AUS STADT UND KREIS CALW
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Eiszeit
Es mehren sich die Wärmegrade, die Sonnenbrillen, die unbestrumpften Mädchenbeine, die Badeanzüge und ... die Eistüten. Uebrigens ist Eisessen durchaus keine neu- modische Erfindung, vor rund 2500 Jahren hat es den Erdenbürgern schon Spaß gemacht. Allerdings nicht mit Erdbeergeschmack, Vanille, Schokolade usw. Auch nicht als prächtig aufgemachter Eisbecher mit Phantasienamen wie „Nordpolküßchen“, „Eis im Schatten“ und unsertwegen auch „Kühlbauch- Symphonie“. Nein, kleine Stückchen Natureis wurden zu Zeiten des Hippokrates geschluckt und die Griechen waren überzeugt davon, daß Eisgenuß den Blutkreislauf belebe. Es war also Medizin! Bei den Römern wurde es dann Genuß, und zwar ziemlich ungezügelter, denn ihre Aerzte mußten erstlich zur Mäßigung im Eis- und Schneelecken ermahnen.
Einem heißblütigen Sizilianer soll es unter der glühenden Sonne Italiens sehr viel später — wann, ist nicht mehr feststellbar — zuerst gelungen sein, mit künstlichem Speiseeis aufzuwarten. Die Herstellung war natürlich streng gehütetes Geheimnis. Aber schließlich sprach sich's doch herum, und mit den Italienern und ihren „Echt italienischen Eisstuben“ in aller Herren Länder bekam das Eisschlecken globalen Charakter. Was noch zu sagen wäre, ist, daß die damalige Mahnung römischer Aerzte zur Mäßigung im Eisgenuß auch heute noch ihre Berechtigung hat. Und angesichts der vielversprechenden (hoffentlich sind erschwingliche Preise mitversprochen!) Kirschenernte sei daran erinnert, daß gemischter Eis- und Obstgenuß, besonders bei Steinobst, alljährlich in zahlreichen Fällen zu qualvollem Tode führt.
Ansonsten aber recht guten Appetit, für Tütchen, Becher und Bomben (mit welch letzteren aber nur die durchaus sympathischen Eisbomben gemgint sein wollen).
Aus dem Calwer Geridiissaal
Wegen Wein, Weib und — Skat ins Gefängnis
„Laß den Bruder nidbt liegen!"
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„Laß den Bruder nicht liegen!“ — dieser Mahnruf des diesjährigen Tages der Inneren Mission (1. Juli) schließt auch die Not der hilflosen Kinder ein. Wieviele von ihnen „liegen am Weg“, unerwünscht und ungeliebt! Wieviele, die verwaist, wieviele, die ohne Heimat, wieviele, die ohne Hilfe und Pflege sind! Die Innere Mission leuchtet in ihr armes und dunkles Leben hinein. Sie holt sie zu sich und bereitet ihnen in ihren Heimen eine wirkliche Heimat und ein rechtes Zuhause. Wer wollte der Inneren Mission nicht beistehen in diesem Dienst der Barmherzigkeit? Jede Gabe zum „Tag der Inneren Mission“ ist ein Beitrag zu diesem Dienst!
Als Grund für seine umfangreichen Unredlichkeiten konnte der 37 Jahre alte W. nur angeben: „Ich bin eben versumpft“. W., der aus dem Osten in den Kreis Calw gezogen ist und bei einer kinderreichen Flüchtlingsehefrau gute Aufnahme fand, versprach jederzeit alles und — hielt nichts. Mit der Flüchtlingsehefrau, deren Mann vermißt ist, unterhielt er ein Liebesverhältnis. Er scheute sich nun nicht, auch zu der jugendlichen Tochter in nähere Beziehungen zu treten. Als die Flüchtlingsfrau wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht gegenüber ihren Kindern in Haft war (sie war der Kuppelei beschuldigt), hielt W. seine Zeit für gekommen, um als Schützer und Fürsorger für die verwaiste Familie aufzutreten. Er erhielt von der Frau das Bargeld und sollte für alles sorgen. Auch wurde er bevollmächtigt, die Rentenbeträge für die Frau zu empfangen. Er aber huldigte eifrig dem Alkohol und dem Pfennig-Skat, und so ging das Haushaltsgeld der Flüchtlingsfamilie, deren Rentengelder er in der Briefmappe trug, flöten. Um dann zu Geld zu kommen, verpfändete er zwei Armbanduhren und ein neues Fahrrad der Flüchtlingsfamilie. Er vergriff sich sogar an den Wäschestücken. In den Ladengeschäften und den Wirtschaften ließ er anschreiben, obwohl er sich sagen mußte, daß er nie in die Lage kommen werde, in absehbarer Zeit die Schulden abzuzahlen. Er griff sogar zur Urkundenfälschung.
Der Angeklagte war bei der Verhandlung reuig und geständig, so daß das Gericht von der Vernehmung der Zeugen absah. Er ver
sprach auch Ersatz zu leisten. Das Gericht mußte ihn aber wegen der Unredlichkeiten und des schnöden Vertrauensbruchs hart anfassen und so wurde er wegen fortgesetzter Untreue, fortgesetzten Diebstahls, fortgesetzter Unterschlagung, fortgesetzten Betrugs, einer Urkundenfälschung und einer versuchten Nötigung zu einer Gesamtstrafe von vier Monaten und zwei Wochen Gefängnis und einer Geldstrafe von 50 DM verurteilt. Auf Grund seines Geständnisses konnte ihm die Untersuchungshaft voll angerechnet werden.
Gefälsdite Bestellscheine
Wenig überlegt war die „Werbearbeit“ eines 23 .Jahre alten Kaufmanns aus H. Er war erst vor kurzem als Bezieherwerber des „Amtsblatts“ angestellt worden und bekam für jede erfolgreiche Werbung 1 DM Provision. Den offenbar schleppend eingehenden Bestellungen geworbener Bezieher half nun der Werber dadurch nach, daß er 44 Bestellscheine mit den Namen von Interessenten ausfüllte, die Unterschriften jedoch selbst darunter setzte. Der Schwindel mußte natürlich bald aufkommen. Durch diesen dummen Streich stand nun der Angeklagte wegen Urkundenfälschung und Betrug vor Gericht. Er war geständig, kriegsbeschädigt und durch Familiengründung in gewisser Notlage. Das Gericht ließ noch Milde walten und verurteilte ihn an Stelle einer an sich verwirkten Gefängnisstrafe von 30 Tagen zu einer Geldstrafe von 150 DM.
Eigenes Gotteshaus für Oberkollbach
Am Sonntag feierliche Grundsteinlegung — Ein alter Wunsch wird erfüllt
Oberkollbach. Am kommenden Sonntag findet nachmittags um 14 Uhr in Oberkollbach mit der festlichen Grundsteinlegung der im Bau befindlichen evangelischen Kirche ein Ereignis von besonderer Bedeutung für den Calwer Kirchenbezirk statt. Können doch in einem Kirchenbezirk wie Calw Jahrzehnte verstreichen, bis wieder einmal ein Kirchenneubau heranreift, meist veranlaßt entweder durch das Entstehen neuer Siedlungen am Rand von Stadtbezirken oder durch Anwach- ' sen von ländlichen Teilgemeinden eines Kirchspiels, deren kirchliche Betreuung wegen zu weiter Entfernung vom Pfarrdorf als ungenügend empfunden wird. Letzteres trifft für Oberkollbach zu, dessen seitheriger weiter Kirchweg nach Altburg durch das steile Schweinbachtal hindurch besonders beschwerlich ist, und dessen evangelische Gemeindemitglieder deshalb schon seit vielen Jahren eine eigene Kirche angestrebt haben.
Die beiden letzten Neubauten von evangelischen Kirchen im Kirchenbezirk und früheren Oberamt Calw waren die Stadtkirche von Calw (1888) und die Dorfkirche von Otten- bronn (1928), letztere aus ähnlichen Beweggründen heraus erbaut wie die jetzige in Oberkollbach.
An der Feier der Grundsteinlegung, zu der auch die Gemeindeglieder der Nachbarorte eingeladen sind, werden unter anderem auch leitende Vertreter des Kreisverbands und des Schulverbands Calw sowie außer den Nachbarpfarrern und dem Dekan des Bezirks ein Vertreter der Landeskirchenleitung mit Grußworten beteiligt sein.
Jugendsonntag in Altburg
A11 b u r g. Die Gemeinde Altburg beging .am 10. Juni ihren Jugendsonntag. Schon dem Vormittagsgottesdienst wurde durch die Be
teiligung der Jugend mit Singen und Sprechen sowie die Mitwirkung des Altburger Musikvereins ein festlicher Charakter verliehen. Für den Abend hatten die Jugendkreise durch Plakate zu einem Gemeindeabend eingeladen. Trotz des schlechten Wetters kamen zahlreiche Gäste auch von außerhalb des Kirchspiels, und der „Saalbau Rentschler“ war bis auf den letzten Platz besetzt, als Pfarrer Bock den Abend mit einer kurzen Begrüßung eröffnete.
Im ersten Teil traten unter dem Thema: „Freude an Gottes Schöpfung“ die jüngeren Glieder der Jugendkreise sowie der Jugendsingkreis mit ansprechenden Liedern, Gedichten und einem Volkstanz hervor. Den Höhepunkt des Abends bildete das von den älteren Gliedern der Jugendkreise aufgeführte Laienspiel „Ausfahrt und Heimkehr“, das der Gemeinde das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Luk. 15) in moderner Weise nahebrachta und eine tiefe Wirkung hinterließ. Die Veranstaltung fand durch zwei Abendlieder des Jugendsingkreises unter Leitung von Lehrer Ueberschaer einen würdigen Abschluß. Der ganze Abend, der durch die Mitwirkung des Alzenberger Posaunenchors in einen festlichen Rahmen gestellt war, vermittelte einen starken Eindruck von der Aktivität der Altburger Jugendkreise im Dienste der Gemeinde.
Nachdem das Laienspiel in Altburg über Erwarten großen Anklang gefunden hat, wird es am kommenden Sonntagabend in der Turnhalle in Stammheim im Rahmen eines Gemeindeabends nochmals aufgeführt werden. Auch die Einwohner von Gechingen, Althengstett und Holzbronn sind dazu eingeladen worden. Der Erlös des Abends soll wie in Altburg dem Kirchbau in Oberkollbach zugute kommen.
Im Spiegel von Calw
Mannschaftsmeisterschaften im Sportfechten Am kommenden Sonntag beginnen, an verschiedenen Orten Württembergs die Vorkämpfe zu den württ. Mannschaftsmeisterschaften im Florett- und Säbelfechten. In der Stadthalle in Calw treffen die Fechter vom TV. Stgt.-Obertürkheim, der Spvg. Böblingen und des TV. Calw aufeinander. Alte erfahrene Kämpfer und talentierter Nachwuchs stehen in der Stuttgarter Mannschaft, während Böblingen mit seiner hier bekannten, aber in den letzten Kämpfen sehr stark verbesesrten Mannschaft antreten wird. Wem gelingt der Sprung zur nächsten Runde? Da» ist die Frage, die nur in harten Kämpfen entschieden werden kann. Da sich außerdem noch zwei Jugendmannschaften gegenüberstehen, ist mit einer schönen Sportveranstaltung zu rechnen. Die Leitung des Turnier* liegt in den Händen des Kreisgruppenfecht- warts H. Schluchter (Eßlingen). Die Mannschaftskämpfe beginnen um 9.30 und 14 Uhr.
Fahrt zum Bezirksjugendtag Die evangelische Jugend begeht ihren diesjährigen Bezirksjugendtag am 24. Juni in Unterreichenbach. Die Calwer Gemeindejugend trifft sich zu gemeinsamer Hinfahrt mit dem Rad um 7.30 Uhr auf dem Brühl.
Sonntagsrüdefahrkarten zu Peter und Paul Wie bereits von uns bekanntgegeben, werden zum Peter- und Paulstag am Freitag, 29. Juni, Sonntagsrückfahrkarten mit folgender Geltungsdauer ausgegeben: Zur Hinfahrt ab 28. Juni, 12 Uhr, bis 1. Juli, 24 Uhr; zur Rückfahrt an diesen Tagen bis 2. Juli, 24 Uhr.
Für den Verwaltungsdienst zugelassen Die Prüfung für den „gehobenen Verwaltungsdienst“ hat Walter Flick (Calw) bestanden. Für den „mittleren Verwaltungsdienst“ wurden zugelassen: Melanie Dolderer (Wildberg), Franz Grenzendorf (Haiterbach), Walter Jocher (Calw), Gustav Lutz (Calw), Lydia Rail (Nagold), Friedrich Rex (Ostelsheim).
Sonderzugsgäste aus Stuttgart Am letzten Sonntag lief ein Sonderzug au» Stuttgart in Station Teinach ein, von wo dia Ausflügler teilweise nach Bad Teinach, teilweise über den Zavelstein nach Calw wander- ten, wo sie bis gegen 9 Uhr im „Hotel Waldhorn“ ln fröhlicher Geselligkeit den Rest de» Nachmittags verbrachten.
Straßen werden hergerichtet
In den letzten Tagen wurden zahlreich« Asphalt-Straßen der Kreisstadt mit einem neuen Belag versehen. Besonders notwendig war dies bei der Verbindungsstraße zwischen dem Schießberg und der Hermann-Haffner- Straße hinter dem Oberschulgebäude, deren Teerbelag schon fast ganz verschwunden war. Erfreulich wäre es, wenn im Zuge der Aus- beserungsarbeiten auch die unangenehm« Querrinne vor dem Autohaus Heimgärtner beseitigt werden könnte.
Mutter und Sohn verunglückt
Birkenfeld. Auf der Fahrt nach Mühlacker verunglückte am Sonntag ein hiesiger Motorradfahrer mit seiner auf dem Sozius mitfahr enden Mutter. Beide Verunglückt« wurden schwerverletzt ins Pfor^ieimer Krankenhaus eingeliefert. Die Frau erlitt einen Oberschenkelbruch und größere Hautabschürfungen und der Lenker des Kraftrades selbst einen Schädelbruch und eine Gehirnerschütterung.
Scbülersonderfahrt an den Bodensee
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Der Berichterstatter gedachte sich einmal einen guten Tag zu machen und dabei doch berufstätig zu sein. Also folgte er am Montag der freundlichen Aufforderung der Eisenbahndirektion Karlsruhe zur Teilnahme an einer Schülersonderfahrt an den Bodensee. Da die herzlich gehaltene Einladung den Passus „gegebenenfalls mit Ehefrau“ enthalten hatte, m i t Ehefrau (dieweil der „Fall“ gegeben war). Und die sehr jugendliche Tochter durfte auch mit.
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Wie gesagt, das war am Montag. Ihm war ein Sonntag vorausgegangen, der in witterungsmäßiger Beziehung für den folgenden Tag alles erwarten und alles befürchten ließ. Aber es ging noch einmal gut: Als der Wek- ker in aller Herrgottsfrühe einen viel zu kurzen Schlaf jäh unterbrach, lächelte eine milde Sonne aus blauem Himmel. Bei diesem Wettergesicht blieb es — von einigen Regenspritzern in den Vormittagsstunden abgesehen — bis zum Abend. Dann erst verdichteten sich die im Laufe des Nachmittags aufgezogenen Wolken zu einer ausgewachsenen Gewitterwand, aus der sich genau zum gleichen Zeitpunkt, als der Zug von Konstanz wieder zurückfuhr, eiri ausgiebiger Landregen entlud.
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Man erwarte nun von dem Berichterstatter keine pünktliche Wiedergabe des gesamten Tagesverlaufs oder womöglich eine genaue Aufzählung der Stationen, Bahnhöfe, Reisestrecken und Schiffsrouten. Das dürfte Aufgabe der jugendlichen Teilnehmer selbst sein, die sicherlich den Extrakt dieses Tages in Form eines Haus- und Klassenaufsatzes von sich geben müssen. Dafür möchte der Berichterstatter keine Unterlagen liefern, sondern nur ein paar Episoden wiedergeben, die ihm so nebenbei ins Bewußtsein kamen.
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In 18 Wagen reisten 1100 Jungen und Mädel
aus Wildbad, Calmbach, Neuenbürg, Birkenfeld, Salmbach, Oberkollbach, Oberreichenbach, Beinberg und noch einigen anderen Orten an den See. Sie entstammen zumeist den Volksschuloberklassen, doch waren auch Schüler von Berufs- und Frauenarbeitsschulen mit dabei. In ihrer Alterzusammensetzung reichten also die Fahrtteilnehmer vom Dreikäsehoch bis zum sich sehr erwachsen dünkenden Gewerbeschüler, der mit der Lässigkeit des passionierten Nikotinisten eine Zigarette nach der anderen rauchte (pflichtschuldiges, nachträgliches Entsetzen der Eltern!).
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Von Anfang an wurde der mitgeführte „Tanzwagen“ zum tatsächlichen und ideellen Mittelpunkt der langen Wagenreihe. Es gab dort die Mikrophonanlage, die „Funkbox“ mit den Plattenspielgeräten (sowie einem stattlichen Plattenbestand) und — last, not least — eine Erfrischungs„bar“. Sie vor allem wurde zum Sehnsuchtsziel der kleinen und großen Kinder, die dort allerlei Getränke, Kekse und andere Labsal eines Kindermagens erstehen konnten. Die Umsätze waren beachtlich — und erstaunlich. Der Berichterstatter kann es auf seinen Eid nehmen, daß unter seinen Augen eine ganze Reihe von Kindern innerhalb der ersten drei Fahrtstunden 5 Mark und mehr ausgaben. Wie der (nette, blonde) „Barkeeper“ ergänzend dazu berichtete, wurden von einzelnen Jungen und Mädel sogar 20-Markscheine gewechselt. Wobei der Gewährsmann allerdings hinzufügte, daß dies bis jetzt sein bester Schülersonderzug gewesen sei.
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Wenn eben das Wort „Tanzwagen“ gebraucht wurde, so entspricht dieser Ausdruck keineswegs der Zweckbestimmung des Abteils bei dieser Fahrt. Es wurde nämlich (dies sei zur Beruhigung besorgter Eltern gesagt) nicht getanzt. Schüchterne Ansätze älterer
Jahrgänge erstickte der Fahrtleiter im Ansatz, indem er die verführerische Musik abstellen ließ. Er kam damit dem Wunsch des Kultministeriums nach, das sich gegen eine tänzerische Betätigung der Fahrtteilnehmer ausgesprochen hatte (wofür ihm nachträglich Beifall gezollt sei).
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Es war auch sonst dafür gesorgt, daß sich die Fahrt im Rahmen des Angemessenen hielt. So dürfte der etwa 12jährige hoffnungsvolle Sprößling, der am Morgen kurz vor Nagold den „Tanzwagen“ mit der Aufforderung an eine Klassenkameraden verließ: „Kommet, mir geahn dö vorna en da andra Waga, dö höt‘s Mädla!“ im Laufe des Tages wohl kaum auf seine Kosten gekommen sein. Das soll aber andererseits nicht besagen, daß man die Kinder nun sehr kurz angebunden hätte — aber man sah eben zu, daß sich der jugendliche Tatendrang (nebst dem „Poussieren“) in Grenzen hielt.
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Eine Zwischenbemerkung: Für die Begriffe vieler Eltern, sagen wir besser: der meisten Eltern, war dieser Ausflug nicht gerade billig (wenn er auch bei der Länge der Fahrtstrecke außerordentlich preisgünstig war). Alles in allem kostete die Fahrt 6,90 DM, wozu dann noch das unerläßliche Taschengeld kam, so daß man wohl je Nase des Fahrtteilnehmers mit etwa 10 Mark Axislagen rechnen konnte. Für manchen elterlichen Geldbeutel war das viel. Aber man hatte sich — von der Schule aus — teilweise zu helfen gewußt: So schoß die Wildbader Stadtverwaltung den bedürftigeren Kindern der Wildbader Schule das noch fehlende Geld vor und die Schulleitung wird in der kommenden Heidelbeerzeit dafür sorgen, daß diese „Schulden“ gegenüber dem verständnisvollen Bürgermeisteramt durch das finanzielle Ergebnis eifriger Sammeltätigkeit wieder zurückgezahlt werden. Das ist eine sehr erzieherische Möglichkeit, allen Kindern die Teilnahme an einer solchen Fahrt zu ermöglichen und sie hernach das bevorschußte Vergnügen abverdienen zu lasser
Fast alle Wagen des Zuges waren an di« vorhandene Lautsprecheranlage angeschloa« sen. Verständlich, daß sich vor dem Mikrophon immer Rieder Schülergruppen einfanden, die ein kleines Lied zum Besten geben wollten. Dies war für Sänger wie Zuhörer vergnüglich'und unterhaltsam zugleich. Daß weiter über die Lautsprecher allerlei Erläuterungen gegeben wurden, gehörte mit zum Zweck der Fahrt, die schließlich ein Kapitel erlebter und geschauter Geographie sein sollte. Für den bahnamtlich dazu bestellten, leider jedoch erkrankten Ansager sprang der Schulleiter der Wildbader Volksschule, Rektor Göhring, ein, der seines Amtes in humorvoller Weise waltete. Der Rektor-Ansager machte zwischendurch auf die eine oder ander« Naturschönheit, auf Besonderheiten der Landschaft, auf Ortsbilder und Flüsse aufmerksam und gab auch sonst die notwendigen Hinweise und Ermahnungen. Wenn sie befolgt worden wären, hätte es auch nicht den (einzigen) Unfall des Tages gegeben: Auf der Heimfahrt lehnte sich eine 17 jährige Kochschülerin beim Winken so weit aus dem Zug, daß sie mit der Hand gegen einen Masten schlug. Der unterwegs vorausbestellte Rottweiler Arzt schiente dann die gebrochene Hand. Von da an bedurfte es keiner Ermahnungen mehr.
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Was soll man von dieser fröhlichen Fahrt an den Bodensee sonst noch erzählen? Die Seerundreise mit dem Schiff war ein Erlebnis, die Besichtigung der Insel Mainau nicht minder und die ganze Reise hin und zurück wegen ihrer in Grenzen gegebenen Bewegungsfreiheit erst recht. Sagen wir bei dieser Gelegenheit ein Wort des Dankes an den freundlichen, hilfsbereiten und für alles sorgenden Fahrtleiter Duffner, der sich alle Müh« gab, den 1100 Kindern den Tagesausflug ans Schwäbische Meer so angenehm wie nur möglich zu machen. Vielleicht haben ihm die vielen glücklich-müden Gesichter der Jungen und Mädel zu Ende der Fahrt gesagt, daß sie mit ihm, mit der Bundesbahn und mit dem ganzen Tag zufriederi waren.
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