VREITAG, 2 2. JUNI 1951
WIRTSCHAFT
NUMMER 95
Engpässe beeinflussen Arbeitsmarkt
Entlastung des Arbeitsmarktes im Mai jahreszeitlich bedingt / Auswirkungen der Stagnation
und -Verarbeiter (+ rund 2100 Arbeitslose) betroffen wurden. Die Landesarbeitsämter berichten ziemlich übereinstimmend, daß die einer weiteren Entlastung des Arbeitsmarktes entgegenstehenden Faktoren (Kohle- und Rohstoffengpässe, Geld- und Kapitalmangel) neuerdings infolge der Zurückhaltung der Verbraucherschaft auch Absatzrückgänge im Konsumgütersektor, z. B. auch in der Fahrradherstellung, sich im Mai eher verstärkt als vermindert haben.
Die Gesamtzahl der Arbeitslosen, die sich Ende Mai 1951 auf rund 1 386 900 belief, setzte sich aus rund 932 100 Männern (Ende April rund 994 300) und rund 454 800 Frauen (Ende April rund 451 900) zusammen.
Der Gesamtzugang an neuen Arbeitslosen belief sich im Mai bei den Arbeitsämtern im Bundesgebiet auf rund 271 000 (im April rund 305 800), wovon rund 174 300 auf Männer (im April rund 191 600) und rund 96 700 auf Frauen (im April rund 114 200) entfielen.
Wirtschajlssyieyel
Steigende europäische Stahlproduktion
GENF. Die Stahlproduktion fast aller westeuropäischen Länder, die Stahl erzeugen, ist im ersten Jahresdrittel 1951 angesliegen, teilte die UN-Wirtschaftskommission für Europa (ECE) mit. Allein die sechs Länder der Montanunion erhöhten ihren Ausstoß von Januar bis April gegenüber der gleichen Zeit im Vorjahre um mehr als 2,25 Millionen t. In neun europäischen Ländern beträgt die Jahresrate der Stahlproduktion 54 bis 55 Millionen t gegenüber 49 Millionen im vergangenen Jahr. Lediglich in Großbritannien ging die Stahlerzeugung zurück.
Westdeutschland steht, nach Großbritannien, mit 4,1 Millionen t an zweiter Stelle vor Frankreich, das in den ersten vier Monaten 1951 3,2 Millionen t produzierte. Die Ausfuhr des deutschen Stahl- und Eisenbaues erreichte 1950 5,2
Prozent der Gesamtfertigung dieses Industriezweiges.
KOPENHAGEN. — Tagung der ECA-Länder. Zurzeit findet in Kopenhagen ein Treffen der ECA-Länder statt. Im Mittelpunkt steht die Erhöhung der europäischen Produktion im Hinblick auf die westliche Aufrüstung. Am ersten Tage wurde ein Programm erörtert, mit dem die USA Westeuropa auch nach dem Abschluß der Marshallplanhilfe helfen will, die europäische Produktivität zu steigern.
höhere Preise zu fordern als bei der vorherigen Verkaufswoche. Trotz fallender internationaler Wollpreise (australische Wolle ging bis gestern in Sydney weiter im Preis zurück und in den USA halten ebenfalls noch die fallenden Tendenzen an. D. Red.) sei mit nennenswerten Preissenkungen in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.
TÜBINGEN. — 8,6 Millionen DM Steuern im Mai. Nach einer Mitteilung des Finanzministeriums von Württemberg-Hohenzollern gingen im Mai 1951 für das Land 8,6 Millionen Steuern ein. Davon betragen: Lohnsteuer 3,69 Millionen und Einkommensteuer 1,63 Millionen DM. Für den Bund wurde für den gleichen Monat ein Aufkommen von 13,6 Millionen DM festgestellt. Allein die Umsatzsteuer erbrachte einen Betrag von 9,9 Millionen DM.
TÜBINGEN. — Weiterer Rückgang der Arbeitslosen. In der ersten Junihälfte ist in Süd- würltemberg die Zahl der Arbeitslosen erneut um rund 500 auf 6921 zurückgegangen. Damit ist der günstigste Stand des Vorjahres (Oktober mit 6896 Arbeitslosen) nahezu erreicht. Diese erfreuliche Tendenz ist um so bemerkenswerter, weil verschiedene Zweige der Verbrauchsgüterindustrie weiterhin ungünstige Absatzentwicklungen zu verzeichnen hatten.
Doch Lohn- und Preisstop ?
w-t. BONN. Zum erstenmal wird in offiziellen Kreisen der Regierung ein Lohn- und Preisstop erörtert. Die wiederholten Vorstellungen der Gewerkschaften und des Einzelhandels (vgl. unsere Mittwochausgabe) haben zu erneuten Überlegungen angeregt. Schon sieht man die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale in Gang kommen. In dieser Situation neigt die Regierung zu Entschlüssen, die ihr noch vor wenigen Wochen sehr fern gelegen hätten. Allerdings will man nach wie vor an den Grundsätzen einer freien Wirtschaft festhalten. Solange es irgend möglich ist, soll der Staat nicht mit einem umfangreichen Kontrollsystem in den Wirtschaftsablauf eingrei- fen. Daher wird der Versuch gemacht, auf Grund freiwilliger Vereinbarungen, deren Einhaltung eine Sache der Selbstkontrolle der Wirtschaft wäre, zu Lohn- und Preisregulierungen zu gelangen.
Im Mittelpunkt der Überlegungen steht ein Vorschlag des Präsidenten der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels, Hans Schmitz, der als CDU-Abgeordneter zugleich dem Bundestag angehört. Nach dem Vorschlag soll zunächst für sechs Monate ein Lohnstop festgesetzt werden, sobald die noch schwebenden Lohnverhandlungen abgeschlossen sind. Die Gewerkschaften sollen sich zur Einhaltung dieses Lohnstops verpflichten. Auf der anderen Seite soll auch eine Anzahl wichtiger Preise stabilisiert werden. Die Regierung soll die Versicherung abgeben, daß die Preise der Grundnahrungsmittel und die Tarife während des gleichen Zeitraums nicht erhöht werden. Außerdem soll die Wirtschaft selbst eine Art von neuem „Jedermann-Programm“ aufstellen. Billige Haushalts- und Textilwaren sollen in diesem Programm in guter Qualität bei sehr geringen Handelsspannen auf den Markt gebracht werden.
Bei den ersten Besprechungen im Lohn- und Tarif-Ausschuß, der auf Verlangen Dr. Adenauers eingesetzt worden ist, hat der Vorschlag eine verhältnismäßig günstige Aufnahme gefunden, und auch der Kanzler zeigte sich dem Vernehmen nach sehr interessiert. Von Gewerkschaftsseite liegt eine erste ablehnende Stimm« vor, jedoch hofft man in unterrichteten Kreisen, daß sie nicht das letzte Wort der Gewerkschaften bedeutet. Ob der Vorschlag verwirklicht wird, hängt völlig von der Bereitschaft der Unternehmer und der Gewerkschaften zur Mitarbeit ab.
Kabinett billigt Investitionshilfe
Keine Befreiung der kriegs- und nachkriegsgesdiädigten Unternehmungen?
w. HAMBURG. Die Entlastung des Arbeitsmarktes im Bundesgebiet ist nach dem neuesten Bericht des Bundesarbeitsministeriums im Mai ganz überwiegend jahreszeitlich bedingt gewesen. Zum Teil ging dies auf den anhaltend größeren Kräftebedarf der Landwirtschaft, der Baustoffindustrie sowie im Baugewerbe zurück. Dazu kam die Belebung im Verkehrswesen, wobei die im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr und dem Beginn der Bädersaison um diese Jahreszeit üblichen umfangreicheren Kräfteeinstellungen eine besondere Rolle gespielt haben. Zwar ist im Mai der im Vormonat zu verzeichnende Rekordanteil (86,9 v. H.) der „Außenberufe“ (Landwirtschaftliche Berufe, Steingewinner und -verarbeiter, Bauberufe) an der Abnahme der Arbeitslosenzahl doch wieder beträchtlich zurückgegangen, er war aber mit 68,5 v. H. immer noch beachtlich. Schließt man die diesmal ebenfalls vorwiegend jahreszeitlich bedingte Abnahme bei den Verkehrsberufen (— rund 5900 Arbeitslose) mit ein, so ergibt sich, daß auch im Mai immerhin rund 78,5 v. H., also mehr als drei Viertel der Gesamtabnahme der Arbeitslosigkeit jahreszeitlich bedingt waren. Der Rückgang des Anteils der Außenberufe ist im übrigen vor allem darauf zurückzuführen, daß die Bautätigkeit gebietsweise verschiedentlich an Intensität verlor, die erwartete weitere Belebung im sozialen Wohnungsbau vielfach noch immer verzögert war und der
Der neue Umsatzsteuertarif
w-t. Das vom Bundestag kürzlich endgültig verabschiedete Umsatzsteuer - Änderungsgesetz wird in nächster Zeit verkündet werden. Ab 1. Juli gilt demnach folgender neuer Tarif: Allgemeiner Satz (§ 7 Abs. 1), erhöht von 3 auf 4 Prozent;
Milch, Nahrungsfette, Zucker, Grieß, Teigwaren (§ 7 Abs. 2), neu 3 Prozent;
Landwirtsch. Produkte, Getreide, Mehl, Backwaren (§ 7 Abs. 2), bleibt U /2 Prozent; Großhandel (§ 7 Abs. 3), erhöht von 3 /i auf 1 Prozent;
Warenhaussteuer (§ 7 Abs. 4), entfällt; Ausgleichsteuer allgemein (§ 7 bisher Abs. 5 jetzt Abs. 4) erhöht von 3 auf 4 Prozent; bei Einfuhr von Frischmilch, Nahrungsfetten, Zucker, Grieß, Teigwaren, neu 3 Prozent; bei Einfuhr von Getreide, Mehl und Backwaren wie bisher IV 2 Prozent;
bei Einfuhr sonstiger Nahrungs- und Genußmittel sowie Halb- und Fertigfabrikaten, neu 6 Prozent.
Landesprodubtenb' rse Stuttgart
vom 19. Juni
Die ungünstige Lage auf dem Brot- und Futtergetreidemarkt halt an. Die Verhältnisse haben sich gegenüber der Vorwoche nicht verändert.
Mehl: Bei reichlichem Angebot ist das Geschäft saisonbedingt ruhig. Die Angebote seitens der Mühlen sind reichlich, aber nicht drängend. Verschiedene schwimmende und anrollende Partien Auslandsmehl suchen Abnehmer. Die Notierungen sind gegenüber der Vorwoche unverändert.
Mühlennachprodukte haben infolge des geringen Anfalls nach wie vor guten Absatz.
Heu. und Stroh sind ohne Geschäft.
Heute trafen die ersten Waggons Pfälzer Frühkartoffeln ein. Die Qualität befriedigt iedoch noch nicht, da sehr losschalig. Die Preise lagen bei 44 bis 45 DM je 100 kg einschließlich Sack, Großhandelsabgabepreis waggonfrei Stuttgart.
private Baumarkt mehr und mehr ins Stocken geriet.
Die seit geraumer Zeit auf den übrigen beruflichen Teilarbeitsmärkten, insbesondere der überwiegend konjunkturell beeinflußten Berufsgruppen zu beobachtende Stagnation trat im Mai noch deutlicher hervor. Sie beschränkte sich im Mai auch nicht mehr auf die Zurückhaltung der Betriebe in bezug auf zusätzliche Kräfteeinstellungen und einen weiteren beträchtlichen Anstieg der Zahl der Kurzarbeiter und der kurz arbeitenden Betriebe, sondern kam erstmals auch in umfangreicheren Entlassungen zum Ausdruck, wovon bezeichnenderweise vor allem die Textilhersteller und -verarbeiter ( + rund 7500 Arbeitslose) und die Lederhersteller
LONDON. — Europas Zeitungspapierversorgung von USA-Verbrauch abhängig. Wenn die USA ihren gegenwärtigen Verbrauch an Zeitungspapier um nur 5 Prozent einschränken, kann das europäische Versorgungsproblem auf diesem Sektor gelöst werden, erklärte der Generaldirektor der „Britisch-Newsprint Supply Company“. Von der Weltproduktion des vergangenen Jahres in Höhe vop 9 739 0001 hat Nordamerika allein 5 385 000 t (gleich 60 Prozent) verbraucht.
FREIBURG. — Ausbau der Zellulosefabrika- tion. Die Papierfabrik Neustadt im Schwarzwald beabsichtigt, ihre zum Teil stilliegende Anlage für die Zellulöseherstellung mit einem Kostenaufwand von einigen Millionen DM in nächster Zeit zu erweitern und zu modernisieren
DÜSSELDORF. — Preise für Wolierzeugnisse ziehen an. Am Vorabend der -Eröffnung der 4. Verkaufs- und Modewoche der Damenoberbekleidungsindustrie in Düsseldorf wurde bekanntgegeben. daß sich die Bekleidungsindustrie gezwungen sehe, für Wolierzeugnisse wesentlich
BONN. Der Gesetzentwurf für die freiwillige Investitionshilfe der deutschen gewerblichen Wirtschaft für die Grundstoffindustrien ist vom Bundeskabinett in seinen Grundzügen gebilligt worden. Nach einer redaktionellen Überarbeitung ist mit einer Verabschiedung des Gesetzes durch das Kabinett zu rechnen. Anschließend hat das Gesetz den parlamentarischen Instanzenweg zu durchlaufen.
In der Frage des einzuschaltenden Bankinstitutes hat das Kabinett, wie von gutunterrichteter Seite verlautet, eine Kompromißlösung ausgearbeitet, die sowohl die Industriekreditbank (Düsseldorf) als auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Frankfurt — gleichzeitig federführende Bank — berücksichtigt. Der Aufbringungssatz von 5 Prozent der Bemessungsgrundlage soll bestehen bleiben. Bei der Bemessung, Begutachtung und Bearbeitung sowie bei Revisionsver
fahren wird nach dem Kabinettsbeschluß das zuständige Finanzamt und nicht die zuständige Industrie- und Handelskammer eingeschaltet. Der Paragraph über die Befreiung von der Investitionsumlage für kriegs- und nachkriegsgeschä- digte Unternehmen wurde vom Kabinett gestrichen. Grundsätzlich sollen alle gewerblichen Unternehmen an der Umlage beteiligt sein, allerdings können diejenigen, die Kredite erhalten, diese mit den Abgaben verrechnen.
Wie weiter bekannt wird, ist die Bundesregierung bestrebt, das Gesetz im Einvernehmen mit dem Gemeinschaftsausschuß der gewerblichen Wirtschaft so rasch wie möglich in erster Lesung noch vor dem Beginn der Sommerferien des Bundestages durch die gesetzgebenden Körperschaften beraten zu lassen. Dem Bundesrat wird der Entwurf noch in dieser Woche zugeleitet.
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Waldenbuch, den 22. Juni 1951
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Frau Mel Ehrler
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