NUMMER 51
SAMSTAG, 14. APRIL 1951
der Mensch das merkt oder nicht merkt. Gott ist da, auch wenn wir ihn für tot erklären oder ihn nicht mehr erkennen. Der Mensch tut an sich selbst Unrecht durch seinen Unglauben. Sein freiwilliger Tod beleidigt den Schöpfer, von dem Leben, Leib und Geist dem Menschen gegeben sind. Gegeben als Gabe, als Geschenk, Mit einem Geschenk darf kein Mißbrauch, auch kein Mißbrauch der Freiheit getrieben werden. Im Selbstmord aber leugnet der Mensch seinen Schöpfer.
Wir haben Beispiele aus der jüngst vergangenen Zeit, wo der Freitod geradezu gelehrt wurde im Namen des Volkes, der Gemeinschaft. Wer aber das Volk an die Stelle Gottes setzt, treibt einen noch böseren Mißbrauch mit dem Geschöpf als der, der ohne Reue und ln Sünden stirbt. Der Hinweis auf naturgegebene Notwendigkeiten sticht nicht, es gibt für den Christen keine Macht, mag sie sein, was sie will, die ein letztes Verfügungsrecht über den Menschen hätte. Es ist nicht entscheidend, ob man, wie es Dietrich Bonhöffer sagt, „aus niedrigen Motiven am Leben bleibt oder aus edlen Motiven aus dem Leben geht“, sondern entscheidend ist, daß der Mensch stets offen bleibt für Gott, seinen Gnaden- und Bußruf und im Glauben die Umkehr und damit die Errettung ergreift.
Schüsse am Fee Genezareth
Israel gibt nicht nach
JERUSALEM. Die Lage an der syrisch-israelischen Grenze hat sich am Donnerstag erneut verschärft. Einer UN-Kommission, die von syrischer Seite die Grenze überschreiten und die entmilitarisierte Zone betreten wollte, wurde von israelischen Behörden das Geleit versagt. Ferner wurde der arabische Ort Ghannamen nach Angabe des Führers der syrischen Delegation, Major Ghassan G d i d, in den Morgenstunden von israelischen Truppen unter Feuer genommen. Der Stabschef der UN- Waffenstillstands-Kommission verlangte vom israelischen Außenministerium Einstellung der Angriffe auf arabische Dörfer ln der entmilitarisierten Zone, Zutritt für die Überwachungsoffiziere in diese Zone, ferner forderte er, den evakuierten arabischen Bauern die Rüdekehr in ihre Dörfer zu gestatten. Israel hat diesen drei Forderungen bisher nicht entsprochen. _
McCloy will nicht
Alliierte Botschafter ln Deutschland?
FRANKFURT. Der amerikanische Hohe Kommissar, John M c C1 o y, beabsichtigt nach den beim amerikanischen Hohen Kommissariat in Frankfurt vorliegenden Informationen nicht, den Posten des ersten amerikanischen Botschafters in der Bundesrepublik zu übernehmen. McCloy will nach dieser Quelle höchstsens noch solange als Vertreter der USA in Deutschland bleiben, bis aus der alliierten Hohen Kommission Botschaften der drei Westmächte entstanden sind. Der Zeitpunkt dafür ist noch offen. Als frühester Termin gilt der Herbst dieses Jahres, als spätester das Frühjahr 1052.
„Bü&qeselj“ nicht mehr nötig?
BONN. Parlamentarische Kreise in Bonn hoffen, daß das „Blitzgesetz“ über die Verlängerung der Legislaturperiode in Südbaden und Württemb' - Hohenzollem, gegen das mehrfach ernste vorfassungsrechtliche Bedenken erhoben wurden, nicht mehr in Kraft zu treten braucht. Es bestehen Aussichten, daß der Gesetzentwurf für die Volksabstimmung über den Südweststaat, der in der nächsten Woche im Plenum des Bundestages in zweiter und dritter Lesung beraten wird, eine Verkündung des Blitzgesetzes überflüssig macht. Es müßte dann nur eine Bestimmung aufgenommen werden, wie etwa: „Die Legislaturperiode der Landtage wird verlängert“. Voraussetzung ist allerdings, daß das Abstimmungsgesetz, das noch den Bundesrat durchlaufen muß, bis zum 29. April in Kraft tritt. An diesem Tag müßten sonst nämlich, der Landesverfassung gemäß, in Südbaden 6chon die Neuwahlen ausgeschrieben werden.
Pariser Vorkonferenz stagniert
In Erwartung der Rückkehr des BerHers Achesons
PARIS. Die Verhandlungen der stellvertretenden Außenminister stagnieren. Sowohl die westlichen Delegationen wie auch die sowjetischen warten auf die Rüdekehr Böhlens, des Beraters des amerikanischen Außenministers, aus Washington. Sie wird nach Auffassung der Konferenzbeobachter erweisen, ob die Amerikaner noch weiterhin hoffen, bei den Pariser Verhandlungen zu einer Kompromißformel zu gelangen, oder ob sie es vorziehen, die Außenministerkonferenz mit zwei getrennten Tagesordnungsvorschlägen zu beginnen. Dann würde die Konferenz der Stellvertreter vertagt, bevor die Gegensätze im Palais Marbre Rose sich noch weiter verhärten und eher zu einer Verschärfung als zu einer Entspannung der Internationalen Lage führen.
Bis zum Wiedereintreffen Böhlens in Paris vertreiben die westlichen und der sowjetische Delegierte ihre Zeit damit, ihre eigenen Tagesordnungsvorschläge und die von ihnen selbst gemachten Zugeständnisse zu preisen, dem Verhandlungspartner Hintergedanken vorzuwerfen und sein tatsächliches Entgegenkommen In Frage zu stellen.
Die westlichen Vertreter erklärten am Don
nerstag erneut gegenüber Gromyko, die Russen könnten nicht verlangen, daß sie deren Tagesordnungsvorschlag annehmen. Dies würde bedeuten, daß man sich die Konzeption der sowjetischen Politik zu eigen mache.
Gromyko behauptete seinerseits, die Westmächte meinten es nicht ernst mit der Demili- tarisierung Deutschlands, die für die Russen der wichtigste Punkt sei. Kaum habe die Sowjetunion auf Wunsch der Westmächte darauf verzichtet, die Demilitarisierung Deutschlands als gesonderten Punkt zu behandeln, da zeige sich bei ihnen bereits ein deutliches Bestreben, diese noch weiter in den Hintergrund zu drängen als bisher. Wenn die Westmächte auf der anderen Seite die Gründe der internationalen Spannung in Europa ernsthaft zu behandeln und sie zu beseitigen wünschten, dann müsse auch vom Atlantikpakt und den atlantischen Basen geredet werden.
Die kommende 7. Woche der Stellvertreterkonferenz gilt in unterrichteten Kreisen als ihre letzte, es sei denn, daß die Engländer und die Franzosen gegenüber den Amerikanern nachdrücklich darauf bestünden, es weiterhin bei dem nervenabnützenden Geduldspiel zu belassen.
Queuille droht mit Rücktritt
Forderangen an die Nationalversammlung
PARIS. Der französische Ministerpräsident Henry Queuille drohte mit dem Rücktritt seiner Regierung, wenn die Nationalversammlung nicht die folgenden Maßnahmen billige: Festsetzung der allgemeinen Wahlen auf den 10. Juni; Steuererhöhungen um etwa 52 Milliarden Franc (630 Millionen DM); Preissubventionen für die in der Landwirtschaft benötigten Waren, insbesondere künstliche Düngemittel; Bewilligung von weiteren 30 Milliarden Franc für die französischen Truppen in Indochina. Sollte die Nationalversammlung, der die Anträge gestern vorgelegt wurden, auf einer Debatte bestehen, müßte Queuille seinen Rüdetritt erklären.
Die neue Saarregierung
SAARBRÜCKEN. Die in Saarbrücken erscheinende sozialdemokratische „Volksstlmme“ veröffentlichte eine Information, nach der Ministerpräsident Johannes Hoffmann neben seinem Posten als Ministerpräsident auch das Kultusministerium übernehmen wird. Drei der übrigen fünf Minister sollen Fachminister sein. Alle werden der CVP angehören. Voraussichtlich wird der bisherige Staatssekretär Viktor wieder das Innenministerium leiten. Wirtschaft, Verkehr, Ernährung und Landwirtschaft sollen dem Syndikus des Arbeitgeberverbandes, R u 1 a n d , übertragen, das Arbeits- und Justizministerium soll von einem Beamten des Landesversicherungsamtes, Welsch, verwaltet werden.
Kleine Weltchronik
FRANKFURT. Das amerikanische Hohe Kommissariat will in Kürze die Bundesregierung zur teilweisen Wiederaufhebung der Verkaufssperre von STEG-Waren ermächtigen. Eine amerikanische Untersuchungskommission hat bereits alles amerikanische Heeresmaterial, das der STEG übergeben worden war, auf seine Wiederverwendbarkeit für die amerikanischen Streitkräfte in Europa überprüft
KOBLENZ. Wohnungsbauminister Wildermuth erklärte auf einer FDP-Wahlversammlung, daß auch in diesem Jahr wieder 350 000 Wohnungen gebaut werden sollen. Der schwierigste Engpaß liege bei den Kohlen.
GELSENKIRCHEN. Trotz fieberhafter Bergungsarbeiten ist es bisher nicht gelungen, drei Bergleute zu befreien, die in der Nacht zum Donnerstag verschüttet wurden.
BERLIN. Seit Beginn der wärmeren Jahreszeit steigt der Strom der Flüchtlinge aus der Ostzone nach Westberlin wieder an. Zurzeit melden sich täglich Im Durchschnitt 200 Personen, die um die Anerkennung als politische Flüchtlinge nachsuchen. Vom 1. Oktober 1948 bis 31. März 1951 sind 26 500 Personen als politische Flüchtlinge anerkannt worden. Die Zahl der In Berlin verbliebenen nicht anerkannten Flüchtlinge wird auf rund 100 000 geschätzt.
BERLIN. Eine Urkunde mit den Unterschriften von 16 Millionen Amerikanern, die sich damit für die Ideale der Freiheit ausgesprochen haben, wurde am Donnerstag dem Berliner Oberbürgermeister Prof. Reuter übergeben. Sie soll unter der Freiheitsglocke ln dem Turm des Schöneberger Rathauses aufbewahrt werden.
OSLO. Die norwegische Regierung will sieben von 25 Schiffswracks, die den Verkehr im Hafen von Narvik behindern, heben lassen. Die beiden deutschen Schiffe „Aachen“ und „Hein Hoyer“ sollen nach der Hebung repariert, werden.
KOPENHAGEN. Bei den dänisch-amerikanischen Verhandlungen über die Verteidigung der Insel Grönland wurde der Entwurf für ein neues Abkommen fertiggestellt, der vorsieht, daß Dänemark die Verteidigung der Insel zu Wasser übernimmt, während die USA für die Luftverteidigung sorgen. Das Abkommen soll zwanzig Jahre gelten.
DEN HAAG. Sowjetische Stellen haben der niederländischen Militärmission in - Berlin mitgeteilt, daß ln Kürze eine zweite Gruppe von etwa 100 niederländischen Kriegsgefangenen — frühere Nazis — nach den Niederlanden repatriiert werden soll. Nach inoffiziellen Schätzungen verbleiben nunmehr noch etwa 200 Niederländer in der Sowjetunion.
PARIS. Der Oberbefehlshaber der Atlantikpaktstreitkräfte, General Eisenhower, ist nach seiner viertägigen Inspektionsreise durch Westdeutschland am Freitagmorgen nach Paris zurückgekehrt.
ROM. Papst Pius XII. empfing am Freitag die britische Thronfolgerin Prinzessin Elisabeth und ihren Gatten, den Herzog von Edinburgh, in Privataudienz.
BELGRAD. UN-Generalsekretär Trygve Lie traf am Donnerstagnachmittag auf dem Luftwege zu einem Besuch in Belgrad ein.
MOSKAU. Der sowjetische Außenminister Wyschinski hat seine Amtstätigkeit noch nicht wieder aufgenommen. Vor einiger Zeit war bekanntgegeben worden, daß Wyschinski erkrankt sei, sich aber auf dem Wege der Besserung befinde.
LAKE SUCCESS. Die UN haben Ihre 60 Mitglieder schriftlich aufgefordert, mitzuteilen, welche Einheiten ihrer Streitkräfte eie für die in einer im vergangenen Herbst angenommenen amerikanischen Besolution vorgesehenen Anti- Aggressions-Armee der UN bereitstellen wollen.
Bemerkungen zum Tage
Letzte Phase des Vorspiels
cz. Die Absetzung MacArthurs hat für einige Tage die Pariser Vorkonferenz der vier Großmächte in den Hintergrund treten lassen. Nun, da sich die Erregung langsam wieder legt, stellt sich von selbst die Frage, inwieweit beides zueinander in direkte Beziehung zu setzen ist. Wenn derzeit die Außenministerstellvertreter die Rückkehr Böhlens, des Beraters Achesons, aus Washington abwarten, weil sie annehmen, daß er neue Direktiven mitbringt, so geht daraus eindeutig hervor, daß man nicht nur neue Konzessionen, sondern auch eine Modifizierung des bisherigen Kurses Washingtons erwartet. Dabei dürft« die „Frpntbereinigung“ in Fem-Ost, die Tru- man mit der Begründung rechtfertigte, di« USA wollten alles tun, um einen dritten Weltkrieg zu verhindern, ein gewichtiges Wort mitsprechen, zumal es ja schließlich eben das Ziel der Pariser Verhandlungen ist, es nicht zu einem dritten Weltkrieg kommen zu lassen. Wir stehen somit heute in der letzten Phase des Vorspiels. Von einem Scheitern dieser Besprechungen ist seit Wochen nicht , mehr die Rede. Und das Ergebnis: man kann nur hoffen, daß die bereits gehaltenen Reden auf der Außenministerkonferenz keine neue Dauerauflage erleben, sondern man, nachdem ein wesentlicher Teil der Ressentiments bereits abreagiert ist, sofort zur Sache kommt, die da „Rettung des Weltfriedens“ heißt, gleichgültig, ob man mit einem oder mit zwei Tages- ordnungsvorschlägen — einem westlichen und einem sowjetischen — es zu tun hat.
Mit einem gelben Schal
hr. Wie wenig seinerzeit aus Briands und Stresemanns ehrlichen Bemühungen um eine deutsch-französische Aussöhnung geworden ist, wissen beide Lager noch zu gut, um ohne Vorbehalte glauben zu können, wenn sie den Bundeskanzler jetzt in Paris versprechen hören, der Schumanplan mache mit der Solidarität der Stahl- und Kohleproduktion jede Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Deutschland unmöglich. In Wahrheit befindet sich aber Adenauer in einer wesentlich besseren Situation als sein unglücklicher Vorgänger Stresemann. Jener Kriegsächtungspakt vom Jahre 1928 war Rhetorik ohne Verankerung im Materiellen. Der Schumanplan von 1951 hat hinter einem dünnen Wortschleier massive Fundamente aus Stahl und Kohle.
Es geht bei den Verhandlungen im Qual d'Orsay darum, die Bedingungen auszuhandeln, unter denen die künftige „europäische Stahl- und Kohleproduktion“ arbeiten soll. Die Befürworter sagen: „Das Ziel des größeren Europa muß über allem Egoismus stehen. Überdies gewinnen wir einen Markt von 150 Millionen Verbrauchern.“ In der Bundesrepublik argumentieren die Gegner: „Die Deutschen haben in hundert Jahren ihre Schwerindustrie sehr ergiebig gemacht, ergiebiger als die der anderen. Den Ertrag dieser Arbeit müssen sie jetzt bis auf einen Rest aufgeben. Was mit dem Rest geschieht, bestimmt di« hohe Behörde.“ Nun hat aber der sozialdemokratische Oppositionsführer bei seinen ungezügelten, fast sturen Angriffen einen eigenartigen Nebenerfolg erzielt. Je lauter die Kassandrarufe zu Hause, desto mehr kann der klug« Kanzler von den - wirtschaftlich schwächeren - Partnern am Konferenztische verlangen: ...„Sie sehen selbst, meine Herren, daß ich nicht mit leeren Händen heimfahren kann.“ Vielleicht wird Konrad Adenauer, der zum traditionellen schwarzen Homburghut einen ganz unorthodoxen aggressivgelben Schal trägt, der bereits zum Gesprächsthema wurde, unter diesem Gesichtspunkt in einer Art diplomatischer Volte sogar das Saarproblem im deutschen Sinne zur Sprache bringen. Er hätte — wenn nicht alles trügt — dazu einen vorzüglichen Start. Es geschähe ja im Hinblick auf die kommende europäische Einheit und mit dem Bemerken, daß — nach der Unterzeichnung des Schumanplans — die Saar doch als Kohle- und StahlUeferant für Frankreich uninteressant werde.
Big 7 oddy . I 31
Der Kauf herr aus CIHIIII^IA
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Das Geflüster und Geraune der Träumenden füllte den Raum. Langsam tropften die Minuten dahin. Endlich war es so weit. Der Captain gab das Zeichen zum Aufbruch. Sie gaben sich keine besondere Mühe leise zu sein und benahmen sich ganz wie zwei Neulinge, denen das Opium nicht gut bekommen war. Benommen schwankten sie auf den Gang und näherten sich langsam dem Vorhang am Ausgang. Dort verhielt der Captain, blickte eich vorsichtig um, aber er konnte niemand in dem langgestreckten Raum erblicken. Das unsichere Rotlicht hüllte alles in Dämmerung.
Rasch trat Griffins in den Schatten des verlängerten Ganges und zog Tom nach sich. Sie tasteten sich in der Finsternis voran. War da nicht ein schmaler Lichtstreif? Unwillkürlich bückte sich Tom ein wenig, und das rettete ihm vermutlich das Leben.
Ein leises Schwirren pfiff an seinem Ohr vorüber, er begriff halb im Unterbewußtsein, daß ein Messer über ihn weggefahren war. Vor ihm steckte eine Klinge in der Brettertür. Gleichzeitig hatte sich der Captain zur Seite geworfen. Schon fuhr ein zweites Messer neben dem ersten ins Holz. Noch knieend zog Griffins den schweren Browning und wandte sich in die Richtung des Angriffs, aber er konnte nur mehr ein verzerrtes gelbes Gesicht hinter dem Vorhang verschwinden sehen.
Big Toddy wollte nachstürzen, aber der besonnenen Captain hielt ihn zurück. „Nutzlos“, sagte er leise, „der Kerl ist schon draußen in dem finsteren Hof, und er kennt sich besser aus als wir ...“
Dann kam ihm ein furchtbarer Gedanke Hart umfaßte er Toms Arm.
„Wir müssen nach Wellington-King sehen, Tom!“ Sie rissen die Brettertür auf und fanden auf einem schmalen Flur zwei oder drei Türen. Eine davon stand offen und Licht fiel daraus hervor. Als sie eintraten, sahen sie das Unglück.
Der gewaltige Körper des Wirtes lag mitten im Zimmer und in der Kehle steckte ein chinesisches Wurfmesser,
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Die beiden machten zunächst gar keinen Lärm und durchsuchten nur den Raum. Das kleine Zimmer war mit einem Geschmack eingerichtet, den man hier in diesem Vorstadtkeller kaum vermutet hätte. An den Wänden hingen Teppiche, eine Reihe von wertvollen Porzellangefäßen, Löwenflguren und Tänzerinnen schmückten die Lackkästchen und auf dem bastgeflochtenen Sessel lag ein altes japanisches Krummschwert, gerade als habe es jemand als Waffe von der Wand genommen. Ja dort fehlte es. Ein runder Bronzeschild und ein Speer hingen noch. Der Haken für das Schwert war frei.
Während Tom dies feststellte, machte auch Griffins eine bedeutsame Entdeckung. Der Tote lag auf dem Rücken und hatte die gewaltigen Arme von sich gestreckt. Auf seiner Brust lag ein kleines gelbliches Blatt mit einem einzigen chinesischen Schriftzeichen. Der Grüne Drache schimmerte zart als Unterdrück. Die Schrift schien in höchster Eile und mit einem stumpfen Gegenstand aufgemalt, anstatt Tusche war Blut verwendet: Wellington- Kings Blut!
Vorsichtig nahm der Captain das Reispapier auf. Noch war die Schrift nicht getrocknet. Er schwenkte es hin und her, um es einstecken zu können. In diesem Augenblick öffnete sich ein schmaler Türspalt lautlos, nur ein winziges Knarren verriet es. Sofort fuhr der Captain herum, in seiner Hand drohte die Pistole.
Ein dünner Schrei ertönte, aber schon war
Tom mit einem Satz an der Tür, und es gelang ihm noch eben ein Mädchen zu fassen, ehe es schreiend zum Lokal davonrannte.
Es war die Kleine, die sie vorhin in die Kabine gewiesen hatte. Sie wehrte sich, versuchte zu kratzen und stieß mit den winzigen Füßen. Toms breite Tatze hielt den kleinen Mund fest verschlossen. „Sei still, kleines Mädchen, es wird Dir nichts geschehen, wenn Du ruhig bist“, sagte er halblaut. Damit zogen sie die Widerstrebende ins Zimmer hinein. Sie verschlossen die Tür.
Das Mädchen sah ein, daß es ruhig sein mußte und ergab sich dem Gleichmut des Ostens. Sie lag ruhig auf der Ottomane und sah großäugig zu den Männern empor.
„Willst Du jetzt schweigen, Kätzchen?“ fragte Griffins. Das Mädchen nickte. Da ließ Tom die Hand von ihrem Mund.
„Sprechen dürftest Du schon, es wäre uns sogar lieb“, lächelte Tom, „wer hat Deinen Herrn ermordet?“
„Meinen Vater“, schluchzte das Mädchen. „Meinen unbezwinglichen Vater, der in Tschau- Feng berühmt war für seine Stärke!“
„Ihr stammt aus Tschau-Feng?“ staunte der Captain.
Das Mädchen nickte.
„Und wer war der Mörder?“
„Der Messerwerfer Tschai-Fu, Sir. Dieser Teufel hat seine Drohung wahr gemacht.“ „Tschai-Fu hat Deinem Vater gedroht?“
„Ich hörte, wie sie sich stritten. Und Tschai- Fu sagte, es gäbe Messer, die unfehlbar ihr Ziel träfen.“
..Worum stritten sie, konntest Du die Worte verstehen?“
.Wegen gestohlenem Blut, Sir, Tschai-Fu wollte nicht Preis zahlen, Welüngton-King kann nichts mehr tun gegen ihn, weil er auch schuld. Vater will Geld für Wärter.“
„Was heißt das: gestohlenes Blut? Welcher Wärter sollte Geld dafür bekommen. Sag alles, Mäflel, damit wir den Mörder überführen können.“
Das kleine Chinesenmädchen richtete sich steil auf, und die Jetaugen funkelten. Jetzt sprach sie mit Energie und Temperament.
„Tschai-Fu kam vor fünf oder sechs Tagen und verlangte von Vater einen Liter Menschenblut. Wir kannten einen chinesischen Wärter im Limehouse-Hospital. Der entwendete das Blut aus dem Schrank. Dort haben sie immer Vorrat, damit sie es Kranken, die zu wenig haben, in die Adern pumpen können. Unser Freund holte ein Gefäß voll und sollte dafür 100 Pfund bekommen. Aber Tschai-Fu zahlte nicht.“
„Und was weißt Du von der verkauften Leiche?“
„Sie haben den alten Fo-hl im Gesicht entstellt und ins Wasser geworfen, damit man meinen sollte, Tschai-Fu wäre ertrunken, damit niemand nach ihm sucht.“
„Und nun noch eine letzte Frage, was bedeutet das Zeichen des Grünen Drachens auf diesem Blatt?“
Captain Griffins wies das Reispapierblatt vor. Die schwarzen Augen des Mädchens huschten kurz über das Blatt, dann schüttelte sie sich vor Grauen.
„Können Sie das lesen?“ fragte sie.
„Nein, aber lies uns vor, wenn Du es verstehst.“
„Es heißet: Tschai-Fu!“
„Ah, also soviel wie ein Geständnis, eine Visitenkarte! Aber Du hast noch nicht gesagt, was es mit dem Grünen Drachen auf sich hat?“
Ein flüchtiges Lächeln huschte über das starre Gesichtchen der Chinesin. Tom blickte den Captain an und dieser ihn. Beiden kam die Erinnerung an das verhaltene Gelächter, das dieser Tote dort noch vor kurzem ausgestoßen hatte, als sie den Grünen Drachen erwähnten. Hier mußte etwas vorliegen, was sie nicht verstanden, etwas Lächerliches und Bizarres.
Dann erzählte das Mädchen, was es von der Sache wußte (For!?. ':’:>ng folgt)