigt oder doch sehr günstig beeinflußt werden können.
Es läßt sich bei dieser Art Massage eine Anzahl Erkrankungen innerer Organe, die vom Sympathischen Nervensystem gesteuert werden, günstig beeinflussen, sofern der Ausübende die notwendigen anatomischen, physiologischen und klinischen Erfahrungen, die richtige Technik und gutes Tastvermögen besitzt, damit vor allem die richtige Deutung der erhöhten Gewebsspannungen gewährleistet ist.
Eine weitere, heute sehr verbreitete Massageart ist die Sportmassage. Man unterscheidet eine Vorbereitungsmassage, eine Trainingsmassage, eine Hochleistungsmassage, eine Entmüdungsmassage und eine Heilmassage. Daß der gute Sportmasseur die einzelnen Sportdisziplinen und die bei der einzelnen Sportdisziplin beanspruchten Muskeln kennen muß, versteht sich von selbst. Es gibt kaum ein Massagegebiet, das so viel Einfühlungsvermögen und psychologisches Verständnis erfordert, wie die Betreuung des sportlichen Spitzenkönners. So wichtig, wie das Verhalten des Masseurs in der Heilmassage zum Patient und zum Arzt ist, so wichtig ist das psychologische Verhalten des Masseurs zum Sportler, wenn es um Welthöchstleistüngen geht.
Dieser kurze Querschnitt über einzelne Massagearten zeigt, wie vielseitig die Anwendungsmöglichkeit der Massage in Verbindung mit medizinischen Bädern und vor allem mit Thermalbädern ist und wieviel theoretisches Wissen und technisches Können für den Masseur als Helfer des Arztes notwendig ist, wenn er die ärztlichen Anordnungen erfolgreich durchführen will.
Keine Kasernen auf dem Eisberg
Nagold. Wie aus Tübingen berichtet wird, hat sich die Frage, ob auf dem Eisberg wieder. Kasernen erbaut werden sollen, in den. letzten Tagen entschieden. Erfreulicherweise werden nun keine Kasernen auf diesem Gelände errichtet. .
Unsere Gemeinden berichten
Hirsau. In einem hiesigen Lokal wurden dieser Tage zwei Personen unter dem Verdacht des Reifendiebstahls festgenommen.
Oberkollbach. In körperlicher und geistiger Frische feierte dieser Tage Heinrich Schwemmle, Bauer, seinen 80. Geburtstag. Obwohl die schwere Arbeit in all den Jahren den Rücken des 80-Jährigen gebeugt hat, ist er am täglichen Geschehen doch immer noch sehr interessiert. Wir gratulieren!
Nagold. Die Arbeiten an der Nagold zwischen „Anker“ und „Lohmühle“ machen sichtbare Fortschritte. Der Fluß ist teilweise umgeleitet worden, um die Ufer für die Arbeiten freizulegen. Unter den Gebäuden am „Anker“ werden zur Zeit feste Böschungen aus Natursteinen auf geführt.
Calw, 25. Juni 1951
DANKSAGUNG
Bei dem unerwarteten Tod meines geliebten Mannes, unseres treusorgen
den Vaters
Paul Ludwig Schöning
durften wir viel Liebe und Teilnahme erfahren, für die wir hiermit unsern herzlichsten Dank aussprechen; besonders danken wir den Herren Ehren- trägem für ihren letzten Liebesdienst, für die ehrenden Worte am Grabe, für die so überaus vielen Blumenspenden und allen denen, die ihm das letzte Geleite gaben.
In tiefer Trauer: Eugenie Schöning, geb. Emendörfer
Pani Schöning
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Calw, 23. Juni 1051
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