NUMMER 58

MONTAG, 16. APRIL 1951

Bemerkungen zum Tage

Ernest Bevin

hr. Ernest Bevin, der am Samstag aus dem Leben schied, hat für die fünf Nachkriegsjahre Großbritanniens Außenpolitik maßgeblich be­einflußt. Als einer derGroßen Vier trat er auch mehr und mehr in das Bewußtsein der deutschen Öffentlichkeit. Man erinnerte sich, daß Bevin aus dem Arbeiterstand hervorge­gangen, daß er auch als Außenminister eine3 Weltreiches mit ganzem Herzen ein Arbeiter­führer geblieben war und erwartete deshalb von ihm, daß er sich mit Verständnis um die Belange der deutschen Arbeiterschaft und da­mit um die Belange des deutschen Volkes be­mühen werde. Dem schien fürs erste nicht so. Allein der Realpolitiker Bevin änderte mit sei­ner steigenden Einsicht seine Ansicht. Er ging von der Potsdamer Konferenz, über die Betei­ligung Englands am Marshallolan, über den Brüsseler Pakt zum Nordatlantikpakt und end­lich zur Betreibung der europäischen Verteidi­gungsorganisation einen sehr klaren Weg. Be­vin, derJohn Bull der englischen Arbeiter­klasse, wurde zu einem der härtesten Gegner des Weltkommunismus.

Bevins einmalige Laufbahn führte den am 3. März 1881 in ärmlichsten Verhältnissen ge­borenenErnie über mancherlei Beschäfti­gungen zum unangefochtenen Boß der millio­nenstarken englischen Transport- und Hilfs­arbeitergewerkschaft. Im Kriege mobilisierte er als Minister für Churchill Englands letzte Arbeitskraft. Als Außenpolitiker aber ver­folgte Bevin eine überpersönliche, überpartei­liche Linie. Das war seine streng korrekte Art.

So konnte Bevin den Deutschen auch nicht von heute auf morgen aus einem Gegner zum Freunde werden. Immerhin ist die erste Re­vision der Besatzungspolitik auf seine Initia­tive zurückzuführen. Für England und damit auch für Europa aber war er der Mann, der den Zustand der allgemeinen Friedensseligkeit des Jahres 1945 beendete und einen neuen Wi­derstandswillen mitbegründen half. Daß er da­bei nicht an den Haß appellierte, ist sein beson­deres Verdienst Den besten Kommentar zu Bevins Tode hat vielleicht der italienische Au­ßenminister Sforza gegeben, als er sagte: Bevin war ein Mann lauterer Methoden."

Erneut Be'as'erinisszustand

Raffinerien von Abadan geschlossen

TEHERAN. Das persische Parlament hat am Samstag ein Gesetz zur Verhängung des Be­lagerungszustandes über sieben Orte des Öl­gebietes der Südprovinz Khusistan in einer Nachtsitzung verabschiedet. Die von Streik­posten umlagerte Ölraffinerie von Abadan ist gestern morgen geschlossen worden. Die Pro­duktion wird jedoch in beschränktem Umfang von zuverlässigen persischen Arbeitern fortge­setzt. Im Hafengebiet wurde die Verladung von öl eingestellt. Seit Tagen sind in Abadan keine Tankschiffe mehr eingelaufen.

Der britische Außenminister Morrison hat erklärt. Großbritannien behalte sich das Recht vor, Truppen zum Schutz der britischen In­teressen nach Persien zu entsenden.

Meinung s Verschiedenheiten

Über den japanischen Friedensvertrag

WASHINGTON. Die britisch-amerikanischen Meinungsverschiedenheiten über den Frie­densvertrag mit Japan vertiefen sich, wie aus einem Reuter-Bericht aus Washington hervor­geht. Es wird als wahrscheinlich angesehen, daß Großbritannien der Regierung der Volks­republik China die britischen Vorschläge zum japanischen Friedensvertrag übermitteln wird. Die Vereinigten Staaten ihrerseits lehnen eine Heranziehung Chinas zu den Friedensver­handlungen ab. Weitere Differenzen zwischen der englischen und der amerikanischen Auf­fassung bezüglich des Friedensvertrages er­geben sich bei den Bestimmungen über die zu­künftige japanische Textilindustrie und den ja­panischen Schiffsbau. Großbritannien hat hier Konkurrenzbefürchtungen.

Versorgung der Presse mit Papier

Tagung der Zeitungsverleger / Entschließung an die Bundesregierung

MAINZ. (Eig. Ber.). Der Verein der Deut­schen Zeitungsverleger in der französischen Zone hielt am 13. und 14. April 1951 in Mainz seine vierte ordentliche Hauptversammlung ab. Die Teilnehmer besprachen und berieten in ausführlichen Darlegungen und Diskussionen alle das Zeitungswesen betreffenden Fragen. Außer dem zu schaffenden Presserecht und einem zwischen den Verlegern und Redakteuren und Journalisten zu schließenden Tarifvertrag, wurde insbesondere die Frage der Papierver­sorgung eingehend erörtert. Die Hauptver­sammlung beschloß dabei einstimmig, der Bun­desregierung folgende Resolution zuzuleiten:

Das regelmäßige Erscheinen der Zeitungen in angemessenem Umfang ist im Interesse der Demokratie unerläßlich. Für diese zwingende Notwendigkeit gibt nur eine alle Gegebenhei­ten berücksichtigende Versorgungspolitik die

erforderliche Gewähr. Die im Verein der Deut­schen Zeitungsverleger in der französischen Zone zusammengeschlossenen Verlage haben es durch vorausschauende Maßnahmen hin­sichtlich der Erscheinungshäuflgkeit und des Umfangs in einer erfreulich harmonischen Zu­sammenarbeit mit den sie beliefernden süd­deutschen Papierfabriken zustande gebracht, ihren publizistischen Pflichten und Aufgaben bisher zu genügen. Eine Störung dieser Zu­sammenarbeit würde zweifellos diese Ent­wicklung wesentlich gefährden und das regel­mäßige Erscheinen der Zeitungen zum Scha­den des Allgemeinwohls in Frage stellen. Bis Ist daher unbedingt geboten, daß die Bundes­regierung so rasch wie möglich die Voraus­setzungen für die volle Ausnutzung der mög­lichen Produktionskapazität der Papierfabri­ken schafft.

Finanzielle Ausplünderung

Protest des Stuttgarter Gemeindetags

STUTTGART. Die Bürgermeister und Ge­meinderäte von 980 württembergischen Ge­meinden haben auf der zweiten Verbandsver­sammlung des württembergischen Gemeinde­tages am Samstag in Stuttgart-Fellbach die Landesregierung aufgefordert, einer weiteren finanziellen Ausolünderune Württemberg-Ba­dens aufs entschiedenste Widerstand zu lei­sten. Es wurde festgestellt, daß aus Württem­berg-Baden seit der Währungsreform durch den Finanzausgleich und andere Abgaben an den Bund und elni°e Länder der Bundesrepu­blik eine halbe Milliarde abgeflossen seien.

Innenminister Fritz Ulrich behandelte das Problem des Finanzausgleichs unter dem Ge­sichtspunkt des Südweststaates. Wenn Süd­baden allein bleiben wolle, sagte der Mini­ster, solle es seinen Willen haben. Südbaden

solle aber dann auch die teuere Miete für sein Einfamilienhaus selbst bezahlen und nicht erwarten, daß die Miete von Württemberg über den Finanzausgleich bezahlt werde.

Wie in Korea

Trygve Lie beruhigt Belgrad

BELGRAD. Der Uno-Generalsekretär Trygve Li e erklärte gestern in Belgrad auf die Frage, was die Vereinten Nationen im Falle eines An­griffs der Sowjetunion oder der Kominform- staaten auf Jugoslawien tun würden, er hoffe, daß das gleiche Verfahrenwie in Korea" an­gewendet werde, wo immer es zu einer neuen Aggression komme.

Am Vortage hatte der Generalsekretär ge­sagt, daß die kleinen und mittleren Nationen seiner Ansicht nach immer mehr dazu beitra­gen könnten, die Soannungen der Großmächte zu mildem und mit der Zeit sogar zu lösen.

Kleine Weltdironik

STUTTGART. Rund 160 000 Metallarbeiter ln Württemberg-Baden werden am Dienstag ln einer Urabstimmung über einen evtl. Streik zur Durch­setzung ihrer Lohnforderungen entscheiden, teilt die IG. Metall ln Württemberg-Baden mit.

BONN. Ein Anlaß zur Erhöhung der Zucker­preise liege nicht vor, da der Handel ausreichend mit Zucker zur Versorgung der Bevölkerung ein­gedeckt sei, kam in einer offiziellen Mitteilung des Bundespresseamtes am Sonntag zum Aus­druck.

BONN. Im Forstwirtschaftsjahr 1950 wurden ln Deutschland über 180 000 Hektar Wald auf­geforstet Wie die Schutzgemeinschaft Deutscher Waid am Samstag in Bonn mitteilte, müssen allein im Bundesgebiet noch weitere 287 000 Hektar Kahlflächen angepflanzt werden. Der Holzeinschlag war 1950 gegenüber 1949 um ein Drittel herabgesetzt worden,

WIESBADEN. Hans Joachim von Garnier, der Leiter der kürzlich in Wiesbaden gebildeten Arbeitsgemeinschaft Luftschutz, wandte sich am Samstag erneut gegen die Kontrollratsbe- stimmungen, die es den Deutschen verbieten, Luftschutzmaßnahmen zu treffen. Diese Bestim­mungen seien heute nicht länger haltbar. Jeder Staat habe die Pflicht und das Recht, seine Zi­vilbevölkerung zu schützen.

GELSENKIRCHEN. Bei schweren Zusammen­stößen zwischen kommunistischen FDJ-Angehö- rlgen und Etnsatzkommandos der Gelsenkirchener Polizei, die sich über den ganzen Sonntagnach­mittag hinzogen, wurden 13 Polizisten verletzt. Vier von ihnen mußten ln ein Krankenhaus ein­geliefert werden.

HAMBURG. Sechs kommunistische Jugendliche, die von deutscher Polizei, verstärkt durch bri­tische Marinesoldaten, auf Helgoland verhaftet wurden, sind am Sonntag an Bord des briti­schen PatrouillenbootesRoyal Albert in Ham­burg eingetroffen. Die zurückgebrachten Demon­stranten sind die dritte kommunistische Gruppe, die innerhalb von sechs Wochen auf Helgoland landete.

BERLIN. Nach einer Westberliner Meldung ist dem Leiter der sowjetzonalen Museen, Prof.

J u s t i. von den Sowjetbehörden mitgeteilt worden, daß die in den Nachkriegsjahren nach Rußland gebrachten Kunstwerke alsBeutegut betrachtet werden. Es handelt sich um rund 920 000 Stücke aus Museen und Privatsammlun­gen.

BERLIN. Zum ersten Male seit Mai vergangenen Jahres ist am Donnerstag ein Transport mit 41 deutschen Kriegsgefangenen und zwei Frauen aus der Sowjetunion in Berlin eingetroffen, teilt das Rote Kreuz mit. Sie kommen aus dem Lager Kiew.

LONDON. Großbritannien führte gestern um 21 Uhr MEZ wieder die Sommerzeit ein. Bts zum 21. Oktober werden die Uhren um eine Stunde vorgestellt.

DEN HAAG. Vereinte britische und nieder­ländische Land-, See- und Luftstreitkräfte wer­den Ende April ein dreitägiges Manöver an der niederländischen Küste durchführen.

PARIS. Marschall P e t a 1 n s Lebenslicht löscht nach einer Erklärung seines Leibarztes langsam aus. Zwar sei die leichte Lungenentzündung be­hoben, aber der 95jährige, der auf der Ile dYeu seine Haftstrafe verbüßt, scheine sich nicht mehr erholen zu können.

ROM. Der italienische Senat hat am Freitag einen Gesetzentwurf angenommen, durch den ehemalige Frontsoldaten, die auf faschistischer Seite kämpften, den Antifaschisten gleichgestellt werden. Der Gesetzentwurf betrifft alle Solda­ten, die nach der Kapitulation Badogllos In Nord­italien auf Seiten Mussolinis weiterkämpften.

ADDIS ABEBA. Etwa 30 verschleppte Perso­nen, die in Abessinien Aufnahme gefunden hat­ten, werden in deutsche Lager zurückkehren, nachdem sich die abessinische Regierung über umstürzlerische Tätigkeit undDiffamierung Abessiniens im Auslande durch die DPs bei der Internationalen Flüchtlingsorganlsatlon beklagt hatte.

WASHINGTON. Das amerikanische Repräsen­tantenhaus nahm mit 178 gegen 126 Stimmen einen Antrag an, wonach künftig keine Tren­nung mehr zwischen weißen und schwarzen Sol­daten innerhalb der amerikanischen Streitkräfte gestattet ist.

Starke Ausfuhrste

BONN. Die Ausfuhr aus der Bundesrepublik lag lm ersten Vierteljahr 1951 um 97 Prozent über der im gleichen Zeitraum des Vorjahres; die Einfuhr stieg demgegenüber nur um 49 Pro­zent, teilte das Statistische Bundesamt mit. .

Auch im März 1951 stieg der Export um 12 Pro­zent auf 1090 Millionen DM an. Bei der Einfuhr ist im März eine wertmäßige Steigerung gegen­über dem Vormonat von nur 3 Prozent auf 1255 Millionen DM zu verzeichnen. Ohne Abzug der ERP- und GARTOA-Einfuhren betrug der Im­portüberschußm März 38 Millionen Dollar oder 165 Millionen DM. Da die Einfuhren aus beiden Fonds im Berichtsmonat annähernd die gleiche Höhe hatten, wie der Einfuhrüberschuß, dürfte die kommerzielle Außenhandelsbilanz im März fast ausgeglichen sein.

Stabilität der öffentlichen Finanzen

BONN. Nach einer Veröffentlichung im Bun- desanzeiger ist es gelungen, in den schwierigen zweieinhalb Jahren seit der Währungsreform die innere finanzielle Stabilität der Bundesrenuhlik in vollem Umfang zu wahren; es sei gelungen, die Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand auszugleichen und jede inflationistische Ten­denz zu vermelden.

In dem umfangreichen Ber'öht werden erstmals Zahlen über die gesamten Steuer- und Zol'ein- nahmen und die Ausgaben der öffentlichen Hand seit der Währungsreform bekannt gesehen. Da­nach wurden in den ersten rann Monaten nach der Währungsreform 14 7 Milliarden, im Rech­nungsjahr 1949/50 22.4 Milliarden und im Rech- nunsslahr 1950/61 23.2 Milliarden DM. zusammen 62.3 Milliarden DM ausge»eben. Die Steuer- und Zolleinnahmen beliefen sich in den gleichen Zeit­abschnitten auf 10,6 Milliarden. 17.8 Milliarden und 19.4 Milliarden DM. zusammen 46 8 Milliar­den DM. Der Unterschied zwischen Ausgaben und Steuer- bzw. Zolleinnahmen wurde fast vollstän­dig durch Verwaltungseinnahmen gedeckt.

Volkswaffenwerk arbeitet weiter kurz

WOT.FSBURO. Das Volkwagenwerk konnte in- folge'~der weiterhin unzureichenden Versorgung mit Feinblechen die Produktion auch in der

vergangenen Woche nur in Kurzarbeit auf­rechterhalten. Am Samstag ruhte die Ferti­gung vollkommen. Für diese Woche ist die Arbeit bisher nur firn vier Tage gesichert. Die Verhandlungen zwischen der Werksleitung und dem BMW über die Sicherung der Rohmateria­lien Versorgung sollen iedoch zufriedenstellend verlaufen, so daß ln Kürze mit befriedigender Lösung gerechnet werden könne. Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung ln Frank­furt seien vom Volkswagenwerk keineSensa­tionen zu erwarten.

Bauernverband beklagt sich

BONN. Der Deutsche Bauernverband wirft der Bundesregierung vor ihre Zusagen für eine Angielchung der Agrarpreise an das übrige Preis­niveau nicht eingehalten zu haben. Der Bundes­kanzler habe insbesondere einen ausreichenden Milchorels versprochen. Das Memorandum der Bundesregierung vom 11. April lasse jedoch keinen Zweifel darüber zu. daß die Bundes­regierung diese klaren Zusagen anscheinend nicht einlösen werde. Der Mehrpreis für Milch von höchstens 3 Pfennig bedeute keine Erhöhung, sondern entspreche nur der Qualitätsverbesse­rung! Der Bauernverband hat eine nußerordent- liehe Präsidialsiizung für den 81. April nach Landau/Pfalz einberufen.

Lohnerhöhung für Lederarbeiter

REUTLINGEN. Bei den Lohnverhandlungen in der ledererzeugenden Industrie, die nach dem Streik der Lederarbeiter in Reutlingen und Pfullingen wieder aufgenommen worden waren, erzielten die Tarifpartner in Stuttgart eine Einigung; danach wird der Ecklohn der Lederarbeiter um 13 Pfg. erhöht; die Unterneh­mer hatten 10 Pfg. geboten, die Gewerkschaf­ten 15 Pfg. verlangt. Die jetzigen Methoden der Gewerkschaften in Lohnfragen dürften ln naher Zukunft nicht mehr genügen und es werde notwendig sein, zu schärferen Kampfmitteln zu greifen, erklärte der Unterbezirksleiter der IG. Metall Württemberg-Hohenzollern und Baden, Ludwig Becker, ln Saulgau vor einigen hun­dert Arbeitern. Die IG. Metall in Württemberg- Hohenzollern werde das neue Lohnabkommen voraussichtlich Ende April erneut kündigen.

BERN. Die Schweizer Bevölkerung hat am Sonntag in einem Volksentscheid mit 620 991 gegen 88 839 Stimmen eine Bindung der Wäh­rung an die Lebenshaltungskosten abgelehnt.

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Big Joddy: t82

Der Kaufherr aus CHINA

Alle Hechte Prometheus-Vertag üröbeneell bei München

Vor etwa zwei Wochen hatte Tsdhai-Fu sei­nen Landsmann Wellington-King aufgesucht und ihm eine spaßige Geschichte erzählt.

Danach wollte sein Herr einen andern vor­nehmen Herrn in London durch Drohungen erschrecken, indem er von einem Geheimbund sprach, der aus lauter Chinesen bestünde. Wie die Gespenster sollten überall Chinesen auf­tauchen, und er selber würde dafür sorgen, daß allerhand unheimliche Dinge passierten. Darum handelte Tschai-Fu einen Packen Reis­papierzettel ein, wie sie die Chinesen als Scherzartikel benützten. Der Grüne Drache deutete soviel wie: Alles ist nur Scherz. Wenn man in China solche Zettel jemandem zusendet, weiß er, daß der Text nicht ernst zu nehmen ist. Grüne Drachen gibt es nämlich nicht. Jeder weiß, daß Drachen gelb oder rot sind. Wellington-King, der Scherze gern hatte, war bereit, bei dem Spaß mitzutun, besonders, da es galt, einen rotgesichtigen Barbaren hier entschuldigte sich da3 Mädchen etwas verlegen hereinzulegen. Er stellte sich auch eines Abends, wie ihm Tschai-Fu befohlen hatte, unter das Fenster eines Hauses im Westen von London, wo der Herr wohnte, den man anführen wollte, und etwas später kratzte er an der Tür, um den Pförtner zu erschrek- ken alles nach der Anweisung Tschai-Fus und um den Herrn zu ängstigen.

Welchen Herrn? wollte der Captain wis­sen,es hängt viel davon ab! Denk also gut nach, Mädchen: bandelte es sich um den Herrn Tschai-Fus oder einen anderen.

Das wußte die Kleine nicht genau. Vielleicht sollte der Herr Tschai-Fus belogen werden, vielleicht ein anderer.

Jedenfalls, den Grünen Drachen als Geheim­bund hatte es nie gegeben, es war alles nur Scherz!

Ein blutiger Scherzi sagte Grifflns und wies auf den Toten. Ich muß schon sagen, ein recht gewichtiger Spaß.

Dann riefen sie die nächste Wache in Pop­lar an.

*

Der Polizeiflitzer nahm sie mit zurück nach Stepney Station, Sie hatten Glück, es fuhr noch eben ein Zug zur City. Im einsamen Ab­teil beprachen sie, was zunächst zu tun sei.

Jedenfalls, sagte Big Toddy, nicht ohne Schadenfreude,kannst Du morgen Deine Ent­schuldigung bei Tommy Harper anbringen und ihn versprochenermaßen nach Hause geleiten.

Ich werde mich hüten, lieber Freund, Tom­my bleibt, wo er sitzt. Nun will ich ganz ehr­lich zu Dir sein, daß ich bereits gegen eine gewisse Person Verdacht gefaßt hatte, und niemals an Tommys Schuld glaubte, aber den­noch fest entschlossen war, ihn zu verhaften, und daß uns vorerst trotz allem noch die Be­weise fehlen, um den eigentlichen Täter zu überführen.

Da kenne sich aus, wer will, was soll das heißenl rief Tom entrüstet.

Ich will es Dir erklären, lieber Big Toddy.

Als Big Toddy redete der große Captain sei­nen Freund nur an, wenn er ihm einen Bären aufbinden wollte oder in den seltenen Fällen, wenn er ihn ehrlich bewunderte. Das letzte kam wohl in diesem Fall nicht in Betracht. Deshalb runzelte Tom unwillig die Stirn und mahnte den Freund, ernsthaft zu bleiben, man käme eben aus einem Totenhaus.

Gut, meinte Grifflns,seien wir ernsthaft. Ich habe John Alvis bereits in Verdacht ge­habt, als ich'feststellte, daß die Harpers ihn fast gänzlich an die Wand gedrückt hatten, er aber trotzdem weder zu uns eine Bemerkung darüber machte, noch in seinem Verhalten zu Harry und Tommy die geringste Feind­seligkeit merken ließ. Mir fiel auf, wie oft er

an dem Abend des Mordes Harry .mein lieber Freund' nannte. Tut man das unter derartigen Umständen? Dann kam dazu. Du entdecktest die alte Liebschaft des gesunden und wohl­habenden John Alvis mit der jungen Lissy van Moog. Ich kam darauf, daß ihm die Har­pers sein Vermögen in den Jahren seines chi­nesischen Unglücks genommen hatten. Er war der einzige Mensch in dem ganzen Spiel, der an dem Tode Harry Harpers ein Interesse haben konnte.

Zugestanden, James, ich selbst gab mir ja noch gestern Mühe, nachzuweisen, daß John Alvis recht wohl Gelegenheit hatte, in Tom­mys Schlafzimmer die nötigen Handgriffe zu tun, damit nachher alles gegen den armen Jungen zeugte. In seinem Zimmer stand da3 Fenster offen und bei ihm hörte die Pflegerin die Schlüssel auf das Pflaster klirren. Er selbst hat sie seinem Diener Tschai-Fu her­untergeworfen. Aber erkläre mir bitte zwei Dinge: Wieso wurde Harry Harper und n*cht Tommy ermordet, auf den John doch eifer­süchtig sen mußte, und zweitens, wieso, holt sich ein Verbrecher, der so gewagte Pläne wälzt, selbst die Polizei als Beobachter ins Haus?

Der Zug rasselte eben durch Goodman Fields und draußen glühten die Lichtreklamen durch den Nebel. Captain Grifflns zündete sich eine Zigarette an.

Lieber Tom, sagte er,Harry war das Haupt der Harpers und hatte die geschäft­lichen Transaktionen gegen Alvis geleitet. Darum war es ihm besonders verhaßt! Tommy weilte in Norfolk, bitte vergiß das nicht, und John Alvis war erst seit 14 Tagen zurück. Er sah alles verloren und Lissy im besten Ein­vernehmen mit Harry, er hielt ihn für den Glücklichen, für den Nachfolger nicht nur im Bankkonto, sondern auch in der Liebe. Darum traf seine Rache mit voller Wucht den älte­sten Bruder. In üem Augenblick, da Tommy auf der Biidfläche erschien, war sein Leben ebenso bedroht, und ich daher fest entschlos­

sen ihn zu verhaften, um ihn zu beschützen. Und mein zweiter Einwand.

Dem kann man nur mit Psychologie beikom­men. Der große Verbrecher denkt so: das Wahrscheinliche und zu Erwartende führt die Polizei auf meine Spur. Man muß also das Gegenteil von dem tun. was die Polizei er­wartet und niemals wird der Schatten eines Verdachtes auf Dich fallen. Hättest Du es geglaubt, daß Dich ein Mörder zusammen mit noch zwei Polizisten zu seinem Mord einlädt? Nicht wahr, das ist unwahrscheinlich. John Alvis ist ein kühner und kluger Verbrecher. Ja, aber die Technik des Mordest Wo war der Dolch? Wohin verschwand er.

Das weiß ich noch nicht, sagte der Cap­tain. Dann blickte er zum Fenster hinaus in die Nacht, aus der riesig die Kuppel von St. Pauls Kathedral ragte.Wir müssen ausstei­gen, Tom,

10. Kapitel

Eine Katze schreit.

Der Nachtposten im Yard breitete die Arm« schützend vor den Hintereingang, auf den James und Tom zustrebten.

Stop, Gentlemen, knurrte er,für Sie ist der Yard wohl nur in Begleitung offen.

Der Captain lachte, er hatte ganz die Auf­machung vergessen, in der sie sich befanden. Als er seinen Ausweis vorzeigte, kratzte sich der Konstabler verlegen am Kopf.Entschul­digen Sie, Sir, aber die Maske ist wirklich sehr gut.

Sie sperrten die Pforte auf und wollten zum Lift, als ihnen der Bobby nacheilte:Sie sind doch Captain Grifflns? Man hat uns aufge­tragen, Sie möchten sofort auf Ihr Dienstzim­mer gehen, wann immer Sie auch auftauch- ten.

Danke, rief Grifflns, und zu Tom gewandt, da ist etwas vorgefallen Tom. Komm rasch! Vor seinem Dienstzimmer stutzte der Captain. Da brannte ja Licht. Grifflns trat ein!

!Fo:'l!?''tning folgt)