HEIMATAUSGABE FÜR
STADT UND LAND
m kl
SAMSTAG, 7. APRIL 1951
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
7. JAHRGANG / NR. 53
Wiedergutmachung des Unrechts an den vertriebenen Beamten
Schlußlesung des Gesetzes nächste Woche / Einbeziehung der Berufssoldaten
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Jean Monne (Mitte), der Leiter der französischen Schumanplan- Delegation, erörterte am Donnerstag im Palais Schaumburg mit Bundeskanzler Dr. Adenauer (rechts) und dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Prof. Hallstein (links) Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schumanplan stehen, darunter auch das Saarproblem
Gleiche Sorgen — gleiches Schicksal
Von Joseph
BONN. Die noch in der Nacht von Donnerstag auf Freitag begonnene Bundestagsdebatte über den „Gesetzentwurf zur Regelung der Rechtsverhältnisse vertriebener Beamter und Berufssoldaten (Artikel 131 des Grundgesetzes)“ wurde gestern mittag abgeschlossen. Endgültig wird das Gesetz in der nächsten Woche verabschiedet werden, nachdem der FDP-Ab- geordnete Euler Einspruch gegen einen Antrag der CDU erhoben hatte, der eine an die zweite Lesung sofort anschließende dritte Lesung forderte. Bei der Begründung des Entwurfs wurde festgestellt, daß das Ziel des Gesetzes nicht nur die Versorgung, sondern die Wiederverwendung des betroffenen Personenkreises sei. Es werde damit endlich die Gleichstellung der vertriebenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, der ehemaligen Wehrmacht und des ehemaligen Arbeitsdienstes verwirklicht.
Der 81 Paragraphen umfassende Entwurf schneidet eine Unzahl von Fragen an und gab den Fraktionen immer wieder Gelegenheit zu Abänderungsanträgen und breiten Diskussionen. Bundesinnenminister Lehr hob die Problematik des Gesetzes hervor und meinte, es stelle das Äußerste dar, was der Bund sich finanziell leisten könne. Die zur Durchführung notwendigen Mittel machten schätzungsweise das 2V 2 fache dessen aus, was die Länder für diesen Zweck bisher bereitgestellt haben. Bundesvertriebenenminister Lukaschek dankte dem Bundestag für seinen Beitrag zur Lösung dieses schwierigen Problems. 76 000 heimatvertriebene Beamte und Angestellte und rund 65 000 Wehrmacht- und Arbeitsdienstangehörige würden dadurch neue Lebensmöglichkeiten finden.
Einer der beiden Hauptpunkte, um die sich die Diskussion drehte, war die Frage der Er-
TOKIQ. Eine Äußerung des Sprechers des amerikanischen Repräsentantenhauses Sam Rayburn, in der Mandschurei sei eine Ansammlung nichtchinesischer Streitkräfte festgestellt worden, hat zu einem allgemeinen Rätselraten geführt. Verschiedene nichtamtliche Berichte sprechen von Mongolen, Japanern und Koreanern. Eine amtliche Bestätigung liegt jedoch aus keiner Hauptstadt der Großmächte vor.
Auch die von dem amerikanischen Nachrichtenmagazin „News Week“ verbreiteten Behauptungen, General McArthur sei bedingt ermächtigt worden, mandschurisches Gebiet bombardieren zu lassen, sind bisher nicht bestätigt worden. Von maßgebender Seite des alliierten Geheimdienstes in Tokio wurde behauptet, sowjetische Truppen seien bisher nicht in die Mandschurei verlegt worden.
Unter dem Druck der Un-Verbände räumten die kommunistischen Streitkräfte in Korea am Freitag vorgeschobene Verteidigungsstellungen und wichen nach Norden aus. Die UN-Truppen halten nunmehr einen Geländestreifen von rund 50 km Breite und einigen km Tiefe nördlich des 38. Breitengrades besetzt. Zwei südkoreanische Divisionen drangen mehr als 20 km über die Demarkationslinie vor. Über Nordwestkorea kam es zu einem heftigen Luftkampf zwischen zwölf amerikanischen und 30 kommunistischen Düsenjägern, wobei fünf kommunistische Düsenjäger beschädigt worden sein sollen.
Nach Meldungen aus Paris äußerte ein französischer Regierungssprecher, der Staatschef fies kommunistischen Chinas, Mao Tse- t u n g, sei vor kurzem mehrere Tage in Moskau gewesen, wahrscheinlich, um den Kreml zu ersuchen, Peking größere Unterstützungen
Sfreitkrätfe für die UN
Amerikanische Republiken stimmen zu WASHINGTON Das Plenum der interamerikanischen Außenministerkonferenz in Washington nahm am Donnerstag einstimmig die heißumkämpfte Empfehlung an die 21 Republiken der beiden Amerikas an, besondere Einheiten ihrer Streitkräfte für die Verteidigung fies amerikanischen Kontinents und für den Dienst als UN-Kontingente abzustellen. In dem angenommenen Antrag heißt es, die derzeitige Weltlage erfordere die positive Unterstützung aller amerikanischen Republiken für die kollektive Verteidigung.
Die südamerikanischen Teilnehmer erklärten sich weiter bereit, alles in ihrer Kraft Stehende zu tun, um die Produktion strategisch wichtiger Rohstoffe zu erhöhen. Als Gegenleistung werden sie von den Vereinigten Staaten Anleihen und langfristige Verträge 2111 Unterstützung ihrer Entwicklungsprogramme erhalten.
nennungen und Beförderungen, die in „enger Verbindung zum Nationalsozialismus“ ausgesprochen worden waren. Hier bestimmt Paragraph 7, daß solche Beförderungen bei der Berechnung der Pensionsansprüche nicht berücksichtigt werden sollen. Die FDP forderte die Streichung dieses Absatzes, der „eine Art zweite Entnazifizierung“ darstelle. In dem Zeitpunkt, da die letzten Spruchkammern aufgelöst würden, dürfe nicht wieder eine neue Entnazifizierung, diesmal beschränkt auf einen bestimmten Personenkreis, eingeführt werden.
Nach dem Gesetzentwurf wird allen früheren Berufssoldaten und berufsmäßigen Angehörigen des Arbeitsdienstes eine Versorgung gewährt, sofern sie vor dem 8. Mai 1935 erstmals in ihren Dienst eintraten. Berufsoffiziere mit einer Dienstzeit von zehn oder mehr Jahren wären wie Beamte auf Lebenszeit zu behandeln. Berufsoffiziere und -Unteroffiziere, deren Dienstzeit unter diesen Grenzen liegt, sollen wie Beamte auf Widerruf behandelt werden. Der Entwurf bestimmt, daß zur früheren Wehrmacht sowohl die Reichswehr als auch die alte Wehrmacht und bei Volksdeutschen Vertriebenen und Umsiedlern die Wehrmacht ihres Herkunftslandes gehören.
Das Haus billigte mit Mehrheit den Haushalt 1950 des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen mit annähernd zwölf Millionen DM. Bundesminister Kaiser hob hervor, daß sein Ministerium kein „Propagandaministerium“ sei, sondern daß es den Parteien und Organisationen in der Bundesrepublik „wertvolles Rüstzeug zur Bekämpfung des Kommunismus“ zur Verfügung stelle. Er betonte die Wichtigkeit der Einrichtung einer eigenen Rundfunkstelle für Sendungen in die Ostzone.
Gebiet bombardieren lassen?
im Koreakonflikt zuteil werden zu lassen. In politischen und diplomatischen Kreisen glaubt man jedoch nicht, daß sich die Sowjets zurzeit auf eine aktive Beteiligung am koreanischen Krieg einlassen werden.
Israelisch-syrische Zwischenfälle
* Sicherheitsrat angerufen
TEL AVIV. Israelische Luftstreitkräfte haben am Donnerstag als Vergeltungsmaßnahme gegen einen syrischen Überfall auf israelische Polizisten, bei dem 7 Polizisten getötet wurden, einen Bombenangriff auf befestigte syrische Stellungen in der entmilitarisierten Zone im Raume des Sees Genezareth durchgeführt. Ein syrischer militärischer Sprecher gab hierzu bekannt, daß 8 israelische Flugzeuge eingesetzt gewesen seien.
Die israelische Regierung hat beim Sicherheitsrat gegen den „flagranten Bruch“ des syrisch-israelischen Waffenstillstandsabkommens durch Syrien protestiert. Die israelische UN-Delegation ersuchte den Sicherheitsrat, die Zwischenfälle vordringlich auf die Tagesordnung zu setzen.
PARIS. Die französische Nationalversammlung hat das neue Wahlgesetz am Donnerstag mit 263:251 Stimmen bei 34 Stimmenthaltungen angenommen. Der Entwurf geht nunmehr an den Rat der Republik, der ihn aller Wahrscheinlichkeit nach billigen wird. Eine schnelle Annahme würde die Ausschreibung zu dem von Ministerpräsident Q u e u i' 11 e genannten Zeitpunkt,' dem 10. Juni, ermöglichen.
Wenn das Gesetz scheitert, müßten die nächsten Wahlen zur Nationalversammlung nach dem alten Verhältniswahlsystem stattfinden. Die Zusammensetzung der neuen Versammlung würde dann ungefähr der jetzigen in ihren drei großen Gruppen — Kommunisten, Gaullisten und Gemäßigten — gleichen. Da sich keine der drei Gruppen zur Zusammenarbeit mit der anderen bereit findet, wäre es fast unmöglich, eine Mehrheit für eine arbeitsfähige Regierung zu finden. Um diesem Mißstand abzuhelfen und insbesondere, um die Stärke der Kommunisten zu beschneiden, hat man in dem neuen Wahlgesetz das Verhältniswahlsystem durch ein modifiziertes Mehrheitswahlsystem ersetzt. Danach sollen die 93 französischen Departements je eine bestimmte Zahl von Sitzen zugewiesen erhalten. Erhält in einem Wahlkreis eine Partei mehr als 50 Prozent aller abgegebenen Stimmen, gilt ihre ganze Liste als gewählt. Die Parteien können Wahlbündnisse abschließen, um die erforderlichen 50 Prozent für alle Mandate auf sich zu
Ein Jahr neuer Entbehrungen nach den bereits vorangegangenen kündigte dieser Tage der britische Schatzkanzler Gaitskell dem britischen Volk an. Hart und unerfreulich werde es sein, die Produktion von Verbrauchsgütern werde absinken, die Preise weiter steigen, und es werde erheblich weniger Fleisch, Zucker und Obst als vor dem Kriege geben. Eine inflationistische Entwicklung sei schon im Gange. Gaitskell bat die gesamte arbeitende Bevölkerung, trotz weiterem erheblichen Ansteigen der Lebenshaltungskosten auf jede Erhöhung der Löhne zu verzichten. Quelle der unabsehbaren Misere: der Zwang der Wiederaufrüstung.
Das sind harte Tatsachen. Die Engländer sind offenbar in besonderem Maße befähigt, sie mit Ruhe und Disziplin hinzunehmen. Sie haben stillgehalten, als Churchill ihnen nur „Blut, Schweiß und Tränen“ versprechen konnte. Sie haben die bittere Pille der Cripps- schen Austerity tapfer geschluckt, die ihnen jetzt von seinem Nachfolger erneut gereicht wird. Werden sie sich auch jetzt wieder ins scheinbar Unvermeidliche fügen? Einstweilen wahrscheinlich noch. Selbst die Sozialkämpfe spielen sich ja in einem gemäßigteren Klima ab als anderwärts. Wenn dieser Sinn für Maß, wenn diese Selbstbescheidung und Bereitschaft zur Einordnung Anzeichen politischer Reife sind, dann verfügt das britische Volk zweifellos über ein hohes Maß politischer Reife.
Auch der westdeutschen Bevölkerung ist eine Art Austerity-Programm angekündigt. Es erregt die Gemüter schon seit der Jahreswende, aber — hier kann man sagen erfreulicherweise — die Bonner Mühlen mahlen langsam. Mag sein, daß die heftigen Widersprüche aus allen Lagern dazu beigetragen haben, die Verwirklichung etwas zurückzuhalten. Aber auch hier bahnt sich Unvermeidliches an. Insoweit laufen die Dinge in England, in Westdeutschland und fast überall in Europa parallel. Die
vereinen. Tritt dieser Fall ein, so werden dann die Mandate auf die Parteien des Wahlbündnisses. entsprechend der ihnen zugefallenen Stimmenzahl verteilt. Die Wahlbündnisse können in jedem Wahlkreis anders aussehen.
„Föderative Einheit Europas“
Auriol und Schuman in Ottawa
OTTAWA. In einer Rede vor dem kanadischen Parlament erklärte der französische Staatspräsident Auriol, der Anfang der föderativen Einheit Europas sei der Ministerausschuß und die Beratende Versammlung des Europarates. „Für den Erfolg dieses großen Zieles“, sagte der Staatspräsident, „haben wir unsere Ressentiments aufgegeben.“
Der Parlamentsrede war ein begeisterter Empfang Auriols bei seiner Ankunft im Bahnhof Ottawa vorausgegangen. Während 21 Salutschüsse abgefeuert wurden, schritt der Präsident die Front einer Ehrenabteilung ab.
Der französische Außenminister Robert S c ff u m a n, der mit dem Staatspräsidenten in Kanada weilt, erklärte, die Zeit sei jetzt reif für eine Aktion, Korea- den Frieden zu bringen. Selbst wenn sich das kommunistische China schweigsam verhalte, sollten diejenigen Länder, die den Frieden wünchen, alles tun, um die Feindseligkeiten zu beenden.
Kli ngelhöfer
Situation Westdeutschlands unterscheidet sich nur im Kurvenverlauf der Versorgung von der Englands: aus der tiefsten Katastrophe, aus dem absoluten Mangel, über Inflation und Verlust allen Geldvermögens hinweg hat diese Kurve in überraschend kurzer Zeit zu großer Freiheit und Fülle des Verbrauchs geführt. Dem nun tritt das „Halt“ der von uns geforderten Konsumbeschränkung entgegen.
Englands Versorgungsniveau hat wohl nie den Tiefpunkt der westdeutschen Hunger- und Mangeljahre erreicht, es erhob sich andererseits in den Nachkriegsjahren auch nicht über die Linie einer äußerst bescheidenen Lebenshaltung. Fette, Fleisch. Milch, Eier, Käse, Zucker, Tee und Süßwaren sind dort heute noch rationiert. So schmerzhaft für die Engländer neue Einschränkungen auch sein mögen: sie können bei ihrem Ausgangspunkt nie so beträchtlich sein, daß sie einen Schock aus- lösen. Bei uns könnte der Rückschritt, den man vielleicht von uns fordert, einschneidender, der Unterschied zwischen gestern und morgen weit fühlbarer sein. Das ist, was der westdeutschen Bevölkerung gefährlich werden könnte. In der Verwirrung dieser Umkehr wird man laut nach den Schuldigen rufen. Es gibt diese Schuldigen nicht — wenigstens nicht in den Regierungen der betroffenen Länder. Wenn uns England eines lehren kann, dann dies: selbst eine sozialistische Regierung mit höchst planvoller Wirtschaft, in der die Grundstoffindustrien verstaatlicht sind, kann die Bevölkerung nicht vor den bittersten Entbehrungen bewahren.
Der britische Schatzkanzler hat von einer bereits bestehenden inflationistischen Entwicklung gesprochen. Sehr schlimm, wenn er nicht nur vor der Gefahr einer Inflation hat warnen wollen. Im Gefolge großer unproduktiver Ausgaben, wie Rüstungen es nun einmal sind, droht stets Inflation. England steht aber erst am Beginn seiner Rüstungsbemühungen. Wie wollte es bei erhöhten Geldeinkommen und geschmälertem Verbrauchsgüterangebot eine Inflation vermeiden, wenn deren Ansätze jetzt schon vorhanden sind? Lohn- und Preis- stop pflegen, wie wir wissen, bei solchen Wirt- schaftskatästrophen zu versagen. Und auch das geduldigste und disziplinierteste Volk versagt vor ihnen.
Was für England die Aufrüstung bedeutet, erleidet Westdeutschland durch seine Besatzungskosten. Die Gefahr einer Inflation ist hier nicht unmittelbar akut. Erst die Einschaltung in das westliche Rüstungsprogramm in großem Maßstab bei gleichzeitiger starker Schmälerung unserer Konsumgüterproduktion würde diese Voraussetzungen ändern. Durch die verschiedenen Spar- und Steuerprogramme soll hier vorgebeugt werden. Inzwischen aber haben wir noch andere Probleme zu lösen. In England mag eine gewisse Gleichmäßigkeit des wirtschaftlichen Schicksals wenigstens bei der werktätigen Bevölkerung versöhnen. Solange aber bei uns — wie wir kürzlich an anderer Stelle darstellten - 27 Prozent aller Erwerbstätigen nicht das Existenzminimum und fast 37 Prozent gerade das Existenzminimum haben, ist mit einer Lösung der sozialen Spannungen nicht zu rechnen. Diese Dinge müssen geordnet werden. Erst dann kann man moralische Forderungen -- wie Sparsamkeit, Einschränkung und Disziplin — mit Aussicht auf Erfolg vertreten. Darüber hinaus und im großen Rahmen gesehen aber haben die beiden Völker, deren Lebensbedingungen wir einander gegenüberzustellen versuchten, gleiche Sorgen. Sie werden auch das gleiche Schicksal haben.
Fremde Truppen in der Mandschurei
Kann McArthur mandschurisches
Neues Wahlgesetz in Frankreich
Die Nationalversammlung beschließt modifizierte Mehrheitswahl