NUMMER 50

MONTAG, 2. APRIL 1951

Vietminh greifen wieder an

SAIGON. Verbände der Vietminh führten am vergangenen Wochenende östlich von Hanoi im Deltgebiet des Roten Flusses heftige An­griffe gegen französische Militftrstationen und von französischen Truppen besetzten Ortschaf­ten. Die Angriffe konnten unter Einsatz von Artillerie und mit Fliegerunterstützung zu­rückgeschlagen werden. Militärische Sachver­ständige sehen in der verstärkten Aktivität den Auftakt zu einer Offensive, deren Ziel die Einnahme des französischen Brückenkopfes in Nordindochina ist.

Noch ein Attentat in Pers en

Streiklage weiterhin ernst

TEHERAN. Auf den Vetter der persischen KaiserinSoraya,Yahya Bachtiyari,wurde am Samstag in Isfahan ein Revolverattentat verübt. Bachtiyari wurde in besorgniserregen­dem Zustand in die Klinik eingeliefert. Der Attentäter ist verhaftet. Über die Beweg­gründe der Tat ist noch nichts bekannt.

Die Streiklage in den persischen Erdölgebie­ten war über das Wochenende weiterhin ernst, doch kam es nicht zu größeren Arbeitsnieder­legungen. Der Ölexport aus Persien ist durch den Streik um etwa ein Fünftel zurückgegan­gen.

Der Schah von Persien hat es abgelehnt, das geistige Oberhaupt der Fedayan-Sekte, Kä­se h a n i, verhaften oder des Landes verwei­sen zu lassen. Er stimmte jedoch der vom Ge­neralstabschef und Polizeipräfekten von Te­heran eingeleiteten Großfahndung nach dem Exekutivchef der Fedayan, Nawab Asfawi, zu.

MarshaH-Hilfe tür Verteidigung

Der Marshall-Plan im vierten Jahre

WASHINGTON. Die Marshall-Plan-Verwal- tung (ECA) wird im vierten Jahre ihres Be­stehens hauptsächlich die freie Welt beim Auf­bau einer starken Verteidigung gegen die kom­munistische Aggression unterstützen, erklärte Marshall-Plan-Administrator William C. Foster in einem gestern veröffentlichten vorläufigen Bericht zum dreijährigen Bestehen des Marshall-Planes. Foster sagte, in den ver­gangenen drei Jahren sei fast alles erreicht worden, was in den vier Jahren, die für den Marshall-Plan vorgesehen wäret), erreicht wer­den sollte. Die gesamte Industrieproduktion Westeuropas liege gegenwärtig um 40 Prozent über dem Stand des Jahres 1938. Der diesjäh­rige Ernteertrag werde wahrscheinlich 10 Pro­zeit höher sein als der Durchschnittsemte- ertrag vor dem Kriege. Die Bundesrepublik habe vom Beginn der Marshallhilfe im April 1948 bis Ende Februar 1951 eine Gesamthilfe in Gütern und Dienstleistungen von 1,091 Mil­liarden Dollar erhalten.

USA-Panzer in Nordkorea

Vor einer kommunistischen Offensive

TOKIO. Fast an der gesamten koreanischen Front wichen die chinesischen und nord­koreanischen Verbände am Samstag und Sonn­tag langsam vor den Angriffen der UN-Trup- pen zurück. Amerikanische Panzerverbände überschriten am Samstag erstmals seit Beginn der kommunistischen Neujahrsoffensive den 38. Breitengrad.

Amerikanische Luftstreitkräfte führten schwere Angriffe gegen Nachschublinien in Nordkorea, um kommunistische Offensivvor­bereitungen zu stören. Man will beobachtet haben, daß etwa sechs bis neun neue chine­sische Armeekorps mit 150000 bis 250 000 Mann zum Teil schon in Mittelkorea eingetrof­fen sind. Die Chinesen sollen dazu übergegan­gen sein, selbst am hellen Tage Nachschub und Verstärkungen an die Front zu ziehen.

Die Gesamtverluste der Streitkräfte der UN in Korea belaufen sich nach einer amtlichen Bekanntgabe auf 229 000 Tote, Verwundete, Vermißte und Gefangene. Die größten Ver­luste erlitten die Südkoreaner mit rund 169 000 Mann.

GegenRückversicherer

Wiirttemberg-Hohenzollern schließt sich Bonn an / Kraft in Tübingen

TÜBINGEN. Das Staatsministerium von Wiirttemberg-Hohenzollern hat beschlossen, sich dem Vorgehen der Bundesregierung ge­genRückversicherer anzuschließen und auch seinerseits eine öffentliche Warnung an alle wirtschaftlichen Unternehmen des Landes zu erlassen, die die von der Bundesregierung be­reits gekennzeichnetenstaatsfeindlichen Or­ganisationen in irgendeiner Form unter­stützen.

Das Staatsministerium hat außerdem dem Entwurf eines Staatsvertrags zwischen den Ländern Württemberg-Baden und Württem- berg-Hohenzollern über die Errichtung eines gemeinsamen Landesversorgungsamtes im Rahmen der Vorschriften desBundesgesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung zugestimmt. Für das neue Amt ist Stuttgart als Sitz vorgesehen.

Es soll die Aufgaben einer Mittelbehörde der Kriegsopferversorgung wahrnehmen.

Vor einigen Tagen hielt sich der stellvertre­tende Ministerpräsident von Schleswig-Hol­stein, Waldemar Kraft, in Tübingen auf, um in Besprechungen mit Innenminister Renner und dem Staatskommissar für die Umsiedlung einen allgemeinen Überblick über die Frage der Unterbringung der von Schleswig-Holstein nach Württemberg-Hohenzollern umgesiedel­ten Heimatvertriebenen zu gewinnen.

Die KPD-Fraktion des Landtags von Würt­temberg-Hohenzollern hat in einem Initiativ­gesetzentwurf die Abhaltung einer Volksbe­fragung über die Fragen der Remilitarisierung, einen Friedensvertrag und die Wiederherstel­lung Gesamtdeutschlands im Jahre 1951 ge­fordert.

Lohnkämpfe

Der Wettlauf mit den Preisen

FRANKFURT. Die zwischen dem Arbeit­geberverband und der Industriegewerkschaft Eisen und Metall am Freitag in Mainz statt­gefundenen Lohnverhandlungen sind nach einer Mitteilung der Gewerkschaften endgültig gescheitert. Dadurch ist für die Metallindustrie Rheinland-Pfalz eine ernste Situation einge­treten. Die württemberg-badische Metall­arbeitergewerkschaft beabsichtigt, ihre 160 000 Mitglieder zu einer Urabstimmung über die gewerkschaftliche Lohnforderung aufzurufen. Von Gewerkschaftsseite wird die Erhöhung des Stundenlohnes um 15 Pfennig gefordert, wäh­rend die Arbeitgeber zur Zahlung von nur 6 Pfennig bereit sind. Die Industriegewerk­schaft Metall wird den Tarif der bayerischen Metallindustrie für Arbeiter und Angestellte zum 30. April kündigen.

Eine Tarifkündigung in der bayerischen Nährmittel- und Süßwarenindustrie wurde von der Industriegewerkschaft Nahrung, Ge­nuß, Gaststätten beschlossen. Für die männ­lichen Arbeiter der Schuhindustrie im Bundes­gebiet wurde in Wiesbaden eine Erhöhung des Stundenlohns von 10 bis 12 Pfennig verein­bart. Die Teuerungszulagen für die Ange­stellten und Arbeiter der Bundesbahn, die bis zum 31. März befristet waren, sind mit Wir­kung vom 1. April in echte Tarifbestandteile umgewandelt und damit unwiderruflich ge­macht worden.

Vorschüsse für Bundesbeamte

BONN. Das Bundeskabinett hat den Finanz­minister ermächtigt, den Bundesbeamten vom 1. April an Vorschüsse auf die beabsichtigte 15prozentige Gehaltserhöhung zu zahlen. Diese Erhöhung betrifft sämtliche Bundesbeamten einschließlich der von Bahn und Post. Für die Beamten der unteren Besoldungsgruppen sind außerdem noch Sonderregelungen vorgesehen.

Ein entsprechender Tarifvertrag, der für die Angestellten des Bundes ebenfalls eine 15pro- zentige Gehaltserhöhung vorsieht, soll in den nächsten Tagen mit den Gewerkschaften ab­geschlossen werden. Da auch die Länder und Gemeinden sich mit einer ISprozentigen Auf­besserung der Bezüge einverstanden erklärt haben, tritt eine allgemeine Gehaltserhöhung um 15 Prozent im öffentlichen Dienst ein.

Gas, Strom und Koh'e

Preiserhöhungen in Frankreich

PARIS. Die französische Regierung beschloß am Wochenende die Preise für Gas, Elektrizi­tät und Kohle mit Wirkung vom 1. April zu erhöhen. Der Strompreis wird um 10 Prozent heraufgesetzt, während Gas künftig etwa 5 Pro­zent mehr kosten wird. Der Preis für Haus­brandkohle wird sich ebenfalls um 5 Prozent erhöhen. Nach nichtamtlichen Erklärungen wird das Kabinett bei Kohle und Anthrazit auch Preissteigerungen für die Industrie (wahr­scheinlich 10 bis 15 Prozent) festsetzen.

Kleine Weltchronik

MÜNCHEN. Der ehemalige SS-Obergruppen- führer und General der Waffen-SS, Erich von dem Bach-Celewski, ist am Freitag im Entnazifizierungsverfahren von der Münchener, Hauptspruchkammer in die Gruppe der Haupt­schuldigen eingestuft und zu zehn Jahren Ar­beitslager verurteilt worden.

STUTTGART. Der Leiter des Evangelischen Hilfswerks, Bundestagsabgeordneter Dr. Eugen Gerstenmaier, dementierte am Freitag entschieden die Pressemeldungen, nach denen er als Leiter des Hilfswerkes zurüdetreten werde.

BONN. Der SPD-Vorstand rechnet damit, Mitte Mai von Hannover nach Bonn umziehen zu kön­nen. Die Arbeiten an dem Gebäude der SPD in Bonn, das knapp 1000 Meter von dem Bundeshaus entfernt ist, werden in etwa sechs Wochen be­endet sein.

LÜNEBURG. Bundestagspräsident Dr. Hermann Ehlers mußte nach einer Wahlversammlung der Niederdeutschen Union am Donnerstagabend in Lüneburg unter Polizeischutz aus dem Saal ge­leitet werden. Angehörige derBruderschaft Deutschland hatten Dr. Ehlers den Weg ver­sperrt und von ihm verlangt, er solle denLause­jungen, wie er einen Diskussionsredner der Bruderschaft genannt hatte, zurücknehmen.

BERLIN. Ein erster Transport ehemaliger deutscher Angehöriger der Fremdenlegion ist nach einer Mitteilung des osizonalen Amtes für Information, aus Vietnam kommend, in der

Sowjetunion eingetroffen. Es handelt sich um Legionäre, die auf einen Aufruf der Sowjet­zonenregierung hin bei den Kämpfen in Indo­china übergelaufen waren. Sie sollen jetzt in der Ostzoneihrem Wunsche gemäß Arbeit beim friedlichen Aufbau Deutschlands erhalten".

HAMBURG. Die dritte Tagung der Synode der Evangelischen Kirche ln Deutschland (EK) wurde am Sonntagnachmittag im Hamburger Rathaus durch den Präses, Bundesminister a. D. Dr. Dr. Heinemann, eröffnet.

PARIS. Der französische Ministerpräsident Henry Queuille hat am Wochenende vorge­schlagen, daß die spätestens im November fäl­ligen allgemeinen Wahlen in Frankreich bereits am 10. Juli abgehalten werden sollen. Bevor ein Kabinettsbeschluß gefaßt wird, soll aber noch­mals mit den Fraktionen der Regierungsparteien Rücksprache genommen werden.

MOSKAU. Der sowjetische Außenminister Wyschinski ist erkrankt, befindet sich jedoch nach einer Mitteilung der Presseabteilung des sowjetischen Außenministeriums bereits wieder auf dem Wege der Besserung. Schon am Mitt­woch verlautete Gerüchtweise, daß der 68jährige sich eine schwere Lungenentzündung zugezogen habe.

SYDNEY. Bei der alten Goldgräberstadt Sunnyside im Osten des australischen Staates Viktoria sind große Uranerzlager entdeckt wor­den.

Neuer Benzinpreis 67 Hennig

HAMBURG. Das seit dem 1. Aprii aufgelöste Zentralbüro für Mineralöl in Hamburg hat als Grqpdlage für die Preisberechnung bei der Übergabe seiner Bestände Zonenpreise ausge­arbeitet, die für Mittelbayern und Süd-Württem­berg bis Bodensee 67 Pfennig für Benzin und 49 Pfennig für Dieselöl betragen. Das Bundes- verkehrsminisierium hat ab 1. April für vier Wochen die Höchstpreise für Vergaserkraftstoffe von 65 auf 68 Pfennig und für Dieselkraftstoffe von 45 auf 49 Pfennig heraufgesetzt; diese Höchstpreise kommen für die von den Produk­tionsstätten am weitesten entfernten Gebiete (Südbayern) in Frage.

Weitere Sparpläne

BONN. Vizekanzler und ERP-Minister Blü­cher sagte am Wochenende, daß außer den Plänen für eine Sonderumsatzsteuer und ein Sparmarkensystem zurzeit eine Reihe anderer Möglichkeiten geprüft werde. So erwäge man einen Sparplan, nach dem jeder, der über ein gewisses Mindesteinkommen verfüge, gehalten sein soll, in einer ihm zusagenden Form Le­bensversicherung, Bausparvertrag oder ähnliche langfristige Anlagen zu sparen. Man werde versuchen, diese Spargelder speziell für Investi­tionen zu nützen. Grundsätzlich solle der Be­völkerung klar gemacht werden, daß durch Ver­mögensbildung größere Sicherheit zu gewinnen sei.

Keine Kohlenscheine

BONN. Ein Sprecher des Bundeswirtschafts­ministeriums erklärte zur Einrichtung der Kun­denlisten bei den Kohlenhändlern, daß auf kei­nen Fall an eine Bewirtschaftung der Hausbrand­kohle in irgendeiner Form gedacht sei. Die Ein­richtung der Kundenlisten solle lediglich eine ge­wisse Beruhigung des Kohlenmarktes gewähr­leisten und Ungerechtigkeiten verhindern.

Der Bumerang Einfuhrbeschränkung

ATHEN. Die griechische Regierung hat vorläu­fig alle Einfuhrlizenzen für deutsche Waren auf­gehoben, selbst wenn diese Güter auf der List« des deutsch-griechischen Handelsabkommens ste­hen. Der Beschluß ist als Gegenmaßnahme zu der von der Bundesregierung angeordneten Einfuhr­beschränkung anzusehen. Der griechische Ein­fuhrstop soll solange aufrechterhalten werden, bis eine Klärung über die künftige Ausfuhr Grie­chenlands nach Deutschland es handelt sich ins­besondere um Tabak herbeigeführt ist. Da* Bundeswirtschaftsministerium Ist offiziell noch nicht unterrichtet; in Außenhandelskreisen zeigt man sich sehr überrascht und betont, daß im totalen griechischen Einfuhrstop kein geeignetes Mittel zu erblicken sei, die Handelsbeziehungen den beiderseitigen Schwierigkeiten zum Trotz zu pflegen.

Die Produktionskrise beim VW-Werk

WOLFSBURG. Nach, einer Mitteilung der Lei­tung des Volks wagen Werkes wird die Arbeit am 4. April in beschränktem Umfange wieder auf­genommen, und zwar sind vier Arbeitstage in der Woche zu je 8Vs Stunden vorgesehen. Die Produktionskrise sei hauptsächlich dadurch be­dingt, daß die für den Volkswagen benötigten hochwertigen Stahlbleche nur mit besonders gu­tem Hüttenkoks hergestellt werden können, von dem die Bundesrepublik 400 000 t exportieren müsse. Eine Besserung sei nur dann zu errei­chen. wenn aus dem Export etwa 10 000 t abge­zweigt und einem Hüttenwerk zur Erzeugung von Stahlblech für das Volkswagenwerk über­lassen würden. Das Bundeswirtschaftsministerium erhebt gegen die Werksleitung den Vorwurf, daß die zuständigen Stellen überhaupt nicht oder erst 24 Stunden vor der Stillegung unterrichtet worden seien; das Kabinett nahm die Tatsache, daß das BWM von den Versorgungsschwierig­keilen im VW-Werk keine Kenntnis hatte,mit Erstaunen auf. Die Märzproduktion betrug 7723 Fahrzeuge, obwohl infolge der Osterfeier­tage und der Unterversorgung mit Karosserie- blechen nur an 19 Tagen gearbeitet wurde.

Noch keine Buna-Produktion?

BONN. In den nächsten Tagen erwartet dl» Bundesregierung eine Note der Hohen Kommis­sion, in der u. a. eine Erhöhung der deutschen Stahlquote sowie Erleichterungen für den Schiff­bau, die chemische Industrie und die Aluminium­produktion bekanntgegeben werden sollen. Über die Erlaubnis zur Herstellung von Buna und syn­thetischem Benzin soll in der Note nichts gesagt sein; sie soll von der alliierten Studiengruppe für die verbotenen deutschen Industrien ohne deutsche Vertreter ausgearbeitet worden sein.

Big Toddy: [24

Der Kauf Herr aus CIHIÄ^lA

Alle Hechte Prometheus-Verlag GröbemcU bei München

8. Kapitel

Gedanken im Dunkel

Captain Griffins blieb zurück. Er jvar nicht ganz zufrieden mit dieser Verhaftung. Die Sache, die sich so geheimnisvoll angelassen, löste sich für seinen Geschmack zu einfach und simpel. Das Fehlen der Schlüssel, das seltsame Verhalten des jungen Mannes und vor allem das Vorhandensein der Reispapier­zettel mit dem Aufdruck in der Brieftasche sprachen freilich sehr gegen Tommy Harper, aber selbst damit war sein Zusammenarbei­ten mit dem Grünen Drachen noch nicht be­wiesen. Die Hauptfragen blieben offen. Wie hatte Tommy bei dem Verschwinden Tschai- Fus und noch mehr bei der Ermordung seines Bruders, bei der er gar nicht anwesend war, die Hand im Spiele? Man konnte natürlich an das Bestehen einer weitverzweigten Ban­de denken, aber sollte etwa Harper mit sei­nen treuherzigen blauen Augen und dem naiven Benehmen ihr Oberhaupt sein? Selbst als Mitglied der Gesellschaft schien er zu harmlos.

Das waren die Erwägungen, die Captain Griffins anstellte, als er so allein im Zim­mer saß. das vor ein paar Tagen der Schau­platz des Todes von Harry Harper gewesen. Die Ständerlampe brannte wie damals, aber der Raum war leer.

Griffins entzündete eine Zigarette, langsam stiegen die blauen Wolken zur Decke empor. Eine Weile saß er und starrte in das Halb­licht des Raumes.

Da trat eine Beunruhigung in seinen Blick,

sein Gedankengang wurde gestört durch etwas, das sein Auge sah, das aber erst halb in sein Bewußtsein getreten war. Mit einem Ruck richtete er sich auf und bemühte sich nun bewußt in der Richtung zu sehen, aus der ihm die Beunruhigung gekommen war.

Das war äußerst merkwürdig! Die Stän­derlampe- brannte, obschon der Steckkontakt ihrer Zuleitungsschnur am Boden lag und nicht in der Dose war. Das also war seinem Auge aufgefallen, ohne daß sein Verstand es gleich begriffen hatte.

Griffins erhob sich. Zuerst knlppste er an dem Schalter am Kopf der Lampe das Licht aus und an. Das funktionierte einwandfrei. Dann steckte er den Kontakt in die Dose. Nichts veränderte sich. Wahrscheinlich han­delte es sich um einen blinden Anschluß.

Woher bezog aber die Lampe tatsächlich ihren Strom?

Der Captain begann mit großer Sorgfalt den Boden abzutasten. Jetzt war nicht das Dolchmesser das Ziel. Man hatte bei der da­maligen Untersuchung natürlich gar nicht daran gedacht nach Schnüren oder geheimen Kontakten zu fahnden, weil man nur das Messer finden wollte. Endlich nach zehn Minuten war das Rätsel gelöst: der schwere bronzene Fuß der Lampe entließ ein Kabel in den Parkettboden. Genau unter dem Rauchtisch war ein leicht bewegliches Par­kettstück, das als Wippkontakt wirkte.

Das Licht erlosch und flammte auf.

Jetzt erhob sich die Frage, wer konnte da­mals den Kontakt betätigen? Lissy van Moog schied aus, weil sie auf der Couch kauerte und daher die Beine nicht auf dem Boden gehabt hatte. Harry Harper war das Opfer gewesen fiel also aller Verdacht auf John Al vis.

Das war unmöglich. Der arme, schwer be­wegliche Krüppel hatte keine Chance, einen Mord zu begehen und die Waffe so rasch und sicher verschwinden zu lassen, daß er einige

Minuten später einer Untersuchung ruhig ins Auge schauen konnte.

Nein. Da waren noch andere Kräfte im Spiel. ' ,

Griffins begab sich auf den Flur. Er hatte Stimmen nebenan gehört und unterschied nun deutlich die Pflegerin und John Alvis.

Der Kaufherr war durch die neuerlichen Aufregungen in einen Fieberzustand geraten, und die Wärterin bemühte sich vergeblich, ihn zu beruhigen. Schließlich klopfte der Captain an und trat in die Krankenstube.

Alvis saß wie ein Totengerippe aufgestützt in den Kissen. Seine schwarzen Augen fun­kelten.Ich halte es in diesem Hause nicht mehr aus! jammerte er. Jede Nacht ge­schieht ein anderes Verbrechen. Man wird auch die letzte Prophezeiung noch wahr machen und nv'ch zu Tode hetzen!

Jetzt fiel auch Griffins wieder jenes Billett ein, in dem der Einbruch angekündigt wor­den war und zugleich das Leben oder die Sicherheit Lissy van Moogs bedroht wurde. Er nahm sich vor, gleich morgen die Tänzerin bewachen zu lassen. Bei Alvis jedenfalls hatte sich bisher der Schutz bewährt.

Könnte mir Miß Hoover wohl eine Klei­nigkeit in der Küche helfen, bat er,der Butler hat wegen des Einbruchs zu tun. Wir sind ja jederzeit für Ihre Klingel zu errei­chen. Der Cantain wünschte die Pflegerin allein zu sprechen.Ja, ja, regte sich der Kaufherr auf,lassen Sie mich ruhig allein, um mich armen Teufel ist es ja nicht schade, wenn die Chinesen kommen ...

Die Pflegerin wollte daraufhin nicht mit­gehen, aber Griffins machte ihr ein Zeichen, In der Küche fragte er sie nach ihren Be­obachtungen während der kritischen Nacht.

Eigentlich kann ich gar nichts sagen, Sir, antwortete die Pflegerin.Sergeant Loviser und ich hatten verabredet, daß er bis Mitter­nacht und ich von da ab wachen sollte. Der Sergeant schlief angekleidet auf dem Sofa

im Zimmer. Wir hatten die Lampe kleinge­dreht, nur eine Nachtbeleuchtung brannte, und ich döste neben Mr. Alvis Bett. Gegen ein Uhr wachte der Kranke auf, erschreckte sich sehr, daß ich dicht an seinem Kopf saß und wünschte, ich möchte meinen Stuhl ans andere Ende des Raumes stellen, er würde mich schon rufen, wenn er etwas brauchte. Das tat ich und bin wohl im Sitzen etwas eingenickt. Sonst habe ich nichts gehört. Erst gegen drei Uhr kam dann der Lärm von un­ten, als man den Einbruch entdeckt hatte.

Denken Sie scharf nach, Schwester. Hörten Sie kein Geräusch, keine Bewegung, Schritt« oder ein Kratzen?

Miß Hoover dachte nach. Dann zuckte sie die Achseln.Ich weiß, daß es oft auf Klei­nigkeiten ankommt. Nun denn, wenn Sie etwas damit anfangen können, Captain: Gegen zwei Uhr war mir, als klirre etwas auf der Straße aber das kann natürlich niemandem etwas helfen.

Es klirrte etwa so, als fiele ein Schlüssel­bund auf die Straße?

Die Schwester schaute erstaunt hoch.

Ja, Captain, sagte siegenau so klang es. James Griffins nickte befriedigt.

Kaum hatte sich am andern Morgen Big Toddy, zum Frühstück niedergesetzt, als das Telefon läutete. Er dachte nichts anderes, als daß James Griffins anrufen würde, um ihm irgendwelche Vorkommnisse oder Ergebnisse vom Abend vorher mitzuteilen. Bei dieser Gelegenheit wollte Tom seinem Freund end­lich die Entdeckungen erzählen, die er selbst in Fräulein Lissys Garderobe gemacht hatte. So war er einigermaßen enttäuscht, als statt der ruhigen Stimme des Captains eine aufge­regte Frau mit einem Wortschwall über ihn her­fiel, aus dem er erst nach einer Weile die Stimme Lissys erkannte. Allmählich begann er auch zu verstehen, was sie ihm zu erzäh­len versuchte. (Forts, folgt)