WIRTSCHAFT

SAMSTAG, 7. APRIL 1951

NUMMER 53

Ist die Einwohnersteuer verfassungswidrig?

Eine Steuer mit grundsätzlichen Mängeln und Schwächen / Bedenkliche Kopplung mit dem Finanzausgleich

Wink mit dem Zaunpfahl

Werden die Gemeindehaushalte beraten, so Beispiel in Bayern und in Niedersachsen ver­pflegt stets der Fragenkomplex der Einwohner- fassungsrechtlich angefochten wurden. Ließ sich Steuer auf den Plan zu treten. Die Diskussion dabei das eine Steuergesetz mit einem Eiertanz um diese heftig umstrittene Steuer wird aber auf Paragraphen halten, so ergab sich in dem nun aus dem Rahmen der gemeinderätlichen Er- anderen Fall für die Stadt Hannover, die auch örterungen heraustreten und breiteren Raum be- eine Art Mietsteuer erhob, durch Richterspruch

KÖLN. Der Vorsitzende des DGB-Landeabe- zirks Nordrhein-Westfalen, Hansen, forderte auf einer Betriebsräte- und Funktionärkonferenz geltend gemacht wurden. Es gab auch Gemein- in Kölnklare Preisbildungs- und Preisbindungs- den, die sich weigerten, diese Steuer zu über- Vorschriften von der Bundesregierung. Übertre- nehmen. Um so mehr ist es zu bedauern, daß tungen der Preisgesetze dürften nicht mit Ge- durch eine Kopplung des Finanzausgleichs mit fängnis- oder Geldstrafen, sondern müßten mit der Einwohnersteuer die Gemeinden gezwun- Betätigungsverboten und Geschäftsschließungen gen werden, die Einwohnersteuer zu erheben, bestraft werden. Außerdem müßten alle lebens-

anspruchen: 'Im Landtag soll sie Gegenstand das unschöne rechtliche Ergebnis, daß die erho- weil sie sonst aus Landesmitteln die begehrten notwendigen Waren in den Geschäften mit Ver-

neuer Entschließungen werden und mindestens bene Steuer als ungesetzlich aufzuheben und die in Einzelpunkten wichtige Änderungen erfah- eingeholte Steuer zurückzuerstatten war. ren. Welches Schicksal ihr aber endgültig be-

Keine gerechte Besteuerungsgrundlage Muß sich ein Land solchen rechtspolitischen Wagnissen, nämlich daß die Rechtlichkeit seines Steuergesetzes überhaupt zweifelhaft sein kann, wirklich aussetzen? Die Einwohnersteuer in WürttembergrHohenzollern wurde wohl mehr aus einer besonderen Situation geboren, wie sie

schieden sein wird, vermag niemand mit Sicher­heit zu sagen. Es dürfte heiß gestritten werden.

Einheißes Eisen "

Angesichts dessen erscheint es nicht abwegig, sich etwas näher mit Wesen und Rechtsgrund­lagen dieser Steuer zu befassen Die Einwohner­steuer ist für diejenigen, die über sie zu befln- sich nach dem Zusammenbruch eingestellt hatte, den haben, ohne Zweifel einheißes Eisen. Sie mag eher etwa den Wohn- und Mietver- Weder die Regierung noch die Abgeordneten hältnissen in Frankreich als den unsrigen ent- dürften leicht jene mittlere Linie finden, die die sprechen Eine gerechte Besteuerungsgrundlage recht gegensätzlichen Interessen in Einklang zu vermögen die Miet- und Wohnverhältnisse in bringen vermöchte. Besteht aber eine Steuer Württemberg-Hohenzollern gewiß nicht abzuge- einmal einige Jahre, so gehört sie bereits zum ben. Vor allem führt die Einwohnersteuer zu Herkömmlichen Und es ist immer schwer, mit sozial willkürlichen Belastungen, denn es ist ja dem Herkömmlichen zu brechen Das Herkömm- reiner Zufall und richtet sich weitgehend nicht liehe allein kann aber niemals für eine Steuer nach den sozialen Verhältnissen, ob jemand eine sprechen, denn von der Einwohnersteuer kann - Altwohnunsf besitzt oder eine Neubauwohnung gew'ß nicht behauptet werden, daß sie sich be- beziehen mußte und ob er eine hohe oder eine währt habe. Man hat sich nur irgendwie an ihre niedrige Miete aufzubringen hat Die Sonder- Exstenz gewöhnt, und die Richter haben keine Verhältnisse der Flüchtlinge und die steuerliche Veranlassung gesehen, sie in ihrer gegenwfirti- Berechnung von Mieteinkünften aus eigenen gen Form als ungesetzlich und verfassungswidrig Einfamilienhäusern sei nur am Rande erwähnt.

aufzuheben. Zum Sparen nicht angeregt

ln keinem anderen Land wir entsinnen uns gu t, daß bei der Einfüh-

Inwiewelt diese Toleranz den Staatsrechts- rung der Einwohnersteuer in vielen Gemeinden grundlagen entspricht oder die Staatstreue der erhebliche Bedenken gegen die Erhebung dieser Richter bei unseren engen staatlichen Verhält- als unsozial und ungerecht empfundenen Steuer nisten hier hereinspielt, dürfte seihst ein Staats­rechtsfachmann nur schwer mit Sicherheit ab­grenzen können. Für das Empfinden des schlich­ten Bür<iers jedenfalls erscheint die Erhebung dieser Steuer aus zwei einfachen Gründen unbe­rechtigt: d'e Einwohnersteuer ist eine Sonder­steuer in Württemberg-Hohenzollern, die ihres­gleichen in anderen Ländern nicht hat, und sie ist unsozial, weil sie (allerdings. nach dem M'et- aufwand) den Hilfsarbeiter und Tagelöhner mit seinem schmalen Geldbeutel in gleicher Höhe zur Steuer heranzieht, wie den erfolgreichen

jk. Gemeint ist die Streikdrohung anläßlich des Streites über das Mitbestimmungsrecht bei

Ausgleichszuschüsse nicht erhalten. Wenn die kaufspreis und Einkaufspreis ausgezeichnet wer- Steuerpflicht eines jeden Gemeindeeinwohners den. Hansen sagte dann noch, die Arbeitnehmer- die Gemeinderäte zu einer sparsamen Haus- Schaft werdevielleicht bald wieder vor einer haltsführung der Gemeinde bringen soll, so wird Lage stehen wie am 1. Februar; dann erwarte auf dem Wege über die Kopplung des Finanz- der DGB diegleiche Bereitschaft der Arbeit­ausgleichs mit der Einwohnersteuer gerade das nehmer wie damals.

Gegenteil erreicht * '

Für den Finanzausgleich des Bandes?

Sparsamkeit wenn* die S ^ u d Eisern Die Sprays Vor^den

desmittel auf dem Wege über die Erhebung[der deutlich, ja* drastisch. Denk^d^DGBetwa zusätzlichen Gemeindesteuer geschont werden, d ^ Streikdrohung auch da, wo es sich damit auf diese We s s, n d » 8 ^and zu denRei- nicht um reIn sozia ,p olit i sche Probleme handelt, chen im Bunde aufetelge, die berufen, sind, an 3ondern um Angelegenheiten der Wirtschafts­andere Lander im Finanzausgleich des Bundes verwaltungi der Regierung und der Parlamente, zu zahlen. Selbst wenn zur sozialeren Gestal- zu einer ständigen Einrichtung zu machen? Zwei- , der Einwohnersteuer eine weitgehende fellos müssen in der Lohn- und Preisfrage (wie Staffelung der Steuersätze eingeführt würde, w j r j n d j eger Ausgabe auch an anderer Stelle vermochte dies die Schwächen und grundsätzli- f otd em) Lösungen gefunden werden. Es darf chen Mängel dieser Steuer nicht zu beheben. aber darauf hingewiesen werden, daß die Wa- Auf alle Fälle ist die Einwohnersteuer auch renauszeichnungspflicht mit Einkaufs- und Ver- keine ertragreiche Steuer in dem Sinne, daß kaufspreis in keinem Lande der Welt besteht, ihre Erhebung einfach und ihre Verwaltung bil- Und daß beispielsweise die englischen Gewerk- lig wäre Gerade mit der zunehmenden allge- schäften, die doch auch ihre Sorge haben, auf meinen Steuerbelastung, die sich durch die neuen diesen Gedanken noch nicht gekommen sind. Er- Verbrauchssteuern und die erhöhte Umsatz- füllung der Gewerkschaftsforderungen winkt Steuer bei steigenden Preisen nicht zuletzt auf aber bereits ' von anderer. Seite. Nach den Plft- die niederen Einkommen einschneidend aus- - nen des Buncäesfinanzministeriums soll die Son- wirkt, wird die Erhebung der Einwohnersteuer derumsatzsteuer in den Preisauszeichnungen ge- in Zukunft zweifellos noch schwieriger und da- trennt angegeben werden. Da sie nicht nach den

mit noch kostspieliger werden.

Wirtschaftsspiegel

Bunaproduktion kann bald anlaufen

BONN.Zwei der drei Bunafabriken im Bun- nats im Vorjahr. Kaufkrafterschöpfung der Be- desgebiet können demnächst ihre Produktion völkerung Irt nach.WdjLte Arbeitsgemetn- wleder aafnehmen, erklärte der Berater für

Rohstofffragen bei der Bundesregierung, Fried­rich, zur Aufhebung des Produktionsverbots für synthetischen Kautschuk.

schaff der Mittel- und Großbetriebe des Einzel­handels der Grund für diese Erscheinung.

PIRMASENS. Größte Preiskrise der Schuh­industrie seit 1914. Der westdeutsche Schuhhan-

Einzelhandels-, sondern nach den Fabrikations­preisen berechnet werden und ihre Sätze be­kannt sind, ließe sieh also nach der Sonderum­satzsteuer der Fabrikationspreis leicht berechnen.

DGB: Besoldungsvorschlag iür Beam*e genügt nicht

BONN. Die vom Deutschen Gewerkschaftsbund vertretenen Beamten haben, so erklärt der DGB, mit Befremden von der Absicht der Bundes-

_ , ... . - _. n ag werk Huels Im Rheinland sei in der Lage, de l ' st lcaum in der Lage, Schuhe zu den in- regierung Kenntnis genommen, die Gehälter nur

GesfhSffsmann, der ein ^ntlidi anderes Ein- na ^ 8 vieHeTjahres etwa 600 t Bu- .folge verteuerter Rohmaterla en erhöhten Prei- um j 5 Prozent zu erhöhen, und dazu den unteren

aSfw^nd {!"f e!nen V ' tlch d Lb tadien und in Jahresfrist 3 etwa 1500 t Butadien s ? n m el ^ zuk a U w. und . Y° r Internem , Beso,dun S 3 £ ruD P en geringfügige Äusgleichszu-

aufwand hat. monatlich herzustellen. Sobald das Werk Huels stellt d ®L 4 A J b t lt nS? t D«i 0 ? iS KÄS? L aßen zu S ew&hre n- Die wirtschaftliche Notlage

die Butadienlieferungen aufgenommen habe, Marzbericht fest. Die ^uf Schuh- der Beamtenschaft könne nur durch eine rasche

könnten in Leverkusen 100 t Perbunan (Ölfest) kedermarkt sei die größte seit 1914, sagte Hilfe beseitigt werden, die sich finanziell fühlbar

der Präsident des Hauptverbandes des deut- auswirken müsse. Die Absicht der Bundesregie-

Antomobillndustrie in Roh- Ä L* U ^l e l"/l S' F ung ' % Beamten.im Ruhestand und die Beam-

Hannover mußte zurückzahlen So betrachtet, erscheint es überhauot erstaun- monatlich produziert werden.

lieh, wie hartnäckig sich dieses Kuriosum des Steuerreohts. das halb Personalsteuer und halb Realstejier ist, in unserem Lande so lange un­angefochten gehalten hat Es mag richtig sein, daß auch in anderen Ländern Sondersteuern oder -abgaben. wenn auch seltener zugunsten der Gemeinden, erhöhen werden Ein genauer Überblick hierüber wäre zweifellos von Inter­esse. um so mehr, als die Eigenstaatlichkeit un­seres Landes kaum noch allzu lange fonheste- hen dürfte Interessant ist in diesem Zusam­menhang aber auch." daß Sondersteuern zufn

DM»Wec<i(4elkMirSe

Die zu federn Wochenende erscheinende Tabelle weist d**? r TmreohnunefiverhS1tnlp von 100 DM zu den wichtigsten fremden Währungen aus. und zwaT nach den Kursen im Züricher Freihandel

FRANKFURT. Automobilindustrie in Roh- kraft der Massen werde jedoch in absehbarer tenanwSrter an« der cranlAnfon' RocnTduntrcanf stoffsorge». Auf die zunehmenden Schwierigkei- Zeit einen Druck auf die Preise ausüben.

ten in der Rohstoffbeschaffung wies der Präsi­dent des Verbandes der Automobilindustrie hin.

besserung vorerst herauszulassen, wird vom DGB

ucul c v ci u , ulllulJuluuuo lc BONN. NE-Metall Verordnung vor dem Buh- schärfstens zurückgewiesen. Der DGB weist mit

Re 5 onHero V C 4org(m ° mn^^ U dle^VersorEome mVt desrat. Eine neue NE-Metallverorcjnung des allem Nachdruck darauf hin, daß die vorgelegten Blecken und Kautschuk Während im vergange- B, die sieh mit der Verarbeitung, der Liefe- Entwürfe der Bundesregierung dem Erfordernis nen Jahr für 209 Millionen DM Rohkautschuk run S> dem Bezu S, der Vorratshaltung und mit einer Existenzsicherung nicht entsprechen; son- nach Westdeutschland eingeführt und die Auto- der staatlichen Erfassung von Ntcht-Elsenmetal- dem vielmehr im Gegenteil die Beamtenschaft mobilindustrie selbst für 515 Millionen DM habe len befaßt, liegt dem Bundesrat zur Stellung- weit unter der Existenzgrundlage anderer Be- exportieren können, müsse bei dem gegenwär- Rahme vor. rufe Zurückbleiben lassen

tigen Preisstand für Kautschuk auf dem Welt- , , .

markt für die gleiche Kautschukmenge ein Be­trag von 657 Millionen DM aufgewendet werden,

. dessen Deckung durch die Exporterlöse kaum möglich sein würde.

Ein starker Rückgang der Automobilproduk- tion bei den deutschen Fordwerken in Köln

BeWirtsdiaftuiissstese^e in Oesterreich

Von unserem E. B.-Korrespondenten BREGENZ. Nach langwierigen Parteienver- nahmen gesetzgeberisch vorzubereitöh. Sie sollen

Schweiz Franken USA-Dollar Engl Pfund Franz Franken Belg Franken Holl Gulden . Span Peseten . Port Eskudos Schwed Kronen Argent Pesoa Brau Mllrela östert Schilling Ctal Lire Tsch ch Kronen

5. 4.

4. 4.

81.00

81.00

18.76

18.75

7.34

7.37

7431.

7500.

974.73

97^.90

80.60

81.

9R 1 .81

970.

543.62

540.

11654

117.39

352.17

352.17

«

.

.

551.02

549.18

12908.

12857.

.

8100-

8100.

sei unvermeidlich, wenn die Belieferung mit handlungen konnte der österreichische National- bis zum 30. Juni 1952 befristet sein.

Blechen und vor allem mit Kautschuk nicht bald rat endlich die fünf Wirtschaftslenkungsgesetze Dem Außenhandelsverkehrsgesetz Ist ein« verbessert werde, erklärte der technische Direk- beschließen, durch die der internationalen Roh- Liste jener Waren beigegeben, deren Ein- und Jj r | l er Fordwerke bei dem Richtfest einer Stoffknappheit und den Pretsauftriebstendenzen Ausfuhr besonderer Genehmigung bedarf. Da* 22 OOO-qm-Montagehalle. Die Rohstoffknappheit begegnet werden soll. Diese Gesetze sind das Wirtschaftsdirektorium kann jedoch durch Ver­nähe die Fordwerke tn den letzten beiden Wo- Rohstofflenkungsgesetz, das Lebensmittelbewirt- Ordnung einzelne Waren oder Warengruppen rv!*, 6 ! 6 * S S ezw ungen, d e Produktion an zwei schaftungsgesetz, das Außenhandelsverkehrs- aus der Genehmigungsliste herausnehmen. Bel Wochentagen ganz ruhen zu lassen. gesetz, das Preisregelungsgesetz und das Preis- genehmigungspflichtigen Waren kann eine Aus-

FRANKFURT. Erheblicher Umsatzrückgang treibereigesetz sowie das Gesetz über die Ein- fuhrabgabe bis zu 50 Prozent des Warenwertes

im März. Die Lagerbestände des Einzelhandels sind infolge des starken und anhaltenden Um­satzrückganges im März erheblich gestiegen und liegen im Durchschnitt um 20 bis 50 Prozent über denen des Vorjahres. Mengenmäßig lagen

setziing eines Wirtschaftsdirektoriums.

Diese Wirtschaftsgesetze haben den Zweck,

die Umsätze sogar unter denen des gleichen Mo- etwa notwendig werdende Bewirtschaftungsmaß- können

angeordnet werden. Das Rohstofflenkungs­gesetz enthält eine Bestimmung, nach der zur Sicherung der Produktion Rohstoffe und Halb­fabrikate, die der staatlichen Lenkung unter liegen gegen Entgelt besohlaeenbrnt werdet

Aus der christlichen Welt

Wovon lebt die Kirche?

Für den eine Erklärung suchenden Verstand bleibt es ein Rätsel, warum es auf Erden eine Kirche überhaupt gibt. Die große Zahl der Na- menchrlsten gehört Ihr doch nur aus Gewohnheit oder Stumpfheit an oder well man nicht aus der Reihe tanzen möchte. In vielen Ländern stand freilich ein mächtiger Staat als Bundesge­nosse und eifersüchtiger Beschützer, freilich zu­gleich auch zumeist als Beherrscher vor der Kir­che, so daß nicht viel gegen sie zu unternehmen war oder ist. Sehr oft ist auch das Leben derer, die sich Christen nennen nicht ohne weiteres so beispielhaft und ermutigend, daß durch sie unter allen Umständen eine Zuneigung zur Kirche er­wachsen könnte. Es sind im Grunde sehr we­nige, eine seltsame Gesellschaft sehr verschie­denartiger, verschieden frommer und verschieden rechtschaffener Menschen, von denen man mit einiger Gewißheit sagen kann, daß sie Christen seien oder wenigstens mit Ernst zu sein ver­suchten.

Aus ihrer so geringen Zahl kann nicht erklärt werden, warum es zu allen Zeiten' und auch heute eine Kirche überhaupt gibt. Wovon lebt sie durch die Jahrhunderte und worin ruht über alle Zeiten und Lebensumstände hinweg die eigentümliche Lebens- und Zeugniskraft, die nun einmal nicht hinwegzudiskutieren ist? Was ist das Wort ihrer Botschaft, das sie doch stets von neuem nicht als ein leeres Programm, sondern wie eine Blutübertragung zum Leben, zu einem Ihr allein eigenen Leben erweckt?

Der Name des morgigen Sonntags öffnet uns dieses Geheimnis. Er heißtMiserieordias Do­mini, zu deutschBarmherzigkeit Gottes Das ist das einzige Thema der Kirche, das ist ihr Inhalt. Das ist ihrGeheimnis. Daraus lebt sie. Deswegen existiert sie überhaupt zu den ver­schiedensten Zeiten und an den verschiedensten Orten. Die Barmherzigkeit Gottes hat sie ins Leben gerufen. Die Barmherzigkeit Gottes er­

hält sie am Leben. Die Barmherzigkeit Gottes tut das, in dem sie sehr alltägliche Menschen beruft und sich sehr alltäglicher Menschen be­dient, damit sie das weitersagen:Die Barm­herzigkeit Gottes.

Das Wort, das dem Sonntag Miserieordias Do­mini den Namen gegeben hat, ist der Anfang des 89. Psalms. , Ich will singen von der Gnade des Herrn ewiglich! Das ist das Wort der Kir­che. ein fröhliches Wort. Etwa auch ein an­maßendes Wort?Ewiglich was soll das heißen? Jeder Mund auf Erden verstummt auf einmal. Warum sollte der Mund der Kirche nicht auch einmal verstummen? Darum nicht, well das Wort von der Barmherzigkeit Gottes, das Jesus Christus selbst ist. lebt -ter.

Neuordnung der Diakonie

Die Gesamtdeutsche Synode der EKD in Ham­burg beschäftigte sich mit der Begründung und Beratung der beiden /entscheidenden Gesetzent­würfe, die künftig die caritative Arbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland bestimmen sollen. Sie sollen die Werke der Inneren Mis­sion und des Hilfswerks, das im wesentlichen den Gliedkirchen zugeordnet wird,unterein­ander und mit den Organen der Kirchenleitung in einer freien Arbeitsgemeinschaft zusammen­führen. Dies ist ln der Form einesd i a k o - nischen Beirates geplant, der der Sy­node der EKD für seine Tätigkeit verantwort­lich ist.

Die Gesetzentwürfe wurden von Oberkirchen­rat D Herntrlch (Hamburg), Landesbischof D. Hanns Lüje (Hannover) und Prälat Dr. Karl Hartenstein (Stuttgart) begründet. Dabei wurde betont, daß sich die Llebesarbeit der Kirche wie die gesamte Gemeindearbeit immer mehr auf die Basis der Freiwilligkeit verlagern müsse. Eine total neue Besinnung auf den caritativen Auftrag der Kirche sei dringend geboten Wenn kirchlich alles in Ordnung wäre, könnte es heute keine Vertriebenenfrage. keine Not und keine sichtbare Dtskrepanz zwischen Kirche und werktätiger Bevölkerung mehr geben. Die Opfergemeinschaft

müsse zur selbstverständlichen Lebensform der Gemeinde Christi in Deutschland werden. Gerade die Kirche sei heute gerufen, der drohenden in­neren Proletarisierung unseres Volkes Einhalt zu gebieten.

Prälat Dr. Karl Hartenstein stattete den Dank der Kirche an die Oekumene für ihre dem deutschen Volk geleistete Hilfe ab und bezeich­nte die Ausgliederung der Wirt­schaftsverbände des Hilfswerks so­wie ihre Zusammenfassung in eine neue Ver­waltungsgesellschaft als notwendig. (Es handelt steh dabei um die ..Veredelungswirtschaft Stutt­gart, dasEvangelische Verlagswerk, die ..Ge­meinnützige Siedlungsgesellschaft, dasSozial­werk für Wohnung und Hausrat und einige kleine Verbände an denen das Hilfswerk wirt­schaftlich beteiligt ist.) Nur so können das Hilfs­werk und die Kirche der Gefahr begegnen sich wirtschaftlich in eigenen Unternehmungen fest­zulegen. Die Verquickung kirchlicher und poli­tischer Ämter Innerhalb des Hüfswerks mache der Kirche ernste Sorgen Im Augenblick könne aber zu dieser Frage ein öffentliches Wort nicht gesagt werden, da sie durch ein schwebendes Verfahren belastet sei.

Prälat Hartenstein stellte im Auftrag des Ra­tes an die Svnode den Antrag, die Frage der personellen Besetzung des kommenden Zentral­büros des Hilfswerks, das keinenLeiter im alten Sinne mehr haben werde, dem Rat der Kirche zu übertragen.

Kirche in der Sowjetzone

In seiner Ansprache bei dem stark besuchten Gemeindeabend, den der württ. Pfarrverein am 28. März in Stuttgart veranstaltete, gab der ost­berliner Gen.Sup. Dr. K r u m m a c h e r ein auf­rüttelndes Bild vom Leben der christlichen Ge­meinde in der Sowjetzone. Er legte in seinem Vortrag den Ton auf die Segenswirkungen, die der Gemeinde aus der Anfechtung erwachsen sind. Sie ist Gemeinde unter dem Kreuz. Und Kreuz" heißt nicht nur Armut, Mangel an Me­dikamenten usw.. sondern heißt vor allem: in

einer Umwelt leben, die von einem totalen po­litischen Denken und einer politischen Religion \ beherrscht ist; die ihre Heilslehre für die Men­schen, vor allem die heran wachsende Jugend, verbindlich gemacht hat und unbedingten Ge­horsam fordert. In der Sowje'zone fällt die Ent­scheidung zwischen dieser politischen Hellslehre und dem Glauben. In dem, was hier geschieht, werden der Kirche auch alte Rechnungen für ein Versagen ln der Vergangenheit, präsentiert. Sie hat keine äußeren Sü*zen, sondern nur das Wort vom Kreuz und von der Vergebung, das allein i die Menschen frei macht. Sie hat angesichts der Ansprüche, die von der 'Malen WePanschauung an sie gestellt werden, zu bezeugen, daß Christus allein der Herr der Kirche ist. Aber sie muß diese ihre Antwort dem Staat in Liebe sagen und nicht aus politischen Ressentiments heraus.

Zu den Segenswirkungen dieser Zeit gehört auch, daß der Gemeinde die Sakramente neu geschenkt worden sind. Sie hat die Verpflichtun­gen erkannt und wahrgenommen. die mit der Taufe verbunden sind: daß die Kinder die ln i den marxistischen Bekenntnisschulen keinerlei Religionsunterricht erhalten einer christlichen > Unterweisung teilhaftig werden. Zu den 6000 Pfarrern der Sowjetzone sind 12 000 Katecheten getreten; ohne sie wäre das kirchliche Leben überhaupt nicht mehr denkbar. In Berlin allein werden 300 000 Kinder in monatlich 70 000 Stun­den von 770 Katecheten Hunderten von freiwil­ligen I^hrern und sonstigen Mitarbeitern 1« christlichen Glauben unterwiesen. Schließlich Ist das gottesdienstliche Leben der christlichen Ge­meinde inniger, ihr Singen und Opfern freudi­ger geworden. Hinter dem Gerügt der Volks- kirthe hat sich die dienende Gemeinde gesam­melt. Sie Ist schlicht und klein: aber sie hat den Mut, Minderheit zu sein, und sie wirkt allei r durch ihr Dasein als ein Licht in der Umwelt.

BAMBERG. Im Bamberg wurde in den Oster­tagen das größte Filmtheater der Stadt mit dem Film Schwarzwaldmädel" eröffnet. Bauherr des Theaters ist das Katholische Werkvolk der Diö­zese Bamberg.

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