7. Jahrgang
Die SefeftunDe
Nummer 53
Dos <£f]el)in&ernss
Ritter Lorenzo und die Schnarcherin / Von Josef Mühlberger
Da lebte in Siena ein Ritter mit Namen Lorenzo, der schon in die Jahre gekommen war. er war ein edler und strenger Mann, aber unbeweibt geblieben, well er Angst davor hatte, er könnte eine Jungfrau zur Eheliebsten bekommen, die nachts schnarchte Diese Angst hatte ihn geradezu ehescheu gemacht, denn er konnte sich kein größeres Unglück denken, als mit einem schnarchenden Menschen das Schlafgemach zu teilen Als er zu der vornehm und schönen Jungfrau Julia in Liebe entbrannte und diese Liebe der Blicke nicht unbeantwortet blieb, lag es wieder daran, daß er ihr wie jedem Menschen des Schnarchens wegen m'ßtraute und er wollte lieber im ledigen Stande verbleiben und sterben, als ein schnarchendes Eheweib erdulden. Doch seine Liebe war so heftig, daß er um das Edelfräulein bei dessen Vater warb, aber nicht versäumte, die Bedingung zu stellen, die Jungfrau müßte eine Woche lang mit ihm in seinem Schlafgemach die Nacht verbringen, ehe er sie ehelichte. Der Vater war über d'ese Bedingung entsetzt ließ die Mutter und Geschwister Juliens schwören, daß Jülia nie das leiseste Schnarchen von sich
\iom Gitick
Die Bereitwilligkeit, sich überraschen zu lassen, ist die Voraussetzung des Glücks —
Naivität und Erkenntnis auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, die Bedingung des Glücks -
4ns Ende der Welt zu gehen und die Zeit in Gesang zu verwandeln, der Auftakt des Glücks —
Den Augenblick zu ergreifen und im andern sieh selbst zu vergessen, der Zauber des Glücks —
Zu lieben und die Gewißheit, geliebt zu werden. der Gipfel des Glücks
Was bleibt noch als letztes? Die Fähigkeit, nicht ohne Interesse dem Tod entgegenzugehen.
, MARTIN KESSEL
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gegeben, auch die Äbtissin und die Schwestern des Klosters von Santa Agate, in denen Julia erzogen worden war. schwuren es — umsonst, der Ritter bestand auf seiner Bedingung Schon wollte der über solche Zumutung entrüstete Vater den Brautwerber aus seinem Hause weisen, als Julia, ihre heftige Liebe zu dem Ritter gestehend, den Vater bat. auf die harte Bedingung einzugehen. Er tat es denn, da der Ritter ohnedies zugesagt hatte, daß sein Leibknappe das Schlafgemach keinen Augenblick verlassen würde, zumal der Ritter selber nicht sieben Nächte wachen könnte, um den Schlaf Julias zu bewachen Anders hätte die Probe auch nur einen halben, als gar keinen Sinn gehabt Und der Ritter Lo- lenzo .wollte seiner Sache sicher sein
Die Prüfung wurde gut überstanden, da der Ritter und sein Leibknappe, die sich im Nachtwachen ablösten, nicht den leisesten Lufthauch aus dem Munde Julias vernommen hatten. Sie hatte so'lautlos gelegen, als würde eine Blume schlafen. Die Hochzeit wurde gefeiert, und die Freude der Jungvermählten war so groß wie ihre Liebe zueinander.
So herrlich das Fest auch war. das junge Eheweib bat ihren an diesem Tage erworbenen Gatten flüsternd, schon vor der üblichen Zeit den Festsaal mit dem ehelichen Schlaf- gemach zü vertauschen. Was hätte der Ritter Lieberes tun mögen, was hätten die Gäste Lieberes gestatten können, als den vorzeitigen Aufbruch des jungen Paares! Aber die Gäste hatten noch nicht ihren Becher geleert, als der Ritter Lorenzo, so wie er war, im Nacht- gewande, wieder erschien, verstört und weiß vor Ingrimm, so daß der Lärm des Festes verstummte, als hätte die Gesellschaft die Pest berührt Noch ehe der Ritter ein Wort gesprochen hatte, wußten alle Bescheid. Denn aus dem Schlafgemach ertönte ein Schnarchen, als ruhte ein Landsknecht von dreitägigem Ritte aus. „Betrüger!“ schrie der Ritter dem
Vater, der Mutter und den Geschwistern Juliens zu; „und auch ihr, die ihr fromme und ehrliche Dienerinnen Christi sein wollt, seid Betrügerinnen!“ schalt er die Äbtissin und die Schwestern von Santa Agate, die sich unter den Gästen befanden. Nehmt sie nur gleich wieder mit und verlaßt mein Haus, es ist kein Grund zu feiern, da ich diese gegen meine Bedingung erlistete Ehe nicht anerkenne!“ , Sie ist vor Gott geschlossen!“ rief die Äbtissin streng, ..Dann mag sie vor Gott beschlossen bleiben, aber nehmt Eure Schnarcherin mit auf Nimmerwiedersehen!“
meinend, sie brächte die Botschaft. Julia würde in eine Ehescheidung einwilligen. Nichts von dem!
„Ihr neunmal klugen Männer!“ sagte die Äbtissin streng. „Was seid ihr doch für Narren, die sich blind in eine Sache verrennen. Sie, über deren Lippen vorher auch nicht nur ein lauter Atemzug geflossen, hat in der BrautnachJ geschnarcht. Gewiß Aber habt Ihr Euch je gefragt, aus welchem Grunde die holdselige Jungfrau es getan? Weil sie müder gewesen ist als ein Landsknecht nach dreitägigem Ritte. Sieben Nächte hat sie kein Auge zugedrückt aus Angst ihr Atem könnte laut werden und Euch stören, sieben Nächte hat sie nicht geschlafen aus Angst sie könnte Euch verlieren. In der achten dann, die Eure
Während dieser Unterredung dröhnte es aus * Brautnacht werden sollte, übermannte sie, die
nur eine Sehnsucht gehabt hatte, nämlich in Euren Armen zu ruhen Schlaf wie der Tod. S'eben Nächte hat sie um Euretwillen und der Liebe wegen gewacht Wenn Euer Herz von Stein ist. mögt Ihr solche Liebe verkennen!“ Der Ritter konnte diesen Worten nicht widerstehen. holte mit demütigen Bitten sein Eheweib zu einer zweiten Brautnacht in sein Haus, und aus den beiden wurde ein Paar wie es ein glücklicheres in der ganzen Toscana in ganz Umbrien nicht gab.
Oft nachts, wenn seine Julia aus seiner Umarmung in den Schlaf geglitten war. hatte er sein Ohr ganz nahe an ihren Mund gehalten und liebesselig geflüstert: .Schnarch doch ein wenig, gute Jul'a!“ Aber.ihre Lippen waren wie zwei Rosenblätter, über die ein lautloser Zephir streift.
dem Schlafgemach, als würden leere Fässer über holperiges Pflaster gerollt, daß selbst der Brautvater erbleichte. Und die Gäste verließen den tobenden Ritter um nur ihr Leben in Sicherheit zu bringen so hastig, als würde der Herbstwind trockene Blätter vor sich her wehen.
Der empörte Ritter strengte einen Prozeß an. um sehe Ehe mit der tollen Schnarcherin zu lösen, und alles Sinnen des empörten und sich betrogen meinenden Mannes war in blindem Wahn auf diese Sache gerichtet Aber der Handel mit Kirche und Advokatur kam an kein Ende. Da erschien eines. Tages im Hause des Ritters die Äbtissin von Santa Agate Der Ritter war daran, die heilige Frau, die er zum Teufel wünschte, fortjagen zu lassen. wollte sie aber doch vorher anhören, ver-
„£m Häffel mitb gclöft"
Von Horst Kaestner
„Seltsam — wie soll man sich das erklären? Das widerspricht allen physikalischen Gesetzen!“
Mit diesen Worten umstand eine Anzahl älterer Herren, denen man ansah, daß sie Gelehrte waren, an einem warmen, sonnigen Frühlingstag- eine Glaskugel die in einem Garten auf einem Sockel ruhte
Der Besitzer des Grundstückes, ein bekannter Naturforscher, hatte mehrere Kollegen zu sich in sein Haus geladen Dort hafte man eine anstrengende Tagung mit einem vortrefflichen Essen und ausgewählten Weinen abgeschlossen und war nun dabei, sich ein wenig Bewegung zu schaffen.
Da hatte zufällig einer der Gäste seine Hände auf die Kugel gelegt und mit Verwunderung festgestellt, daß sie auf der Schattenseite heißer war als auf derjenigen, die von den Strahlen der Sonne beschienen wurde Er hatte die anderen Herren auf die eigenartige Erscheinung hingewiesen und daraufhin war sogleich eine lebhafte Erörterung in Gang gekommen
..So werden Entdeckungen gemacht! — Unvermutet stößt man auf neue Erkenntnisse!“ meinte der eine
„Sollte das Glas ein Metall enthalten, das in einer bisher unbeachtet gebliebenen Zusammensetzung die Hitze zum Gegenpol abreagiert?“ fragte ein anderer. „Man muß es untersuchen!“
„Ich habe immer gesagt“, entgegnete ein dritter, „die Reflexionen des Konkaven und Konvexen sind noch lange nicht so gründlich erforscht, wie es notwendig ist. Hier haben wir den Beweis!“
„Mag sein“ warf ein vierter dazwischen, „aber — nach meiner Meinung — haben wir es, wenigstens im Primären, mit einem chemischen und nicht mit einem physikalischen Vorgang zu tun. Ich halte es daher für notwendig, daß man die Stufen der Exhalation überprüft!“
So folgten, einander widersprechend. Vermutungen und Behauptungen, wobei die bereits vom Wein erhitzten Köpfe immer röter wurden und die Arme, gleich den Fängen von Spinnen, immer erregter gestikulierend, umherfuhren. Ein hartnäckiger Gelehr-
3dj raud)c gumel?
Von Helmut Augustin
Das Urteil „Du rauchst zuviel“ wurde über mich auf Grund von Beobachtungen gefällt, die meine Frau angestellt hat. So sehr ich die Konsequenz achte, mit der sie ihre Ansicht vertritt, so vermag ich ihr doch nur in der Theorie recht zu geben, während es mit der Praxis hapert. Menschen, die den blauen Dunst sozusagen nur aus zweiter Lunge inhalieren, wittern überall dicke Luft und wenn sie irgendwo ein Rauchzimmer betreten, haben sie sogleich die Vision des Undurchdringlichen. Für sie ist eine Zigarre oder eine Z'ga- rette nur ein länglicher, am äußersten Ende glimmender Gegenstand dessen Besitzer der fatalen Selbsttäuschung unterliegt, daß ein Genuß damit verbunden sei.
Von einem tieferen Verständnis für das Wesen eines Rauchers darf man solche Menschen wegen Mangel an Beweisen freisprechen, und so hat es auch wenig Sinn, mit meiner Frau über einen Geschmack zu streiten, den sie gar nicht besitzt Sie weiß nicht, welchen gesundheitlichen Schaden eine einzige Zigarette dem Nervensystem eines Rauchers gerade dann zufügt, wenn er sie nicht bekommt. Sie wird auch nicht begreifen, daß die erste Zigarette des Tages der spontane Ausbruch eines wiedererwachten Lebensgefühls ist, welches sich zu meiner Beruhigung jeden Morgen regelmäßig bei mir einstellt. Ihr süßer Mund — soeben noch freundlich geöffnet zu einem Schwatz über das gute Wetter und ein neues Prühjahrs-Complet — schließt sich alsbald zu e inem herben, eisigen Schlitz. Unausgesprochen hängt die Frage im rauchgeschwängerten Raum, was das für ein Geld kostet, wobei niemals des mildernden Umstandes gedacht wird, daß man das Geld irgendwie und irgendwo doch ausgeben wird.
Bevor sich unsere ehelichen Beziehungen unerträglich verschärften, schlossen wir ein familiäres Übereinkommen. Meine Frau erteilte mir die Lizenz, von jeder neuen Zigarettenmarke wenigstens ein bis zwei Schachteln zu probieren. Da die Fabrikanten sich mit erfreulichem Eifer befleißigten, neue Mischungen auf den Markt zu werfen, wechselte ich in der Folge meine Lieblingsmarken wie eine Kurtisane des Mittelalters ihre Liebhaber.
Leider kündigte meine Frau ohne falsche oder echte Scham das günstige Abkommen, dem ich eine ausreichende Versorgung so un- gemein verdankte. Wir trafen eine neue Übereinkunft; Mit jedem guten Freund, der mich besucht, und dem etwas Rauchbares anzubieten ich mich verpflichtet fühle, darf ich eine Höflichkeitszigarette mitrauchen Seither habe ich täglich viele Besucher und ich empfange sie alle wie Ehrengäste Wenn aber einmal niemand kommt und auch meine Frau sich nicht blicken läßt, dann besuche ich mich selbst. Dann diskutiere ich mit meiner Zigarette die neckische Frage, ob sie mir auch wirklich nicht zu viel wird Und wie es wäre, wenn dTe Welt voller Nichtraucher wäre. Ob man die Welt, ob man Menschen und Dinge und die Genüsse des Lebens immer nur im Zusammenhang mit dem materiellen Gewinnst betrachten soll Und schließlich, ob wohl für den Körperbau eines starken Rauchers in der Tat eine erhöhte Einsturzgefahr besteht. Über alle diese Fragen kann ich mit meiner Frau — wie bereits mehr als flüchtig angedeutet — nicht gut reden Ich verstehe gar nicht, wie Du so viel rauchen kannst, sagt sie darauf, und ich pflichte ihr artig bei. Und bevor sie heimkommt, öffne ich ein wenig das Fenster und lasse den Rauch abziehen.
tenstreit drohte, trotz mehrfacher Beschwichtigungsversuche des Gastgebers, auszubrechen.
Da kam vom Durchemanderschwirren der Stimmen angelockt, der Gärtner des Weges. Er blieb zunächst in einiger Entfernung stehen Aber schließlich trat er, von Neugierde getrieben, näher Was bringt die gelehrten Herren fragte er sich, so aus aller Würde? Sie scheinen sich über die Glaskugel nicht, einig zu sein
„Habe ich sie schlecht aufgesetzt — die Glaskugel?“ fragte er.
„Schlecht aufgesetzt —? Wieso —?“ klang es zurück
„Ich meine nur Ich habe sie nämlich vorhin herumgedreht, weil ich fürchtete, sie könnte unter der Sonnenhitze zerspringen!“
Die Augen aller starrten ihn an. als habe er vom Stein der Weisen gesprochen und sein Geheimnis enthüllt
, So—o—o! Herumgedreht!“ sagte einer nach dem anderen gedehnt.
Dann schwiegen sie alle und 'strichen sich nachdenklich über Kopf oder Kinn.
„Die Gelehrten sind seltsame Leute!“ meinte der Gärtner einige Tage später zu einem Bekannten „Man ist mitunter geneigt zu glauben, es sei bei ihnen im Oberstübchen etwas nicht in Ordnung!“
Stimme Gottes
Scheu dich nicht, mich anzugehen.
Meine Wohnung ist nicht klein.
Wtllst du aber draußen stehen:
Auch dies Draußen, es ist mein.
Wohl empfang ich, die gereinigt Nie begangne Schuld gebüßt.
Doch es sind, die mich gesteinigt, Gleichermaßen mir gegrüßt.
Wenn die letzten Tuben tönten Von beglühten Wolkenspitzen,
Werden auch die Unversöhnten Mit an meinem Tische sitzen
WERNER BERGENGRUEN
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Dcc Bettler
Von Michael Soschtschenko Ein Bettler hatte sich angewöhnt zu mir zu kommen Es war ein gesunder strammer Bursche mit kräftig ausholendem Schritt und einem Körper, der den Anzug fast sprengte. Dazu war er unmöglich frech Er trommelte mit den Fäusten gegen meine Tür und sagte nicht etwa wie üblich. „Geben Sie ein Almosen Bürger“ sondern: „Bürger, unterstützen Sie einen Arbeitslosen “
Ich gab ihm einmal, zweimal, dreimal. . „Bruder, hier, nimm diese 50 Kopeken und geh, tu mir den Gefallen Du störst mich beim Arbeiten Vor einer Woche komm mir nicht unter die Augen “
Genau nach einer Woche erschien der Bettler wieder Er begrüßte mich mit einem Händedruck wie einen alten Bekannten Erkundigte sich worüber ich schreibe Ich gab ihm einen halben Rubel Er nickte mir zu und verschwand
Jede Woche am Freitag kam er wieder erhielt seinen halben Rubel drückte mir die Hand und ging
Einmal, nachdem er sein Geld bekommen hatte blieb er an der Tür stehen und sagte: Bürger Sie müssen etwas zulegen Das geht nicht mehr — bei der Teuerung “
Ich lachte über seine Frechheit und gab ihm etwas mehr Dann kam er wieder, vor einigen Tagen Ich hatte kein Geld ..
„Nein, Bruder" sagte ich — „heute gibt’s nichts Ein andermal "
„Was" sagte er „ein andermal! Eine Vereinbarung ist wichtiger als Geld, zahle gleich.“ „Wie“, sage ich. „du erlaubst dir zu fordern?“
„Ja . ich . . zahle gleich Ich kann mich nicht damit einverstanden erklären zu warten
Ich sehe ihn an — nein, er scherzt nicht! Er spricht im Ernst ist beleidigt und fängt sogar an zu schimpfen
„Hör mal du. Dummkopf“, säge ich ihm, „überlege mal selbst: wie kannst du denn etwas von mir fordern?“
„Ja“, sagt er, „ich weiß nicht .“
Ich lieh mir beim Nachbarn 50 Kopeken und gab sie ihm. Er nahm das Geld und ging, ohne sich zu verabschieden.
Die 3talienreife
Von Jo Hanns Rösler
Otto und Ottilie standen auf dem Vesuv Der Vesuv rauchte Otto und Ottilie fanden dies einmalig.
„Ob es hier oben' Stocknägel gibt?" fragte Otto
„Fraglich!"
„Ungeschickt! Die Leute möchten, ein Bombengeschäft machen!“
Da fotografierte Otto seine Ottilie vor dem Vesuv, auf dem Vesuv neben dem Vesuv und in dem Vesuv und Ottilie knipste ihren Otto in den gleichen Posen. Und als dies geschehen war. packte Ottiliö ihre sieben Sachen und sagte aufatmend
„Das wäre geschafft! Jetzt kommt Pompeji!" „Wer kommt?"
„Pompeji!“
„Wo kommt er?“
Ottilie schüttelte über so viel Unverstand ärgerlich den Kopf.
„Pompeji kommt doch nicht her — wir gehen hin'"
„Zu Pompeji? Wo wohnt er?“
„Otto! Otto!“ sagte Ottilie und wunderte sich sehr „erinnerst du dich nicht mehr, wie ich daheim sagte: Wenn wir den Vesuv gesehen haben, besuchen wir Pompeji?“
„Ja Das weiß ich schon Aber da müssen wir doch wissen wo der gute Mann wohnt!“ „Pompeji ist kein Mann, Otto!“
„Nein? Zu einer Frau gehe ich aber nicht in dem Aufzug “
„Pompeji ist auch keine Frau. Otto. Pompeji ist eine Stadt“
„Aha: Dachte ich es mir doch fast Wer wohnt denn dort, den du kennst?"
„Niemand."
„Niemand? Da brauchen wir doch auch nicht hin, was sollen wir denn dort?“
Ottilie seufzte:
„In Pompeji wohnt überhaupt kein Mensch Pompeji ist eine tote Stadt.“
Sie holte den Baedeker hervor und las: „Pompeji, einst eine blühende Hafenstadt in Kampanien —“
„Moment mal!“ unterbrach Otto, „wieso denn Kampanien? Ich denke, wir sind in Italien?“
,Das hieß früher so, Otto“ belehrte ihn Ottilie.
„ Was? Italien hieß früher Kampanien?" „Ja “
„Komisch! Wenn ich daheim erzähle, ich habe eine Kampanienreise gemacht weiß keiner. wo ich war Gut. daß wir fotografiert haben! Wieso hat denn das früher anders geheißen als jetzt?“
Ottilie zuckte die Schultern
„Woher soll ich denn das wissen? Ich habe
ja früher auch Winkelmann geheißen und heiße jetzt Götte.“
„Ja Du! Weil du mich geheiratet hast! Und in diesem Kampanien liegt nun dein Pompeji?“
„Ja.“
„Was gibt es denn da zu sehen?“
„Alte Sachen, Otto.“
Otto guckte schief
„Alte Sachen? Wenn ich alte Sachen sehen will gucke ich daheim tn meinen Kleiderschrank “
„Das sind doch andere alte Sachen, Otto! Die sind aus Stein aus Marmor!"
Otto horchte auf
„Marmor? Marmor läßt sich hören! Wir haben daheim doch ein Bild überm Bett: Marmor und Psyche —“
„Das heißt doch Amor. Otto!"
„Gott wegen dem einen M! Weit kann es da nicht weg sein "
Ottlilie ließ den Mut nicht sinken „Pompeji ist etwas ganz anderes. Otto! Da sind alte Häuser und alte Figuren in besonders schönen Proportionen “
..In was’“
„In schönen Proportionen.“
.Siehste'" rief Otto erfreut, „das hängt also doch mit unserem Bild im Schlafzimmer zusammen Da sind auch schöne Proportionen zu sehen Als mein Freund Gustav jüngst bei uns war. hat er zu mir gesagt- Gucke mal, Otto, was die für schöne Proportionen hat! Und das ist dort zu sehen?“
„Otto! Otto 1 Du bringst mich noch ins Grab'“
Otto wurde zärtlich
„Aber nicht doch Ottilie! Ich gucke ja auf dem Bild gar nicht dahin “
„Wer spricht von dem Bild. Otto wir reden doch von Pompeji! Pompeji ist eine untergegangene Stadt eines schönen Tages ist der Vesuv ausgebrochen und hat die ganze Stadt mit glühender Lava übergossen Alles lieben ist in Lava erstarrt Das siehst du in Pompeji, ganz natürlich, als ob es erst gestern gewesen wäre Da liegt noch damals gebackenes Brot und frische Semmeln zweitausend Jahre alt. steinhart dabei sehen sie aus wie frisch —" „Ottilie!" rief Otto schnell „so eine Semmel habe ich heute im Hotel zum Frühstück bekommen! Die sah aus wie frisch Und deswegen soll ich nach Pompeji? Nee da geh du mal ruhig alleine hin ich mache inzwischen schnell noch Sorrent rein und schaue mir den Busen von Neapel an Und dann erzählst du mir, wie es bei dir war und ich erzähle dir, wie es bei mir war Auf diese Weise haben wir alles gesehen und uns einen ganzen Tag gespart. .“