SAMSTAG, 21. APRIL 1951
NUMMER 61
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ORGAN Etf<rsS£H UMANBtANS.
Entscheidung im Südwesten abzusehen
Regierungen
ernennen
Pariamente.
wählen
-BINDEGLIED ZUR WIRT * SCHAFTSPOUTIK DER LÄNDER
BERATEND.
AUSSCHUSS
Produzenten
Arbeitnehmer
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ENTSCHEIDET üb. AUSLEGUNG des VERTRAGES
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Neugliederungsgesetz in 2. Lesung angenommen / Dritte Lesung nächste Woche
L)rei Sitje für die Saar
Einbeziehung in französische Delegation PARIS. Drei von den insgesamt 18 französischen Sitzen in der Montanunions-Versammlung werden nach einer Mitteilung der Zeitung „Le Monde“ von der französischen Regierung mit Saarländern besetzt werden. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß die saarländische Kohle und der saarländische Stahl derzeit wirtschaftlich von Frankreich verwaltet werden.
Der saarländische Ministerpräsident Johannes Hoffmann teilte dagegen am Donnerstagabend in Saarbrücken Vertretern der saarländischen Presse mit, daß die Zahl der saarländischen Abgeordneten in der Beratenden Versammlung der Montanunion noch nicht festgesetzt sei. Laut Hoffmann wird über diese Frage noch verhandelt.
BONN, Zu Beginn der 136. Sitzung des Deutschen Bundestags begründete Bundesarbeitsminister Anton Storch am Donnerstag den Entwurf zu einem „Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“, der in erster Lesung beraten wurde. Storch erläuterte dazu, daß der Entwurf nach einjährigen Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern und den Ministerien zustande gekommen sei. Der Entwurf beschränke sich auf die Errichtung einer Bundesanstalt, vermeide aber eine gleichzeitige Änderung des materiellen Rechts. Dessen Neugestaltung sei dann eine der ersten und dringendsten Aufgaben der Organe der neuen Bundesanstalt. Der Entwurf wurde an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.
Nach fast dreistündiger Debatte über das „Gesetz zur Neugliederung Südwestdeutschlands“ fiel im Bundestag in zweiter Lesung die zustimmende Vorentscheidung. Wir haben darüber in einem Teil unserer Ausgabe schon berichtet. Mit den Stimmen der SPD, der FDP, eines Teiles der CDU/CSU wurde gegen die Stimmen des größeren Teiles der CDU/ CSU, der DP, der BP, der WAV, der KPD und des Zentrums der Vorschlag für die in- nergebietliche Neuordnung angenommen. Es bleibt damit vorderhand bei der Regelung, wie wir sie in unserer Mittwochausgabe dargestellt haben. An der Diskussion beteiligte sich auch der Staatspräsident von Württemberg- Hohenzollern, Gebhard Müller, indem er sich in einer geistreichen Rede für den Ge
setzentwurf einsetzte. Die dritte Lesung wird nächste Woche vorgenommen werden.
Anschließend wandte sich das Plenum der zweiten Lesung des Haushaltsplanes für das Vertriebenenministerium zu. Als Berichterstatterin sagte Frau Dr. Marie Probst (CDU), daß noch in diesem Sommer etwa 50 000 Rückkehrer aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie in der Bundesrepublik erwartet werden. Der Etat, der mit einem Zuschuß von .und 3,9 Millionen DM abschließt, wurde vom Plenum bei Stimmenthaltung der SPD und des DHE gegen die Stimmen der KPD von den Koalitionsparteien angenommen. Bundesvertriebenenminister Dr. Hans Lukaschek hatte in seinem Schlußwort festgestellt, daß sein Ministerium nur ein Koordinierungsministerium sei. Die materiellen Hilfen für die Vertriebenen seien in den Etats der Fachministerien enthalten.
In der gestrigen Vormittagssitzung beschäftigte sich das Plenum in zweiter Lesung mit dem Haushalt des Bundesfinanzministeriums. Fritz E r 1 e r (SPD) teilte als Berichterstatter mit, daß die Gesamtausgaben des Ministeriums 350 Millionen Mark betragen. Von den persönlichen Verwaltungsausgaben in Höhe von 161 Millionen beanspruche die Zollverwaltung mit 150 Millionen DM den Löwenanteil. Von seiten der SPD wurden an der Haushaltsführung Kritik geübt Man habe den Eindrude, das Ministerium sei nicht sparsam genug, die Personalpolitik werde unter dem Gesichtspunkt betrieben, daß „keine unbequemen Leute“ eingestellt werden.
Kleine Weltchronik
MÜNCHEN. Das Schwurgericht München hat den ehemaligen Wachmann im Kz Ravensbrück Josef Mändl wegen Körperverletzung mit Todesfolge in zwei Fällen und zahlreichen weiteren Vergehen der Körperverletzung zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Mändl gab in der Verhandlung zu, fast täglich Häftlinge mit Ochsenziemern geschlagen und mit Kinnhaken „umgelegt“ zu haben.
dent Salazar die Wiederherstellung der Monarchie in Portugal anstrebt.
ROM. Der ehemalige italienische Ministerpräsident und bisherige Präsident des Senats, Ivanoe Bonomi, ist am Freitag im Alter von 77 Jahren gestorben. Nach dem Sturz Mussolinis bildete er im Juni 1944 die erste italienische Nadhkriegs- regierung. 1921 bis 1923 war er schon einmal Ministerpräsident.
Sowjetmanöver an der Grenze
Verstärkte Lufttätigkeit
BERLIN. Die in der Ostzone stationierten sowjetischen Truppen haben entlang der Zonengrenze ihre diesjährigen Manöver begonnen. An den Truppenübungen nehmen ungefähr acht Divisionen und eine große Anzahl moderner Düsenjäger vom Typ MIG 15 teil. Einheiten der ostzonalen „Volkspolizei“ sind als Verkehrspolizei, Wach- und Nachschubeinheiten an den roten Manövern beteiligt. Alliierte Beamte, von denen diese Informationen stammen, teilen ferner mit, daß sich der Rest der 33 ln der Ostzone stationierten Sowjetdivisionen nordöstlich von Berlin und an der polnischen Grenze befänden. Sie würden erst später in die Übungen eingreifen. Offiziere der rund 50 000 Mann starken ostzonalen „Polizeibereitschaften“ sind als „Beobachter“ zu den Manövern hinzugezogen worden.
Bundeshauptstadt wächst
BONN. Die Bundeshauptstadt hat zurzeit 118691 Einwohner. Im ersten Vierteljahr 1951 wurde ein Zuwachs von annähernd 1400 Personen verzeichnet. Vor dem Kriege betrug die Einwohnerzahl der Universitätsstadt 100 372. Zur Zeit des Parlamentarischen Rates im Jahre 1948 waren es 105 148 Personen. Bei der fortschreitenden Bautätigkeit wird die Bundeshauptstadt voraussichtlich in diesem Sommer die 120 000-Einwohnergrenze überschreiten.
ESSEN. Der Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte wird nach Angaben deutscher Schifffahrtssachverständiger rund fünf Milliarden DM kosten.
KARLSRUHE. Das Bundesverfassungsgericht, das nach einem Beschluß des Bundestages seinen Sitz in Karlsruhe haben wird, wird »voraussichtlich in zwei bis drei Monaten seine Arbeit in Karlsruhe aufnehmen können. Das für die Unterbringung des Gerichts vorgesehene ehemalige Prinz-Max-Palais, das der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe gehört, wird gegenwärtig wieder aufgebaut. Für den Aufbau hat Württemberg-Baden 250 000 DM zur Verfügung gestellt.
KARLSRUHE. In Nordbaden sind bisher keine Bestrebungen zur Gründung einer Zentrumspartei bekanntgeworden, wie der Generalsekretär der nordbadischen CDU, Dullenkopf, mitteilte. Die CDU Nordbadens sei sich einig, zusammenzubleiben und werde Spaltungsversuche bekämpfen.
WIESBADEN. Der Verein deutscher Zeitungsverleger will bei der alliierten Hohen Kommission wegen des amerikanischen Auftrags zur Lieferung von 510 t Zeitungsdruckpapier für die amerikanische Soldatenzeitschrift „Stars and Stripes“ vorstellig werden, da diese Auflage sich besonders katastrophal für die nordwestdeutschen Zeitungen auswirken müsse, die schon seit längerer Zeit wegen des Ausfalls der Papierimporte und ungenügender Papierkapazität große Schwierigkeiten hätten.
LONDON. Die britische Admiralität gab am Donnerstagabend bekannt, es bestehe nun keine Hoffnung mehr, die an Bord des im Kanal gesunkenen britischen U-Bootes „Affray“ befindlichen 75 Personen noch lebend zu retten. - Die Suche nach dem Boot würde jedoch fortgesetzt. Man will unter allen Umständen die Ursache der Katastrophe feststellen. König Georg VI. hat den Angehörigen der Besatzung bereits das Beileid der Königlichen Familie ausgesprochen LISSABON. Am Todestag des portugiesischen Staatspräsidenten Carmona traf der Thronprätendent Portugals, Duarte Braganza, in Lissabon ein. Portugal ist seit 1910 Republik. Das Eintreffen Braganzas hat deshalb besonderes Aufsehen erregt, weil vermutet wird, daß Mlnlsterpräsi-
WIEN. Das Sekretariat des kommunistisch beeinflußten Weltgewerkschaftsbundes hat als neuen Sitz die Stadt Wien gewählt.
BELGRAD. Jugoslawien protestierte am Freitag „auf das energischste“ bei der bulgarischen Regierung gegen „systematische Grenzprovokationen“. Seit 19. Dezember sei es zu 20 Zwischenfällen gekommen.
BELGRAD. Marschall Tito mußte eich am Donnerstag in Belgrad einer Gallensteinoperation unterziehen.
BAGDAD. Die Regierung des Irak hat, um in ihren ölgebieten Streiks ähnlich denen in Persien zu verhindern, scharfe Maßnahmen gegen oppositionelle Elemente eingeleltet, die die Ol- politik und prowestliche Haltung des Landes bekämpfen.
HONGKONG. Als erstes deutsches Schiff nach dem Krieg ist der Frachter „Marie Rickwers“ im Hafen von Hongkong eingetroffen.
NEU DELHI. Der Ministerpräsident von Indien, Pandit Nehru, trat u. a. für Geburtenkontrolle ein, um Indiens rapid an wachsenden Bevölkerungsüberschuß einzudämmen.
NEW YORK. Die 3000 t große frühere Jacht Hitlers, die „Grille“, ist von einer amerikanischen Firma für 100 000 Dollar zum Verschrotten aufgekauft worden.
„Weltfestspiele ohne uns“
KÖLN. Der Bund der deutschen Katholischen Jugend distanzierte sich dieser Tage ausdrücklich von den Weltjugendfestspielen der kommunistischen Jugendverbände, die tn diesem Sommer in Berlin stattfinden sollen. Ein Vertreter des Bundes betonte, daß der Bund mit diesen Spielen nichts zu tun habe. Nur durch ein Täuschungsmanöver sei es der FDJ gelungen, zwei katholische Jugend- führerinnen in Münster zur Unterschrift zu einem Werbeaufruf zu den Festspielen zu gewinnen.
Mißufistänün isse
ch. Wir sind offensichtlich einmal wieder einer Täuschung erlegen. In unseren Auffassungen über das Land hinter dem Eisernen Vorhang nämlich, das uns von der sowjetischen und ostzonalen Propaganda seit langem als Land des Fortschritts gepriesen wird. Man ist in Pankow nicht verlegen, in dieser Richtung auch die schwierigsten Situationen zu meistern und westdeutsche Mißverständnisse zu klären. So heißt es in einer neuen Propagandaschrift, der Begriff des Kampfes gegen jede Form der Remilitarisierung, wie er von der Ostzone geführt werde, habe durch den Ausbau der Volkspolizei, die durch Panzer-, Luft- und Seeeinsatz auf normale Friedensstärke gebracht wurde, vielfach in der westdeutschen Bevölkerung zu Mißverständnissen geführt. Denn wie ist es eigentlich mit der Volkspolizei? „Der immer stärker zum Ausdruck kommende Wille vieler Westdeutscher, ln die Zone der Freiheit zu fliehen, hat zu Erscheinungen geführt, die eine hermetische Abriegelung der Zonengrenze dringend erforderlich machen. Allein diesem Ziel dient der Ausbau der Volkspolizei, die damit die Aufgabe übernommen hat, den friedlichen Aufbau der Sowjetzone vor Flüchtlingsströmen und Saboteuren aus dem Westen zu schützen.“ Nun wissen wir es also genau und können beruhigt sein, um so mehr—als der Weltfriede von eben dieser Seite, wie General Kurasseow im Moskauer Sender sagte, „mit Hilfe einer militärisch starken Sowjetzone, verbunden mit der militärischen Kraft des Christentums, gesichert ist“. Oder wie es der Moskauer Patriarch Alexej ausdrückt: „Die von hochmütigen Wahnwitzigen vorbereitete schreckliche Katastrophe wird mit Hilfe der allmächtigen Gnade Gottes und der Kampfbereitschaft der siegreichen Roten Armee abgewendet werden.“ Wenn solche meisterhafte propagandistische Wendigkeit keinen Eindruck machen sollte, kann man darauf gespannt sein, mit welchen überraschenden neuen Argumenten die Mißverständnisse in Westdeutschland über die Ziele der Politik hinter dem Eisernen Vorhang weiter aufgehellt werden.
33* 3 Prozent Gehaltserhöhung
Forderungen des Deutschen Beamtenbundes BONN. Eine „Anpassungszulage“ von 33V» Prozent für alle planmäßigen Beamten, Rühegehaltsempfänger und Hinterbliebenen, mindestens rückwirkend vom 1. April 1951 an wurde in Bonn vom Vorstand des Deutschen Beamtenbundes ln einer Entschließung gefordert. Die bisher gepzahlten 15prozentigen Vorschüsse wurden als „völlig unzureichend“ bezeichnet.
Ferner wurde eine angemessene Erhöhung der Kinderzuschläge, der Einkommenfreigrenze, sowie die gesetzliche Beseitigung der unterschiedlichen Besoldungsregelung in den einzelnen Ländern verlangt Die auf Grund des Währungsumstellungsgesetzes erlassenen Sparverordnungen seien als rechtsungültig aufzuheben.
!VJit Streik zu rechnen
Metallindustrlelle zur Urabstimmung
STUTTGART. Vertreter des Verbandes württemberg-badischer Metallindustrieller erklärten nach dem Ergebnis der Urabstimmung ln den Betrieben der Metallindustrie müsse, mit einem Streik gerechnet werden, da die Forderungen der Gewerkschaft — Erhöhung der Stundenlöhne um 20 Pfennig — nicht erfüllt werden könnten, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe zu gefährden. Die Unternehmer hätten mit ihrem Angebot den Ecklohn für Facharbeiter um 12 Pfennig auf 1.44 DM in der Stunde zu erhöhen, das Äußerste getan.
Nach Angaben der Landesbezirksleitung der Industriegewerkschaft Metall haben in Württemberg-Baden sich 88,5 Prozent der Metallarbeiter, - die an der Urabstimmung teilnah- men, für den Streik ausgesprochen.
Big loddy. f 35
Der Kauf Herr aus ClHIÄI^lA
AUe Hechte Prometheue-Verlag Gröbeneelt bei München
„Und da ist der Schlüssel!“ rief der Cap- tain, indem er ein Register aufschlug, das die Zahlen 1—11 enthielt. „Wir finden hier alle bisher ausgestellten Reispapierschriften wieder: Mr. Al vis hat sie bei Tschai-Fu oder sonst einem schreibkundigen Chink anfertigen lassen, und um sie nicht zu verwechseln, numeriert. Die Tabelle ist in seinem Notizbuch.“
Gleichzeitig verglich der Captain die Bedeutung der letzten drei Zettel, die nicht mehr ausgeteilt worden waren.
„Aha“, sagte er, „Nummer 9 scheint das baldige Verschwinden von Mr. Alvis selbst anzukündigen: er heißt: Der Kaufherr wird bald den Weg ohne Wiederkehr gehen, und Nummer 10 sollte uns auf den Abgang von Miß van Moog vorbereiten, er heißt: Die Puppe wird ohne Spur dahingehen. Dann ist noch Nummer 11 da, der Abschiedsbrief an die staunende und völlig verwirrte Polizei: Der Grüne Drache hat die Rache vollendet — der Kaufherr und die, die ihn liebten, sind nicht mehr. Suchet nicht!“
„Das verrät viel“, rief Big Toddy, „der Verbrecher hatte also vor, selbst als Opfer eines gar nicht vorhandenen Geheimbundes gleichzeitig mit dem Mädchen zusammen zu verschwinden. Das Geld hatte er sich ja schon vorher beschafft.“
„Aber meine lieben, verehrten Freunde“, fiel Tommy fast weinend ein, „Sie unterhalten sich hier über kriminalistische Theorien, und meine Braut ist in den Händen der Untiere.“
„Wieso sind wir jetzt Ihre lieben Freunde,
Tommy. Gestern abend klang es ganz anders. Kam da nicht etwas von einem Prozeß gegen übereifrige Detektive vor?“
„Vergessen Sie doch den Unsinn, Captain, und helfen Sie mir, helfen Sie.“
„Merken Sie denn nicht, Menschenkind, daß wir die ganze Zeit nichts anderes tun, und daß uns nur ein gewisser Tommy Harper dabei aufhält! Wo sind wir stehen geblieben, Tom?“
„Es handelt sich doch darum, für den Augenblick möglichst genau den Geisteszustand des Verbrechers zu erraten, um auf seine weiteren Schritte schließen zu können. London Ist groß, und es hat keinen Zweck, auf die polizeiliche Fahndungsaktion zu warten. Wir müssen gleich wissen, wo wir nach John Alvis und Tschal-Fu zu suchen haben.“
„Allerdings sollten wir das, aber ich sehe keine Möglichkeit, das Ziel der Schurken zu erraten.“
„Laß mich nachdenken, James.“ Tom legte die Hände vors Gesicht und war in diesem Augenblick ganz Big Toddy, der phantasiereiche Schriftsteller, der eine kühne Fabel konstruierte.
Eine Welle saßen die Männer stumm im Kreise. Auf Tommy Harpers Stirn zeigten sich kleine Schweißperlen, er atmete schwer und wagte sich nicht zu rühren. Der Sergeant starrte voll Bewunderung auf Tom. Captain Grifflns, der einige Male erlebte, wie Big Toddy tatsächlich in einer Art Eingebung das Richtige getroffen hatte, war ganz still geworden. Offenbar wußte auch er nicht mehr weiter.
Die Zeit dehnte sich. Die Turmuhr von Put- ney schlug viermal.
Da hob Big Toddy mit tiefem Aufatmen sein Etui, entnahm ihm eine Zigarette und zündete sie an.
„Jetzt weiß ich“, sagte er, „wo wir Miß Lissy van M*og zu suchen haben.
11. Kapitel Der Dolch
„O, ich danke Ihnen, Sir!“ Tommy sprang auf und wollte Big Toddy umarmen. Doch der wehrte ab.
„Sie danköi zu früh“, sprach er, „ich habe sozusagen akademisch gesprochen. Ich weiß nicht, wo sich Ihre Braut befindet, ich kann es mir nur denken — ich glaube den Weg zu wissen, den die Verbrecher das Opfer führen, Hören Sie zu!“
Nun rückte auch der Captain näher heran. Big Toddy begann seine Gedanken zu entwickeln. „Wir alle haben den Fall des Kaufherrn von China bisher miterlebt. Er zeichnet sich durch zwei psychologische Besonderheiten aus: einmal ist es die Kühnheit, mit der der phantastische Plan entworfen wurde, und dann die Konsequenz, mit der er durchgeführt wird. John Alvis hat sich ein großes Ziel gesteckt, und er wird es mit einem an Wahnsinn grenzenden Starrsinn zu erreichen suchen. Vergessen Sie nicht, daß er unter dem Einfluß der Droge steht. Dieses Ziel heißt Rache an denen, die ihn betrogen haben: den Harpers. zugleich will Alvis das Verlorene zurück gewinnen: das Geld hat er sich schon durch den geschickt vorgetäuschten Einbruch geholt. Das Mädchen sollte verschwinden. Daß er sie mit Gewalt holen mußte, daß alles überstürzt ging, war unsere Schuld, weil wir auf Tschai-Fus Fährte waren und so alles in Frage stellten. Wäre das Spiel völlig gelungen, so würde Miß Lissy van Moog vermutlich vor oder nach Alvis irgendwie verschwunden sein unter Hinterlassung einer geheimnisvollen Chinesenspur. Psychologisch war der Rückzug John Alvis’ von Anfang an durch das Märchen von dem Geheimbund gesichert.
Er selbst hat alles eingefädelt, die Polizei herbeigeholt und damit die Spürhunde auf eine falsche Fährte gesetzt. Was auch geschah, es traf den armen bedauernswerten Krüppel ■lohn Alvis, und wenn am F.nrte der ganzer.
Serie von Verbrechen er selber spurlos verschwand: wer sollte da noch zweifeln, daß es der Grüne Drache gewesen ist?!
Hinter diesem Vorhang von Geheimnissen aber gedachte der sehr lebendige John Alvis mit seinem Raub an Geld und der wiedergewonnenen Braut nach einem sicherlich vorbereiteten Ruhesitz zu entwickeln. Die Zettel 9—11 sprechen deutlich von dieser Absicht. Die Rache ist vollendet, der Raub gelungen — was also hält den Kaufherrn noch in dem allzu genauen England, das so unangenehm lange hinter Mördern herzujagen pflegt?
John Alvis muß demnach, logisch und starrsinnig, wie er bei all seinen Verbrechen war, seinen Weg zu Ende gehen und von der Bühne verschwinden.
Und nun frage ich Sie, meine Freunde, wohin wird der Kaufherr aus China gehen?“
„Es ist klar“, rief Tommy hoffnungsvoll, „sie nehmen das nächste Schiff nach dem Fernen Osten.“
„Sie dürften so ziemlich den Nagel auf den Kopf getroffen haben, Tommy Harper. Ver- mu 5 Ich hat dieser Tschai-Fu, der ihm bei allen Un' ,'nehmungen half, irgendwo ein Versteck in der Bannmeile von London, wo sie die Zeit verbringen werden, bis sich die erste Fahrgelegenheit nach China zeigt."
„Auf zu dem East India Docks“, rief Tommy aufgeregt, aber auch diesmal winkte Big Toddy ab.
„Falsch“, sagte er, „oder meinen Sie, die beiden werden sich solange an die Kaimauer stellen, bis ein Schiff loswirft. Fragen Sie sich doch Tommy, was würden Sie selbst in solcher Lage machen?“
„Nun“, meinte Tommy, „wenn ich die Fahrtgelegenheit nicht schon wüßte, würde ich mich eben erkundigen. Es gibt ja schließlich genug Reisebüros und Zeitungen mit Schiffsanzeigen, und was die kleinen Schiffe, die Tramps und Frachter anbelangt, so vermitteln das die zahlreichen Schiffsagenturen.“ (Forts, folgt)