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FREITAG, 11. MAI 1951
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NUMMER 71
Erleichterte Rückzahlungsbedingungen für den Kiehn-Kredit
Tübingen. Der Finanzausschuß des Landtags hat am Mittwoch mit großer Mehrheit beschlossen, den Efka-Werken für die Rückzahlung des ihnen gewährten Wechselkredits mit restlichen zwei Millionen DM erleichterte Bedingungen einzuräumen. Der Kredit wird ab 1. Mai 1951 in monatlichen Raten von 50 000 bis 100 000 DM bei banküblicher Verzinsung rückerstattet. Für die Bewilligung des Antrags des Finanzausschusses setzte sich namens der Gewerkschaften der Abgeordnete Präsident Fleck ein.
Neuer Lohntarif in der chemischen Industrie
TÜBINGEN. Der Fachverband Chemie für Würt- temberg-Hohenzollern und die Industriegewerkschaft Chemie, Papier, Keramik schlossen eine neue Tarifvereinbarung ab, die mit Wirkung vom 1. Mai in Kraft tritt und erstmals am 30. Juni zum 31. Juli 1951 kündbar ist. Die neuen Tarifsätze für die Ortsklasse I und die Altersstufen über 21 Jahre sind: Handwerker 1,38 DM; Dampfkesselheizer und Maschinisten mit Prüfung 1,38 DM, ohne Prüfung 1,25 DM; Hilfshandwerker 1,20 DM; Betriebs- und Laborwerker 1,15 DM; Hilfsarbeiter 1,10 DM, Frauen 0,81 DM, Frauen nach systematischer Anlernung sowie Fertigkeit, Übung und Erfahrung 0,85 DM. In einzelnen Gruppen wird eine Zeitlohnzulage von 10 bzw. 4 Pfg. gewährt, für die Monate Februar bis April wurde eine Ausgleichszahlung vereinbart, die für Haushaltungsvorstände (Männer und Frauen) 60 DM, für ledige und Haushaltspartner 44 DM beträgt
Zollfreigrenze für Liebesgabenpakete erweitert
BONN. Die Bundesregierung hat in einer Verordnung, die am 28. Mai in Kraft tritt, die Höchstmengen für Geschenk- und Liebesgaben neu festgesetzt. Danach können unter anderem monatlich bis zu 15 Kilogramm Lebensmittel zollfrei eingeführt werden. Kleider, Wäschestoffe, Schuhwerk und ähnliches sind nur dann zollpflichtig. wenn sie den angemessenen Bedarf des Empfängers und seiner Familie überschreiten. Reine Kaffeepakete müssen voll verzollt werden. Kaffee ist nur dann zollfrei, wenn er anderen Geschenken beigelegt ist. Die zollfreie Kaffeemenge ist jedoch auf ein Pfund monatlich beschränkt. Tee muß stets voll verzollt werden. Tabak Tabakerzeugnisse und Süßstoff werden, falls sie in Geschenksendungen gefunden werden, beschlagnahmt.
Landesprodukfenbörse Stuttgart
vom 8. Mai 1951
Die Börse verlief ln Brot- und Futtergetreide vollständig umsatzlos, da zu den amtlichen Preisen keinerlei Angebote vorliegen. Die Preise für ausländisches Futtergetreide lassen keine Rechnung.
Weizenmehl hat laufendes Geschäft, wobei Brotmehl Type 1600 gefragter ist. Roggenmehi beginnt knapper zu werden, doch reichen die Angebote, da auch die Bäcker gut versorgt sind, zunächst noch aus. Es werden notiert: Weizenmehl Type 630 64.20 DM; Type 1050 58.70 DM; Type 1600 53 DM; Roggenmehl 1370 51.25 DM; Großhandelspreis Je 100 kg brutto für netto ohne Sack.
Die in geringem Umfang anfallenden Mühiennach- produkte gehen laufend in den Konsum bei unveränderten Preisen. Infolge der bevorstehenden Grünfütterung ist das Geschäft in Rauhfutter lustlos. Es werden notiert (die Preise sind Großhandelspreise je 100 kg und verstehen sich waggonfrel sUdd. Verladestation): Roggen-, Welzen-, Gersten-u. Haferstroh (bindfadengepreßt) 3.— bis 3.70 DM; Roggen-, Weizen-, Gersten- und Haferstroh (drahtgepreßte Ware) 4.40 bis 4.90 DM; Wiesenheu, gut, gesund, trocken, lose 9.— bis 9.60 DM; Luzerneheu, gut, gesund, trocken, lose 9.20 bis 9.60 DM.
Die Börse am PHngstdienstag, 15. Mai, fällt aus.
Verbrauchsdrosselung durch Steuern?
Eine unhaltbare Theorie zu einem aktuellen Thema
Kann man den Verbrauch durch Steuererhöhungen drosseln? Es scheint an der Zeit zu sein, zu den wirtschaftspolitischen Diskussionen der letzten Wochen eine Anmerkung beizusteuern, so heißt es in einer Stellungnahme der Handelskammer Hamburg. Steuern können den Verbrauch drosseln, und zwar dann, wenn die von dem privaten Einkommensbezieher auf den Staat übertragene Kaufkraft stillgelegt wird, wenn das Geld also eingezogen und vernichtet wird. Geschieht dies nicht, so passiert weiter nichts, als daß die Kaufkraft nach der Steuererhöhung nicht mehr von dem privaten Einkommensbezieher, sondern nunmehr vom Staat geltend gemacht wird; die öffentliche Hand verausgabt die ihr zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel für Gehälter und Löhne, für Sozialrenten und andere Zwecke in der Regel mit der Wirkung, daß lediglich eine Umlenkung der Kaufkraft und der Konsumnachfrage erfolgt. Selbst wenn der Staat mit den erhöhten Steuererträgen Investitionen finanziert, so werden auf einem mehr oder weniger kurzen Umweg damit Verbrauchsausgaben bestritten, denn jede Investition setzt sich sehr rasch wieder in Löhne um.
Der Gedanke, den Konsum durch Steuererhöhungen zu drosseln, ist aus der Entwicklung unseres westdeutschen Außenhandels geboren worden, aus der Zahlungsbilanzklemme, die ihrerseits höchst komplexe Ursachen hat und der gegenüber das Rezept der bloßen Verbrauchs
einschränkung um so weniger durchschlägt, als der Versuch, zwischen lebensnotwendigen und Überflüssigen Importen zu unterscheiden, regelmäßig in eine Sackgasse führt. w.
Keine Offenlegung der Handelsspannen BONN. Im Zusammenhang mit den Erörterungen über eine Sonderumsatzsteuer für Waren des sogenannten gehobenen Bedarfs hatte Bundesfinanzminister Schaffer bekanntlich vor- geschlagen, daß bei den von der Sonderumsatzsteuer betroffenen Waren Preise und Steuerbetrag gesondert ausgezeichnet werden sollten. Daraus hätte sich der Käufer den Einkaufspreis und somit die Handelsspanne ausrechnen können. Nun hat das Bundeskabinett bei seinen Beratungen beschlossen, diesen Vorschlag des Bundesfinanzministers nicht anzunehmen. Bundeswirtschaftsminister Prof. Erhard erklärte vor der Presse, das Kabinett habe sich gegen eine Offenlegung der Handelsspannen ausgesprochen, jveil eine solche Maßnahme mit unserem Wirtschaftssystem nicht zu vereinbaren sei. Der Käufer sei nicht in der Lage zu beurteilen, ob eine Handelsspanne angemessen sei oder nicht; zu viele Faktoren wirkten darauf ein. Die Verteuerungen der Waren durch die Sonderumsatzsteuer werde zudem die Konkurrenz so fördern, daß Preisauftriebstendenzen kaum zu befürchten seien.
Wirtschaftsspiegel
Rundfunkgeräte werden teurer
DORTMUND. Da die Preise für wichtige Zubehörteile und Rohstoffe in der Rundfunkwirtschaft noch In Bewegung sind, muß nach Mitteilung des Verbandes des Elektro- und Rundfunkgroßhandels e. V. für die Geräte der kommenden Saison mit einer 20—30prozentigen Erhöhung der Bruttopreise gerechnet werden.
Auch durch die in Aussicht genommene Sonderumsatzsteuer können sich Preisverschiebungen ergeben. Die Industrie habe bisher auf Preiserhöhungen verzichtet, obwohl die Preisentwicklung für die Vormaterialien solche erforderlich gemacht hätte.
STUTTGART. — Unruhiger Häutemarkt. Auf der 33. Häutezentralauktion in Stuttgart-Feuerbach, die am Dienstag mit der Versteigerung des bayerischen Gefeites eröffnet wurde, ergaben sich gegenüber den auf der Stuttgarter Aprilauktion erzielten zum Teil schon erheblich reduzierten Notierungen zunächst erneut Abschläge von durchschnittlich etwa 25 Prozent. Der zweite Tag der Versteigerung, mit dem die Auktion beendet wurde, brachte bei Großviehhäuten bis 10 Prozent Preisaufschlag. Die Preise für Kalbfelle blieben unverändert. Man nimmt an, daß der Tiefpunkt der Häutepreise erreicht ist.
BONN. — Sparkassen fordern 20prozentige Altsparaufwertung. Die Arbeitsgemeinschaft der Sparkassen- und Giroverbände hat Vorschläge für eine Altsparerentschädigung ausgearbeitet, in denen eine Aufwertung der Reichsmark-Altsparguthaben bis auf 20 Prozent vorgesehen ist. Die im Rahmen des Lastenausgleichs gedachte Regelung soll auch für die heimatvertriebenen Sparer in Betracht kommen.
BONN. — Befreiung von der Soforthiifeab- gabe. Eine langfristige Verpachtung oder ein Verkauf an Vertriebene hat in Zukunft auch bei gewerblichen Betrieben die Befreiung von der Soforthilfeabgabe zur Folge; bisher galt dies
nur für die Landwirtschaft. Die Regelung betrifft vorerst jedoch nur das britische und das amerikanische Besatzungsgebiet. Für die französische Zone müssen die Länder noch Ausführungsbestimmungen erlassen.
LONDON. — „Stumpfe Waffen". Die Bundesrepublik und Westberlin haben wertmäßig die größten Aufträge von allen westeuropäischen Staaten durch die offiziellen britischen Stellen für Rüstungsaufträge erhalten. Es handelt sich ausschließlich um die sogenannten „stumpfen Waffen“ für das britische Verteidigungsprogramm, wie Textilien, Lederwaren und allgemeines militärisches Ausrüstungsmaterial. Es wurden bisher in der Bundesrepublik Kleider und Textilien für 3,8 Millionen Pfund Sterling und allgemeines Material für 3 Millionen Pfund Sterling bestellt, zusammen also für 6,8 Millionen Pfund oder etwa 85 Millionen DM.
FRANKFURT. — Ab August kein Devisenbonus mehr. Mit Wirkung vom 10. August 4951 werden keinerlei Export - Devisenbonus - Gutscheine mehr ausgestellt, teilt das Bundeswirtschaftsministerium mit. Vom gleichen Zeitpunkt an^dürfen auch keine Devisengutschriften mehr vorgenommen werden. Sämtliche Bonus-Gutscheine und Devisengutschriften verlieren spätestens am 10. November 1951 ihre Gültigkeit, soweit nicht bereits ein früherer Verfalltag angegeben ist.
BONN. — Kassenlage verbessert. Der Bund hat seine Kassenlage im 1. Quartal 1951 um Uber 400- Millionen DM verbessert. Aus einer Übersicht des Bundesfinanzministeriums geht hervor, daß die kurzfristige Verschuldung, die Ende vorigen Jahres 1377 Millionen DM betrug, Ende März 1951 auf 960 Millionen DM zurückgegangen ist. 434 Millionen DM dieser Summe beziehen sich auf Ausgaben des Haushaltsjahres 1950/51, für die die erwarteten Einnahmen noch nicht
„Nicht aus dem Kaffeesatz
jk. „Ich gebe Brief und Siegel, daß die Preise fallen werden“, sagte Bundeswirtschaftsminister Prof. Erhard vor einigen Tagen auf einem Forum in Heidelberg. Er habe bereits Anfang Februar prophezeit, daß die Preise im Frühsommer auf dem Höhepunkt angelangt sein werden. Das habe er „nicht aus dem Kaffeesatz geweiesagt“. Dramatische Preisstürze seien indessen nicht zu erwarten, aber die vollen Lager hätten zu einem Sinken der Preise auf dem Weltmarkt geführt und es sei das innerste Wesen der Marktwirtschaft, daß nun auch die Preise im Inland fielen.
Soweit der Bundeswirtschaftsminister. Ob sein* optimistischen Voraussagen zutreffen werden, steht noch sehr dahin. Bei der Wolle halten sieh z. B. die USA konsequent von den Märkten fern, bei Zinn und Kautschuk üben sie ebenfalls einen recht massiven Druck aus. Daß aber mit Hochdruck gerüstet wird, und die amerikanischen strategischen Lager nicht für alle Zeiten ausreichen, unterliegt keinem Zweifel. Die Rohstoffmärkte der Welt werden also in den nächsten Jahren stark von der Rüstungsproduktion beansprucht werden, ob nun die politischen Spannungen zunehmen oder abklingen. Daß es unter solchen Voraussetzungen zu einer nachhaltigen Beruhigung und Stabilisierung an den Weltrohstoffmärkten kommen könnte, wagen wir zu bezweifeln.
Dagegen werden Preissenkungstendenzen von einem binnenwirtschaftlichen Faktor ausgehen, und zwar von der nunmehr im Bundeskabinett beschlossenen Sonderumsatzsteuer. Und dies« Preissenkungstendenzen werden angesichts ihrer Folgen für den Beschäftigungsstand massiver sein, als uns lieb ist. Angesichts dieser Entwicklung kann der Bundeswirtschaftsminister allerdings behaupten, er prophezeie nicht aus dem Kaffeesatz.
eingegangen waren. Bis auf rund eine halbe Milliarde waren also zum Ausgang des Haushaltsjahres Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen.
BONN. — Wenig Aussicht auf Kapitalzinsänderung. Ein vom Bundesfinanzminister eingesetzter Sachverständigenäusschuß ist nach umfangreichen Untersuchungen zu der Auffassung gelangt, daß eine Kapitalzinserhöhung nur möglich ist, wenn der Zins für die besonders wenig rentablen Wirtschaftszweige, wie Wohnungsbau, Verkehr und Landwirtschaft, durch öffentliche Mittel verbilligt wird. In Regierungskreisen hält man es für unwahrscheinlich, daß der Kapitalzins geändert wird.
HANNOVER. — Hannoversche Messe beendet. Auf der Technischen Messe Hannover wurden in den zehn Tagen ihrer Dauer vom 29. Aprii bis 8. Mai 793 000 Besucher gezählt, davon 50 000 Ausländer. Bei den Exportaufträgen wie auch im Inlandsgeschäft lag die Werkzeugmaschinenindustrie an erster Stelle, gefolgt vom allgemeinen Maschinenbau und von der elektrotechnischen Industrie.
BREMEN. — Kurzarbeit bei Borgward. Dia Bremer Borgward-Werke sind durch Material- ' mangel gezwungen, für etwa 14 Tage auf Kurzarbeit überzugehen. Gegenwärtig läuft die Produktion nur an drei Tagen in der Woche insgesamt 27 Stunden voll.
GENF. — Europäische Kohlenkrise. Der steigende Kohlen- und Koksmangel in Europa wird nach Schätzung des Kohlenkomitees der UN- Wlrtschaftskommission für Europa (OEEC) Ina 3. Quartal dieses Jahres seinen voraussichtlichen Höhepunkt erreichen. Man rechnet zu diesem Zeitpunkt mit einer Fehlmenge von 10 Millionen Tonnen.
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