SAMSTAG, 3 3. JUNI 1951

N UMMER 96

Aus der christlichen Welt

Vom Geist des Christentums

3. Christliche Gebundenheit

Als der Christ seines Glaubens müde wurde, sprach er zu sich selbst und vor den anderen: Ich will ausziehen und Gott suchen. Genauer hätte er sagen sollen, er wolle ausziehen, um Gott zu entdecken. Denn er wollte Neuland ent­decken, nicht etwa den verlorenen Gott suchen, um ihn wieder zu finden. Immerhin unterschied 1 er sich auch so noch deutlich von jenen, die Gott für eine Erfindung hielten und diese Erfindung zu bekämpfen bereit waren.

Aber in jener Zeit, als der Christ sich an­schickte, Gott zu entdecken, fiel er vom Geiste des Christentums ab. Er entfernte sich aus dem Bannkreis dieses Geistes, der nicht entdeckt wer­den kann, weil er da ist. Der Geist des Christen­tums erhebt den Anspruch, Geist vom Geiste Got­tes, Geist Gottes zu sein. Ihm gegenüber gilt kein Suchen, um zu entdecken. Gottes Geist will gehört werden. Er bindet und heißt folgen.

_ Zu jener gleichen Zeit dachten einige unter den Christen, wie unsinnig das doch sei, nach Gott sc dien zu wollen, wo man doch im Geist des Ch istentums den Geist Gottes zur Verfü­gung ha je, den Geist Gottes besitze. Sie merkten dabei g> r nicht, wie der Geist Gottes in ihnen erstarrte und der Geist des Christentums starb. Denn de Geist Gottes läßt sich nicht besitzen, und_ niei land darf über ihn verfügen wollen. Und der Geist eines Christentums, das Gott be­sitzen un 1 über Gott verfügen will, ist nicht Got­tes Geist

Den Suchenden brannten die Augen, und ihre Füße wurden wund. Und das Herz derer, die Über den Geist des Christentums zu verfügen wähnten, wurde kalt und leer. Aber Gottes Geist war das Feuer der Liebe Gottes geblieben. Er brannte die Suchenden wie die Erstarrten. Sie begannen wieder zu hören und zu wissen, daß der Geist Gottes Gefolgschaft heischt. Sie erfuhren, wie der Geist Gottes den Menschen hat und nicht der Mensch den Geist Gottes, wie

Gottes Geist über den Menschen verfügt und nicht der Mensch über den Geist Gottes. Vom Geist des Christentums redeten sie weniger, aber sie hofften, vom gleichen Geiste ergriffen zu sein wie einst Paulus, als er an die Römer schrieb, es müßten die Christenfür Gott in Christus Jesus leben.

Stufen in der Entwicklung des Christentums? Oder seine verschiedenen inneren Fronten? Oder die Etappen des christlichen Lebens und die Schichten des christlichen Bewußtseins, wie sie bald nacheinander, bald nebeneinander gelagert sind? Gritz

Um die Erneuerung der Familie

In den jetzt veröffentlichten Entschließungen der Fuldaer Aussprachekonferenz für Männer­seelsorge und Männerarbeit wird vor den Be­strebungen auf dem Gebiete des Ehe- und Fa­milienrechts gewarnt, welche die Ehe zu einem Gesellschaftsvertrag auf Widerruf nach formal­demokratischen Grundsätzen machen möchten. Demgegenüber müsse von allen an der Schaf­fung neuer Rechtsgrundsätze für Ehe und Fa­milie Beteiligten erwartet werten, daß unge­achtet der Berücksichtigung von Zeitnotwendig­keiten ein Recht geschaffen wird, das der Würde der Ehe als Sakrament entspreche. Durch die Förderung eines Wohnbauprogramms, das zur Bildung von Eigenbesitz führt, müsse der indi­rekte Zwang zur Beschränkung cer Kinderzahl ausgeschaltet werden. Die Kolpingsfamilie wird zur Gründung einer Arbeitsgemeinschaft aufge­rufen, die sich in Zusammenarbeit mit entspre­chenden ausländischen Organisationen für die Schaffung einer gesunden rechtlichen und wirt­schaftlichen Grundlage der Familie im weltli­chen Bereich einsetzen, den Kampf um die Rechte cer Familie im sozialen und politischen Raum führen und für notleidende Familien und Kinder sorgen soll.

Eine weitere Entschließung fordert die parla­mentarischen Vertreter des deutschen Volkes auf, sich vordringlich und mit allem Ernst mit der

Notlage der Familien zu befassen unc ohne wei­teren Verzug gesetzliche Grundlagen für die Er­richtung von Familien-Ausgleichskassen zu schaf­fen. Die Steuergesetzgebung müsse so geändert werden, daß Familien-Ausgleichsbeträge jeder Art steuerfrei seien. Der erforderliche Ausgleich müsse in jenem Bereich des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens aufgebracht werden, in welchem cie Väter ihren Beitrag zum Sozialpro­dukt leisten.

Weltkirchenrat hilft orthodoxen Gemeinden

Vertreter der Orthodoxen Religionsgemein­schaft in Westeuropa und der Flüchtlingshilfe des Weltkirchenrates traten in Baden-Baden zu einer zweitägigen Konferenz zusammen, um die Möglichkeiten einer besseren materiellen und geistigen Betreuung der orthodoxen Diaspora- Gemeinden zu erörtern. Vor Beginn der Tagung zelebrierten Geistliche der verschiedenen ortho­doxen Kirchen eine feierliche Messe in der von dem rumänischen Fürsten erbauten gleichnami­gen Sturdza-Kapelle. Erzbischof Athenagoras, London bat die Versammlung, Mittel und Wege zu finden, um den vielen Millionen Menschen, die als Folge der Politik totalitärer Staaten aus ihrer Heimat vertrieben wurden, zu helfen. Als Vertreter der evangelischen Kirche Deutschlands begrüßte der Landesbischof von Baden, Dr. D. Bender die Vertreter der ortho­doxen Kirchen, denen man in Deutschland lange Zeit innerlich und äußerlich ferngestanden habe, mit denen zusammen man aber durch die ge­meinsamen Nöte nun auch einen gemeinsamen Weg eingeschlagen habe.

Presse zwischen gestern und morgen

Die Journalistentagung der Evangelischen Aka­demie Hermannsburg bei Hannover ging am Montag mit zwei grundlegenden Referaten über diePresse zwischen gestern und morgen und einer halbtägigen Diskussion zu Ende. Zunächst sprach der Chefredakteur des HamburgerSonn­tagsblattes, Hans Zehrer, der den schreibenden Menschen der Presse zu einemClinch mit dem davonlaufenden Leser aufforderte, vor dem er sich erst wieder zulegitimieren habe. Der

Journalist des gegenwärtigenInterims" ver­fehle seinv o rschreibende Aufgabe, wenn er in der Methode des zu Ende gegangenen hu­manistischen Zeitalters mit seinem Vernunft- und Bildungsglauben verharre. Die Maßstäbe für dieses allein wirksameV o rschreiben seien letztlich der christlichen Glaubenswelt zu ent­nehmen. Der Konzeption Zehrers trat der Mitherausgeber derFrankfurter Allgemeinen Zeitung, Dr. Karl Korn, als Korreferent zum Teil sehr entschieden entgegen. Dr. Horn rief nach dem qualifizierten Verlegertyp und forderte wenigstens einige wirklich große Zeitungen ho­hen Niveaus. In eindrucksvoller Weise umriß Dr. Korn die geistige Führungs- und Mittlerrolle des verantwortungsbewußten Journalisten, der dem breiten Publikumsgeschmack widerstehen müsse. Die Zeitung gehe vom Bericht, also von b eschreiben und nicht vomv o rschreiben aus. Das Erbe des Humanismus sei keineswegs völlig verbraucht. Auch erhalte cer Journalist seine Legitimation nicht vom Geschmack des Le­sers, sondern von seiner geistig und fachlich über­legenen Leistung her. Er dürfe dem nach unten gerichteten Massengeschmack nicht nachlaufen..

In der anschließenden Diskussion kam der Wille der Tagungsteilnehmer zu einem strengen journalistischen Berufsethos unter Ausschaltung unterwertiger Kräfte auf Verleger- wie Schrift­leiterseite zum Ausdruck.

ALTENBERG. Die katholische Frauenjugend der ganzen Welt wird im August in einer Tagung der Internationalen Vereinigung der katholischen Frauenjugendverbände in Haus Altenberg bei Köln, cer Zentrale des Bundes der Deutschen katholischen Jugend, verteten sein.

HANNOVER. Die gesamte christliche Liebes­tätigkeit innerhalb der hannoverschen Landes­kirche wird künftig unter dem NamenInnere Mission der evangelisch-lutherischen Landes­kirche Hannovers zusammengefaßt.

PARIS. Der jetzt eröffneten 6. Tagung der Ge­neralkonferenz der UNESCO in Paris wohnt eine vatikanische Delegation unter dem Vorsitz des Pariser Nuntius, Erzbischof Roncalli, als Be­obachter bei.

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