SAMSTAG,
7. APRIL 1851
NUMMER 58
„Blitjgeseij beschlossen
Überwältigende Mehrheit im Bundestag
Bemerkungen zum Tage
Dasselbe in Grün I
Ih. Mißliebige Personen oder Organisationen kamen bisher in eine Schwarze Liste. Solche Schwarze Listen hatten vor 1933 die rechtsradikalen Organisationen für ihre politische Gegner, denen sie nach der „Machtübernahme“ das Leben schwermachen wollten, während des Dritten Reiches die Gestapo, und der KPD werden sie sicherlich auch nicht fremd sein. Schwarz ist auch die Liste der Bundes- und der Landesregierung, auf der die kommunistischen Tarnorganisationen verzeichnet sind, und manch einer, der einen Paß beantragt, bekommt ihn nicht, weil er auf einer Schwarzen Liste der Alliierten steht.
Nicht alle diese unsympathischen Listen sind schwarz. Seit einiger Zeit verschickt ein „Aktionskomitee gegen die Fünfte Kolonne“ sogenannte Warnlisten, in denen Grün auf Weiß Menschen an den Pranger gestellt werden. Wenn Sie Ihrem Nachbarn eins auswischen wollen, dann schreiben Sie an Fräulein Franziska Rotdorn in Frankfurt, er sei gegen die Remilitarisierung und für die Verständigung zwischen West und Ost und er habe auch mal einen Aufruf unterschrieben. Bald danach findet der Nachbar seinen Namen in der grüngedruckten „Schwarzen“ Liste des „Aktionskomitees gegen die Fünfte Kolonne' 1 wieder. Von den Zeitungen wird erwartet, daß sie diese Liste abdrucken und den Nachbarn dem öffentlichen Boykott ausliefem.
Mit einer Unverfrorenheit^. sondergleichen wird auf eine solche Weise der Diffamierung Tür und Tor geöffnet. Hier exerziert man dasselbe in Gdin. was man dem politischen Gegner als eine verwerfliche Methode vorgehalten hat. Wer In der Sorge um die deutsche Einheit den Wiesbadener Aufruf gegen die Remilitarisierung unterschrieben hat, der bezeichnenderweise in Wamliste Nr. 4 in einen Aufruf zur Unterstützung der Grotewohl-Aktion umgefälscht worden ist, gehört nach diesen Listen zu den „Personen, die aktiv in den kommunistischen Tamorganisattonen Westdeutschlands tätig sind und damit der .Fünften Kolonne 1 angehören 11 . Ihnen gilt der sinnige Schlachtruf „Schlagt die Stalinisten, wo ihr sie trefft!“
Das Aktionskomitee kann sich nicht zugute halten, daß in seinen Listen einige Namen stehen, deren Träger auf den Sturz der westlichen Demokratie hinarbeiten. Diese Leute kannte man schon, bevor das Komitee begann, mit grüner Farbe aus dem Hinterhalt zu spritzen. Wie leichtfertig in diesen Listen ein Mensch zum „Stalinisten“ gestempelt wird, beweisen Namen wie Pfarrer R. Daur, Stuttgart, die Quäkerin Dr. Ruth Oechslin, Ludwigsburg, und Prof. D. Siegmund-Schultze, Dortmund, die als ehrliche Friedens- und Vaterlandsfreunde vom Kommunismus durch eine Welt getrennt sind. Trotz des Grün sind solche Methoden des politischen Kamofes nicht sonderlich hoffnungsreich. Sie erinnern eher an den Dschungel. Der ist Ja auch grün.
Todesur f eile tür Atomspione
NEW YORK. Im New Yorker Atomspionageprozeß sind am Donnerstag der Hauptangeklagte Julius Rosenberg und seine Frau Ethel wegen Auslieferung von Atomgeheimnissen an die Sowjetunion zum Tode und der Mitangeklagte Morton So well zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Bei der Festsetzung des Strafmaßes war ausschlaggebend, daß die Rosenbergs ihre Verbrechen im Kriegsjahre 1944 begangen hatten.
Amerika vermittelt
LONDON. Die Vereinigten Staaten sollen Großbritannien einen Vorschlag zur Lösung des britisch-persischen Ölkonfliktes gemacht haben, verlautete am Donnerstag aus gutunterrichteten Londoner Kreisen. In dem amerikanischen Plan soll dem persischen Wunsch nach Verstaatlichung der Ölfelder, die gegenwärtig von der „Anglo-Iranian-Oil-Company“ ausgebeutet werden, Rechnung getragen sein.
BONN. Am Donnerstag billigte der Bundestag das sogenannte „Blitzgesetz“, durch das die Legislaturperioden der Landtage von Württemberg-Hohenzollern und Baden verlängert werden, gegen die Stimmen der KPD, einige Stimmen der Bayern-Partei, einige Stimmen der CDU/CSU und eine SPD-Stim- me mit überwältigender Mehrheit. Die Legislaturperioden der Landtage in Baden und Württemberg-Hohenzollern dauern danach bis zum Außerkrafttreten der beiden Länderverfassungen, längstens jedoch bis zum 81. März 1952.
In der Begründung der vom Vermittlungsausschuß ausgearbeiteten Neufassung des Gesetzentwurfs wies der Hamburger Senator Dr. Nevermann darauf hin, daß nunmehr die Gültigkeit des Gesetzes befristet sei. Der ursprüngliche Entwurf hatte die Wahlperode bis zum Außerkraftreten der Länderverfassungen verlängern wollen. Während Bundesinnenminister Lehr verfassungsrechtliche Bedenken geltend machte, hob der SPD-Abgeordnete Karl S c h m i d in längeren Ausführungen die Sinnlosigkeit jeder anderen Regelung gegenüber der „vorliegenden vernünftigen Lösung“ hervor. Der Innenminister von Württemberg- Hohenzollern, Viktor Renner, forderte den Bundestag auf. „sich nicht blenden zu lassen durch die grellen juristischen Scheinwerfer“.
Für tFe Tschechoslowakei!
Demontagen in Baden und Württemberg
TÜBINGEN. Wie in Südbaden wurde auch in Württemberg-Hohenzollern in den letzten Tagen damit begonnen, Maschinen zu demontieren, auf die die Tschechoslowakei Restitutionsansprüche erhebt. Es handelt sich um etwa 20 Maschinen, die nach dem Tag der Londoner Deklaration, dem 5. Januar 1943, erworben wurden. Bisher sind bei der Ravensburger Firma Baler sieben Masdr'nen abgeholt worden. In den nächsten Tagen sollen drei Maschinen bei der fürstlich hohenzolle- rischen Hüttenverwaltung Lauchertbal abtrans- porttert werden. 20 andere Maschinen wurden bereits vor dem 5. Januar 1943 von der Tschechoslowakei nach Württemberg-Hohenzollern eingeführt. Die Firmen und zuständigen Stellen in Württemberg-Hohenzollern stehen auf dem Standpunkt, daß entsprechend der Handhabung im amerikanischen Besatzungsgebiet
FRANKFURT. Die amerikanische Besatzungsarmee, die im vorigen Monat bereits ungarisches Mastochsenfleisch bezog, will nun in Polen Schweine kaufen. Die Bezahlung erfolgt in Dollar. Amerikanische Offiziere erklärten hierzu: „Das Hauptquartier hat von Transaktionen dieser Art keine Kenntnis." Das importierte Fleisch soll für Offiziere und Beamte der Besatzungsbehörden bestimmt sein.
MÜNCHEN. Mit 90:87 Stimmen bei 5 Enthaltungen nahm der bayerische Landtag nach hitziger Debatte einen SPD-Antrag an, wonach ab 1952 das Schuljahr in Bayern wie in den zehn anderen Bundesländern an Ostern beginnen soll. CDU und Bayernpartei stimmten dagegen.
ROM. Der italienische Ministerpräsident de Gasperi besetzte die durch den Rücktritt der drei sozialistischen Politiker freigewordenen Ministerposten mit Mitgliedern seines Kabinetts, die bisher ohne Geschäftsbereich waren.
GENUA Die italienische Polizei entdeckte ein neues Waffenlager mit einem Gesamtgewicht von 16 t, das 50 m über der Erde in einem der Türme der Ansaldo-Werft eingemauert war.
PARIS. Der von der Frankfurter Polizei wegen Devisen Vergehens bei der Frankfurter „Jüdischen Industrie- und Handelsbank“ (früher Jüdische Wiedergutmachungsbank) steckbrieflich gesuchte staatenlose Briefmarkenhändler Morgenbesser wurde in Paris verhaftet. Er war im Herbst zusammen mit dem Geschäftsführer der
Bleiben sie bei. diesem Gesetz, mahnte er die Abgeordneten, „ein guter Mensch in seinem dunklen Drange ist sich des rechten Weges wohl bewußt“. Das Land WUrttemberg-Ho- henzollern habe selbst vorgeschlagen, die Legislaturperioden in Württemberg-Hohenzollern und Baden zu verlängern.
In der Bundesverfassung ist, wie erinnerlich, im Artikel 118 vorgesehen, daß der Bund von sich aus, nachdem die Länder eine Neugliederung nicht zustande gebracht haben, im südwestdeutschen Raum eingreifen kann. Staatsrechtlich fraglich war nur, ob die Verlängerungen der Wahlperioden der beiden Landtage im Sinne des Artikel 118 der Bundesverfassung tatsächlich eine unmittelbare Maßnahme zur Neugliederung des südwestdeutschen Raumes bedeuten oder nicht Der Vermittlungsausschuß stellte sich nun auf den Standpunkt, daß die Verlängerung der Wahlperiode ein erster Schritt zu der Neugliederung sei und daher durch die im Artikel 118 enthaltene Ermächtigung gedeckt sei. Um die Verknüpfung mit der Neugliederung zum Ausdruck zu bringen, erhält das Gesetz jetzt folgenden Titel: „Gesetz zur Durchführung der Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete gemäß Artikel 118, Satz 2 des Grundgesetzes.“
die Maschinen nicht mehr zurückgegeben werden müßten, da es sich bei allen in Württemberg-Hohenzollern dieser Restitution unterliegenden Maschinen um einwandfreie und rechtmäßige Erwerbungen handelt.
Hungersnot in Indien
Es fehlt an Getreide
NEU DELHI. Mindestens 20 Millionen Menschen sind in Indien von einer Lebensmittelknappheit bedroht, die sich langsam zu einer Hungersnot auswächst. In einzelnen Gebieten ist die Lebensmittelversorgung bereits unter das Existenzminimum gesunken. Besonders kritisch sind die nächstep zwei Monate, da die ersten Weizenlieferungen aus den USA frühestens Ende Mai eintreffen können. Benötigt werden zur Aufrechterhaltung einer auch nur beschränkten Versorgung der indischen Bevölkerung für die nächsten vier Monate 2.2 Millionen t Getreide. Indien selbst verfügt noch über eine Monatsreserve von 300 000 t.
Bank, der vier Millionen DM mitgenommen haben soll, ins Ausland geflüchtet.
WASHINGTON. Das amerikanische Justizministerium hat den Obersten Gerichtshof der USA aufgefordert, den Berufungsantrag der sieben zum Tode verurteilten Landsberg-Häftlinge abzulehnen.
CHIKAGO. Der deutsche Generalkonsul in Chl- kago, Knappstein, erklärte in einem Rundfunkinterview, die amerikanische Bevölkerung sei hinsichtlich eines bevorstehenden Kriegsausbruchs viel nervöser als die deutsche. Die amerikanischen Touristen sollen sich nicht abhalten lassen, ihre Ferien in der deutschen Bundesrepublik zu verbringen, um die zerstörten deutschen Großstädte anzusehen, und gleichzeitig einen Eindruck von dem „wundervollen Werk“ zu gewinnen, das beim Wiederaufbau erstanden sei.
DURBAN. Manilal Gandhi, der Sohn des Mahatma, tritt in die Fußstapfen seines Vaters und fastet, um seine politischen Forderungen dunch- zusetzen. Er beschloß, zum Protest gegen Maßnahmen der südafrikanischen Regierung, die sich gegen die farbige Bevölkerung richten, zwei Wochen bei Wasser und Salz zu verbringenr
SAIGON. Vietminh-Truppen haben am Donnerstag eine Reihe schwerer Angriffe gegen Vorpostenstellungen französischer Eingeborenentruppen südwestlich der Hafenstadt Haiphong gerichtet. Nordwestlich von Hanoi wurden starke Truppenmassierungen festgestellt.
„Spiele nicht mit Schießgewehr“
cz. Zurzeit häufen sich wieder einmal die Meldungen über Verletzungen mit Spielzeug, das uns in doppelter Hinsicht überflüssig erscheint. Gemeint sind dabei allerlei Schießinstrumente, Luftdruckpistolen und ähnliches mehr. Nun, wir wisen, daß Väter, die ihren Kindern Eisenbahnen schenken, zuerst einmal selbst ausgiebig damit spielen. Vielfach mag auch beim Kauf von Schießzeug jeder Art der durchaus nicht verwerfliche Spielbetrieb der Männer — die Mütter halten wir von vornherein nicht für die Käufer — eine Rolle spielen, gekoppelt mit Erinnerungen an eigene Taten in glorreichen Zeiten.
Bedenkt man indessen, was man mit diesem „Spielzeug“ bei Kindern anrichtet? Die Unglücksfälle, bei denen beispielsweise ein Kind auf ein anderes schoß und dieses schwer verletzte, weisen die Richtung. Und zum guten Ende sind wir äpr Ansicht, daß auch den Erwachsenen der Gebrauch von Schießinstrumenten, vom rein Sportlichen abgesehen, nie gut bekommen ist, so daß also Vorübungen in frühester Jugend nicht unbedingt notwendig Sein dürften.
Synode der EDK beendet j
Warnung an Politiker }
HAMBURG. Mit der Verabschiedung zweier ‘ Kirchengesetze zur „Ordnung des Evangeli- ! sehen Hilfswerks“ und der Bildung eines „diakonischen Beirats“ ist die Generalsynode ; der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nach fünftägiger Dauer am Donnerstag in Hamburg beendet worden. Durch die beiden Gesetze soll die fürsorgerische Arbeit koordiniert und eine Dezentralisation des Hilfswerkes bei gleichzeitig engerer Bindung an die Kirche erreicht werden.
Landesbischof D i b e 1 i u s erklärte zu den Beschuldigungen des württemberg-badischen Ministerpräsidenten Dr. Maier gegen den Leiter des Hilfswerks Dr. Gerstenmaier, die Gewinne des Hilfswerkes seien ausschließlich caritativen Zwecken zugeleitet“ und das „Staatsinteresse an der Erhaltung von Wirtschaft und Währung nicht gefährdet“ worden.
In einem zum Abschluß der Synode herausgegebenen Aufruf warnte die Synode die f „Männer des politischen Amtes“ davor, die . gegenwärtigen Nöte durch Krieg oder Revo- i tion lösen zu wollen und bat sie, „das Recht 1 zu schützen, der Wahrheit freie Bahn zu lassen und den Frieden zu wahren“. Dann würden sie die Kirche immer auf ihrer Seite I haben.
Hebung des Lebensstandards
Jean Monnet über den Schuruanplan !
BONN. Der französische Planungskommis- ; sar Jean Monnet betonte am Donnerstag j in Bonn, daß die Verwirklichung des Schu- j manplanes praktisch eine Hebung des Lebensstandards der an der Montanunion beteiligten Länder bedeute. Ein gemeinsamer Markt für 150 Millionen Menschen schließe Westeuropa an die Weltproduktion an. In den Besprechungen zwischen Monnet und Hallstein wurden keine endgültigen Beschlüsse gefaßt, um der ; Außenministerkonferenz der Schumanplanlän- der in der kommenden Woche in Paris nicht vorzugreifen, jedoch soll über die Organe der Montanunion ein gewisses Einverständnis erzielt worden sein. Für die Vertretung der Länder sollen nicht die Kohle- und Stahlkapazi- tftten, sondern politische Gesichtspunkte entscheiden.
Das Bonner Bundeskanzleramt hat am Don- i nerstag einen Topf Druckerswärze nach Paris gesandt. Er ist der deutsche Anteil zur Fertigung des Vertragsdokuments zum Schuman- plan, zu der alle beteiligten Länder durch besondere Sachleistungen beitragen. Frankreich liefert die Drucktypen, Holland das Papier, Belgien. den Ledereinband, Italien den Einbindfaden, Luxemburg die Klebestoffe und die Bundesrepublik die Druckerschwärze.
Kleine Weltchromk
Biq 7 oddy : 1
Der Kaufherr aus OH HIN A
Alle Hechte Prometheus-VertaQ Uräbemcll bei München
„Alle sahen auf den Mann aus Poplar, der verlegen seine schmierige Mütze in den Fingern drehte. Er räusperte sich ein paarmal, dann trat er vor den Schreibtisch von Inspektor Curtis und leierte seinen Bericht in einer Weise herunter, die deutlich zeigte, daß er gewohnt war, Aussagen vor Richtertischen zu machen.
„Ich, Bob Smith, alias Feng-jiang, geboren in London-Poplar im Jahre 1903 bezeuge hiermit, folgendes nach der Wahrheit beobachtet zu haben:
Als mir Inspektor Curtis sagte, Ich solle ein wenig nach den Chinks ausschauen, dachte ich mir, Du gehst zu Vater Wellington-King in die „Sonne des Ostens“; das ist ein Kellerlokal gleich hinter den Black-Wall-Docks. Dort kann man jeden Gelben treffen, der sich in London herumtreibt. Wellington-King ist ein Chinese, die Sailors nannten ihn so. Die Hafenpolizei weiß, daß bei ihm lm Hinterhof noch allerhand los ist, was nicht unter die Konzession der Schenke fällt, aber man drückt ein Auge zu, weil dort Fettaugen auf der Suppe schwimmen, d. h. man kann hier und da einen guten Fang machen. Ich kaufte mir also eine Pfeife Opium und legte mich in mein Eck, trank aber den Rauch nicht und Stellte mich nach einiger Zeit wie benommen. Da hör ich denn die Stimmen der Nacht.
Sie müssen wissen, ln einer Opiumkaschemme redet und lallt alles durcheinander. Jeder hat seinen eigenen Traum. Manche bleiben ja leise, aber es gibt genug, denen geht der Schnabel unausgesetzt. Man muß nur rasch unterscheiden, wer dummes Zeug
schwätzt und wer etwas Besseres zu erzählen hat! Es gibt auch Opiumtrinker, die herumzukriechen anfangen und nach den Mädchen ausschauen. Ich tat nun auch so, als wollte ich mir eine Puppe holen und schlich an den Kabinen entlang. Überall hörte ich das Gebabbel und Gewisper. Die schweren Schwaden des Opiumrauches zogen durch das Halbdunkel. Man brennt nämlich nur ein paar rötliche Öllampen, Herr, das müssen Sie wissen.“ „Machs kürzer, Smith“, befahl der Inspektor.
„Gleich, Sir, gleich sind wir soweit.
Ich drückte also mein Ohr an die Bretterwand, hinter der der alte Wellington meist lauert, und erhorche ein Gespräch, das um den alten Fo-hl geht, einen Kuli vom Sisallagerhaus, der seit längerer Zeit krank lag. Irgendein Chink wollte ein seltsames Geschäft machen. Er brauchte eine Chinesenleiche, Herr, nichts wie einen toten Chinesen, der aber noch nicht zu sehr außer Fasson war. Am besten meinte er, wäre ein Toter, der gerade gestorben wäre.
Mit dem alten Fo-hi, sagte Wellington-King, müßte sich das machen lassen. Der Kerl hat höchstens ein paar Stunden zu leben. Gut, erwidert der andere, liefere mir den Kadaver bis Mitternacht, ich brauche ihn dringend.
Das ist alles, Herr, was ich herausbekam, aber ich dachte, es wäre genug.“
„Erzähl noch, wie Du vor dem Hause in der Gasse gewartet hast, Smith.“
„Ja gewiß, Herr, ich dachte, das mußt Du sehen, was die Burschen mit der Leiche vom alten Fo-hi wollen, und ich ging zur Pitdom Street, einer kleinen Seitengasse in Poplar, wo Vater Fo-hi in einem windschiefen Haus in einer Mansarde wohnt. Es dauerte lange, und ich habe stark gefroren. Gegen ein Uhr trugen sie tatsächlich ein Bündel heraus, das recht gut der Tote sein mochte. An der Ecke von Raiway Street wartete ein altes Auto, damit fuhren sie fort.“
„Und wann hatten Sie dieses romantische Abenteuer, Smith?“ fragte der Captaln, der den Zusammenhang schnell überschaute.
„Vorgestern nacht, Sir, wenn Sie erlauben.“
Smith wurde von Inspektor Curtis noch genauer ausgefragt, aber er konnte weder über das Aussehen des Leichenkäufers noch über die Nummer des Wagens Aussagen machen. Dazu, meinte er, wäre es zu dunkel gewesen. Der Nebel lag dicht auf der Stadt. Näher ran zu kommen, wäre nicht gesund. Die Leute in Poplar sind mißtrauisch und haben verborgene Stacheln.
So wurde Smith mit einer angemessenen Belohnung ins Vorzimmer entlassen. Captaln Griffins wünschte ihn für später noch zu sprechen.
Als man allein war, nahm der Captaln den Faden wieder auf.
„Wir haben einen Fehler gemacht, wir setzten als sicher fest, daß der ermordete und in den Kanal geworfene Tschal-Fu und der aus dem Kanal gefischte Chinese natürlich identisch sein müßten, denn schließlich wimmelt es in -der Gegend von Regentspark ja nicht von Gelben. Außerdem behauptete ja auch Al vis, ihn an den Narben zu erkennen.
Aber die Kommission wird genauer gearbeitet haben. Sie hat bestimmt die Fingerabdrücke des Toten genommen, die wollen wir mit den Abdrücken vergleichen lassen, die man auf dem Treppengeländer in Toms Haus gefunden hat.“ Der Inspektor rief in der daktyloskopischen Abteilung an und veranlaßt« die Untersuchung. Zwanzig Minuten später hatte man das Ergebnis: Die Abdrücke waren verschieden. Das sagte an sich nicht viel, denn es konnten die Abdrücke des Mörders, — nicht jene des Opfers sein. Außerdem war beinah gewiß, daß es sich bei dem aufge- flschten Toten um den verstorbenen Sisalarbeiter Fo-hi handelte. Tschai-Fu blieb also nach wie vor verschwunden, und da sich ein Unbekannter so viel Mühe gemacht hatte.
seine Ermordung yorzutäuschen, war anzu* nehmen, daß Tschai-Fu recht lebendig war. Wer anders als er selbst konnte ein Interesse daran haben, wenn er als tot galt? Alles schien sich neuerdings zu verwirren.
Plötzlich kam Big Toddy eine Idee. „Jetzt kenne ich mich aus! Die Bande oder wer immer dahinter steckt, hat einen Fehler gemacht. In dem Bestreben ganz sicher zu gehen, ist ihnen ein Mißgriff unterlaufen, der uns voranhilft. Waren nicht die Papiere Tschal-Fus in der Tasche des Toten? Wenn es die echten Ausweispapiere des verschwundenen Chinesen sind, so enthalten sie Lichtbild und vielleicht Fingerabdrücke, und wir haben einen Steckbrief für die Burschen!“
„Und noch etwas“, fiel der Captain ein, „wir werden sofort die Abdrücke mit denen der blutigen Hand auf dem Treppengeländer vergleichen lassen.“
Eine halbe Stunde später wußten sie bereits, daß der Abdruck auf der Treppe von der Hand Tschai-Fus herrührte, daß demnach Ermordeter und Mörder identisch waren, oder vielmehr, das Tschai-Fu noch lebte.
•
Noch wartete der Chinesen-Smlth lm Vorzimmer.
Captain Griffins zeigte ihm eine Zweipfundnote. Die Rattenaugen des Spitzels glühten begehrlich auf
„Bringen Sie uns zu Wellington-King“, forderte Griffins, „dann sollen Sie diesen Schein betrachten können, solange Sie wollen.
Aber Smith wollte nicht. Er war bereit, die Schenke zu beschreiben und den Wirt und seine sämtlichen Schlupfwinkel zu nennen, aber persönlich wünschte er nicht als Helfer der Polizei in Erscheinung zu treten.
„Das ist viel zu gefährlich Sir“, meinte er abwehrend. „Sie kennen diese Leute nicht. Es sind keine Gentlemen, wie Sie und ich!“
ntne folgt)