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Finanzausgleich und immer wieder Finanz­ausgleich! Die Wirtscha,fi klagt über hohen Steuerdruck, für den sie die Gemeinden verantwortlich machen. Diese ihrerseits klagen die Länder an, daß sie ihnen zu wenig Geld geben, um ihre allernotwendigsten Ausgaben zu er­füllen. Achtzig Prozent derselben seien ohnehin zwangs­läufig. Und die Länder fordern vom Reich einen größeren Anteil an dem Steueraufkommen. Immer neue Aufgaben würden ihnen zugewiesen, aber nicht die Mittel, die'dazu nötig seien. Und so verlangten die Finanzminister der Län­der bei ihrer Konferenz in Berlin am 2. November Erhöhung des Länderanteils an der Einkommens- und Kör­perschaftssteuer von 75 auf 90 Prozent, eine Ga­rantieleistung für einen Mindestbetrag von 450 Millionen RM. aus der Umsatzsteuer, Uebernahme der Lasten der Erwerbslosen fürs orge auf das Reich, Belastung der städtischen Getränke st euer usw. Dabei kam imm^r deutlicher zum Ausdruck, daß die Entwicklung der Steuer­politik nach und nach zur Abdrosselung der Selbständigkeit der Länder führt. Andererseits sagt mit Recht der Re'ichs- stnanzminister: Wie soll das Reich seinen himmelschreienden Dawesverpflichtungen Nachkommen, wenn die Länder und Gemeinden ihm den Rahm abschöpfen?

Gewiß, die Sache wäre nicht so gar verheerend, wenn nicht die Erwerbslosen fürsorge am Beutel des Reichs, der Staaten und der Länder bleischwer hinge! An­dererseits wächst das Elend der Erwerbslosen ins Unge­heuerliche. Es ist auch keine Aussicht vorhanden, daß ihre Zahl für diesen Winter erheblich abnehme. Alle Achtung vor den Notstandsmaßnahmen der Regierung und ihrem Arbeitsbeschaffungsprogramm. Aber das sind «nur vorübergehende Erleichterungen, die das eigentliche Hebel nicht aus der Welt zu schaffen vermögen und nur meue Schuldenlasten zu den alten häufen. Um weiterhin zu will die Regierung nach ihrer soeben im sozialpoliti- ichen Ausschuß des Reichstags abgegebenen Erklärung die ^unterstützende Erwerbslosenfürsorge bis zum 31. März 1927 kusdchnen, die' Bezüge sämtlicher Hauptunterstützungs- »mpfäuger (Lediger und Familienväter) um zehn Pro - 8 ent erhöhen, den Unterschied zwischen alleinstehenden Md nicht alleinstehenden Arbeitslosen beseitigen, dem vierten 4ki,U> ebenfalls den vollen Zuschlag gewähren u. a. m. Aber ^ noch einmal unsere Wirtschaft muß wieder in Gang! W«r gibt den Dampf dazu?

Ob dies durch Wiedereinführung des Achtstunden­tags erzielt wird? Soeben hat die sozialdemokratische Reichstagsfraklivu in Uebereinstimmung mit den Freien, Christlichen und Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften ein Not- gesetz zur Sicherung des achtstündigen Höchstarbeitstags ge­fordert. Die Unternehmer stehen auf dem entgegen­setzten Standpunkt: sie fürchten auf diesem Weg eine Produktionsverminderung in Betrieben, die bis jetzt noch gut gehen, und damit Vermehrung statt Verminderung der Arbeitslosigkeit. Auch hier steht Änsicht gegen Ansicht.

Endlich ist der Landsberger Fememordprozeß beendet. Derselbe ließ uns wieder einmal hineiuschauen in die widsrliche» Abgründe jener Nachkriegszeit, wo eine grauenhafte Verrohung auch Stände erfaßte, die sonst sol­chem bestialischen Treiben ferne sieben. Es ist aber Zeit, daß man mit diesen Prozessen Schluß macht. Sie dienen wahrlich nicht zur Beruhigung der Parteileidenschaft.

Neuestes vom Lage

Dr. Held beim Reichspräsidenten

Berlin. 5. Noo. Der Reichspräsident empfing heute den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Held.

Zur Frage der Regierungsumbildung

München, 5. Noo. In einer Versammlung sprach sich einer der Führer der Bayerischen Volkspartei, Reichstags­abgeordneter L o i b l, für eine bürgerliche Mehrheitsregie­rung im Reich aus, die kommen müsse, weil nur sie eine stetige Entwicklung bringen könne. Reichskanzler Dr. Marx werde inzwischen eingesehen haben, daß es mit der auf schwachen Füßen stehenden Minderheilsregierung nicht mehr gehe und daß aus den sächsischen Wahlen die nötigen 'Schluß­folgerungen gezogen werden müssen. Es bleibe kein anderer Weg, als die Deutschnationalen in die Regierung heran- .znzieben.

Der verlorene kantonkrieg

Peking, 5. Noo. England hat mit der südlichen Provinz Knangtung, d. h. Kanton,Frieden" geschlossen, nachdem der britische Handelskamps von Hongkong aus gegen Kanton durchaus zu Ungunsten Englands ausgefallen ist und Eng­land durch den chinesischen Boykott und sonstige Erschwe­rung des britischen Handels schweren Schaden erlitten hat. Die Kantonregierung hat sich bereit erklärt, dem britischen Handel künftig keine weiteren Verwaltungshindernisse in

den Weg zu legen, der Boykott scheint aber in weitem Um­fang weiterzubestehen. Kanton erklärt dagegen (mit Zu­stimmung Englands), daß es den Likin (Inlandzoll in ganz China) auf eigene Faust in seinem Gebiet abschafsen werde. Dafür erhebt Kanton seit dem 10. Oktober 1926 einen 2,5- prozentigen Zuschlag auf fremde Waren und einen 5prozen- tigen Zuschlag auf Luxuseinfuhr. Ferner besteuert es die auf chinesischem Boden hergestellten fremden Erzeugnisse mit 2,5 v. H. und verspricht, die chinesischen Erzeugnisse im gleicl)en Umfang zu belasten. Außerdem soll eine 2,5pro- zentige Ausfuhrsteuer auf Rohstoffe kommen. Die Erhebung der Abgaben soll mit der Verwaltung des fast ganz von Fremden besetzten Seezollamts verbunden werden, in dem (zum Zweck der Handelsspionage) mindestens 51 v. H. Eng­länder sitzen. Der Einfluß Chinas bzw. Kantons in den Seezollämteru wird nun weit größer sein, und das ist das Demütigende für England. DieKriegsentschädigung", die England auf diese Weise für die Erlösung Hongkongs vom Boykott an Kanton gibt, wird im ersten Jahr auf 60 Mil­lionen Mark geschätzt.

Ser Leisrrder A»Wlig m SerW

Die Angeklagte« znin Tod verarieilt

Hildesheim. 5. Nov. Nach Schluß der Beweisaufnahme begründete Oberstaatsanwalt Dr. Stelling die Anklage. Es sei tief bedauerlich, daß mich im Fall des vorliegenden schweren Verbrechens die Politik fick der Angelegenheit bemächtigt und in der Presse und im Publikum die falsche Meinung gemacht habe, daß gar kein Anichlaa vorliege. Diese Irreführung je! teils aus Begünstigung der Schuldigen, teils auf -ine bestimmte Stellungnahme gegen die Reichsbahn zurückzusühren. als ob der schwere Uinall vom 16. Auontt ein d'vch Nr.l '-Makel- der N w-ch-bn ver-

Nagolder LagblatlDer Gesellschafter"

schuldete-? U n glück wäre. D:c->> Bestrebungen haben lei­der die Untersuchung we'.'ntll-'-.- erschwert- Andererseits haben sie bei den Angeklagten Hoffnungen erweckt. Im weiteren Verlauf der Rede erklärte de-' Oberstaatsanwalt, der Anstifter und Hauptschuldige sei der Angeklagte Schlesinger. Der Verteidiger Schlesingers. RA. Weißdorn- Hildes­heim, führte aus, es vnttrliege keinem Zweifel, daß die An­geklagten den Zug vorsätzlich und in gewinnsüchtiger Absicht zur Entgleisung gebracht haben, dagegen bitte er, die An­klage auf Mord fallen zu lasten. Im übrigen stelle er das Strafmaß dem Gerickn anbei',». Der Verteidiger von Willi Weber. RA. Holtmann, bezweifelte, ob die Anklagen auf Mord und Transportgefährdung nebeneinan-' dergestell: werden könne:' Er stellte kr'nen Antraa. RA. Bruno tte beantragte für Walter Weber Freispre­chung.

Da« Urteil

IPn 6.30 Uhr abends verkündete der Vorsitzende das Ur­teil: Die Angeklagten Otto Schlesinger und Willi Weber werden wegen fortgesetzter vorsätzlicher Eisenbahn- transportgefährdung mit Todesfolge in Tateinheit mit Mord zum Tode und dauerndem Verlust der bürger­lichen Ehrenrechte verurteilt. Der Angeklagte Wal­ter Weber erhält 2 Jahre Gefängnis. In der Urteilsbegründung heißt es: Es sei erwiesen, daß die An­geklagten Schlesinger und Willi Weber in drei Fällen Eisenbahntransporte gefährdet haben und daß dabei Todes­gefahr für Reisende bestand. Es liege eine fortgesetzte Hand­lung vor, da die Angeklagten jedesmal entschlossen waren, einen Zug zum Entgleisen zu bringen. Sie haben den Tod von Reisenden vorausgesehen und trotzdem ihre Ab­sicht ausgeführt, es liege somit vorsätzlicher Mord vor. Mildernde Umstände seien in diesem Fall zu versagen. Bei Walter Weber sei die Beihilfe nicht festgestellt, dagegen habe er es unterlassen, von dem ihm bekannten Anschlagsplan Anzeige zu erstatten. Auch er habe somit Schuld an dem Tod einer ganzen Anzahl von Menschen.

Württemberg

Stuttgart, 5. Noo. Vom Landtag. Der Finanz­ausschuß erklärte sich damit einverstanden, daß die :m Staatshaushaltsplan 1927 für Anserrigung von Dienst- kleidern der Landjäger vorgesehenen 65 000 Mark jetzt schon in Anspruch genommen werden. Bei der zweiten Lesung des Entwurfs einer Gerichts^ st enordnung bringt Abg. Schees unter Zustimmung des Justtzministcrs eine Reihe von Aenderungen ein, die teilweise aus W i e d er­be r st e l l u n g der ursprünglichen Regierungs­vorlage abzielen. Sie werden angenommen. Im großen und ganzen wird die Vorlage nach den Besinlüssen der ersten Lesung angenammen. Es wird somi! be: einem Ke- v ü h r e n a u s f a I! iür die Siaaistasle ein Betrag von über 460 000 Mark verbleiben. Auch die Notariais- t a st e n o r d n u n g wird in zweiter Lesung in der Fassung der ersten Lesung angenommen. Ein Antrag Pollich-Müller- Scheef-Rath, nach dem der Staatsanteil an den Notarinis- gebühren erhöht werden soll, wird angenommen. Den öffentlichen Notaren, Bezirksnotaren usw. verbleibt nach Ausweis der Statistik noch ein hinreichender Gebührenantsil. Finanzminister Dr. Dehlinger erklärte, daß in den Planjabren 1926 und 1927 mit einem Abmangel von 10 Millionen Mark zu rechnen sei. Der Finanz­ausgleich mit dem Reich werde nach den jüngsten Bes? - chungen in Berlin zwar bei der Erw-rbslosenfürsorc-e e Erleichterung von einer Million Mark, aber bei der U m -

satzsteuer einen Ausfall von 3,5 Millionen Mark bringen. Die Gelegenheit zur Ausschöpfung der vorliegenden Einnahmequellen dürfe daher nicht unbenützt bleiben.

Die höhere Maschinenbauschule in Eßlingen wird im Winterhalbjahr 1926/27 von 472 Schülern besucht. Davon find 444 aus Württemberg, 26 Angehörige anderer deutscher Länder und 2 Schweizer.

Arbeitsmarkklage. Im Arbeitsnachweisbezirk Stuttgart waren am 26. Oktober 6 464 männliche und 2 046 weib­liche und am 2. November 1926 6410 männliche und 1968 weibliche, zusammen 8378 Erwerbslosenunterstützungs­empfänger vorhanden. Es ergibt sich somit ein Abgang bei

50 Jahre Briiderardeit in Württemberg

ep. Die Arbeit der männlichen Diakonie in Württemberg, die am 6. und 7. November mit der Jubelfeier der Brüder­anstalt Karlshöhe bei Ludwigsburg ihr 50jähriges Bestehen feiert, hat den entscheidenden Anstoß für ihr Werden einst von Johann Hinrich Wichern, dem Vater der Innern Mission, empfangen. Wichern war es, der im Jahr 1833 zur Rettung verwahrloster Hamburger Jugend ein Kinder­dorf und damit zur Heranbildung seiner Mitarbeiter ein Diakonenhaus, das sog. Rauhe Haus, schuf und dadurch bahnbrechend für die ganze christliche Wohlfahrtspflege in Deutschland wirkte. Wicherns Anregung wurde namentlich in Württemberg von Regierungsrat Clausnizer in Stuttgart und General v. Baur - Breitenfeld in Ludwigs­burg, dem Vater der Schriftstellerin Toni Schumacher, tat­kräftig ergriffen.

Am 6. November 1876 wurde in Ludwiasbura die erste

Anstatt Karl,höhe Ludwigsburg. B.udcehau,, Erbaut von Knecht u. Schreyer.

__Samstag» 6.? November 1SL S

Auf dem Arbeitsmarkt für Angestellte hat das ein­setzende Wintergeschäft eine stärkere Nachfrage nach Ver­käufern, namentlich des Lebensmittelhandels, hervorgerufen. Im großen und ganzen gesehen, ist eine Besserung auf dem Arbeitsmarkt für Angestellte nicht zu verzeichnen, wenn auch der Zugang Gekündigter um ein Drittel zurückgegangen ist.

Fahrlässige Tötung. Das Schöffengericht Cannstatt ver­urteilte eine Frau wegen fahrlässiger Tötung zu 60 Geld­strafe. Sie hatte einen 2)4 Jahre alten Nachbarknaben mit nach Haus genommen, und das Kind war in einem unbe­wachten Augenblick in einen mit heißer Milch gefüllte» Topf gefallen. Die Brandwunden hatten den Tod des Kinds zur Folge.

Stuttgart, 5. Nov. Glücklicher Gewinner. Der Hauptgewinn der Blindenlotierie mit 7000 RM. wurde von einem seit 4 Jahren arbeitslosen bedürftigen Mann in der Nähe Stuttgarts gewonnen.

Ludwigsburg, 5. Nov. 7 0. Geburtstag. Heute feiert Oberst a. D. Jäger v. Iägerberg seinen 70. Ge­burtstag.

Darmsheim OA. Böblingen, 5. Noo. Im Verdacht der Brandstiftung. Vorgestern früh traf die Krimi­nalpolizei von Stuttgart zur nochmaligen Untersuchung des Brandes in dem von Eugen Schleppte bewohnten Gemeinde­haus hier ein. Das Ergebnis war, daß Schleppte verhaftet und nach Stuttgart überführt wurde.

Aus dem Lande

Plattenhardt. 5. Nov. Wilderer. In der Nähe von Neuhausen a. F. bemerkte man in einem Waldstück Schlin­gen, die von Wilderern-gelegt worden waren. Ein Reh lag verendet da. Der Haupttäter konnte nach aufregender Jagd gefaßt werden. Als man ihn aber den inzwischen auch verhafteten Hehlern gegenüberstellen wollte, war er aus dem Ortsarrest entflohen.

Lausten a. N., 5. Nov. Erstellung einer F e st - Halle. Die Stadtverwaltung plant die Erstellung einer Festhalle mit einem Kostenvoranschlag von 120 000'Mark. Im Hinblick auf die mißliche Lage der Weingartner und die große Wohnungsnot begegnet dieser Plan nur wenig Ver­ständnis bei der Bevölkerung. Im Gememderai herrschte zunächst Stimmengleichheit bei dieser Frage, sodaß die Ent­scheidung einer späteren Sitzung Vorbehalten bleiben muß.

Rokktveil, 5. Nov. Fahrraddiebstähle. Von den in der letzten Zeit in Rotiweil gestohlenen Fabrrädern konn­ten einige ihren Eigentümern wieder z-igesiellt werden. In zwei Fällen wurde der wegen Diebstahls vorbestrafte ledige Schneider Kgrl Psundstein von Lockendorf ernttttelt und sestgenommen. Pfundstein bat die Fabrrüder in Dettingen OA. Ha:r-'"-"ck> nun halben Preis verkauft.

Friedrichshgssn, 5. Nov. E ^ i o l g r e - ch e Flüge. Gestern veranstaltete das neue Großflugzeug Dornier-Suser» mal zwei größere erfolgreiche Flüge. wolM es bis zu 60 Per­ionen an Bord nahm. Das Flugzeug ist für 21 Fahrgäste eingerichtet. Bei den Fahrten wurden Geschwindigkeiten bis zu 210 Km. erreicht. Das Flugzeug wird van der Deut­schen Lufthansa an der Nordseeküste stationiert werden. Im Frühjahr sollen 6 weitere solche Flugzeuge von der Luft­hansa in Dienst gestellt werden.

Arrs Stadt VNd Laad

Nagold, 6. November 1926.

Das Nichtverstehen kommt meistens gar nicht vom Mangel an Verstände, sondern vom Mangel an Sinn.

Friedrich Schlegel.

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Lonnir-e Ingen)

Zum Sonntag

Die Jugend soll man jung sein lassen, froh sein lassen, ihr diesen einzig schönen goldenen Morgen nicht mit Sorgen vergällen, wenigstens sie nicht mit solchen Sorgen behelligen, an denen auch sie nichts ändern und bessern kann. Ja, niemals aus Mutwillen, Neid und Bitterkeit solch schone, glänzende Augen trüben wollen, nicht das frohe Lachen wehren, das im Alter noch in der Erinnerung Musik sein kann. Die Jugend soll in der Sonne auswachsen, man soll ;br Blüten streuen, reine, schöne, herrliche Blüten, die nie

und bis heute einzige würti. Brüderanstalt, die ganz nach dem Wichernschen Vorbild gebaut ist, feierlich eingcweiht. Mit der Brüderanstalt wurde auch hier eine Kinderanstalt verbunden. Es war eine schwere Aufgabe, die der erste In­spektor Rupp mit der Leitung der Karlshöhe übernahm; fehlte cs doch zunächst an Arbeitskräften wie an Arbeits­stellen. Da war es eine erfreuliche Erleichterung, als im Jahr 1879 durch den Erwerb des Männerheims Salon ein schönes Arbeitsfeld und eine weitere Ausbildungsmöglichkeit für die Brüder gewonnen wurde- Dank der unermüdlichen Energie Rupps konnte datm der zweite Inspektor Hahn das Werk großzügiger betreiben. Von dem dritten Inspektor Schütter, der im Jahr 1904 die Leitung der Anstalt übernahm und ihr heute noch vorsteht, wurde in erster Linie eine Vertiefung der Brüderschaft erwartet. Und an dieser ist auch mit reichem Erfolg gearbeitet worden. Die Aus­bildung der Brüder wurde gründlicher. Heute besteht für die Brüder eine zweijährige theoretische Ausbildungszeit im Mutterhaus und dazwischen eine dreijährige praktische Aus­bildung in verschiedenen Zweigen (Krankenpflege, Wirr­schaftsbetrieb in Herbergen und Hospizen, Erziehungsarbeit, Anstaltsdienst jeder Art). , ^

Immer mehr Arbeitsfelder erschließen sich: neben Kran­kenpflege und Herbergsdienst, neben Erziehungsarbeit und Anstaltsdienst tritt die Jugendpflege, die Gemeinschaftspflege, der Gemeindehelferdienst in der evangelischen Kirche. Die Zahl der Brüder mehrt sich. Der Zudrang wird so stark, daß man aus Raummangel viel tüchtige junge Männer zu­rückweisen muß. So ergab sieb die Notwendigkeit, ein Brüderhaus zu bauen, in dem genügend Wohn- und Scklafräume, sowie die ausreichenden Lehrsäle zur Verfü­gung stehen. Mutig wurde auch dieses Wagnis unternom­men. Am 6. November 1926, am Tag -Rjäbr;aen Jubi­läums, soll der neue Bau eingeweiht werden. 315 Brüder gehören heute zum Karlshöber Verband- lieber die Gren­zen von Württembero hinaus, im Deutschen Diakoniever­band, im Kreis der 16 deutschen Diakonieanstalten, genießt die schwäbische Anstalt besonderes Ansehen und übt manch­mal entscheidenden Einfluß aus. Das zeigte sich deutlich, als im Mai 1925 auf der Karlshöhe der Deutsche Diakonen­tag abgehalten wurde.