SAMSTAG, 14. APRIL 1951

NUMMERST

Sechs Jahre nachher

Franzosen und Deutsche leben zusammen / Regelung der Rechtsverhältnisse

hr. Seit 6 Jahren lebe n in unserer Zone Franzosen und Deutsche häufig nicht nur unter einem Dach, sondern sogar hinter einer Glastür. Auf beiden Seiten hat, ohne daß viel diskutiert worden wäre, auch eine menschliche Annäherung stattgefunden. Es ist nun­mehr ein Zustand erreicht, in dem neue Reibungen nur noch selten entstehen, und ta dem es an der Zeit erscheint, leidenschaftslos die Rechts rerhältnisse zwischen Bevölke­rung und Besatzungsmacht zu beleuchten.

Nachdem Deutschland im Jahre 1945 be­dingungslos kapituliert hatte, entstand da­durch keinrechtsfreier Raum", sondern für die Alliierten galten die in der Haager Land­kriegsordnung für einekriegerische Beset­zung niedergelegten Grundsätze. Wenn von den Besatzungsmächten teilweise vorgebracht wor­den ist, es handle sich bei der Besetzung Deutschlands nicht um einekriegerische, sondern um einefriedliche Besetzung zur Durchführung bestimmter Zwecke, so wenden dagegen Völkerrechtler ein, daß nach d^m Völ­kerrecht jede andere Art von Besetzung oderBe- satzungsmacht höchstens weniger, aber nie­mals mehr Rechte als einekriegerische Be­setzung geben kann (diese und einige der folgenden Fragen werden ausführlich unter­sucht in einer vom Tübinger Institut für Be­satzungsfragen bearbeiteten SchriftBürger­rechte und Besatzungsmacht, auf die wir mit unseren Ausführungen Bezug nehmen).

N a c h k r i e g s b e u t e

Nach der Haager Konvention gilt das Beute­recht nur für die Dauer der Kriegshändlung. Ein Beuterecht gegenüber Privateigentum ist unbekannt. Nun sind aber auch nach der Ka­pitulation von 1945 noch Gegenstände als Beute weggenommen worden. Allerdings sind die Fälle teilweise strittig, da später erklärt wurde, es habe sich dabei nicht um Kriegs­beute, sondern um Beschlagnahmen zur Ent­militarisierung gehandelt.

In der Theorie dürfte immerhin so viel feststehen, daß die Besatzungsmacht an ein­deutigfriedlichem Privateigentum, wie zum Beispiel von Autos und Radios, kein Eigen­tum durch Beschlagnahme erwerben konnte. An sich besteht daher in den fraglichen Fällen ein Rückgabeanspruch. Dieser wird aber prak­tisch meist daran scheitern, daß gegen die Be­satzungsmacht nicht geklagt werden kann. Vielfach verhilft jedoch, wenn der betreffende Gegenstand noch vorhanden ist, eine Ver­handlung mit dem zuständigen Kreisgouverne­ment zu einer Rückgabe.

Günstiger für den ursprünglichen Eigentü­mer liegen die Dinge, wenn der weggenommene

Inhaber zu kündigen, selbst dann nicht, wenn offensichtlich sein Grundstück, seine Wohnung oder seine Möbel über Gebühr leiden. Es ist zwar erfreulich, daß für die Besatzungsmacht gebaut wird, allein kein Eigentümer eines beschlagnahmten Hauses oder früherer In­haber einer beschlagnahmten Wohnung weiß, ob nunseine Besatzungsangehörigen in eine der neuen Wohnungen ziehen werden und er hat auch keinen Einfluß darauf.

Berechnung der Entschädigung

Eine feste Regelung möglichst über das deutsche Wohnungsamt, oder wenigstens über ein dem deutschen Wohnungsamt angeschlos­senes, von Deutschen, die die Verhältnisse kennen, verwaltetes Besatzungswohnungsamt könnte mancher unnötigen Schimpferei den Boden entziehen. Auch die Vergütungen für Möbel und Häuser lassen vielfach zu wün­schen übrig. Die Mieten werden meist nach dem alten Einheitswert berechnet und wei­chen dann von den ortsüblichen Mieten nach untenhin ab. (Es besteht übrigens jetzt in vie­len Fällen die Möglichkeit, eine höhere Ver­gütung zu fordern; eine Fühlungnahme mit dem zuständigen Büro auf den Rathäusern ist zu empfehlen.)

Nutzungsvergütungen werden ebenso wie die Belegungsschäden, also die Schäden, die durch unsachgemäße Behandlung entstanden sind, von den deutschen Behörden unter Be­stätigung durch die Besatzungsbehörden fest­

gesetzt Dabei gelten die Entscheidungen im allgemeinen als Maßnahme der Besatzung und nicht als Verwaltungstätigkeit der deutschen Stellen und sind daher meist einer Nachprü­fung durch die deutschen Gerichte entzogen. Da es sich bei den Vergütungen aber letzten Endes um deutsches Geld handelt, so ist auch dieser Punkt ein Stein des Anstoßes.

Verteidigungstruppe statt Besatzung

Unsere Darstellung kann nicht den Zweck haben, alle Berührungspunkte, die der ein­zelne Deutsche mit der Besatzungsmacht hat, umfassend darzustellen. Vielmehr verfolgt sie die Absicht, das öffentliche Augenmerk auf ein Problem zu lenken, das für das Entstehen eines europäischen Bewußtseins bei uns von äußerster Wichtigkeit ist. Zugegeben, es sind von der französischen Besatzungsmacht seit 1945 erhebliche Fortschritte in Richtung auf einen sauberen und geregelten Zustand, der tunlichst auch das Ermessen unterer Dienst­stellen einschränkt, erzielt worden. Allein, es bleibt noch manches zu tun, um wirklich in jeder Hinsicht ein Verhältnis zu erreichen, in dem jeder, welcher Nationalität er auch sei, im Rahmen klarer und vernünftiger Anord­nungen gleich viel wert ist.

Daß für Truppen bestimmte Sonderrechte gelten, weiß der Deutsche von der Zeit her, da in den Kasernen noch deutsche Soldaten lagen. Er möchte nur, daß der Übergang von derkriegerischen Besetzung in das Stadium des friedlichen Beschützens, wie von franzö­sischer Seite erfreulicherweise formuliert wurde, überall seinen Ausdruck finde, auch da, wo möglicherweise materielle Interessen des einen oder anderen Besatzungsangehöri­gen berührt werden.

Vereinigung der Geheimbunde in Afrika

Bildung von Komitees zur Befreiung des Schwanen Erdteiles

dsi. PARIS. Auf Veranlassung des franzö­sischen Nachrichtendienstes in Westafrika fand in den ersten Apriltagen eine vertrau­liche Aussprache zwischen Vertretern der ent­sprechenden englischen, portugiesischen, bel­gischen und italienischen Nachrichtendienste statt Ziel dieses Gedankenaustausches war, eine möglichst weitgehende Zusammenarbeit zur Bekämpfung der sich immer rascher ausbrei- Gegenstand später von der Besatzungsmacht. tenden sogenanntenGeheimbünde in Afrika

freigegeben und durch deutsche Dienststellen verkauft wurde. Hier haben die Eigentümer in den meisten Fällen mit einer Klage gegen den deutschen Erwerber Erfolg.

Eine Besonderheit ergibt sich bei Radios häufig- insofern, als die Militärregierung zahl­reiche'Apparate weitergab, zum Beispiel an Mitglieder der WN. Hier ist zu unterschei­den. ob es sich um eine unmittelbare Anord­nung der Militärbehörden handelt die dann durch die deutschen Gerichte nicht nachgeprüft werden kann. oder ob die Beschlagnahme nur als sogenannte Sicherungsmaßnähme ver­fügt wurde. Beide Tatbestände stellten sich für den Betroffenen äußerlich ziemlich gleich dar; Es hängt nun vom Ermessen der Besat- zungsinacht ab, wie sie ihre zurückliegenden Maßnahmen heute bezeichnet. Handelte es sich nämlich nur um eine Beschlagnahme als Si­cherungsmaßnahme und wurde der Gegen­stand später freigegeberi, so überläßt die Be­satzungsmacht die Entscheidung der Eigen­tumsfrage den deutschen Gerichten. Auch hier wird eine Klage gegen den späteren deut­schen Besitzer meist zum Ziele führen.

Wohnungen und Möbel

Das heikelste Kapitel ist nach wie vor die Beschlagnahme von Wohnraum und Möbeln. Noch immer hat der Eigentümer keine recht­liche Handhabe, dem fremden Wohnungs-

vorzubereiten. Die Tätigkeit der Geheimge­sellschaften, die. für eine Befreiung des Schwarzen Erdteils von der Herrschaft der Weißen kämpfen, ist seit März 1950 ununter­brochen und beunruhigend angewachsen

Die Besprechungen ergaben, daß die ge­fährliche Aktivität der Geheimbünde von zwei Zentralen aus gelenkt wird, von denen die eine in Nördafrika, im Bereich von Bone liegt, während die andere im Kongo ihren Sitz hat- Die Tätigkeit deS hach dem letzten Kriege gegründeten illegalenGeheimkomitees für die Befreiung. Algeriens hat die Gefährlich­keit solcher unterirdischen Organisationen erstmals eindringlich hervortreten lassen. Man wurde auf das Wirken dieses Geheimkomitees ln Algerien aufmerksam, als Ende letzten Jahres ein sogenannterKomplott der Sepa­ratisten aufgedeckt werden konnte und sich gleichzeitig herausstellte, daß diese illegale Organisation, an deren Spitze einflußreiche Persönlichkeiten mit direkter Fühlung zur Arabischen Liga stehen, über sehr erhebliche Geld- und Waffenvorräte verfügt.

Die zuerst auftauchende Vermutung, die Waffen seien von einer östlichen Macht nach Nordafrika geschafft worden, erwiesen sich als unrichtig, nachdem zwei kleinere Waffen­depots ausgehoben werden konnten. Es ergab sich, daß es sich um Waffen aus deutschen und Italienischen Herresbeständen aus den Jahren 1942/43 handelte. Diese Waffen stamm­

ten zum größten Teil aus Lagern in Tripolita- nien und sind von dort im Laufe des letzten Jahres nach Tunis, nach Algerien, aber auch nach Marokko und bis hinunter nach dem Bel­gischen Kongo geschmuggelt worden. Die Un­tersuchungen ergaben ferner, daß zwischen den illegalen Organisationen Nord- und Zen­tralafrikas bereits eine weitgehende Zusam­menarbeit besteht

Die Führung unter den Geheimbünden des Kongo liegt in den Hände der Männer, die zur Matsua-Geheimgesellschaft gehören. Matsua war ein alter Rebell und Verschwörer, der be­reits im Jahre 1926 eineGesellschaft der Äquatorial-Afrikaner gründete und diese zu einem, gewissen Erfolg brachte. 1939 schaffte man Matsua, der ein paarmal in Paris aufge­taucht war, nach Brazaville, wo er im Jahre 1942 unter mysteriösen Umständen starb.

Die Matsua-Leute, die heute eine sehr diszi­plinierte illegale Geheirnprganisation , bilden, arbeiten im Belgischen Kongo sowohl mit den Kibangu-Leuten, als auch mit denKite- wala-Verschwörern zusammen. Es ist bezeich­nend, daß die Anhänger des belgischen Ne­gers Simon Kibangu im mittleren Kongo ihre illegale OrganisationLiga des Gottes tn brauner Uniform nennen.

Zu den gefährlichsten Geheimbünden, mit denen die westlichen Mächte in absehbarer Zeit rechnen müssen, gehört dieGesellschaft der Bwiti, die in Spanisch-Guinea, in Süd- Kamerun und in Gabun weitgehend die Ein­geborenenbevölkerung in der Hand hat und in enger Fühlungnahme mit denYekombos steht, die sich von Kamerun aus in Äquato­rial-Afrika ausgebreitet haben. Ferner stehen sie in Zusammenarbeit mit denAlar-Ayongs, einer mit modernsten Nachrichtenmitteln aus­gerüsteten Geheimorganisation in Zentralafrika, die übrigens auch in Europa Spitzel unterhält.

Die beiden erfolgreichen NSU-WeUrekora-Fah- rer Hermann Böhm (links) und Wilhelm Herz (s. a. Sportteil dieser Ausgabe).

Krönung sstein aufgelumien

DUNDEE. Der britische Krönungsstein, der am Weihnachtsmorgen aus der Londoner West- minster-Abtei gestohlen und seitdem fieber­haft gesucht worden war, ist am Mittwoch dem Kloster Arbroath bei Dundee überge­ben worden. Ein großer Wagen fuhr am Mitt­wochmorgen am Hauptportal des Klosters vor. Der Küster der alten Abtei, die teilweise zer­fallen ist, öffnete das Tor und wollte sich nach dem Begehr der drei Männer erkundi­gen. Ohne sich jedoch zu erkennen zu geben, luden sie einen großen Stein vom Wagen, der mit der schottischen Nationalflagge be­deckt war. Sie legten den Stein auf dem Hochaltar in der Klosterkirche nieder, unter dem sich das Grab des schottischen Kön ; gs Williamder Löwe aus dem Mittelalter be­findet.

Der wiedergefundene Krönungsstein ist am Donnerstag von Kloster Arbroath nach Glas­gow überführt und dort von der Polizei mit Hilfe eines ausgebrochenen kleinen Stückchens endgültig alsder richtige identifiziert wor­den. Der Generalstaatsanwalt quält sich in­zwischen mit der Frage, ob er die Diebe vor Gericht bringen soll. Man befürchtet daß die Schotten in einem Verfahren den Spieß üm- kehren und erklären könnten, daß der Dieb eigentlich der britische König Eduard I. sei, der den Stein 1296 widerrechtlich aus Schott­land entwendet hat.

Hollywood will MacArthur engagieren

HOLLYWOOD. Der Hollywooder Filmpro­duzent Tom McGowan hat General Mac- Arthur am Mittwoch eine Filmrolle mit einer Wochengage von 3000 Dollar: angeboten. In einem Telegramm forderte McGowan General MacArthur auf, die Rolle des Titelhelden in einem neuen Film zu spielen, der die Ge­schichte eines amerikanischen Offiziers des zweiten Weltkrieges behandelt, dessen Maß- j nahmen durch Direktiven aus Washington be­hindert werden. Wenn MacArthur Zusage, werde der bekannte Drehbuchautor Samuel Taylor die Rolle so umschreiben, daß sie der Würde unseres verehrten Generals völ­lig angepaßt ist, heißt es in der Offerte.

Schmeling macht Sekt

HAMBURG. Max Schmelings Eierli­körgeschäft geht so gut, daß er jetzt eine Stufe höher gestiegen ist. Er versucht es mit Sekt. Seit 14 Tagen ist der ehemalige Weltmeister Mitinhaber einer der ältesten Sekt- und Wein­kellereien Westdeutschlands, der seit 1855 be­stehendenAlter Eickemeyer-Kellerei in Wiesbaden-Kostheim. , Maxe wird aber in Hamburg wohnen bleiben und nach wie vor seine Eier- und Nerzfarm weiterführen.

Frfihlinosrätsel

Noch steht der Wald entlaubt und leer; doch schon stäubt die Hasel, knospen die Wei­den, die österlichenPalmkätzchen, und wek- ken der Frühlingssonne wärmende Strahlen die noch schlummernden Keime. Smaragden leuchtets auch aus dem Unterholz des Laub­waldes und ein süßer, schwerer," betäubender Duft entströmt einem unscheinbaren, dünnen Stämmchen. So besingt Johann Trojan den Seidelbast, auch Zeiland, Kellerhals oder Pfei­ler genannt, der unseren Sprachgelehrten so viele Rätsel aufgegeben hat. Während die ei­nen das Wort des feinen seidigen Bastes we­gen von Seide ableiten, beziehen es andere auf die Bienen, welche im Frühjahr die schönen hellpurpurnen Blüten besuchen, die zu Bü­scheln gehäuft die noch blattlosen Stengel schmücken. Sie erinnern daran, daß Zeidler (althochdeutsch zidalari) gleichbedeutend mit Bienenzüchter ist und daß zeideln oder zideln soviel heißt wie Honigscheiben aus dem Bie­nenstöcke schneiden.

Der Sprachforscher Jakob Grimm leitet je­doch den Namen Seidelbast von einem ganz anderen sprachlichen Ursprung her: Er weist darauf hin, daß die alte Lesart Ziolinta auf Zio, den Kriegsgott der Germanen hindeute, daß linta soviel wie Bast heiße und Seidelbast daher für Zeilinde stehe. Für diese Herlei­tung des Wortes Seidelbast spricht jedenfalls der altnordische Name Thyrvidr der Pflanze, die Tbyr oder Ziu geweiht war. Der son­derbare NameKellerhals, in Livland Quä­lerhals. hängt jedenfalls mit keilen, dem alt­hochdeutschen quellen= brennen (englisch Quell) zusammen, weil die Früchte des Seidel­bastes, deren Gift ein kräftiges Abführmittel *t, Im Halse heftiges Brennen verursachen.

Die BezeichnungPfeiler, welche in Ba­yern gebräuchlich ist, bezieht steh wahrschein­lich auf die glänzend roten Beeren, aus denen in früheren Zeiten eine rote Malerfarbe ge­macht wurde. Unter Pfeiler, althochdeutsch

p hellöl, verstand man nämlich ein Seidenzeug von glänzender, insbesondere roter Farbe.

Der botanische Name Daphne mezereum stammt vom griechischen daphne gleich Lor­beer wegen der Ähnlichkeit der Blätter. Me­zereum ist aus mazeryin, dem persischen Na­men des Strauches abgeleitet und bedeutet töten, weil die Pflanze in all ihren Teilen ein starkes Gift enthält, weshalb ihre Rinde frü­her in der Apotheke (als Cortex Mezerei) Ver­wendung fand. W. M.

Boulevard der Dämmerung

Deutsche Uraufführung im Marmorhaus, Berit«

Über den Gloria Swanson-FilmSunset Bou­levard, der jetzt unter dem TitelBoulevard der Dämmerung in deutscher Fassung bei uns herauskornmt, wurde seit Monaten aus ameri­kanischen Quellen so viel geschrieben, daß er dadurch von vornherein auch bei uns zu einem Ereignis wurde. Die Berliner Filmwelt war denn auch vollzählig bei der deutschen Uraufführung im Marmorhaus am Kurfürstendamm vertreten, aber es gab am Schluß keinen Beifall, wie das sonst bei bedeutenden Filmpremieren üblich ist. Man beurteilte diesen aus dem üblichen Rah­men fallenden Film nicht einheitlich, überwie­gend ging die Meinung dahin, daß es ein für unser Empfinden allzu kaltschnäuzig, um nicht zu sagen grausam gemachter Film ist. Der be­rühmte Stummfilmstar Gloria Swanson, den man seit zwei Jahrzehnten nicht mehr auf der Leinwand sah, hat hier sich selbst zu spielen und zwar als eine hysterische von der fixen Idee besessene Person, die sich einbildet, sie sei im­mer noch eine große Berühmtheit und das Publi­kum warte ungeduldig auf ihr Wiedererschei­nen im Film. Ein paar echte menschliche Züge gibt es um William Holden und Nancy Olsen sowie ln einer Episode um den Regisseur Ce- cile de Mille, der sich selbst zu spielen hat. Erich von Stroheim gibt als ehemaliger Regis­seur und Gatte der Diva, der sich jetzt zu ih­rem Kammerdiener erniedrigt hat, eine seiner skurrilen Gestalten. Das Ganze ist zu ame­rikanisch. als daß wir es rückhaltlos bejahen könnten; auf alle Fälle ein ausgefallener Film.

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Arbeitstagung der Kreisarchivpfleger

In Sigmaringen trafen sich die Archivpfle­ger der zum Staatsarchiv Sigmaringen gehören­den Kreise Württemberg-Hohenzollerns (Sigma­ringen, Heehingen, Reutlingen, Münsingen, Ba­lingen, Horb, Rottweil, Tuttlingen) zu einer Ar­beitstagung. Oberarchivrat Dr Herberhold. Sigmaringen, sprach über die Aufgaben der Ar­chivpfleger, die die sachgemäße Unterbringung des Gemeindearchivguts zu überwachen haben und den zuständigen Verwaltungsorganen bera­tend zur Seite stehen sollen. In den Kriegs- und und Nachkriegsjahren hätten die Gemeindear­chive teils durch höhere Gewalt, vielfach aber in­folge Unachtsamkeit und Verständnislosigkeit, unersetzliche Verluste erlitten. Wertvolle Urkun­den und Schriftdenkmale, oft die einzigen Zeu­gen bedeutsamer Rechtsvorgänge vergangener Jahrhunderte, seien verschleudert worden. Schrift­denkmale aber seien genau wie Baudenkmäler und alte Kunstwerke Eigentumsstücke der Ge­meinde. für deren Schutz und Erhaltung die Bür­germeister verantwortp'-'i Den staatlichen

Archiven stehe das Aufsichtsrecht zu, und ohne ihre Genehmigung dürfe grundrgt7li"h kein Ak­tenmaterial ausgeschieden werden mn A rw- pfieger wurden beauftragt, an Hand der Kreis- tnventare die Archivbestände der Gemeinden auf ihre Vollständigkeit zu überprüfen, um sie für Forschung und Verwaltung zugänglich zu machen.

Kulturelle Narhrirhton

In Blaubeuren findet vom 19. bis 21. Mai ein Dichtertreffen statt, das zu einer periodi­schen Dauereinrichtung werden soll. Außer den Autoren Gerd Gaiser, Karl Götz, Rolf Haselstange. Wilhelm von Scholz, Wilhelm Schäfer, Her­mann Kasack, Albrecht Goes, Theodor Plivier und anderen wird auch eine Reihe süddeutscher Verleger und Rundfunkintendanten anwesend sein.

Der Verwaltungsrat des Stifter­verbandes für die deutsche Wissenschaft ge­nehmigte am Donnerstag den Jahresvoranschlag, nach dem 800 000 DM für die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, 150 000 DM für den wissenschaftlichen Nachwuchs, 100 000 DM für

den deutsch-amerikanischen Austauschdienst und 100 000 DM für die Studienstiftung des deutschen Volkes vorgesehen sind.

In Turin erschien ein von dem bekannten Kunsthistoriker G. C. Argan besorgtes Werk Walter Gropius e la Bauhaus, das zum erstenmal die deutsche Architekturbewe­gung um das .Bauhaus" den italienischen Archi­tekten vermittelt.

Der über 50jährige Streit um die Errichtung eines Heinricb-Heine-Denkmals in Düsseldorf ist jetzt endlich beigelegt. Um der Wesensart des in Düsseldorf geborenen Dichters möglichst nahezukommen, beschloß der Düssel­dorfer Stadtrat, zur Erinnerung an den großen Sohn der Stadt einen weiblichen Akt in Bronze des berühmten französischen Bildhauers Aristide Maillol aufzustellen.

Füi den Bücherfreund

Vom Werden Rußlands

Michael P r a w d 1 n, Rußland, Deutsche Ver­lagsanstalt, Stuttgart 1951. 381 S

Mit allem schriftstellerischen Raffinement Ist hier die Geschichte Rußlands dargestellt, von der Grundlegung des russischen Reiches durch den Warägerfürsten Rurik im 9. nachchristlichen Jahrhundert bis zu seiner politischen Konsoli­dierung unter Peter dem Großen Prawdtn, der vor Jahren mit seinem BucheTschingis Chan und sein Erbe sich als profunder Kenner des geschichtlichen Stoffes und zugleich als gu­ter Stilist erwies, fußt in seinem neuen Buche wiederum auf umfänglichen Literaturstudien. Das Buch ist ein Versuch, das Phänomen Ruß­lands uns näher zu bringen und zu erhellen Aus dem Wissen um die historische Vergangenheit des Landes wächst die Erkenntnis russischen We­sens, wie es sich noch heute uns vorstellt. Zwi­schen dem fernen Osten und dem Westen gele­gen entschied sich Rußland zur Zeit der Mon­golenstürme für den Osten und bestimmte da­mit jenen politischen Kurs, der noch ln unserer Zeit für seine äußere Zielsetzung verantwortlich ist.