HEIMATAUSGABE FÜR
STADT UND LAND
MONTAG, 16. APRIL 1951
Saarregierung gebilligt
Keine Vertretung in Frankreich
SAARBRÜCKEN. Der Saarlandtag hat am Samstag der neuen christlich-demokratischen Einparteiregierung des Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann mit 30:17 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen Die Sozialdemokraten und der kommunistische Abgeordnete stimmten gegen die Regierung. In seiner Erklärung fühne Ministerpräsident Hoffmann aus, in allen bisherigen Saarkonventionen mit Frankreich sei die Klausel aufgenommen, daß die gegenwärtige Saarregierung bis zu einem Friedensvertrag mit Deutschland provisorischen Charakter habe.
Die Regierung hat jetzt folgendes Gesicht: Ministerpräsident Johannes Hoffmann. zugleich Arbeits- und Wohlfahrtsminister und Leiter des Amtes für Wiederaufbau; Wirtschaftsminister Franz R u 1 a n d . bisher Syndikus der Eisen- und Metallindustrie; Innenminister Dr. Edgar H e k t o r , bisher Staatssekretär im Innenministerium; Finanzminister Friedrich Reuter, bisher Leiter der Finanzkontrolle; Justiz- und Kultusminister Erwin Müller, bisher Fraktionsführer der Christlichen Volkspartei im Landtag. Interessant ist, daß kein saarländisches Außenamt gebildet worden ist und daß Erwin Müller, der als diplomatischer Vertreter der Saar in Frankreich vorgesehen war, jetzt die beiden Ministerien übernimmt
Palästina bleibt unruhig
Arabische Solidarität
DAMASKUS. Israel und Jordanien beschuldigten sich am Samstag und Sonntag gegenseitig der Verletzung # der Waffenstillstandsbestimmungen. Jede Seite behauptet, daß Soldaten des anderen Landes als erste in fremdes Gebiet eingedrungen seien. Zu einem neuen Zwischenfall kam es am Samstag im Gebiet von Ramallah, elf Kilometer westlich von Jerusalem. Zwölf Israelis sollen die Grenze überschritten und das Feuer auf die Einwohner der Ortschaft eröffnet naben. Verbände der arabischen Heimwehr und der arabischen Legion hätten den Vorstoß jedoch abgefangen.
Der Konflikt zwischen Syrien und Israel sei eine Angelegenheit aller arabischen Staaten, erklärte der stellvertretende Stabschef der syrischen Armee, Oberst Adib Schichakly, am Sonntag auf einer Pressekonferenz in Damaskus. Die syrische Armee werde alle erforderlichen Schritte ergreifen, um die Rechte der Araber zu schützen. Ägypten habe bereits seine Unterstützung zugesagt.
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
Ernest Bevin am Samstag einem Herzschlag erlegen
Attlee: „Er war ein großer Arbeiterführer“
7. JAHRGANG / NR. 58
LONDON. Der frühere britische Außenminister, Lordsiegelbewahrer Ernest Bevin, ist am Samstag in seiner Londoner Wohnung in Carlton Gardens gestorben. Bevin erlag kurz nach 18 Uhr einem Herzanfall. Mit ihm verliert die britische Labcur party eine ihrer bedeutendsten Persönlichkeiten,
Obwohl der 70jährige längere Zeit krank gewesen war und wegen seines schlechten Ge-
Wahlkreis Wooiwich-Ost. Die Beisetzung wird am kommenden Mittwoch erfolgen.
Nicht nur in England, sondern in ganz Europa und in Amerika, zeigt man sich über den Tod Ernest Bevins sehr betroffen. König Georg VI von England erklärte in einem Telegramm an Premierminister Attlee, Bevin habe „sein Leben im Dienst für seine Landsleute“ verbracht. Winston Churchill äußerte: „Ich bin tief betroffen von dem Tod meines Kriegskameraden.“ In der Bundesrepublik meinte Dr. Schumacher, „mit Bevin ist einer unserer besten Politiker dahingeschieden“.
Der britische Premierminister Clement Attlee führte am Sonntag in einer Rundfunkansprache aus: „Er war ein großer Arbeiterführer, der die Reaktion des einfachen Arbeiters instinktiv erfaßte, den aber seine Kenntnis der Armut nicht in ein steriles und bitteres Klassenbewußtsein trieb " Seine Mitarbeit am Atiantikpakt habe er als -eine seiner wesentlichsten Leistungen angesehen.
Schweizer lieget durchbrochen
Glücklicher deutscher S:2-Sieg in Zürich
Im 200 deutschen Länderspiel und dem ersten Nachkriegstreffen einer deutschen Nationalelf im Ausland wurde die Schweiz vor 35 000 Zuschauern in Zürich knapp mit 3:2 geschlagen. Es war ein großartiges Spiel zweier gleichwertiger Gegner und ein Unentschieden wäre den beiderseitigen Leistungen mehr gerecht geworden. Der deutsche Sturm hatte nach Seitenwechsel eine große Zeit und in dieser Phase des fairen Treffens fielen die entscheidenden zwei Tore durch Gerritzen und Fritz Walter. In den letzten 20 Minuten fing die deutsche Abwehr den pausenlosen Generalangriff der Schweizer durch hervorragenden Einsatz ab und rettete den knappen 3:2-Vorsprung
Im B-Länderspiel, das am Samstag in Karlsruhe ausgetragen wurde, unterlag die deutsche Vertretung nach enttäuschendem Spiel verdient 0:2 den wesentlich besseren Schweizer Gästen. (Eine ausführliche Berichterstattung .über beide Begegnungen bringen wir im Inneren dieser Ausgabe. Die Red.)
Haben wir zu gut gelebt?
sundheitszustandes erst vor kurzem das Amt des Außenministers an Herbert Morrison abgegeben hatte, kam sein Tod überraschend.
Mit einer einzigen kurzen Unterbrechung gegen Ende des zweiten Weltkrieges gehörte Ernest Bevin elf Jahre lang dem britischen Kabinett an. In der Koalitionsregierung Winston Churchills während des Krieges war er Minister für Arbeit und nationale Dienste. Seit 1945 bekleidete er unter Attlee den Posten des Außenministers. Sein Ableben erfordert eine Unterhausnachwahl für seinen
Der Sdiumanplan macht Fortschritte
Einigung auf siebenköpfige Hohe Behörde / Großer persönlicher Erfolg Adenauers
PARIS. Die Außenminister der sechs Schu- manplan-Staaten haben sich über die Bildung einer siebenköpfigen Hohen Behörde nach dem Vorschlag der Benelux-Staaten geeinigt, gab der luxemburgische Vertreter Josef Bech vor Pressevertretern am Sonntag bekannt. Nach dem Echo in der französischen Presse hinterließ Bundeskanzler Adenauer bei seiner „Rede für Europa“ am Freitag vor dem französischen Presseklub einen ausgezeichneten Eindruck.
Nach Abschluß der Samstagverhandlungen äußerte Prof. Walter Hallstein, die Konferenz habe große Fortschritte bei der Klärung der technischen Fragen gemacht. Er hoffe, der Plan könne schon am Dienstag unterzeichnet werden, bevor der Bundeskanzler und Außenminister Konrad Adenauer nach Bonn zurückkehren müsse. Auf der Sonntagssitzung wurden im wesentlichen die umstrittenen Fragen des Stimmrechts und der Ländervertretung besprochen. Auch hier war von den Sachverständigen schon am Samstag eine gewisse Einigung erzielt worden.
Dr Adenauer hatte sich am Samstag vorübergehend durch Staatssekretär Hallstein vertreten lassen und die Zeit dazu benützt, eine private Unterredung mit dem französischen Außenminister Schuman zu führen. Vermutlich wurde die Saarfrage besprochen.
Die Ausführungen Adenauers vor dem diplomatischen französischen Presseklub haben einen außerordentlich günstigen Eindruck hin-
An«rifte und Gegenangriffe
Kommunistische Frühjahrsoffensive erwartet
TOKIO. Im West- und Mittelabschnitt Koreas wechseln sich seit Samstag Angriffe der Un-Truppen und heftige Gegenangriffe der Chinesen und Nordkoreaner ab. Die kommunistischen Gegenangriffe waren nach einer Mitteilung des Hauptquartiers der achten amerikanischen Armee die stärksten seit Wo- dien. Nach Ansicht des amerikanischen militärischen Sprechers sind diese Angriffe möglicherweise das Vorspiel zu der lang erwarteten kommunistischen Frühjahrsoffensive .Cer neue Oberbefehlshaber der achten amerikanischen Armee, Generalleutnant van
* 1 e e t. meldete sich am Samstag bei dem neuen UN-Oberkommandierenden General
* 1 d g w a y.
terlassen, der stark über das an sich schon beachtliche Presseecho hinausgeht. Der französische Hohe Kommissar Andrö Franqois-P o n- c e t, der noch am Samstag nach Bonn zurückkehrte, ist nach Mitteilung aus französischen Kreisen mit der Atmosphäre in Paris sehr zufrieden.
Bundeskanzler Dr. Adenauer empfing am Samstagabend in Paris sieben deutsche ehemalige Wehrmachtsangehörige, die von einer Anklage wegen angeblicher Kriegsverbrechen mangels Beweis von französischen Militärgerichten freigesprochen wurden. Man glaubt, daß der Bundeskanzler während seines Besuches bereits Gelegenheit hatte, Besprechungen über das Schicksal der noch in Haft gehaltenen deutschen Wehrmachtsangehörigen zu führen. Im Hotel Crillon, seinem Absteigequartier, gab der Kanzler der deutschen Kolonie in Paris zum Wochenende einen Empfang. Am Vortage hatte Adenauer dem Präsidenten der französischen Nationalversammlung, Edouard Herriot, einen kurzen Höflichkeitsbesuch abgestattet.
H. G. v. St. Die Bundesregierung und mit ihr das westdeutsche Volk haben bittere Vorwürfe zu hören bekommen Man sagt uns, wir hätten zu gut gelebt Unser westdeutscher Lebensstandard sei zu hoch Sei höher als der mancher Siegerstaaten in Europa Die Kritik wird vorwiegend von Stellen geübt, die wie die amerikanische Hochkommission in Deutschland, die Marshallplanverwaltung. die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa und die Europäische Zahlungsunion, in erster Linie für die erstaunliche Besserung unserer Lebensverhältnisse in den beiden letzten Jahren verantwortlich waren. Wir haben daher allen Anlaß, diese Vorwürfe ernst zu nehmen. Aber wir haben auch die Verpflichtung, keine falschen Vorstellungen über unseren Lebensstandard aufkommen zu lassen.
General Eisenhower hat kürzlich sein Vertrauen bekundet, daß es 150 Millionen fortschrittlicher Menschen wohl noch gelingen dürfte, im Kriegsfall mit 190 Millionen rückständigen Gegnern fertig zu werden Er hat damit noch einmal eine Grundkonzeption der politischen Strategie des Westens berührt, nämlich daß ein hoher Lebensstandard die beste Waffe gegen den Kommunismus bildet. Das östliche Elend mit westlichem Wohlstand zu bekämpfen, dem Bolschewismus als der Religion des Elends den Boden zu entziehen, war der tragende Gedanke jener amerikanischen Politik nach dem zweiten Weltkrieg, die es Westeuropa gestattet hat, sich von den Kriegsfolgen zu erholen.
Im Zeitalter des kalten Krieges ist die Moral der bedrohten Völker von ausschlaggebender Bedeutung. Kein europäisches Land — Jugoslawien vielleicht ausgenommen — Ist so bedroht wie Westdeutschland. Eine Unterhöhlung unseres Lebensstandards macht uns aus dem gefährdetsten Land Europas zum anfälligsten Auch im kalten Krieg sollte es selbstverständlich sein daß die dem Feind zugekehrte Front nicht schlechter lebt als die Etappe, die wie etwa die englische noch den Schutz einen breiten Streifen Wassers genießt.
Haben wir nun aber wirklich zu gut gelebt? Wenn heute der Bundesregierung vorgewor-
Heldenparade für MacArthur
USA rüsten sich für den Empfang des Generals / Bede vor Kongreß zu erwarten
WASHINGTON. General MacArthur lehnte am Samstag ein Erscheinen vor dem Wehrausschuß des amerikanischen Senats ab mit der Begründung, er erwarte, daß er ln einer gemeinsamen Sitzung beider Häuser des Kongresses sprechen könne. Präsident Truman hatte bereits zuvor verlauten lassen, er halte es für angebracht, daß MacArthur in einer gemeinsamen Sitzung beider Häuser des amerikanischen Kongresses spricht. Die formelle Einladung durch den Kongreß dürfte bereits Anfang dieser Woche voriiegen, nachdem auch die Führer der demokratischen Fraktion im Repräsentantenhaus einer entsprechenden republikanischen Forderung zugestimmt haben. Truman hat seine Mitarbeiter angewiesen, keine persönlichen Angriffe gegen den ehemaligen UN-Oberkommandierenden zu richten, um „Schimpfereien" zu verhüten.
Entgegen früheren Meldungen wird Mac Arthur erst am Dienstagabend in San Fran- zisko und voraussichtlich am Donnerstagnachmittag in New York eintreffen. Die Stadt New
York will den General durch die traditionelle Heldenparade auf dem Broadway ehren. MacArthur hat sich bei der Stadtverwaltung von New York ausgebeten, daß bei seinem Empfang keine offiziellen Ansprachen ln Aussicht genommen würden. Auch in San Franzisko ist ein großer Empfang für MacArthur und seine Begleitung geplant. Es wird durchaus für möglich gehalten, daß MacArthur bereits am Donnerstag vor dem Kongreß erscheint.
Für heute wurde in Tokio anläßlich der Abreise des .ungekrönten Herrschers von Japan“ ein triumphaler Abschied vorbereitet. Am Sonntagvormittag stattete der Kaiser von Japan, H i r o h i t o, MacArthur einen Abschiedsbesuch in der amerikanischen Botschaft in Tokio ab. Dieser Besuch stellt einen Präzedenzfall dar, da bisher noch niemals ein japanischer Herrscher einem ausländischen Staatsbürger ohne amtliche Funktionen einen Besuch gemacht hat. Am Samstag hat sich der japanische Ministerpräsident J o s h i d a offiziell von dem General verabschiedet.
fen wird, sie habe durch die Liberalisierung die Einfuhr von Konsumgütern erleichtert und die von exportfördernden Investitionsgütern, wie industriellen Rohstoffen vernachlässigt, so mag dieser Vorwurf wirtschaftlich gesehen Berechtigung haben Aber hat man denn schon vergessen daß es in den Jahren nach dem Kriege zuerst einmal darauf ankam. unsere physische Existenz zu sichern, ein Volk, von dem große Teile seit 1941 gedarbt haben, aus dem Zustande latenter Unterernährung herauszuführen, wieder leistungsfähig zu machen Was hätte uns die beste Zahlungsbilanz und der großartigste Export genützt wenn wir der Tuberkulose unter unseren Arbeitern und Arbeiterinnen, der Kindersterblichkeit nicht Herr geworden wären? Für Völker, die den Hunger niemals gekannt haben, mögen Südfrüchte und ausländisches Gemüse zu entbehren sein, für uns waren sie einfach unentbehrlich
Worin bestanden unsere „törichten Importe“, um das unglückliche Wort eines Kabinettsmitgliedes zu wiederholen? Die Einfuhr dieser „nicht lebensnotwendigen Güter“ betrug im vergangenen Jahr 15 Prozent der Gesamteinfuhr Aber unter dieser Kategorie fungierte die gesamte Einfuhr an Obst Südfrüchten Kakao, Kaffee und Tabak Sie mögen zum Leben nicht notwendig sein und darum sind sie ja auch jenseits des Eisernen Vorhanges nicht erhältlich. Aber steigern sie nicht die Lebensfreude und damit die Vitalität und die Arbeitskraft? Gehören sie nicht in der gesamten nichtkommunistischen Welt zu den selbstverständlichen Bedarfsgütern? Sicherlich gibt es daneben auch eine Luxuswareneinfuhr, auf die die Mehrzahl von uns ohne weiteres verzichten mag, weil sie ohnehin nicht das Geld hat. sich solche Dinge zu kaufen Aber wenn man erfährt daß zwischen Januar und August 1950 für Dinge wie Rum, Kognak, Likör. Sekt. Hummern. Kaviar, Austern und Kosmetika nur 1 189 000 Dollar aufgewendet wurden oder noch nicht 0.08 Prozent unserer Gesamteinfuhr, so wird man in den Chor der Kritiker daß wir zu gut leben, kaum einstimmen können. Überdies: So lebensunwichtig für den Deutschen französischer Sekt und norwegische Hummern sind, so entbehrlich sind für Franzosen und Norweger deutsche Photoapparate.
Die deutsche Fassade trügt Volle Läden bedeuten noch nicht volle Speisekammern und volle Kleiderschränke Der augenfällige Wohlstand einiger Schichten besagt nichts über die verschämte Armut von Millionen Menschen Vergleiche besagen wenig Ein englischer Maschinensetzer könnte sich für seinen Stundenlohn 2V« Pfund Butter kaufen wenn sie nicht rationiert wäre Sein deutscher Kollege kann sich von dem gleichen Lohn nur 250 Gramm Butter kaufen, die er aber tatsächlich bekommt. Wessen Lebensstandard ist nun höher? _
Kaiser hoffnungsvoll
Die deutsch-polnische Frage
BERLIN. Bundesminister Jakob Kaiser sprach am Sonntag in einer Rundfunkrede die Hoffnung aus, daß das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen eines Tages wieder in befriedigender Weise gestaltet werden könne. Er hoffe auf eine Lösung, die beiden Völkern Gerechtigkeit widerfahren lasse. Kaiser betonte aber, daß eine Wiedervereinigung Deutschlands auch das deutsche Land jenseits der Oder-Neisse-Llnie umfassen müsse.