SAMSTAG, 5. MAI 1951

SAMSTAG, 5. MAI 1951

Deutsche hinter den Pyrenäen

Wie lebt es sieb in Spanien und Portugal?

Von unserem iberischen Korrespondenten Werner Schulz

LISSABON, im Mai

In wenigen europäischen Ländern hat das Deutschtum vor dem Kriege eine so angese­hene und einflußreiche Stellung eingenommen wie in Spanien und Portugal. Zusammenbruch und Nachkriegsjahre haben jedoch zwangsläu­fig zu starken Erschütterungen und einer we­sentlichen Einbuße an wirtschaftlichem und geistigem Einfluß geführt, und wenn auch heute die Zeit der Minderwertigkeitskomplexe für das Auslandsdeutschtum überwunden ist, so wird es doch vielfach noch recht lange dauern, bis das verlorene Terrain zurückge­wonnen ist. Und nicht überall wird es völlig zurückgewonnen werden können.

Bei Kriegsbeginn zählten die deutschen Ko­lonien in Spanien und Portugal zusammen rund 10 000 Menschen, die in den größeren Städten der beiden Länder über eigene Schu­len, darunter drei vollberechtigte Oberschu­len, Kindergärten, Krankenhäuser, Hilfsorga­nisationen und kulturelle Einrichtungen aller Art verfügten, die zum größten Teil auf eine lange Existenz zurückschauen konnten. Mit Kriegsende verschwanden diese Einrichtun­gen bis auf geringe Ausnahmen sang- und klanglos von einem Tag auf den andern und lediglich die deutschen Kirchen blieben beste­hen und wurden zum einzigen Sammelpunkt der deutschen Gemeinde.

Dieses Bild hat sich heute allerdings bereits wieder wesentlich geändert, vor allem in Spa­nien, wo durch den gemeinsamen und aktiven Einsatz aller Deutschen in Madrid wieder eine höhere deutsche Schule, ein Hilfsverein, Kran­kenhaus und eine deutsche Handelskammer ihre Arbeit entfalten konnten. Dadurch, daß eine ganze Reihe deutscher Intellektueller, Wis­senschaftler und Künstler nach dem Kriege in spanischen Staatsbetrieben oder privaten Un­ternehmen Brot und Arbeit fanden, hat die Kolonie sich eine geistige Schicht retten kön­nen, die für ihr kulturelles Eigenleben not­wendig ist.

In Portugal lagen Und liegen die Verhält­nisse weniger günstig. Es gibt auch heute noch immer keine deutsche Schule, kein deutsches Krankenhaus, keine Handelskammer und kei­nerlei Vereinigung. Der Zusammenhang unter den Deutschen selbst ist im allgemeinen weit geringer als in Madrid. Natürlich iiegt das in erster Linie an der zahlenmäßigen Schwäche der Kolonie, dann aber auch wohl zum Teil daran, daß ein starker Prozentsatz der deut­schen Intelligenz in den letzten Jahren wie­der nach Deutschland zurückgewandert ist, weil die Lebensmöglichkeiten in Portugal nicht ausreichend waren.

Während also durch; Abwanderung, .Über­alterung und vielfach auch durch Aufgabe der Nationalität die deutsche Kolonie in Portugal .fühlbar zusammengeschmolzen ist, hat sie in

Spanien ihren Stand gehalten und vielleicht sogar etwas erhöhen können, da nach Kriegs­ende eine gewisse begrenzte Einwanderung wieder eingesetzt hat und deutsche Fachleute und Techniker in der sich entwickelnden spa­nischen Industrie ein Tätigkeitsfeld fanden. Man kann also heute mit annähernd acht- bis neuntausend Deutschen in Spanien rechnen, die vor allem in den großen Zentren wie Ma­drid, Barcelona, Valencia und Bilbao konzen­triert sind. Aber auch in Malaga, San Seba­stian, Sevilla und vor allem auf den Kanari­schen Inseln und Mallorka, wo Anton Zischka sein Heim aufgeschlagen hat, leben beachtliche deutsche Gruppen. Im kontinentalen Portugal gibt es außer in Lissabon und Porto nur noch in der Universitätsstadt Coimbra eine deut­sche Gruppe, die zwar klein, dafür geistig aber außerordentlich aktiv ist.

Die wirtschaftliche Lage dieser Deutschen im iberischen Raum ist ungleich. Während eine Reihe von ihnen ihren Lebensstandard trotz Niederlage und Abschneidung von der Heimat aufrechterhalten und in einigen we­nigen Fällen selbst erhöhen konnte, hat die große Masse des iberischen Deutschtums durch den Zusammenbruch starke Rückschläge erlit­ten und lebt und arbeitet heute mehr oder weniger unter den gleichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie die landesei­gene Bevölkerung. Und diese Lebensbedingun­gen sind heute im iberischen Raum recht harte, da Spanien noch immer nicht die Aus­wirkungen des Bürgerkrieges ganz überwun­

den hat und unter den Folgeerscheinungen seiner jahrelangen Blockierung leidet, die eine Gesundung nach dem Kriege praktisch un­möglich machen.

V/enn auch in Portugal die wirtschaftlichen Möglichkeiten nach dem Kriege größere wa­ren, so ist auch dort die zahlenmäßig kleine Mittelschicht, zu der im allgemeinen der Deut­sche gehört, durch die starke Teuerung in kei­ner allzu rosigen Lage. Lediglich in den portu­giesischen Kolonien ist die Gesamtlage der deutschen Gemeinschaft, die sich fast aus­schließlich aus Pflanzern zusammensetzt, in­folge der enormen Preisanstiege für Kolonial­erzeugnisse eine einheitlich günstigere. Auf der Halbinsel dagegen müssen zahlreiche Deutsche sich als Angestellte, Geschäftsrei­sende, Übersetzer, Handelskorrespondenten und in Behelfsberufen mühsam durchschlagen. Merkwürdig ist es dabei, daß Frauen und Mädchen meistens bessere Aussichten haben und höhere Gehälter erhalten als Männer. Es gibt darum auch viele Familien, in denenSie" der Hauptverdiener ist, selbst wenn der Ehe­mann beruflich über weit ausgedehntere Kenntnisse verfügt.

Wenn dieses Büd im großen und ganzen auch kein allzu erfreuliches ist, so kann man doch andererseits damit rechnen, daß auf lange Sicht gesehen Besserungen zu erwarten sind, denn eine wirtschaftliche Hilfsaktion zu­gunsten Spaniens wird sich im Interesse der Gesundung und Sicherung ganz Europas auf die Dauer nicht hinausschieben lassen. Es ist aber selbstverständlich, daß jede wirtschaft­liche Ankurbelung in Spanien sich materiell auch automatisch auf das Deutschtum hinter den Pyrenäen auswirken und ihm die Mög­lichkeiten zu neuen Entwicklungen und neuem Aufstieg geben wird.

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Oie Ministerausschußsitzung des Europarats in Straßburg, an der die Bundesrepublik erstmals als vollberechtigtes Mitglied teilnahm. Von links nach rechts: Bundeskanzler und Außenminister Dr. Adenauer, Prof. H all st e in, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Seydoux, Direktor der Europaabteilung im franz. Außenministerium und der franz. Außenminister Sc human

Britische Festspiele eröffnet

LONDON. Am Donnerstag eröffnete König Georg VI. von England die britischen Fest­spiele 1951 mit einer feierlichen Ansprache von den Stufen der St.-Pauls-Kathedrale aus. Alle diplomatischen Vertreter des Auslandes und sämtliche Mitglieder der Regierung nah­men an der Eröffnungsfeier teil. Die Straßen vom Buckinghampalast zur Kathedrale, durch die der Prunkzug des Königs seinen Weg nahm, waren mit Goldsand bestreut. Als das Glockenläuten einsetzte, stoben Tausende von Londoner Straßentauben wie eine weiße Wolke in die Frühlingsluft. Ganz London hatte zur Eröffnung der Festspiele, die für fünf Mo­nate England das Gepräge geben werden, sein festlichstes Gewand angelegt. Die öffentlichen Gebäude waren gewaschen und trugen frische Farben. Zum ersten Mal nach den Stromein­sparungen des Winters war die ganze Stadt festlich beleuchtet. Die britischen Festspiele sollen mit zahlreichen Veranstaltungen in al­len Städten und Ortschaften der britischen In­seln der Welt ein Bild vonbritischem Mut und Zuversicht in schwerer Zeit geben. Die Kosten belaufen sich auf fast 140 Millionen DM. Die Regierung rechnet aber damit, daß der zu erwartende Fremdenverkehr und der moralische Auftrieb, der von einem solchen Nationalfest ausgeht, die Anstrengungen reich­lich aufwiegen wird.

Südamerika überflügelt USA

WASHINGTON. Volkszählungen, die im vergangenen Jahr in fast allen lateinameri­kanischen Staaten stattfanden, haben ergeben, daß Lateinamerika mit schätzungsweise 152,8 Millionen Menschen die Bevölkerungszahl der Vereinigten Staaten überflügelt hat. Die USA hatten bei der Volkszählung im vergangenen Jahr 150 697 361 Einwohner. Bei den vorher­gehenden Volkszählungen in den lateinameri- kamischen Ländern ergab sich die Gesamtzahl von etwa 121,5 Millionen und bei der vorletz­ten Volkszählung in den USA eine Bevölke­rungsziffer von etwa 131,6 Millionen. Den größten Bevölkerungszuwachs unter den la­teinamerikanischen Ländern hatte Brasilien. Die Bevölkerung Brasiliens nahm zwischen 1940 und 1950 um etwa 11 Millionen zu.

Prozeß umAbraxas

MÜNCHEN. Werner Egk, der Komponist des Faust-BallettsAbraxas, hat den baye­rischen Staat auf 20 000 DM Schadenersatz verklagt. Er macht geltend, daß er durch wi­derrechtliche Absetzung seines Werks vom Spielplan der bayerischen Staatsoper direkt und indirekt einen höhen finanziellen Scha­den erlitten habe. Auf das Verbot in Ba­yern hin seien Gastspielangebote aus Salz­burg, Berlin und Venedig abgelehnt worden. Das bayerische Kultusministerium behauptet dagegen, es sei keineswegs vereinbart gewe­sen, daß die Staatsoper da9 Ballett mehr als fünfmal aufführe. Der Prozeß wurde auf den 7. Juni vertagt.

Jedem

DAS

SEINE!

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fin witziger Schriftsteller hat einmal gesagt, daß sich über den Geschmack nicht streiten ließe, denn es gäbe nur einen guten und einen schlechten. Aber dieser Satz bezieht sich wohl nur auf die Kunst.

Bei der Auswahl von Genußmitteln geht es jedenfalls nie um guten oder schlechten Geschmack, sondern einfach tun den persönlichen, der ja auch beim selben Menschen nicht einmal immer derselbe sein muß. Selbst ein ausgesprochener 'Weintrinker kann mal mächtigen Appetit auf ein Glas Bier bekommen usw. usw. Und bei der Cigarette ist es oft so, daß man mit milderen und kräftigeren Sorten gerne ab» wechselt.

Aus diesem Grunde haben wir uns entschlossen, die »OLD JOE* Cigaretten« fortan in zwei verschiedenen Geschmacksrichtungen her» auszugeben. »OLD JOE MILD« ist eine hocharomatische, aber verhältnismäßig leichte Mischung, wie sie der Vielraucher bevorzugt. »OLD JOE MEDIUM« dagegen ist der Typ einer sehr würzigen Cigarette, die dem rauchhungrigen Wenigraucher schon mit ein paar Cigaretten die erwünschte Sättigung verschafft.

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