Sette 2 Nr. 270

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Donnerstag, 18. November 1928

aber vor übertriebenem Optimismus. Die sinanzlene Aus­wirkung des englischen Kohlenarbeilerstreiks für die Reichs­bahn schäge ich für 1926 auf etwa 100 Millionen, aber mit solchen erhöhten Einnahmen, wie 1926, wage ich für die fol­genden Jahre nicht zu rechnen. Dazu kommt, daß die Zins­zahlungen für die Dawes-Schuldverschreibungen und die zurückzustellende Ausgleichsrücklage steigen. Nimmt man hierzu die Dividende der für die Entschädigungslast der Eisenbahn übergebenen Vorzugsaktien und die von der Reichsbahn zu erhebende Verkehrs st euer, so erwarten uns folgende Lasten: für 1926 9 7 5 Millionen und für 1927 eine MilliardeM a r k.

Die Ruhegehälter sind von 114 Millionen Mark vor dem Krieg auf 409 Millionen Mark im Jahre 1926 gestiegen. Unsere sachlichen Ausgaben für Kohle sind um 50 bis 60 Prozent gestiegen, die Kosten für einen Kilo­meter Gleis neubau um 65 Prozent. Im Jahr 1913 entfielen auf 100 Mark Betriebseinnahmen nur 72,12 Mark Betriebsausgaben; heute sind sie auf 83,68 Mark gestiegen. Erhaltung und Erhöhung der Betriebssicherheit verbieten aus diesem Gebiete ein weiteres Sparen.

Die beklagenswerte» Unglücksfülle haben mich ver­anlaßt, durch besondere Ausschüsse den Oberbau, den Sicher­heitsdienst, den Fahrdienst und die Beanspruchung des Per­sonals nachprüfen zu lassen. Als vorläufiges Ergebnis kann ich feststellen, daß von einer Gefährdung der Betriebssicherheit keine Rede sein kann. Unsere Pflicht ist, dasür zu sorgen, daß keine Ueber- bürdung des Personals eintritt. Was den Ober­bau betrifft, so betreibe ich die Durchführung des Umbaus, so daß wir wieder auf den Friedensstand kommen. Die Sicherungseinrichtungen der Reichsbahn werden dauernd entsprechend der fortschreitenden Technik vervollkommnet. Das Personal soll in der Höhe seines Lohns nicht schlechter stehen, als vergleichbare Arbeitnehmer in der privaten Wirt­schaft. Deshalb sollen in den Bezirken, wo höhere vergleich­bare Jndustrielöhne gezahlt werden, auch die Löhne der Reichsbahnarbeiterschast an diese angeglichen werden. Den Beamten der Reichsbahn soll das B e r u s s b e a m t e n - tum gewährleistet sein. Das Personal wird in Zu­kunft vor einem weiteren Abbau gesichert.

Wir beabsichtigen, mit Kraftwagen und Flug­zeit g zusaiiimenzuarbeiten und die Zusammenarbeit der verschiedenen Verkehrsmittel mit uns zu organisieren. Wir wenden uns gegen den Bau von Kanälen, wenn wir diesen Verkehr mit unseren Eisenbahnanlagen ebenso billig und wirtschaftlich bewältigen können, wie z. B. gegen den Hansa-Kanal, den Aachen-Rhein-Kanal. Mit meiner Stellung gegen den Bau dieser Kanäle will ich mich nicht gegen das Arbeitsbeschasfungsprogramm wenden. Im Gegenteil, die Eisenbahn soll eine arbeitschaffende Stelle ersten Rangs bleiben. Wir befruchten die Wirtschaft da­durch, daß wir zurzeit noch jährliche Aufträge in Höhe von rund einer Milliarde verteilen. Wird uns aber der Verkehr entzogen, so müssen wir an persön­lichen und scu '-en Ausgaben sparen. Wenn die Ausgaben und Einnahme.; der Reichsbahn nicht durch die Einwir­kungen von außen gestört werden, werden wir im Jahr 1926 mit geordneten Finanzverhältnissen abschließen. Da der englische Bergarbeiterstreik sich noch mindestens bis in die Hälfte des nächsten Jahres günstig ausw-irken wind, hoffe ich auch für 1927 aus einen annehmbaren Abschluß. Hebt sich künftig die Wirtschaft, so verbessert sich auch unsere Lage. Wir sind mit der deutschen Wirtschaft aus Gedeih und Verderb verbunden.

Neuestes vom Tage

Steuerreform in Spanien

Madrid, 17. Noo. Der spanische Finanzminister legte dem Ministerrat den Plan zu einer Steuerreform vor, die eine Entlastung der durch Arbeit gewonnenen Ge­hälter bei einer stärker» Belastung der Vermögen vorsieht Die Arbeiter sollen bei einem Lohn von 3000 Peseten auf­wärts zur Besteuerung herangezogen werden. General Primo de Rivera richtete an die Ministerien ein Rund­schreiben, das die größte Sparsamkeit in den Voranschlägen verlangt.

Bakum Sitz des Ostbunds?

London, 17. Nov. DerManchester Guardian" Meldet aus Konstantinopel, in der Besprechung des Moskauer Volkskommissars Tschitscherin mit dem türkischen Außenminister Tewsik Rüdschdy-Bey in Odessa sei angeregt worden, die Stadt Batum am Schwarzen Meer (Sowjet­republik Aierbeitschan), zum Siß des zu gründenden Ost-

Feuer am Nordpol.

Kulturroman von Karl-August von Lasser t.

45 ) (Nachdruck verboten.)

Zweites Kapitel.

Schreiben des Berichterstatters desBer­liner Generalanzeigers" aus Bukarest an seine Zeitung in Berlin.

Ihrem 'Aufträge g'emäß begab ich mich gestern nach Schloß Saratu, um Herrn Sanders zu interviewen. Da ich mich telephonisch angemeldet hatte, wurde ich alsbald enlpfangen. Der berühmte Wünschelrutengänger bewohnt ein sehr hübsch eingerichtetes Appartement, bestehend aus Arbeitszimmer, Schlafzimmer und Bad, das ihm die Be­sitzerin des Schlosses, die Fürstin Linda Lahory, einge­räumt hat.

Sanders ist ein frisch anssehender Mann in den Vier­zigern, dessen stark gebräunte Hautfarbe die häufige Be­schäftigung in freier Lust beweist. Unser Gespräch verlief etwa folgendermaßen:

Ich:Würden Sie mir zur Veröffentlichung imBer- ciner Generalanzeiger" einige Angaben zur Verfügung stellen?"

Er:Bitte, fragen Sie."

Ich:Sind Sie mit dem Erfolg Ihrer Tätigkeit hier ui Rumänien zufrieden?"

Er:Ich habe viel gearbeitet, seit ich hier bin, und nanches erreicht. Zunächst war ich für die anglo-rumä- aische Petroleumgesellschaft tätig. Die letzten drei sehr :rgiebigen Ölbohrungen wurden von mir angesetzt."

Ich:Sind die Gerüchte zutreffend, daß Sie bei Ihrem Nordpolflug im vorigen Jahre ein überaus reich- laltiges Platinlager dort oben entdeckten?"

Er:Wir haben keinen Grund, es länger zu verheim­lichen."

Ich:Sind Sie an der Gesellschaft zur Ausbeutung »er Mineralschätze des Nordlandes beteiligt, und glauben Sie an einen pekuniären Erfolg?"

bun-ds zu machen. Dem Oftbund sollen bekanntlich noch Persien, Afghanistan und wennmöglich China und später Japan beitreten. Der Bund ist in erster Linie gegen Eng­land gerichtet, das seinerseits vorerst Italien gegen die Türkei mobil machen zu wollen scheint.

Württemberg

Stuttgart, 17. Nov. Zusammentritt des Land­tags. Wie wir hören, wird der Landtag am Dienstag, 30. November, seine Beratungen wieder ausnehmen. Neben einigen kleineren Gesetzen sollen die zur Zeit den zuständigen Ausschüssen vorliegenden Entwürfe einer Gerichtskosten­ordnung, einer Notariatskoslenordnung und eines Gesetzes Mr Aenderung des Grund-, Gebäude- und Gewerbeskeuer- gesetzes behandelt werden.

Vom Landtag. Im Steuerausschuß stellten die Abgeord­neten Küchle, Bock, Rank, Pollich (Ztr.) folgenden Antrag: Bei Unternehmen, die zur Körperschafts st euer ver­anlagt sind, tritt zu dem nach Artikel 28 berechneten gewerb­lichen Reinertrag ein Zuschlag, wenn die Vergütungen und Entlohnungen an die Vorstandsmitglieder höher sind, als der nach Artikel 29 Absatz 1 berechnete per­sönliche Arbeitsverdienst wäre. Der Zuschlag hat in der Höhe des Mehrbetrags zu erfolgen." Dieser Antrag wurde angenommen. Zu Ärtikel 30 sagte ein Mitglied der demo­kratischen Partei, das Gewerbekataster erhöhe sich durch das neue Gesetz um 35 v. H. Demgegenüber erklärte Finanz­minister Dr. Dehlinger, daß die vom Abgeordneten Roth (Dem.) gestellten Anträge darauf hinauskommen, daß die gesamten Gewerbekataster, die im Interesse der steuerlichen Gerechtigkeit gegenüber den andern Katastern auf eine Höhe von 170 Millionen Mark kommen müsse, auf 128 Millionen herabgedrückt würden. Der Ausfall würde auf dem Rücken der Grund- und Gebäudesteuerpflichtigen ausgetragen werden müssen. Ein Mitglied der Sozialdemo­kratie stimmt den Ausführungen des Finanzministers zu. Ein Mitglied des Bauerbunds weist nach, daß nach den demokratischen Anträgen ein Ausfall von 5,4 Millionen Mark entstünde, den die Landwirtschaft und der Hausbesitz zu tragen hätten. Ein Mitglied des Zentrums weift an Hand statistischen Materials nach, daß tatsächlich eine Ver­schiebung des Katasters zu ungunsten der Landwirtschaft und der Gebäude eingetreten sei. Die Anträge Roth wurden sämtlich abgelehnt.

Rettungsmedaille. Der Staatspräsident hat dem Mecha­niker Hugo Merkle in Stuttgart die Rettungsmedaille verliehen.

Beamtennmnfche. Im Stadtgartensaal fand am Sonn­tag eine Versammlung der staatlichen Kanzleibeamten und -Beamtinnen statt. In einer Entschließung wurde eine Er­höhung der Besoldung, besonders des Wohnungsgeldzu­schusses und eine einmalige Wirtschaftsbeihilfe gefordert.

Krankheiksstatistik. In der 44. Jahreswoche vom 31. Oktober bis 6. November wurden folgende Fälle von ge­meingefährlichen und sonstigen übertragbaren Krankheiten in Württemberg amtlich gemeldet: Bißverletzungen durch tollwutverdächtige Tiere 13 (tödlich), Diphtherie 25 (), Kindbettfieber 3 (2), Lungen- und Kehlkopftuberkulose 15 (25), Scharlach 23 (), Typhus 4 (2), darunter 3 Para­typhus und 1 Verdacht.

Meineid. Der 43jährige Baumeister Paul Brücker in Stuttgart-Gablenberg hatte in der Zeit der Markbefesti­gung wiederholt Geld zu Wucherzinsen ausgeliehen. Als in einem Fall Anzeige erstattet wurde, gab Brücker unter Eid an, er habe eine größere Summe ausgeliehen, als tatsäch­lich der Fall war. Brücker ist mehrfach vorbestraft und hat noch eine längere Gefängnisstrafe abzubüßen. Das Schöffen­gericht verurteilte ihn zu einem Jahr Zuchthaus.

Mit der gelinden Strafe von 10 Monaten Gefängnis kam der 31jährige Buchbinder und Preßvergolder Martin Nestler davon, der unter dem Vorgeben der Auswertung einer Erfindung von ihm von gutgläubigen Leuten zum Teil recht erhebliche Summen herauszulocken verstanden hafte.

Aus dem Lande

Sontheim OA. Heilbronn, 17- Noo. Kirchturmklet­terei. Am Kirchweihsonntag wehte auf dem Blitzableiter des Kirchtums der evang. Kirche eine Fahne in Gestalt eines Sacks. Ein Mutiger holte diesen unwürdigen Schmuck her­unter.

Gmünd, 17. Noo. Günstiger Abschluß des Südd. Musikfestes. Die Gesamtzahl der Besucher des

im Juli d. I. abgehaltenen Süddeutschen Musikfestes be­trug trotz der ungünstigen Witterung 41000- An Ver­gnügungssteuer waren rund 14 000 Mark zu entrichten. Del der Abrechnung ergab sich ein Ueberschuß von 14 000 -4t.

Heidenheim, 17. Noo. Erhängt aufgefunden. In einem Wäldchen östlich der Stadt fanden Waldarbeiter die Leiche eines 58jührigen Arbeiters, von hier, der seit «nigen Tagen vermißt war und sich wohl wegen eines un­heilbaren Leidens erhängt hat.

Neckartenzlingen OA. Nürtingen, 17. Nov. Ertrun­ken. Am Montag fiel das 7jährige Söhnchen des Fabrik­arbeiters Gottlob Henzler in den Neckarkanal und ertrank.

Pfullingen, 17. Nov. Keine Nadeln in den Mund stecken. Durch die Unsitte, Nadeln in den Mund zu stecken, verschluckte kürzlich ein in einer hiesigen Stickerei beschäftigtes Mädchen eine Nähnadel. Durch die Anord­nungen des Arztes, der die Einnahme großer Speisemengen veranlaßte, gelang es, daß die Nadel auf natürliche Weise den Ausweg aus dem Körper des Mädchens fand.

Tübingen» 17. Noo. Schuldaufnahme. Das Ministerium hat neben der bereits genehmigten Schuld von 175 000 -4l die Schuldaufnahme von weiteren 45 000 -4t z»r Weiterführung der Neckaruferverbesserung genehmigt.

Kusterdingen OA. Tübingen, 17. Nov. Skalpiert. Eine Frau geriet beim Dreschen mit einem Zopf in das Getriebe der Maschine, wodurch ihr sämtliche Haare der einen Kopfhälfte ausgerissen und ein Stück der Kopfhaut losgelöst wurde. Die Verwundung ist schwer, doch geht es der bedauerswerten Frau befriedigend.

Lmrterbach OA. Oberndorf, 17. Nov. Schwere, Autounfall. Auf einer Fahrt nach Fohrenbühl, die du Autobesitzer und Elektrotechniker Albert Sigler hier in Be- gleitung von Fahrradhändler Alex. Kaiser machte, versagt« plötzlich die Steuerung, so daß das Auto in den Bach stürzt« und sich überschlug. Sigler wurde leichter verletzt, während Kaiser eine schwere Gehirnerschütterung davontrug.

Beffendorf OA. Oberndorf, 17. Nov. Krähenplage. Neben der Mäuseplage ist gegenwärtig wieder ein anderer Feind des Landwirts an der Arbeit. In Scharen von vielen Hunderten von Exemplaren sieht man die Saatkrähen wieder die Felder befallen, wo sie an der keimenden Saat- srucht großen Schaden anrichte«.

Alm, 17. Nov. Bereinigung der Schweren Artillerie Alm. Die Angehörigen der ehem. Schweren Arkillerie haben sich in einer hier abgehaltenen Versamm­lung zu einer Bereinigung zusammengeschlossen. Die Kame­radschaft zu pflegen, sei die Aufgabe der Bereinigung. Auch sollen in Rot geratene Kameraden unterstützt werden. Die Gründung eines Barbaraheims stehe in Aussicht. GewähK wurden zum 1. Vorsitzenden Kamerad Niederer, Schil­lerstraße 36, zum 2. Vorsitzenden Kamerad Pinken- burg, zum 1. Schriftführer Kamerad Althoff, Karlsir. 31.

Laichingen, 17. Nov. Eine Seltenheit. Ein Hase mit nur einem Lössel wurde dieser Tage von Christian Fezer hier zur Strecke gebracht.

Saulgau, 17. Nov. Kirchenumbau. Die evang. Stadtpfarrkirche, die sich als viel zu klein und ausbesserungs­bedürftig erwiesen hat, soll durch die ev. Kirchengemsinde unter finanzieller Mithilfe der Landeskirchenvertretung in Stuttgart umgebaut und durch Verlängerung des Kirchen­schiffs nach Süden vergrößert werden. Zur Einpassung des Ganzen in das Stadtbild ist die Anbringung einer Ar­kadenreihe an der Südseite des Baus geplant.

Ravensburg, 17. Nov. Aeberfahren. Ein hiesiger Geschäftsmann, der mit einem Personenkraftwagen auf den Markt nach Markdorf fuhr, wollke auf der Bavendorfer Straße während der Fahrt aussteigen, blieb aber hängen und fiel zu Boden. Das Personenauto fuhr ihm über die Brust, so daß er schwer verletzt wurde.

Tettnang, 17. Nov. Mutwilliger Feueralarm. Mißbräuchlich wurde am Montag abend von einem hiesigen Einwohner die Weckerlinie für die Feuerwehr in Alarm ge­setzt. Infolge der Aufregung erlitt eine Person einen Ner­venzusammenbruch, der ihre Aufnahme ins Krankenhaus notwendig machte.

Meckenbeuren OA. Tettnang, 17.. Nov. Infolge Ent­kräftung ist der aus Metzingen gebürtige, auf der Wan­derschaft befindliche Johannes Maier auf der Straße nach Brochenzell zusammengebrochen. Bewußtlos wurde er von der hiesigen Sanitätskolonne in das Bezirkskrankenhaus nach Tettang überführt.

Er:Beides kann ich bejahen."

Ich:Es heißt, daß dieses Jahr der Flug nach Nova Thule, wie Sie das neue Nordland getauft haben, von Nova Semlja stattfinden soll."

Er:Soeben erhielt ich ein Telegramm, welches be­sagt, daß der Abflug von Archangelsk vor sich gehen wird."

Ich:Ist der genaue Zeitpunkt bereits festgesetzt?"

Er:Man wartet nur auf mein Eintreffen, dann kann es jeden Tag losgehen."

Ich:Also werden Sie sofort abreisen?"

Er:Es handelt sich hier leider um eine höhere Ge- > Walt. Gern würde ich sofort die Reise antreten, aber die . alten Malariakeime haben die Wirksamkeit meiner Ruten- I tätigkeit derart herabgesetzt, daß ich einer längeren Er- ^ holung bedarf."

Ich:Also muß man den Beginn des Unternehmens verschieben?"

! Er:Es wird nichts anderes übrigbleiben."

! Ich:Wenn aber der Sommer zu weit vorschreitet, dann werden Sie in diesem Jahre zu keinem Resultat mehr kommen. Bereits Ende August soll die kalte Jahres­zeit dort oben beginnen. Verlangen denn Ihre Freunde nicht, daß Sie unter allen Umständen den Versuch machen sollen?"

Er:Sie verlangen es sogar in der dringendsten Weise. Aber wozu soll ich mitfahren, wenn meine An­wesenheit eher hinderlich als nützlich wäre?"

Ich:Verzeihen Sie mir, einem Fremden und völlig Unbeteiligten, wenn ich es wage, eine Ansicht zu äußern. Ich denke, Sie sollten trotz Ermüdung und Abspannung den Flug nach Nova Thule mitmachen. Die Augen der ganzen Welt sind in dieser Stunde auf Sie und Ihr Unternehmen gerichtet. Wenn Sie jetzt kleinmütig werden und Ihre Abfahrt verschieben, so wird man Ihnen Ihre schwankende Gesundheit nicht glauben, sondern behaupten, daß Ihre berühmte Entdeckung ein Bluff war, während Ihre Stimmung und damit Ihr Wohlbefinden keine För­derung erfahren. Also heißt es handeln. Auch einen miß­

lungenen Versuch wird man bewundern. Ein Aufschub oder gar ein Rücktritt von Ihrer Seite fände nur ge­rechte Verurteilung."

Er:Sie sind hart in Ihrem Urteil."

Ich:Vergeben Sie es mir. Ich bin ein wenig ! Psychologe und habe bereits bei Ihren ersten Worten er- ! kannt, daß Sie unter dem Druck einer schweren seelischen ! Depression stehen. Hier vermag nur eine energische Tai ! zu Helsen. Ich verlange daher als Deutscher und Patriot j von Ihnen, daß Sie sofort Ihren Freunden den Tag Ihrer ! Ankunft in Archangelsk mitteilen. Sie werden sehen, daß ! allein schon dieser Entschluß Ihnen eine gewisse Be- ! freiung bringen wird."

§ Er:Gut! Sie sollen nicht vergebens an mein Vater- ^ landsgefühl appellieren. Ich werde fahren und mein mög- : lichstes versuchen. Mißlingt es, dann wird die Welt mich nicht Wiedersehen."

! Ich:Man wird Sie Wiedersehen. Ich fühle es mit

> Gewißheit."

! Cr:Ich mutz Sie natürlich bitten, unsere Unter- l redung, die in keiner Hinsicht für die Öffentlichkeit be> ! stimmt war, nur in taktvollster Weise zu verwenden."

! Ich:Dafür bürgt Ihnen mein Name und der meiner : Zeitung."

i Dieses ist der Inhalt der bedeutungsvollen Unter-

> rcdnng, die ich glaubte, Ihnen nicht vorenthalten zr> j dürfen, zumal ich sicher bin, daß Sie den Wunsch des I Herrn Sanders in vollstem Maße beachten werden.

l *

Telegramm

an germano-russische Nordlandkompagnie, Archangelfl. Eintreffe in drei Tagen. Abfahrt kann dann sofort stattfinden. Sanders.

(Fortsetzung folgt.)