NUMMER TI
FREITAG, 11 . MAI 1951
USA sind bereit
Weitere Hilfslieferungen an Europa WASHINGTON. Präsident Trum an erklärte am Mittwoch in Washington, die Vereinigten Staaten hätten einen endgültigen konkreten Plan für ihre industrielle Mobilmachung und die Stärkung ihrer Kriegsbereitschaft entwickelt. Dieser Plan sei für den Fall ausgearbeitet worden, daß Moskau rücksichtslos genug sei, einen dritten Weltkrieg zu entfesseln. Truman erklärte, auch ein Friede in Korea werde die „globale Gefahr einer sowjetischen Aggression“ nicht beenden.
Dem USA-Kongreß wird voraussichtlich noch vor Ende Mai ein neues Programm zur militärischen und wirtschaftlichen Hilfe für befreundete Nationen vorgelegt werden, das Ausgaben in Höhe von fast 11 Milliarden Dollar vorsieht. Uber zwei Drittel des Gesamtbetrages sollen für die westeuropäischen Staaten verwendet werden.
Bis an den Rand des Möglidien
Achesop zur Pariser Konferenz WASHINGTON. Die USA seien mit ihren Vorschlägen für die Tagesordnung einer Außenministerkonferenz fast bis an den Rand des Möglichen gegangen, erklärte Außenminister A c h e s o n am Mittwoch auf seiner Pressekonferenz. Die Sowjetunion versuche, die Westmächte zu einer Aufgabe ihres Verteidigungsprogramms zu bewegen. Dieser Preis sei jedoch zu hoch, als daß er für eine Tagung des Außenministerrats gezahlt werden könnte. Die sowjetischen Forderungen, die Westmächte sollten sich noch vor Zusammentritt einer Außenministerkonferenz auf eine Abrüstung verpflichten, nannte Acheson „unerhört“.
In Paris wurde die 47. Sitzung de: Außenministerstellvertreter nach drei Minuten wieder vertagt. Vorher hatte der Sowjetdelegierte Gromyko eine zweistündige Verschiebung des Beginns der Konferenz beantragt. Es. wird angenommen, daß Gromyko neue Instruktionen aus Moskau erwartet. Am Tag zuvor fragte der amerikanische Hauptdelegierte Jesupp Gromyko, ob die Sowjets bereit seien, einer Außenministerkonferenz mit getrennter Tagesordnung zuzustimmen. Gromyko behielt sich vor, hierzu später Stellung zu nehmen.
Bedrohlicher Beistandspakt
Sowjetische Intervention befürchtet WASHINGTON. Wenn die absolute Gewißheit bestünde, daß die Sowjetunion nicht in den Koreakrieg eingreife, würde er die von General MacArthur vorgeschlagene Bombardierung mandschurischer Stützpunkte befürworten, erklärte der amerikanische Verteidigungsminister Marshall vor dem Außenpolitischen und dem Wehrausschuß des Senats. Die Befürchtungen der amerikanischen Regierung in bezug auf eine etwaige sowjetische Intervention in Korea beruhten auf den Bestimmungen des Beistandspaktes zwischen der Sowjetunion und der chinesischen Volksrepublik. Dieser Pakt habe die USA auch dazu bewogen, ln Korea keinerlei Japaner einzusetzen, da der Pakt unmittelbar auf die Japaner und eine japanische Intervention auf dem asiatischen Festland Bezug nehme.
Die Unversöhnlichen
Schießereien in Palästina gehen weiter TEL AVIV. Der syrische Ministerpräsident Khaled e 1 Azem hat am Mittwochabend die Aufforderung des Stabschefs der UN-Beob- achtergruppe, Oberst de Ridder, abgelehnt, die syrischen Streitkräfte aus der entmilitarisierten Zone abzuziehen. Eine gleichlautende Note de Ridders war von dem iraelischen Außenminister Moshe S h a r e 11 bereits am Dienstag zurückgewiesen worden.
An der syrisch-israelischen Grenze kam es unterdessen trotz des Feuereinstellungsbefehls des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom Dienstag, den die Vertreter Israels und Syriens anerkannt hatten, zu weiteren Schießereien. Die Parteien beschuldigen sich gegenseitig der Feuereröffnung.
KoaEitionsprobleme In Nfedersachsen
Alle Parteien rücken von der SRP ab
BONN. Die Verhandlungen über die Neubildung einer Regierung in Niedersachsen werden erst nach den Pflngstfeiertagen beginnen. Vorerst nehmen die einzelnen Parteien miteinander Fühlung.'Der Bundestagsabgeordnete Dr. Hans v. Meerkatz (DP) erklärte, das niedersächsische Wahlergebnis sei der Ausdruck einer „schweren sozialen Notlage“. Die SRP als .Sammelbecken nationalsozialistischer Elemente“ zu bezeichnen, sei „sehr oberflächlich“. Vielmehr handle es sich um die „Spiegelungen des kalten Krieges“. Eine Beteiligung der SRP an einer Regierungsbildung soll nach einer Erklärung ihres Pressedienstes für die CDU außerhalb jeder Diskussion stehen. Die SPD ihrerseits sieht in dem Ergebnis der Landtagswahl den Auftrag der Wählerschaft weiterhin die entscheidende Verantwortung in der Landesregierung zu tragen. Der BHE-Vorsitzende Waldemar K r a f f t ließ durch seine Bonner Fraktion erklären, daß Meldungen über eine Koalitionsbereitschaft des BHE mit der SPD in Niedersachsen jeder Grundlage entbehrten. Der BHE nehme eine völlig abwartende Hal
tung ein. Die Beteiligung an einer Regierungskoalition hänge davon ab welche Stellung der eventuelle Partner zum Schadenfeststellungsgesetz und zum Lastenausgleich einnimmt. Eine Koalition mit der SRP komme jedoch nicht in Frage. Statt eines Verbots der SRP solle man lieber nach den Ursachen der Entwicklung suchen, meinte Krafft, die von „Teheran, Jalta, Potsdam über Nürnberg bis zu den heutigen Besatzungskosten“ führe, und entsprechend handeln.
Die Sozialistische Reichspartei (SRP) „steht bedingungslos auf dem Boden der demokratischen Staatsordnung und lehnt jede Staatsform ab, die nicht vom Willen des Volkes getragen wird“, wird in einer Erklärung des Parteivorstandes veröffentlicht. Als „einziger Partei“ sei es der SRP gelungen, die Zwischengeneration von 20—45 Jahren für die politische Mitarbeit auf parlamentarisch- demokratischer Ebene zu gewinnen. Sie strebe eine „friedliche Gemeinschaft freier europäischer Völker in voller Gleichberechtigung aller Nationen“ an und lehne die bolschewistische Ideologie scharf ab.
Das Schulwesen wird vereinheitlicht
Beschlüsse der Kultminister der Bundesländer
KOBLENZ. Die Kultminister der Bundesländer haben in Koblenz dem Kulturausschuß des Bundestages ihre einstimmig gefaßten Beschlüsse zur Vereinheitlichung des Schulwesens in der Bundesrepublik unterbreitet. Wichtige Vereinbarungen, die bereits getroffen worden sind oder bevorstehen, sind die Anerkennung der Prüfungszeugnisse für das Lehramt an Volksschulen und Höheren Schulen in allen Bundesländern und die Vermittlung von Flüchtlingslehrkräften aus der Sowjetzone. Die Lehrkräfte an Höheren Schulen sollen durch Universitätsstudium mit zwei wissenschaftlichen Fächern und dreijähriger pädagogischer Ausbildung herangebildet werden.
Die Reifezeugnisse sollen in allen Ländern unterschiedslos anerkannt werden. Bei der Anerkennung der Reifezeugnisse mit einer Fremdsprache aus der Sowjetzone wird ein
einheitliches Verfahren , zugrunde gelegt. Es ist beabsichtigt, mit der ersten Fremdsprache im 5. und der zweiten im 7. Schuljahr zu beginnen. In den Volksschulen kann ab dem 5. Schuljahr ein freiwilliger Fremdsprachenunterricht eingeführt werden. Einheitliche Grundsätze für die politische Bildung an den Schulen und Hochschulen werden noch aufgestellt.
Auch der Schulgeldnachlaß und die Erziehungsbeihilfen werden auf Grund der Beschlüsse in allen Ländern einheitlich geregelt. Beim Schulwechsel in ein anderes Land sind zweckmäßige Übergangsmöglichkeiten zu schaffen. Darunter fällt auch eine einheitliche Notengebung in den Zeugnissen der Schüler. Von den Kultministern wurde besonders darauf hingewiesen, daß eine Vereinheitlichung des Schulwesens auf keinen Fall zu einer Uniformierung führen dürfe.
Kleine Weltchronik
TÜBINGEN. Staatspräsident Dr. Gebhard Müller erklärte in einer CDU-Versammlung, für die Volksabstimmung über die staatliche Neuordnung des südwestdeutschen Raumes seien drei Termine, der 8. oder 15. Juni oder der 16. September, möglich. Keinesfalls dürfe die Volksabstimmung in den Erntemonat August fallen.
SCHWENNINGEN. Das Landessekretariat der KPD von Württemberg-Hohenzollern teilt mit, daß es den Landtagsabgeordneten Ernst Laich, Calw, aus der KPD ausgeschlossen hat. Laich wird vorgeworfen, er habe versucht, Zersetzungspropaganda in die Partei hineinzütragen.
MAINZ. Zwischen der CDU und der SPD haben am Mittwoch in Mainz Koalitionsverhandlungen über die künftige Regierungsbildung stattgefunden. Feste Absprachen über eine Koalition sind bis jetzt noch nicht getroffen worden, die Besprechungen sollen aber „im Geiste“ der Verständigungsbereitschaft geführt worden sein.
BONN. Die Verkündung des Gesetzes über die Regelung der Rechtsverhältnisse der vertriebenen Beamten und ehemaligen Berufssoldaten wird nach einer Mitteilung des Bundesinnenministeriums durch einen Einspruch des Städtetages, worin dieser sich gegen die Bestimmung wandte, daß Gemeinden, die nicht 20 Prozent an verdrängten Beamten beschäftigen, eine Ausgleichsabgabe an den Bund entrichten sollen, nicht verzögert.
VERDEN. Der Bundeskanzler hat das Amtsgericht in Verden a. d. Aller ersucht, eine Beleidigungsklage gegen den SRP-Redner R e - m e r einzuleiten. Remer soll Adenauer und andere Bundesminister in öffentlichen Ansprachen beschuldigt haben, sie hätten sich schon Quar-i
tiere in London besorgt für den Fall, daß sie Westdeutschland plötzlich verlassen müßten,
PARIS. Seit 1945 sind 28 000 Soldaten im Kampf gegen die Vietminh in Indochlna gefallen, gab der französische Minister für die Assoziierten Staaten, Letoumeau, bekannt. Unter den Toten befinden sich 9925 Franzosen, 4893 Fremdenlegionäre, 4762 Nordafrikaner, 1325 Negersoldaten und 8002 Indochinesen.
ROM. Die über eine MilUon italienischen Regierungsbeamten und -angestellten haben am Mittwoch ihren 24stündigen Lohnstreik beendet, ohne daß eine Entscheidung erzielt worden ist. Die drei großen Gewerkschaftsverbände Italiens haben der Regierung nach den erfolglosen Lohnverhandlungen mit neuen Arbeitsunterbrechungen gedroht. Das italienische Kabinett entschied am Mittwoch, daß Staatsangestellte nicht berechtigt seien, in Lohnstreik zu treten.
STOCKHOLM. Die Zahl der auf Island stationierten amerikanischen Soldaten soll in Kürze auf 5000 Mann gebracht werden, geht aus schwedischen Pressemeldungen hervor.
TOKIO. Der Verkauf der deutschen Vermögenswerte in Japan, hat einen Gesamterlös von 100 Millionen Yen (1,2 Millionen DM) erbracht, der auf die 11 Mitgliedstaaten der Interalliierten Reparationsagentur verteilt werden soll.
WASHINGTON. Präsident Truman beförderte am Mittwoch den Nachfolger General MacAr- thurs in Fernost, Ridgway, zum Armeegeneral (vier Sterne). — Nach Angaben des Verteidigungsministeriums betragen die Verluste der amerikanischen Streitkräfte In Korea seit Ausbruch des Konflikts 64 055 Mann, darunter 11001 iefallene und 9562 Vermißte.
KOSTEN
eines Soldaten
Vergleiche D-Mark
1450 DM
2050 DM
2054 DM
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Aus unserem Schaubild geht hervor, daß ein Soldat der Besatzungsmächte fast fünfmal so teuer ist wie ein Soldat der deutschen Wehrmacht 193t oder ein Polizist der neuen Bundesbereitschaftspolizei, wobei zu beachten ist, daß die Ausgaben für Sold, Verpflegung und Ausrüstung in keinem Falle einbezogen sind. Der Kostenvergleich zeigt, daß sich bei den Besatzungslasten, die sich insgesamt auf immerhin 8 — 9 Milliarden DM belaufen, sicher noch manches einsparen läßt
Erfolge Queuilles
Wird de Gaulle kandidieren?
PARIS. Mit 410:187 Stimmen sprach die französische Nationalversammlung der Regierung Queuille in der Nacht zum Donnerstag das Vertrauen aus und lehnte alle Abänderungsanträge zu der Regierungsvorlage für die Neuwahlen ab. Damit wird die alte Nationalversammlung am 4. Juli aufgelöst und die neue tritt am 5. Juli zusammen. Das französische Kabinett billigte den Gesetzentwurf über die Ratifizierung des Montanunionvertrages. Der Entwurf geht nun an die Nationalversammlung, die aber erst nach den für den 17. Juni angesetzten allgemeinen Parlamentswahlen darüber abstimmen wird.
Zur möglichen Kandidatur General de G a u 11 e s bei den kommenden französischen Parlamentswahlen wird jetzt bekannt, daß der General sich nicht in Straßburg, sondern In Paris oder in Lille der Wählerschaft stellen werde. In der ersten Kandidatenliste der Volksunion, der Partei de Gaulles, stehen in sieben Wahlkreisen Generäle an der Spitze.
68 Millionen Zigaretten
Großschmuggel aufgedeckt MÜNCHEN. Eine der größten internationalen Schmuggelaffären der Na ehkiic.g e i.ol t konnte durch deutsche Zollfahndungsstellen in Zusammenarbeit mit holländischen und österreichischen Behörden aufgedeckt werden. Rund 68 Millionen Zigaretten und 62 t Rohkaffee wurden von den Schmugglern seit Herbst 1950 bis zu diesem Frühjahr über di« holländische Grenze nach Deutschland eingeschmuggelt. Die Schmuggeltransporte wurden von Wiener Fuhrunternehmern im Auftrag einer Wiener Speditionsfirma im Transitver- verkehr von Holland nach Österreich geführt. In Deutschland — besonders in München, wo allein vier Schmugglergruppen festgestellt werden konnten — wurde die Schmuggelware unter Verletzung des Zollverschlüsse# ausgeladen. Die ursprünglich getrennt, später vereint arbeitenden Schmugglerringe au# Wien wurden von Brüssel aus beliefert und setzten ihre Ware in München an mehreren Abnehmergruppen ab.
Ein weiterer Schwarzhandelsring, der min- detens 45 000 Liter amerikanisches Benzin im Raume von München verschoben hat, konnte jetzt ebenfalls gesprengt werden.
Der verschlossene MUND
8 ]
Roman von Doris Eicke
Alle Rechte V erlagthnui Reutlingen
„Die Arbeitsnorm ist hoch“, sagte er in seiner neuen, einsilbigen Art, „und nicht jeder ist ihr gewachsen. Im letzten Jahr habe ich mich als Einflieger gemeldet, um wenigstens nachts meinen ungestörten Schlaf zu haben.“
„Junge, was für eine Kateridee“, entsetzte sich Syamken entrüstet. „Wie kannst Du, ein verheirateter Mann und Vater eines Kindes, das Risiko übernehmen, Dich in diese fabrikneuen Kisten zu setzen und Dir für die Russen den Hals zu brechen.“
Merck lächelte starr. „Du kannst das von hier aus nicht beurteilen.“
„Nein", räumte Syamken trocken ein, „aber Ich sehe das Resultat.“
„Findest Du mich stark verändert, Will? Sag es mir ganz ehrlich“, bat Merck leise.
„Verändert — “, Syamken dehnte das Wort »o lange, daß Merck sofort das Suchen nach einer Ausflucht merkte. „Du bist mager wie ein Windhund, aber das kann sich schnell ändern, wenn — es keine krankhaften Ursachen hat.“
Mercks Blick irrte zur Seite und auf die Alster hinaus.
„Niemand würde denken, daß wir gleich alt sind, Will.“
„Ach Du meinst wegen Deiner interessanten weißen Schläfen?“ Syamken lachte unfrei. „Frauen haben oft eine Schwäche dafür.“
Merck fuhr sich mit der Hand über sein mageres, zerfurchtes Gesicht.
„Ich komme mir neben Dir wie ein alter Mann vor.“
„Unsinn. Andrea wird Dich schon auffüttern.“
Der Name, der Syamken unbedacht entfahren war, blieb wie etwas Lebendiges in der Luft hängen. Merck warf einen schnellen Blick auf Wills Gesicht, und plötzlich fühlte er hellseherisch, daß das Trennende, das zwischen ihnen lag, mit Andry zusammenhing, und daß dies der wahre, bisher verborgene Grund ihrer seltsamen Fremdheit war.
„Hast Du sie einmal gesehen?“ fragte er und versuchte, die Erregung zu meistern, die ihn plötzlich befallen hatte.
Ja “
Kürzlich?“
„Ja.“
Auf einmal schienen die Rollen vertauscht zu sein, jetzt war es Syamken, dem die Worte einsilbig vom Munde tropften. Mercks Nerven begannen zu vibrieren, er war auf einmal Wie ein guter Spürhund auf frischer Fährte und konnte nun nicht mehr locker lassen. „Weißt Du, wo sie ist?“
„Ja.“
„Und?“
„Niels, ich kann Dir das nicht so einfach sagen, ohne daß Du die Vorgeschichte kennst —.“
„Mach keine Ausflüchte! Steht es so schlimm?“ fragte Merck erregt und beugte sich in seinem Sessel vor. Die nächste Frage fiel präzise und klar wie ein Schuß.
„Wo ist Andry?“
„Hier.“
„Hier?“ fragte Merck heiser und wurde unvermittelt blaß. „In Hamburg?“
„Am Dammtor im Hotel Esplanade.“
„Wie — wie kommt sie dorthin?“
„Ich habe sie placiert, der Direktor ist ein guter Bekannter von mir.“
Syamken hielt dem Blick der tief eingesunkenen, brennenden Augen eine Sekunde stand, dann erhob er sich, um die Aschenschale zu leeren und drehte scheinbar ab
sichtslos dem Freunde einen Augenblick den Rücken zu.
„Und — geht es ihr gut?“ fragte Merck hartnäckig weiter.
„Ich hoffe es.“
„Weifksie — etwas?“
„Von Deiner Ankunft? Nichts, wenn Du ihr nicht auf dem Umweg über Bremen geschrieben hast?“
„Ich habe ihr nicht geschrieben“, sagte Merck dumpf.
„Vielleicht war das ein Fehler, Niels. Andrea hat vierwöchige Kündigung und gestern wäre Termin gewesen. Jetzt wird man sie vor 1. April nicht fortlassen.“
„Bei deinen guten Beziehungen, wird man eine Ausnahme machen.“
„Schwerlich.“
„Ich verstehe. Es ist ja auch nicht weiter wichtig, daß ich zurückgekommen bin.“
„Für Andrea wird es wichtig sein. Du darfst sie nicht erschrecken.“
„Erschrecken?“ fragte Merck beinahe drohend.
„Auch ein freudiger Schreck kann Schaden anrichten“, begütigte Syamken.
„Du bist sehr besorgt um 3ie,“
„Das ist meine Pflicht.“
„Du meinst, weil sie meine Frau ist?“ „Auch das“, sagte Syamken ausweichend. Merck, der bisher im Gegensatz zu dem Kettenraucher Syamken nicht geraucht hatte, griff nach einer Zigarette. Als er ein Streichholz anriß und sich Feuer gab, zitterte seine Hand. Er zog den Rauch tief in die Lungen und stieß ihn wieder aus.
„Ich werde Andry noch heute aufsuchen", sagte er in plötzlichem Entschluß.
Syamken beherrschte sich mühsam.
„Hast Du Dir das gut überlegt, Niels?“ fragte er scheinbar ruhig. „Bedenke, Andrea glaubt Dich noch hinter dem Ural, es hat Differenzen zwischen Euch gegeben, sie hat Dir seit Monaten nicht geschrieben —.“
„Du bist merkwürdig gut orientiert“, unter
brach ihn Merck, und die Anstrengung, di« es ihn kostete, seine Betroffenheit über dies« schonungslose Darstellung nicht sichtbar werden zu lassen, gab seinem Ton etwas Höhnisches.
„Ich bin ihr einziger Vertrauter“, bestätigt« Syamken, und so sehr er sich in der Hand hatte, gelang es ihm doch nicht, jede Spur von Triumph aus seiner Stimme auszuschalten. „Gerade weil ich ihre Einstellung kenn«, möchte ich Dir raten, nichts zu übereilen. Du könntest leicht alles verderben.“
Merck drückte die kaum angerauchte Zigarette mit einer Heftigkeit wieder aus, als hielt« er einen Feind an der Gurgel.
„Ich soll meiner eigenen Frau wohl einen Vermittler schicken?“ fragte er ironisch.
Syamken betrachtete von der Seite sein« eingesunkene Schläfe und das überschmal gewordene Gesicht, und plötzlich fühlte er ein gutes aufquellendes Mitleid mit ihm.
„Niels, ich meine es doch nur gut mit Dir“, sagte er mit einer Herzlichkeit, die er bisher nicht zustande gebracht hatte. „Wenn Du einen aufrichtigen Rat von mir annehmen willst: geh morgen zu einem tüchtigen Internisten und laß Dich untersuchen. Dieses Resultat warte ab, bevor Du zu Andrea gehst.“
„Was hat das mit ihr zu tim?“
„Du wirst sie und den Jungen nicht gefährden wollen“, sagte Syamken vorsichtig.
Merck starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. An diese Möglichkeit hatte er noch nie gedacht.
„Der Prozeß scheint geschlossen zu sein“, sagte er unsicher und gab damit indirekt zu, daß Syamkens Vermutung richtig war.
„Die Lungentherapie ist heute sehr weit fortgeschritten. Mach Dir keine Sorgen, sd« werden Dich schon wieder zusammenflicken. Im Grunde bist Du ein zäher Bursche.“ „Weißt Du einen guten Spezialisten?“
„An der Ecke Harvestehuder Weg wohnt einer, der hier den besten Ruf hat“
(Fortsetzung folgt)