NUMMER 51

SAMSTAG, 14. APRIL 1951

der Mensch das merkt oder nicht merkt. Gott ist da, auch wenn wir ihn für tot erklären oder ihn nicht mehr erkennen. Der Mensch tut an sich selbst Unrecht durch seinen Un­glauben. Sein freiwilliger Tod beleidigt den Schöpfer, von dem Leben, Leib und Geist dem Menschen gegeben sind. Gegeben als Gabe, als Geschenk, Mit einem Geschenk darf kein Mißbrauch, auch kein Mißbrauch der Frei­heit getrieben werden. Im Selbstmord aber leugnet der Mensch seinen Schöpfer.

Wir haben Beispiele aus der jüngst ver­gangenen Zeit, wo der Freitod geradezu gelehrt wurde im Namen des Volkes, der Ge­meinschaft. Wer aber das Volk an die Stelle Gottes setzt, treibt einen noch böseren Miß­brauch mit dem Geschöpf als der, der ohne Reue und ln Sünden stirbt. Der Hinweis auf naturgegebene Notwendigkeiten sticht nicht, es gibt für den Christen keine Macht, mag sie sein, was sie will, die ein letztes Ver­fügungsrecht über den Menschen hätte. Es ist nicht entscheidend, ob man, wie es Dietrich Bonhöffer sagt,aus niedrigen Motiven am Leben bleibt oder aus edlen Motiven aus dem Leben geht, sondern entscheidend ist, daß der Mensch stets offen bleibt für Gott, seinen Gnaden- und Bußruf und im Glauben die Umkehr und damit die Errettung ergreift.

Schüsse am Fee Genezareth

Israel gibt nicht nach

JERUSALEM. Die Lage an der syrisch-israe­lischen Grenze hat sich am Donnerstag er­neut verschärft. Einer UN-Kommission, die von syrischer Seite die Grenze überschreiten und die entmilitarisierte Zone betreten wollte, wurde von israelischen Behörden das Geleit versagt. Ferner wurde der arabische Ort Ghannamen nach Angabe des Führers der sy­rischen Delegation, Major Ghassan G d i d, in den Morgenstunden von israelischen Truppen unter Feuer genommen. Der Stabschef der UN- Waffenstillstands-Kommission verlangte vom israelischen Außenministerium Einstellung der Angriffe auf arabische Dörfer ln der ent­militarisierten Zone, Zutritt für die Überwa­chungsoffiziere in diese Zone, ferner forderte er, den evakuierten arabischen Bauern die Rüdekehr in ihre Dörfer zu gestatten. Israel hat diesen drei Forderungen bisher nicht ent­sprochen. _

McCloy will nicht

Alliierte Botschafter ln Deutschland?

FRANKFURT. Der amerikanische Hohe Kommissar, John M c C1 o y, beabsichtigt nach den beim amerikanischen Hohen Kom­missariat in Frankfurt vorliegenden Infor­mationen nicht, den Posten des ersten ameri­kanischen Botschafters in der Bundesrepublik zu übernehmen. McCloy will nach dieser Quelle höchstsens noch solange als Vertreter der USA in Deutschland bleiben, bis aus der alliierten Hohen Kommission Botschaften der drei Westmächte entstanden sind. Der Zeit­punkt dafür ist noch offen. Als frühester Ter­min gilt der Herbst dieses Jahres, als späte­ster das Frühjahr 1052.

&qeselj nicht mehr nötig?

BONN. Parlamentarische Kreise in Bonn hoffen, daß dasBlitzgesetz über die Ver­längerung der Legislaturperiode in Südba­den und Württemb' - Hohenzollem, gegen das mehrfach ernste vorfassungsrechtliche Be­denken erhoben wurden, nicht mehr in Kraft zu treten braucht. Es bestehen Aussichten, daß der Gesetzentwurf für die Volksabstimmung über den Südweststaat, der in der nächsten Woche im Plenum des Bundestages in zweiter und dritter Lesung beraten wird, eine Ver­kündung des Blitzgesetzes überflüssig macht. Es müßte dann nur eine Bestimmung aufge­nommen werden, wie etwa:Die Legislatur­periode der Landtage wird verlängert. Vor­aussetzung ist allerdings, daß das Abstim­mungsgesetz, das noch den Bundesrat durch­laufen muß, bis zum 29. April in Kraft tritt. An diesem Tag müßten sonst nämlich, der Landesverfassung gemäß, in Südbaden 6chon die Neuwahlen ausgeschrieben werden.

Pariser Vorkonferenz stagniert

In Erwartung der Rückkehr des BerHers Achesons

PARIS. Die Verhandlungen der stellvertre­tenden Außenminister stagnieren. Sowohl die westlichen Delegationen wie auch die sowjeti­schen warten auf die Rüdekehr Böhlens, des Beraters des amerikanischen Außenmini­sters, aus Washington. Sie wird nach Auf­fassung der Konferenzbeobachter erweisen, ob die Amerikaner noch weiterhin hoffen, bei den Pariser Verhandlungen zu einer Kompro­mißformel zu gelangen, oder ob sie es vorzie­hen, die Außenministerkonferenz mit zwei ge­trennten Tagesordnungsvorschlägen zu begin­nen. Dann würde die Konferenz der Stellver­treter vertagt, bevor die Gegensätze im Pa­lais Marbre Rose sich noch weiter verhärten und eher zu einer Verschärfung als zu einer Entspannung der Internationalen Lage füh­ren.

Bis zum Wiedereintreffen Böhlens in Pa­ris vertreiben die westlichen und der sowje­tische Delegierte ihre Zeit damit, ihre eigenen Tagesordnungsvorschläge und die von ihnen selbst gemachten Zugeständnisse zu preisen, dem Verhandlungspartner Hintergedanken vorzuwerfen und sein tatsächliches Entgegen­kommen In Frage zu stellen.

Die westlichen Vertreter erklärten am Don­

nerstag erneut gegenüber Gromyko, die Rus­sen könnten nicht verlangen, daß sie deren Tagesordnungsvorschlag annehmen. Dies würde bedeuten, daß man sich die Konzeption der sowjetischen Politik zu eigen mache.

Gromyko behauptete seinerseits, die West­mächte meinten es nicht ernst mit der Demili- tarisierung Deutschlands, die für die Russen der wichtigste Punkt sei. Kaum habe die So­wjetunion auf Wunsch der Westmächte dar­auf verzichtet, die Demilitarisierung Deutsch­lands als gesonderten Punkt zu behandeln, da zeige sich bei ihnen bereits ein deutliches Be­streben, diese noch weiter in den Hintergrund zu drängen als bisher. Wenn die Westmächte auf der anderen Seite die Gründe der inter­nationalen Spannung in Europa ernsthaft zu behandeln und sie zu beseitigen wünschten, dann müsse auch vom Atlantikpakt und den atlantischen Basen geredet werden.

Die kommende 7. Woche der Stellvertreter­konferenz gilt in unterrichteten Kreisen als ihre letzte, es sei denn, daß die Engländer und die Franzosen gegenüber den Amerika­nern nachdrücklich darauf bestünden, es wei­terhin bei dem nervenabnützenden Geduld­spiel zu belassen.

Queuille droht mit Rücktritt

Forderangen an die Nationalversammlung

PARIS. Der französische Ministerpräsident Henry Queuille drohte mit dem Rücktritt seiner Regierung, wenn die Nationalversamm­lung nicht die folgenden Maßnahmen billige: Festsetzung der allgemeinen Wahlen auf den 10. Juni; Steuererhöhungen um etwa 52 Mil­liarden Franc (630 Millionen DM); Preissub­ventionen für die in der Landwirtschaft benö­tigten Waren, insbesondere künstliche Dünge­mittel; Bewilligung von weiteren 30 Milliar­den Franc für die französischen Truppen in Indochina. Sollte die Nationalversammlung, der die Anträge gestern vorgelegt wurden, auf einer Debatte bestehen, müßte Queuille sei­nen Rüdetritt erklären.

Die neue Saarregierung

SAARBRÜCKEN. Die in Saarbrücken er­scheinende sozialdemokratischeVolksstlmme veröffentlichte eine Information, nach der Mi­nisterpräsident Johannes Hoffmann neben seinem Posten als Ministerpräsident auch das Kultusministerium übernehmen wird. Drei der übrigen fünf Minister sollen Fachminister sein. Alle werden der CVP angehören. Vor­aussichtlich wird der bisherige Staatssekretär Viktor wieder das Innenministerium leiten. Wirtschaft, Verkehr, Ernährung und Land­wirtschaft sollen dem Syndikus des Arbeit­geberverbandes, R u 1 a n d , übertragen, das Arbeits- und Justizministerium soll von einem Beamten des Landesversicherungsamtes, Welsch, verwaltet werden.

Kleine Weltchronik

FRANKFURT. Das amerikanische Hohe Kom­missariat will in Kürze die Bundesregierung zur teilweisen Wiederaufhebung der Verkaufssperre von STEG-Waren ermächtigen. Eine amerikani­sche Untersuchungskommission hat bereits alles amerikanische Heeresmaterial, das der STEG übergeben worden war, auf seine Wiederver­wendbarkeit für die amerikanischen Streitkräfte in Europa überprüft

KOBLENZ. Wohnungsbauminister Wildermuth erklärte auf einer FDP-Wahlversammlung, daß auch in diesem Jahr wieder 350 000 Wohnungen gebaut werden sollen. Der schwierigste Engpaß liege bei den Kohlen.

GELSENKIRCHEN. Trotz fieberhafter Ber­gungsarbeiten ist es bisher nicht gelungen, drei Bergleute zu befreien, die in der Nacht zum Donnerstag verschüttet wurden.

BERLIN. Seit Beginn der wärmeren Jahres­zeit steigt der Strom der Flüchtlinge aus der Ostzone nach Westberlin wieder an. Zurzeit mel­den sich täglich Im Durchschnitt 200 Personen, die um die Anerkennung als politische Flücht­linge nachsuchen. Vom 1. Oktober 1948 bis 31. März 1951 sind 26 500 Personen als politische Flüchtlinge anerkannt worden. Die Zahl der In Berlin verbliebenen nicht anerkannten Flücht­linge wird auf rund 100 000 geschätzt.

BERLIN. Eine Urkunde mit den Unterschrif­ten von 16 Millionen Amerikanern, die sich da­mit für die Ideale der Freiheit ausgesprochen haben, wurde am Donnerstag dem Berliner Oberbürgermeister Prof. Reuter übergeben. Sie soll unter der Freiheitsglocke ln dem Turm des Schöneberger Rathauses aufbewahrt werden.

OSLO. Die norwegische Regierung will sieben von 25 Schiffswracks, die den Verkehr im Ha­fen von Narvik behindern, heben lassen. Die beiden deutschen SchiffeAachen undHein Hoyer sollen nach der Hebung repariert, wer­den.

KOPENHAGEN. Bei den dänisch-amerikani­schen Verhandlungen über die Verteidigung der Insel Grönland wurde der Entwurf für ein neues Abkommen fertiggestellt, der vorsieht, daß Dänemark die Verteidigung der Insel zu Was­ser übernimmt, während die USA für die Luft­verteidigung sorgen. Das Abkommen soll zwan­zig Jahre gelten.

DEN HAAG. Sowjetische Stellen haben der niederländischen Militärmission in - Berlin mit­geteilt, daß ln Kürze eine zweite Gruppe von etwa 100 niederländischen Kriegsgefangenen frühere Nazis nach den Niederlanden repa­triiert werden soll. Nach inoffiziellen Schätzun­gen verbleiben nunmehr noch etwa 200 Nieder­länder in der Sowjetunion.

PARIS. Der Oberbefehlshaber der Atlantik­paktstreitkräfte, General Eisenhower, ist nach seiner viertägigen Inspektionsreise durch West­deutschland am Freitagmorgen nach Paris zu­rückgekehrt.

ROM. Papst Pius XII. empfing am Freitag die britische Thronfolgerin Prinzessin Elisabeth und ihren Gatten, den Herzog von Edinburgh, in Privataudienz.

BELGRAD. UN-Generalsekretär Trygve Lie traf am Donnerstagnachmittag auf dem Luft­wege zu einem Besuch in Belgrad ein.

MOSKAU. Der sowjetische Außenminister Wyschinski hat seine Amtstätigkeit noch nicht wieder aufgenommen. Vor einiger Zeit war be­kanntgegeben worden, daß Wyschinski erkrankt sei, sich aber auf dem Wege der Besserung be­finde.

LAKE SUCCESS. Die UN haben Ihre 60 Mit­glieder schriftlich aufgefordert, mitzuteilen, wel­che Einheiten ihrer Streitkräfte eie für die in einer im vergangenen Herbst angenommenen amerikanischen Besolution vorgesehenen Anti- Aggressions-Armee der UN bereitstellen wollen.

Bemerkungen zum Tage

Letzte Phase des Vorspiels

cz. Die Absetzung MacArthurs hat für einige Tage die Pariser Vorkonferenz der vier Groß­mächte in den Hintergrund treten lassen. Nun, da sich die Erregung langsam wieder legt, stellt sich von selbst die Frage, inwie­weit beides zueinander in direkte Beziehung zu setzen ist. Wenn derzeit die Außenmini­sterstellvertreter die Rückkehr Böhlens, des Beraters Achesons, aus Washington abwarten, weil sie annehmen, daß er neue Direktiven mitbringt, so geht daraus eindeutig hervor, daß man nicht nur neue Konzessionen, son­dern auch eine Modifizierung des bisherigen Kurses Washingtons erwartet. Dabei dürft« dieFrpntbereinigung in Fem-Ost, die Tru- man mit der Begründung rechtfertigte, di« USA wollten alles tun, um einen dritten Welt­krieg zu verhindern, ein gewichtiges Wort mit­sprechen, zumal es ja schließlich eben das Ziel der Pariser Verhandlungen ist, es nicht zu einem dritten Weltkrieg kommen zu lassen. Wir stehen somit heute in der letzten Phase des Vorspiels. Von einem Scheitern dieser Be­sprechungen ist seit Wochen nicht , mehr die Rede. Und das Ergebnis: man kann nur hof­fen, daß die bereits gehaltenen Reden auf der Außenministerkonferenz keine neue Dauer­auflage erleben, sondern man, nachdem ein wesentlicher Teil der Ressentiments bereits ab­reagiert ist, sofort zur Sache kommt, die da Rettung des Weltfriedens heißt, gleichgül­tig, ob man mit einem oder mit zwei Tages- ordnungsvorschlägen einem westlichen und einem sowjetischen es zu tun hat.

Mit einem gelben Schal

hr. Wie wenig seinerzeit aus Briands und Stresemanns ehrlichen Bemühungen um eine deutsch-französische Aussöhnung geworden ist, wissen beide Lager noch zu gut, um ohne Vorbehalte glauben zu können, wenn sie den Bundeskanzler jetzt in Paris versprechen hö­ren, der Schumanplan mache mit der Solidari­tät der Stahl- und Kohleproduktion jede Aus­einandersetzung zwischen Frankreich und Deutschland unmöglich. In Wahrheit befindet sich aber Adenauer in einer wesentlich besse­ren Situation als sein unglücklicher Vorgän­ger Stresemann. Jener Kriegsächtungspakt vom Jahre 1928 war Rhetorik ohne Veran­kerung im Materiellen. Der Schumanplan von 1951 hat hinter einem dünnen Wortschleier massive Fundamente aus Stahl und Kohle.

Es geht bei den Verhandlungen im Qual d'Orsay darum, die Bedingungen auszuhan­deln, unter denen die künftigeeuropäische Stahl- und Kohleproduktion arbeiten soll. Die Befürworter sagen:Das Ziel des größe­ren Europa muß über allem Egoismus stehen. Überdies gewinnen wir einen Markt von 150 Millionen Verbrauchern. In der Bundesrepu­blik argumentieren die Gegner:Die Deut­schen haben in hundert Jahren ihre Schwer­industrie sehr ergiebig gemacht, ergiebiger als die der anderen. Den Ertrag dieser Arbeit müssen sie jetzt bis auf einen Rest aufgeben. Was mit dem Rest geschieht, bestimmt di« hohe Behörde. Nun hat aber der sozialdemo­kratische Oppositionsführer bei seinen unge­zügelten, fast sturen Angriffen einen eigen­artigen Nebenerfolg erzielt. Je lauter die Kas­sandrarufe zu Hause, desto mehr kann der klug« Kanzler von den - wirtschaftlich schwächeren - Partnern am Konferenztische verlangen: ...Sie sehen selbst, meine Herren, daß ich nicht mit leeren Händen heimfahren kann. Vielleicht wird Konrad Adenauer, der zum traditionellen schwarzen Homburghut einen ganz unorthodoxen aggressivgelben Schal trägt, der bereits zum Gesprächsthema wurde, unter diesem Gesichtspunkt in einer Art diplomatischer Volte sogar das Saarproblem im deutschen Sinne zur Sprache bringen. Er hätte wenn nicht alles trügt dazu einen vorzüglichen Start. Es geschähe ja im Hinblick auf die kommende europäische Einheit und mit dem Bemerken, daß nach der Unter­zeichnung des Schumanplans die Saar doch als Kohle- und StahlUeferant für Frankreich uninteressant werde.

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Der Kauf herr aus CIHIIII^IA

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Das Geflüster und Geraune der Träumen­den füllte den Raum. Langsam tropften die Minuten dahin. Endlich war es so weit. Der Captain gab das Zeichen zum Aufbruch. Sie gaben sich keine besondere Mühe leise zu sein und benahmen sich ganz wie zwei Neu­linge, denen das Opium nicht gut bekommen war. Benommen schwankten sie auf den Gang und näherten sich langsam dem Vorhang am Ausgang. Dort verhielt der Captain, blickte eich vorsichtig um, aber er konnte niemand in dem langgestreckten Raum erblicken. Das un­sichere Rotlicht hüllte alles in Dämmerung.

Rasch trat Griffins in den Schatten des ver­längerten Ganges und zog Tom nach sich. Sie tasteten sich in der Finsternis voran. War da nicht ein schmaler Lichtstreif? Unwillkürlich bückte sich Tom ein wenig, und das rettete ihm vermutlich das Leben.

Ein leises Schwirren pfiff an seinem Ohr vorüber, er begriff halb im Unterbewußtsein, daß ein Messer über ihn weggefahren war. Vor ihm steckte eine Klinge in der Brettertür. Gleichzeitig hatte sich der Captain zur Seite geworfen. Schon fuhr ein zweites Messer ne­ben dem ersten ins Holz. Noch knieend zog Griffins den schweren Browning und wandte sich in die Richtung des Angriffs, aber er konnte nur mehr ein verzerrtes gelbes Gesicht hinter dem Vorhang verschwinden sehen.

Big Toddy wollte nachstürzen, aber der be­sonnenen Captain hielt ihn zurück.Nutzlos, sagte er leise,der Kerl ist schon draußen in dem finsteren Hof, und er kennt sich besser aus als wir ...

Dann kam ihm ein furchtbarer Gedanke Hart umfaßte er Toms Arm.

Wir müssen nach Wellington-King sehen, Tom! Sie rissen die Brettertür auf und fan­den auf einem schmalen Flur zwei oder drei Türen. Eine davon stand offen und Licht fiel daraus hervor. Als sie eintraten, sahen sie das Unglück.

Der gewaltige Körper des Wirtes lag mitten im Zimmer und in der Kehle steckte ein chi­nesisches Wurfmesser,

Die beiden machten zunächst gar keinen Lärm und durchsuchten nur den Raum. Das kleine Zimmer war mit einem Geschmack eingerichtet, den man hier in diesem Vor­stadtkeller kaum vermutet hätte. An den Wänden hingen Teppiche, eine Reihe von wert­vollen Porzellangefäßen, Löwenflguren und Tänzerinnen schmückten die Lackkästchen und auf dem bastgeflochtenen Sessel lag ein altes japanisches Krummschwert, gerade als habe es jemand als Waffe von der Wand genommen. Ja dort fehlte es. Ein runder Bronzeschild und ein Speer hingen noch. Der Haken für das Schwert war frei.

Während Tom dies feststellte, machte auch Griffins eine bedeutsame Entdeckung. Der Tote lag auf dem Rücken und hatte die gewal­tigen Arme von sich gestreckt. Auf seiner Brust lag ein kleines gelbliches Blatt mit einem ein­zigen chinesischen Schriftzeichen. Der Grüne Drache schimmerte zart als Unterdrück. Die Schrift schien in höchster Eile und mit einem stumpfen Gegenstand aufgemalt, anstatt Tusche war Blut verwendet: Wellington- Kings Blut!

Vorsichtig nahm der Captain das Reispa­pier auf. Noch war die Schrift nicht getrock­net. Er schwenkte es hin und her, um es ein­stecken zu können. In diesem Augenblick öff­nete sich ein schmaler Türspalt lautlos, nur ein winziges Knarren verriet es. Sofort fuhr der Captain herum, in seiner Hand drohte die Pistole.

Ein dünner Schrei ertönte, aber schon war

Tom mit einem Satz an der Tür, und es ge­lang ihm noch eben ein Mädchen zu fassen, ehe es schreiend zum Lokal davonrannte.

Es war die Kleine, die sie vorhin in die Ka­bine gewiesen hatte. Sie wehrte sich, ver­suchte zu kratzen und stieß mit den winzigen Füßen. Toms breite Tatze hielt den kleinen Mund fest verschlossen.Sei still, kleines Mädchen, es wird Dir nichts geschehen, wenn Du ruhig bist, sagte er halblaut. Damit zo­gen sie die Widerstrebende ins Zimmer hin­ein. Sie verschlossen die Tür.

Das Mädchen sah ein, daß es ruhig sein mußte und ergab sich dem Gleichmut des Ostens. Sie lag ruhig auf der Ottomane und sah großäugig zu den Männern empor.

Willst Du jetzt schweigen, Kätzchen? fragte Griffins. Das Mädchen nickte. Da ließ Tom die Hand von ihrem Mund.

Sprechen dürftest Du schon, es wäre uns sogar lieb, lächelte Tom,wer hat Deinen Herrn ermordet?

Meinen Vater, schluchzte das Mädchen. Meinen unbezwinglichen Vater, der in Tschau- Feng berühmt war für seine Stärke!

Ihr stammt aus Tschau-Feng? staunte der Captain.

Das Mädchen nickte.

Und wer war der Mörder?

Der Messerwerfer Tschai-Fu, Sir. Dieser Teufel hat seine Drohung wahr gemacht. Tschai-Fu hat Deinem Vater gedroht?

Ich hörte, wie sie sich stritten. Und Tschai- Fu sagte, es gäbe Messer, die unfehlbar ihr Ziel träfen.

..Worum stritten sie, konntest Du die Worte verstehen?

.Wegen gestohlenem Blut, Sir, Tschai-Fu wollte nicht Preis zahlen, Welüngton-King kann nichts mehr tun gegen ihn, weil er auch schuld. Vater will Geld für Wärter.

Was heißt das: gestohlenes Blut? Welcher Wärter sollte Geld dafür bekommen. Sag alles, Mäflel, damit wir den Mörder überführen können.

Das kleine Chinesenmädchen richtete sich steil auf, und die Jetaugen funkelten. Jetzt sprach sie mit Energie und Temperament.

Tschai-Fu kam vor fünf oder sechs Tagen und verlangte von Vater einen Liter Men­schenblut. Wir kannten einen chinesischen Wär­ter im Limehouse-Hospital. Der entwendete das Blut aus dem Schrank. Dort haben sie immer Vorrat, damit sie es Kranken, die zu wenig haben, in die Adern pumpen können. Unser Freund holte ein Gefäß voll und sollte dafür 100 Pfund bekommen. Aber Tschai-Fu zahlte nicht.

Und was weißt Du von der verkauften Leiche?

Sie haben den alten Fo-hl im Gesicht ent­stellt und ins Wasser geworfen, damit man meinen sollte, Tschai-Fu wäre ertrunken, da­mit niemand nach ihm sucht.

Und nun noch eine letzte Frage, was be­deutet das Zeichen des Grünen Drachens auf diesem Blatt?

Captain Griffins wies das Reispapierblatt vor. Die schwarzen Augen des Mädchens huschten kurz über das Blatt, dann schüttelte sie sich vor Grauen.

Können Sie das lesen? fragte sie.

Nein, aber lies uns vor, wenn Du es ver­stehst.

Es heißet: Tschai-Fu!

Ah, also soviel wie ein Geständnis, eine Visitenkarte! Aber Du hast noch nicht gesagt, was es mit dem Grünen Drachen auf sich hat?

Ein flüchtiges Lächeln huschte über das starre Gesichtchen der Chinesin. Tom blickte den Captain an und dieser ihn. Beiden kam die Erinnerung an das verhaltene Gelächter, das dieser Tote dort noch vor kurzem ausge­stoßen hatte, als sie den Grünen Drachen er­wähnten. Hier mußte etwas vorliegen, was sie nicht verstanden, etwas Lächerliches und Bizarres.

Dann erzählte das Mädchen, was es von der Sache wußte (For!?. '::>ng folgt)