STADT UND LAND
HEIMATAUSGABE FÜR
SAMSTAG, 5. MAI 1951
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
7. JAHRGANG / NR. 68
„Flüchtlingsproblem ein Weltproblem“
Gleichberechtigung der Bundesrepublik vom Ministerausschuß des Europarates anerkannt
STRASSBURG. Der Ministeranssehuß des europäischen Rates beendigte gestern in Straßburg seine dreitägige Sitzung, auf der die Bundesrepublik als vollberechtigtes Mitglied anerkannt wurde. Der diesjährige Vorsitzende des Ausschusses, der bolländiche Außenminister Dirk S t i k k e r, erklärte am Freitag vor der Weltpresse, die europäischen Nationen seien entschlossen, der Bundesrepublik jede Unterstützung bei der Bewältigung des Flüchtlingsproblems zukommen zu lassen. „Das deutsche Flüchtlingsproblem ist nicht nur eine deutsche Angelegenheit, sondern es geht uns alle an. Es ist nicht nur ein gemeinsames europäisches Problem, sondern ein Weltproblem." Stikker fügte hinzu, daß die einzelnen europäischen Münster nach den Ausführungen von Bundeskanzler Dr. Adenauer ihre anfänglichen Bedenken gegen die deutschen Wünsche fallen ließen. Adenauer habe so überzeugend die große Not der Flüchtlinge in Deutschland dargelegt, daß bei seinen Kollegen nur noch große Sympathie übriggeblieben sei. Ein deutscher Sprecher erläuterte ergänzend zu den Ausführungen Stikkers das Flüchtlingsproblem in Zahlen. Danach £ibt es 9,4 Millionen Flüchtlinge in der Bundesrepublik.
Bundeskanzler Adenauer erklärte gestern in einer Rundfunkansprache aus Straßburg, die von allen Sendern der Bundesrepublik übertragen wurde, der Beitritt Deutschlands zum Ministerrat habe zur Folge, daß „von nun an keine europäische Entscheidung ohne Deutschland mehr getroffen werden kann“. Der Kanzler wies ferner ganz allgemein auf die Erfolge der Bundesrepublik seit seiner Regierung „Das deutsche Volk soll und kann froh über das Erreichte, über die Größe und
hin:
sein
Qualität der deutschen Produktion, über sein Wiedererscheinen im Kreise der europäischen Völker. Die Entwicklung hat gezeigt, daß der Weg der Bundesregierung richtig ist.“
Der Straßburger Ministerausschuß hat auf seiner Tagung rasche Fortschritte erzielt. Die deutschen Vertreter betrachten es als besonders erfreulich, daß sich der Ausschuß bei der Änderung der Statuten des Europarates mit einer Einschränkung seiner Kompetenzen einverstanden erklärte. Vor allem fiel das Vetorecht gegenüber der beratenden Versammlung. Auch der nunmehr beschlossene Wahlmodus für die Vertreter in der beratenden Versammlung, nach dem nicht mehr die Regierungen, sondern die Länderparlamente die Delegierten bestimmen sollen, entspricht der deutschen Auffassung. Über die Verabschiedung des Zusatzprotokolls zur Konvention der Menschenrechte konnte der Ministerausschuß allerdings zunächst noch kein Einvernehmen erzielen, weil die britische und französische Regierung den Passus über die völkerrechtliche Garantierung des Eigentums als „zu weitgehend in der Formulierung“ anse- hen. Nun soll eine Bots.chafterkonferenz über diese Probleme beraten und die Ergebnisse dem Ministerausschuß vorlegen.
Bundeskanzler Adenauer richtete am Donnerstag einen dringenden Appell an die europäischen Nationen, der Bundesrepublik bei der Bewältigung ihres drückenden Flüchtlingsproblems mit allen Mitteln zu helfen. „Das Flüchtlingsproblem kann nicht nur durch Auswanderung gelöst werden, sondern es muß eine tatkräftige europäische Hilfe für die Eingliederung der Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsprozeß erfolgen“, sagte der Kanzler. Der Ministerausschuß beschloß, den Vorschlag
seines beratenden Ausschusses anzunehmen und einen Sachverständigenausschuß mit der Prüfung aller Möglichkeiten für eine gesamteuropäische Lösung des Flüchtlingsproblems zu beauftragen.
Der Ministerausschuß hat sich grundsätzlich mit einer Vereinfachung des deutschen Paßwesens und der Abschaffung des Visumzwanges innerhalb Europas einverstanden erklärt. Auch hier soll ein Sachverständigenausschuß mit der Ausarbeitung der entsprechenden Pläne beauftragt werden. Weiter wurde den 14 Mitgliedstaaten des Europarates empfohlen, Europaratministerien zu bilden. Die Minister wollen in ihrem- Abschlußbericht nicht zur Verteidigungsfrage Stellung nehmen, dafür soll dann in der beratenden Versammlung auf das Problem der europäischen Sicherheit eingegangen werden.
Bundeskanzler Dr. Adenauer kehrte gestern abend nach Bonn zurück.
Israelisch-syrisdie Kämpfe
ArtilleriedueU am See Genezareth
TEL AVIV. An der syrisch-israelischen Grenze nördlich vom See Genezareth kam es gestern morgen erneut zu einem schweren ArtilleriedueU, während reguläre syrische Truppen und arabische Freischärler zweimal vergeblich versuchten, eine in der entmilitarisierten Zone liegende Höhe im Angriff zu nehmen. Die Kämpfe sind noch im Gange. Bereits seit Mittwoch hatten am See Genezareth ununterbrochen Schießereien stattgefunden.
Wie inzwischen bekannt wird, sollen Militärvertreter beider Staaten gestern erneut zusammengekommen sein, um in Anwesenheit von Vertretern der Vereinten Nationen über die neuesten Zwischenfälle in dem umstrittenen Grenzgebiet zu verhandeln. Aus London verlautete, daß die Vereinten Nationen wahrscheinlich in Kürze eine neue Palästinakommission einsetzen werden, die die arabischen Staaten zur Anerkennung Israels und zur Beendigung der Wirtschaftsblockade bewegen und andererseits Israel dazu bringen soll, die bei Kriegsende aus ihren Wohnorten geflohenen Araber zu entschädigen.
Die Kaufkraftreserven sind erschöpft
Von Joseph Klingelhöier
Drei Vorschläge zur Wahl
„Letztes Angebot“ der Westmächte auf der Pariser Vorkonferenz
PARIS. Die Delegierten der drei Westmächte haben der Sowjetunion ein letztes Angebot zur Aufstellung einer Tagesordnung für die geplante Außenministerkonferenz unterbreitet. Der amerikanische Delegierte J e s s u p legte drei Alternativvorschläge vor.
Der erste enthält zwei neue Zugeständnisse: Die Frage der Entmilitarisierung Deutschlands erscheint vor der Frage des Rüstungsstandes als Ursache der internationalen Spannungen; außerdem wurde der Wortlaut des sowjetischen Vorschlags zur Behandlung der Triestfrage übernommen. Für den Fall, daß sich die Sowjetunion weigert, diesen neuen Vorschlag gutzuheißen, schlagen die Westmächte eine weitere Tagesordnung vor, die es den Außenministern überlassen würde, darüber zu entscheiden, ob die Erörterung des Rüstungsstandes als wichtige Ursache der internationalen Spannungen der Debatte über die Herabsetzung des Rüstungsstandes vorangehen soll, ob sich die zur Debatte gestellte Herabsetzung des Rüstungsstandes nur auf die vier Großmächte beziehen soll und ob die Entmilitarisierung Deutschlands vor dem Rüstungsstand und der Herabsetzung der Rüstungen zu erörtern wäre. Als letzte Möglichkeit legten die Westmächte eine sogenannte Rahmentagesordnung vor, die auschließlich die Titel der fünf Hauptthemen enthält und es vermeidet, den genauen Wortlaut einer ins einzelne gehenden Tagesordnung zu formulieren.
Jessup fügte hinzu, der sowjetische Vorschlag, die Frage des Atlantikpakts und der amerikanischen Überseestützpunkte in die Tagesordnung aufzunehmen, sei unannehmbar. Wenn über die neuen Vorschläge der Westmächte ein Übereinkommen erzielt werde, könnten auch nebensächliche Fragen wie der Zeitpunkt der geplanten Außenministerkonferenz geregelt werden.
Gromyko bezeichnete die neuen Vorschläge als „unbefriedigend“, lehnte sie jedoch nicht ab, sondern behielt sich eine endgültige Stellungnahme vor. Man nimmt an, daß der Sowjetdelegierte erst noch nähere Weisungen in Moskau einholen wird.
Wilson in London
Koordinierung der Rüstung
LONDON. Der Leiter des Amtes für Verteidigungsmobilisierung in den USA, Charles E. Wilson, führt in London Besprechungen mit den britischen Kabinettsministern, die für das dreijährige Aufrüstungsprogramm Englands verantwortlich sind. Wilson kam von Paris, wo er mit dem Oberbefehlshaber der Atlantikstreitkräfte, General Eisenhowe r, und mit den französischen Ministern für Verteidigung und Finanzen, Jules M o c h und Maurice Pet- sehe, konferierte. Hauptpunkte der Londoner Besprechung sind: Die Fortschritte des diesjährigen britischen Rüstungsprogramms, die Zuteilung von verknappten Rohstoffen an Großbritannien und schließlich die Koordinierung der Rüstungspläne der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und anderer Paktstaaten.
Politische Beobachter in Paris erklärten, die neuen Vorschläge der Westmächte seien als ein „letztes Angebot" des Westens zur Überwindung des toten Punktes der Konferenz anzusehen
Schweiz emärsdie — Mahnfeuer
Für die deutschen Kriegsgefangenen FRANKFURT. In allen Teilen des Bundesgebietes wurde am Freitag der deutschen Kriegsgefangenen gedacht, die noch nicht heimgekehrt sind. In Württemberg-Hohenzol- lern herrschte um die Mittagszeit zwei Minuten Verkehrsstille. In München, Hamburg, auf dem Kieler Rathausplatz und in Württemberg- Baden wurden am Abend Treuekundgebungen abgehalten, an vielen Stellen der Zonengrenze Mahnfeuer abgebrannt. In Schweigemärschen führten Demonstranten Transparente mit, die in verschiedenen Orten die Namen der noch nicht heimgekehrten Kriegsgefangenen trugen. Auch das Saargebiet hatte sich mit Kundgebungen und Mahnfeuern an dem Kriegsge- fangenen-Gedenktag beteiligt.
Als vor Wochen und Monaten die Wogen der Diskussion um Konsumbeschränkung und Kaufkraftlenkung hoch gingen, als die Wirtschafts-, Spar- und Steuerpläne sich überstürzten und die breite Öffentlichkeit, die dem Gedanken einer Verbrauchsbegrenzung mit begreiflichem Unwillen gegenübersteht, heftig beunruhigten, hat die Wirtschaft und ihre Sachverständigen als natürliche Reaktion und scheinbar mit Recht einen weiteren Sturm auf die Verbrauchsgütermärkte befürchtet. Wir haben den Lauf der Dinge mit Sorge und gesteigerter Aufmerksamkeit beobachtet. Waren wir doch auch der Auffassung, die Bevölkerung werde die Gespräche um eine Sonderumsatzsteuer als letztes Signal nehmen, nun Güter des sogenannten gehobenen Bedarfs (der „gehobene Bedarf“ beginnt ja schon beim besseren Kammgarnanzug, beim Qualitätsschuh, beim Nylon- oder Perlonstrumpf) erst recht hemmungslos zu kaufen. Was zweifellos die verfügbare Warenmenge unzulässig vermindert und damit zu weiteren Preiserhöhungen und zu Inflationsdruck geführt hätte.
Nun, diese bitterste Erfahrung ist uns erspart geblieben. Der Käufer hat sich so mustergültig verhalten, daß es das Herz jedes Austerity-Apostels begeistern müßte. Er hat auf der ganzen Linie Zurückhaltung geübt. Selbst die Drohung einer in greifbare Nähe gerückten Sonderumsatzsteuer hat nicht vermocht, ihn aus seiner Reserve herauszulok- ken. Von vorsorglichen Käufen kann — so urteilt der betroffene Einzelhandel einmütig — nicht im entferntesten die Rede sein. Ganz im Gegenteil: es herrscht eine allgemeine und ganz imerwartete Geschäftsstille auf dem Verbrauchsgütermarkt — insbesondere auf dem Textil-, Schuh- und Lederwarensektor. Der Umsatz ist rapide zurückgegangen, die Zahlungen gehen noch schlechter ein als vordem, der Druck auf die Preise wächst — für den
Mac Art hur vor dem Senat der USA
Der General zweifelt an der Fähigkeit der Sowjetunion zu einem Angriffskrieg
WASHINGTON. Der ehemalige UN-Ober- befehlshaber in Korea, General MacArth u r, behauptete am Donnerstag vor dem amerikanischen Senat, die sowjetischen Streitkräfte in Sibirien seien nur zur Verteidigung bestimmt. Man könne bezweifeln, daß die Sowjetunion fähig sei, im fernen Osten einen Angriffskrieg durchzuführen. MacArthur machte diese Angaben zu Beginn der Sitzungen des Außenpolitischen und des Militärausschusses des Senats, vor denen die führenden Militärs der USA über die Asienpolitik und die fernöstliche Strategie der Vereinigten Staaten aussagen sollen.
Der General erklärte weiterhin, daß der Krieg in Korea erfolgreich zum Abschluß gebracht werden könne, wenn die UN-Truppen durch „einige wenige zusätzliche Landtruppen“ verstärkt und die See- wie die Luftmacht voll eingesetzt würden. Die Stabschefs der USA hätten am 12. Januar empfohlen, eine Seeblockade über die Volksrepublik China zu verhängen, Luftoperationen in der Mandschurei durchzuführen und Nationalchina zu unterstützen. Seine Berichte an die UN seien vom Außenministerium und vom Verteidigungsministerium der USA zensiert worden.
Die von Präsident Truman für seine Entlassung vorgebrachten Gründe seien völlig „gegenstandslos“.
MacArthur setzte sich erneut nachdrücklich für die Verwendung nationalchinesischer Truppen ein. Ein groß angelegtes Landungsunternehmen der Nationalchinesen halte er nicht für zweckmäßig, jedoch kleinere Störvorstöße auf das Festland. Wenn man ihm gestattet hätte, Luftstreitkräfte nach eigenem Gutdün
ken einzusetzen, als die Chinesen im vergangenen Herbst in Korea einmarschierten, dann wäre es möglich gewesen, sie zurückzuschlagen. Der General gab zu, daß erhebliche Unterschiede bestanden hätten zwischen der Auffassung der amerikanischen Stabschefs, die an Lufterkundung dachten, und seiner Empfehlung, die Mandschurei zu bombardieren. Wenn das kommunistische China nicht durch einen vollen Einsatz der Luftstreitkräfte niedergezwungen werde, könne sich der Koreakrieg zu einem dritten Weltkrieg ausweiten.
Über die Unterredung MacArthurs mit Präsident Truman auf der Pazifikinsel Wake im Oktober 1950 veröffentlichten der außenpolitische und der Militärausschuß Berichte, aus denen hervorgeht, daß der General mit einem Eingreifen der chinesischen Kommunisten nicht rechnete und zusagte, bis Januar eine Division zur Entsendung nach Europa bereitzustellen. Außerdem scheint er tatsächlich überzeugt gewesen zu sein, daß die 8. amerikanische Armee bis Weihnachten aus Korea abgezogen sein könne.
Wahireform erneut abgeSehnt
PARIS. Der Rat der Republik lehnte nunmehr auch den neuen Gesetzentwurf der* französischen Nationalversammlung über die Wahlreform mit 210:101 Stimmen ab. Die Wahlreformvorlage geht jetzt zur zweiten Lesung an die Nationalversammlung zurück. Findet sie dort eine absolute Mehrheit, so wird sie damit trotz der Anschauung des Rats der Republik Gesetz. Die Abstimmung findet am kommenden Montag statt.
Verbraucher eine erfreuliche Tatsache — und einzelne Firmen beginnen bereits — wie die Handelskammer zu berichten weiß — ihre Waren zu Schleuderpreisen anzubieten.
Woher diese plötzliche Wandlung des Verbrauchers, die sozusagen über Nacht den seit Korea üppig florierenden Verkäufermarkt zu eine Käufermarkt gemacht hat? Wird hier etwa schon Selbstbescheidung geübt, tragen die unablässigen Mahnungen der Bundesregierung, doch nur ja den Verbrauch einzuschränken, solch’ erstaunliche Früchte? Wir möchten das bezweifeln. Ein Volk, das aus langen Notjahren so warenhungrig ist, stellt auch dann die Befriedigung des eigenen Lebensbedarfs allen übergeordneten Gesichtspunkten voraus, wenn es an sich zu äußerster Disziplin befähigt ist Und das ist nicht zu tadeln. Die Erkenntnis von der politischen Notwendigkeit einer Verbrauchsbeschränkung kann die Umkehr also nicht bewirkt haben. Hat der Verbraucher aber vielleicht an die vorübergehend sinkenden Weltmarktpreise — ein Entwicklung übrigens, die, kaum begonnen, schon wieder in ihr Gegenteil umzuschlagen beginnt — seine Hoffnungen auf sinkende Binnenmarktpreise geknüpft und hält nun mit Käufen bewußt zurück?
Das ist unwahrscheinlich. Einmal ist es den breiten Bevölkerungsschichten fremd, sich vor der Befriedigung ihrer dringenden Bedürfnisse an Börsenkurszetteln zu orientieren. Die Enge ihrer Lebensführung läßt keinen Raum zu solchem überlegendem Abstand. Und zum anderen dürfen wir sie für klug und mißtrauisch genug halten, lieber nicht nach den vagen Aussichten einer vielleicht einmal möglichen Preissenkung zu handeln, sondern eher nach der fatalen Wahrscheinlichkeit steigender Verbraucherpreise, die sich aus den geplanten Steuerzuschlägen für zahlreiche Warengruppen ergeben werden.
Zweifellos ist also die Kaufzurückhaltung nicht Ausdruck eines bewußten kollektiven Willens. Sie ist nicht geplant und berechnet, sondern sie ist erzwungen. Und zwar haben die gestiegenen Preise sie erzwungen. Es reichen im großen Durchschnitt die Einkäufe nicht mehr zu Anschaffungen, sondern nur noch zum Leben von der Hand in den Mund. Und was an Spargroschen sich seit der Geldreform wieder angesammelt hatte, ist, seitdem die Angst vor Verknappung, Rationierung und Preissteigerung das Gesetz des Handelns bestimmte, zum großen Teil ausgegeben worden. Nun sind die Kaufkraftreserven aufgezehrt und — eine bittere Wahrheit für den Handel — ist das Geschäft einstweilen gemacht.
So volkswirtschaftlich heilsam das im Augenblick auch sein mag, so untragbar ist dieser Zustand in sozialer Beziehung. Eine echte Absatzkrise, die nun in den Bereich des Möglichen rückt, würde außerdem die Verbrauchsgüterproduktion einengen und böse Folgen für den Beschäftigungsstand haben. Wie nun erst, wenn Verbrauchsgüter auch noch mit Sonderumsatzsteuem belastet werden? Welche Schichten sollen die Käufer für solche Waren stellen, was soll eine solche Steuer — bei allem Verständnis für die unablässig wachsenden Lasten des Staates — überhaupt einbrin- gen? Wir vermögen hier keinen Weg aus der verworrenen Lage zu sehen. Helfen kann letztlich nur eine Steigerung des Sozialprodukts, die bei den Grundstoffindustrien einzusetzen hat. Und vor allem eine vernünftige Relation zwischen den Aufwendungen für die Lebenshaltung und jenen für die Sicherheit. Auch dann bleiben, bei unserer Rohstoffabhängigkeit, noch genügend Probleme zu lösen. Hat doch der Zwang zur Rüstung den mühsam erreichten Anfang von Ordnung in der Welt wieder weithin gestört und unseren jungen Staat in unabsehbare Schwierigkeiten gestürzt.