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SCHWÄBISCHES TAGBLATT
25. Juli 194|
angesichts der drohenden Schatten, die den Horizont Westeuropas verdunkeln, die so bitter notwendige echte Kollaboration zwischen Deutschland und Frankreich anderer Anstrengungen bedarf als des Glaubens, auf der Basis der Besetzung für die eigene Sicherheit Sorge zu tragen und alles andere einer besseren Zukunft anheimzustellen. Dafür ist ja gerade der Fall Abetz ein abschreckendes Beispiel, wobei natürlich *zu berücksichtigen ist, daß die Schrecken des NS-Regimes uns von der Besatzungsseite erspart blieben.
Dem europäisch denkenden Menschen ist längst aufgegangen, daß die deutsch-französische Verständigung das Kernproblem für ein Europa, das sich in der Zukunft behaupten will, darstellt. Wird hier keine Lösung gefunden, bleiben Europa-Rat und alle ähnlichen Bemühungen Theoreme, Objekte einiger seliger Utopisten. >
Der Fall Abetz lehrt, daß der Glaube an die Macht, die man zeitweilig innehat, keine Grundlage selbst für ein aufrichtiges Bestre-. ben ist. Dazu ist jede Macht zu verführerisch. Echter Vers! ändigungswille setzt die Anerkennung des Partners voraus, was in der heutigen Situation, da es um Fortbestehen oder Untergang Europas geht, nicht gar . so schwer fallen sollte wie in vergangenen besseren Zeiten, da man sich noch um einige Quadratkilometer hüben oder drüben die Köpfe blutig schlug.
Jchmid und Menzel sollen klagen
DÜSSELDORF. Konrad Adenauer hat Prof. Dr. Karl Schmid und Innenminister Menzel aufgefordert, ihn wegen seiner Aeuße- rungen über die Kenntnis der SPD von der zweiten Außenministernote zum Grundgesetz zu verklagen. Er werde vor Gericht die Wahrheit beweisen. Adenauers Behauptung in Heidelberg, die SPD habe von dieser Note vorzeitig erfahren und so auf ihrer Vorstandsitzung am 20. April ihre Forderungen aufstellen können, war von den beiden SPD-Politi- kern dementiert worden.
Auch Dr. Schumacher, der erste Vorsitzende der SPD, der am Freitag in Hannover und am Samstag in Koblenz sprach, hat die Behauptungen Adenauers als unrichtig bezeichnet In seinen-Reden. hat Schumacher vor allem Stellung genommen gegen d'e britische Demontagepolit'k. Er habe seit Kriegsende keine böseren Worte gehört als die Bevins in der Unterhaussitzung am Donnerstag. Seine Partei werde die Lebensrechte der deutschen Arbeiter auch gegen britische Ansprüche ver- tefcr„” 7 !. g^umacher wandte sich erneut gegen die Versuche, das Saargebiet in den Europa-Rat aufzunehmen. „Das Saargebiet“, so erklärte er, „ist ein politischer und volksmäßi* ger Bestandteil Deutschlands und seine Auf-, nähme in den Europa-Rat könnte .zu einer Odor-Neiße-Linie im Westen führen“.
Der SPD-Parteivorstand hat Pressemeldungen als unwahr bezeichnet, nach denen die SPD von der britischen Arbeiterpartei einen Wahlfonds erhalten haben soll.
Einen interessanten Versuch hat die Flüchtlingsvereinigung Mannheim gemacht, die in einer gemeinsamen Versammlung vor etwa 14 000 Flüchtlingen Vertreter aller Parteien sprechen ließ
Dr. Müller in der Schweiz
FRIEDRICHSHAFEN. Staatspräsident Dr. Gebhard Müller, der zur Eröffnung der Bodenseefestwochen — wir berichten darüber im Innern des Blattes — in Friedrichshafen weilte, begab sich am Samstagnachmittag von dort nach Romanshorn. Er war vom Ratskollegium dieser schweizerischen Uferstadt zu einem Besuch eingeladen worden.
Zehn Millionen DM gefälscht
FRANKFURT. Nach Mitteilung der amerikanischen Militärregierung ist man in Mannheim einer internationalen Geldfälscherbande auf die Spur gekommen, deren Mitglieder, Deutsche, Franzosen, Spanier und Polen, falsche 100-DM-Scheine und Besatzungsdollar im Werte von rund zehn Millionen DM in Umlauf gesetzt haben. Bisher wurden acht Mitglieder der Bande in Paris festgenommen.
Das Koi nteld im Volksglauben
Als Stätte, wo das tägliche Brot wächst, ist das Kornfeld zu allen Zeiten für den kostT barsten Teil der dörflichen Flur gehalten worden. Daher steht es bei den meisten ackerbauenden Völkern unter höherem Schutz. Nach dem Volksglauben sind es hauptsächlich Dämonen, die man durch Opfer ehrt und stärkt, durch Zauber sich gefügig macht und deren Segens- und Wachstumskräfte man mit dem letzten Halm oder der letzten Qarbe einzufangen sucht. Sie offenbaren sich besonders im befruchtenden Wind oder als Kinderschreck.
Als Winderzeuger im Kornfeld stehen männliche, weibliche und tierische Gestalten nebeneinander. So sagt man, wenn das Getreide wogt: „Das Kornmännchen geht um“ oder „der Teufel peitscht seine Großmutter“, auch der wilde Jäger fährt, über das Korn hin. Der weibliche Erntedämon, die Kommutter oder Komfrau, spielt als Verursacherin der Halm- bowegung eine geringere Rolle. Dagegen werden am häufigsten Tiergestalten als Winderzeuger genannt: die wilden Eber oder Schweine laufen durchs Korn, jagen oder wälzen sich im Roggen. Gelegentlich wird von einer ganzen Horde von Schweinen gesprochen. und ebenso erzählt man von Rudeln von Wölfen.
Als Kinderschreck sollen die Emtedämonen die Kleinen vom Kornfeld abhalten, damit sie sich nicht darin verlaufen. Die Vorstellung von Tierdämonen ist vornehmlich an die Ost- und Nordseeküste gebunden; von hier stößt ihr Verbreitungsgebiet mehr oder weniger weit ins Binnenland vor. Es handelt sich vor allem um den Wolf, Werwolf, Hund. Bär, Hasen und Hahn. Die weiblichen Dämonen haben ihre größte Verbreitung im Osten, besonders im deutsch-slawischen Grenzgebiet. Am schreckhaftesten ist die Korn- oder Roggenmuhme, ein todbringendes altes Weib, das die Kinder entführt, verschleppt, schlachtet und verzehrt. Sie erscheint auch als Zitzenweib mit langen
Gegenseitige Hilfe tut not
Großkundgebung der Heimatvertriebenen — Staatspräsident Dr. Müller sprach
EH- TÜBINGEN (Eig. Bericht). Der Rittersaal in Tübingen faßte längst nicht die große Zahl der Heimatvertriebenen, die aus dem ganzen Lande Württemberg-Hohenzollern und dem Kreis' Lindau gekommen waren, um die Einigkeit der Heimatvertriebenen zu demonstrieren, und um zu hören, mit welchen Hoffnungen sie in die Zukunft sehen dürfen.
Der Vorsitzende des Verbandes der Heimatvertriebenen Dr. Schoenfeld eröffnete die Kundgebung und begrüßte den Staatspräsidenten Dr. Müller, den Rektor der Universität Prof. Dr. Erbe, und eine große Zahl von Behördenvertretern, Vertretern der caritativen Verbände, Parteien, nicht zuletzt den Leiter des Amts für Fragen der Heimatvertriebenen bei der Verwaltung des vereinigten Wirtschaftsgebietes in Frankfurt, Dr. Ottomar Schreiber, den ehemaligen Präsidenten des Memellandes. In seinen Ausführungen legte er den Zweck der Kundgebung klar, die nicht die Absicht verfolge, eine Wahlversammlung zu sein, sondern eine Demonstration im gehobenen Sinne des Wortes.
Er ging auf die Frage der eigenen Partei ein und erntete bei der Feststellung, daß der Verband sich gegen die Aufstellung eigener Kandidaten entschieden habe, den ersten Zwischenruf dieser an Zwischenrufen reichen Kundgebung, — ein Beweis für die innere Beteiligung sämtlicher Anwesenden an den sie zutiefst betreffenden Problemen.
Nach der Feststellung, wie Regierung und Parteien den Forderungen der Heimatvertriebenen nachgekommen sind, unterbreitete Dr. Schoenfeld dem Staatspräsidenten folgende Fragen, die die brennendsten Probleme der Heimatvertriebenen betreffen: 1. Flüchtlingsgesetz, 2. Lastenausgleich, 3. Gleichberechtigung (nicht nur auf dem Papier — und bei den Steuern), 4. WohnraunrC Arbeit und Pensionen.
Staatspräsident Dr. Müller wies auf das hin, was bereits geleistet wurde, gab aber zu, daß noch vieles geschehen müsse. Man müsse einen Weg der gegenseitigen Hilfe, des gegenseitigen Verstehens finden, erst dann würden auch die staatlichen Maßnahmen von Erfolg sein. Allein könne es der Staat nicht schaffen, Heimatvertriebene und Einheimische müßten voll besten Wollens mitarbeiten Wenn der Staatspräsident betonte, es sei ein Wunder, daß es bisher noch zu keiner Katastrophe gekommen sei, so stellte
er damit den Heimatvertriebenen das beste Zeugnis aus. Staatspräsident Dr. Müller wies auf die Lage des württembergischen Staates hin, zeichnete die zeitbedingten Schwierigkeiten auf, die dem Wollen oft ein Nicht-Können entgegensetzen und betonte, daß auch von der Regierung der Anspruch auf Rückgabe der deutschen Ostgebiete erhoben wird. Das Unrecht der Austreibung von 13 Millionen Menschen aus ihrer ererbten Heimat müsse gutgemacht werden.
Nach Ausführungen, die die einzelnen Probleme aufgriffen, appellierte der Staatspräsident an das christliche Gewissen der Einheimischen. Diese sollten einmal bedenken, wie ihnen in der Lage der Heimatvertriebe- nen zumute sein würde. Und wie sie es sich für eine solche Lage wünschten, so möchten sie den Heimatvertriebenen entgegentreten. Die Heimatvertriebenen aber rief er zur tätigen und verständnisvollen Mitarbeit auf. Aller Erfolg beruhe auf dem gegenseitigen Vertrauen. Mit der Versicherung: „Was an uns liegt, wird geschehen, um Ihnen zu helfen!“ schloß Staatspräsident Dr. Müller seine oft von Beifall unterbrochenen Ausführungen.
Dr. Ottomar Schreiber gab einen hochinteressanten, wissenschaftlich fundierten Ueberblick über das Werden des deutschen Ostens. Er setzte sich ausführlich mit der geschichtlichen Entwicklung auseinander und sagte zum Schluß: „Ueber das Schicksal sind wir nicht Herr, aber was wir daraus machen, das beweist den Wert des Einzelnen!“
Der 2. Vorsitzende des Verbandes verlas abschließend eine Resolution, an deren erster Stelle ebenfalls der Anspruch auf die Heimat mit aller Deutlichkeit und Nachdrücklichkeit erhoben wird. Die weiteren Punkte der Resolution fassen die dringendsten Forderungen der Heimatvertriebenen nochmals zusammen und appellieren an die künftige Bundesregierung und die übrigen Länderregierungen, diesen Forderungen gerecht zu werden. Die Heimatvertriebenen wollen ihrerseits alle Hilfe leisten, um diese gerechten Forderungen, die auf die Gegebenheiten Rücksicht nehmen, erfüllen zu helfen.
Mit dem gemeinsamen Gesang des Liedes „Nach der Heimat möcht’ ich wieder“ schloß diese eindrucksvolle Kundgebung.
Nachrichten aus aller Welt
MÜNCHEN. In zwei Dörfern in der Umgebung von Nürnberg ist eine Typhusepidemie ausgebrochen. Es sind 25 Erkrankungen und .ein Todesfall zu verzeichnen.
COBURG. In Coburg sind 18 Fälle von spinaler Kinderlähmung aufgetreten. Vier davon verliefen tödlich.
KASSEL. Der Gründer und ehemalige Vorsitzende des „Deutschen Blocks“ in Hessen, Wolf Leck, der führende parteipolitische Persönlichkeiten in ausfälliger Weise angegriffen hatte, wurde auf Anraten verschiedener Aerzte in die Landesheilanstalt Marburg verbracht.
BERLIN. Nach vierjähriger Arbeit ist das „Hauptbuch der Reichsschuld“ erschienen, das im Auftrag des Alliierten Kontrollrats von Sachverständigen der ehemaligen Reichsschuldenverwaltung herausgegeben worden ist. Nach den darin veröffentlichten Angaben ist die Verschuldung des Reiches von 11,6 Milliarden Mark im Jahre 1933 auf 19 Milliarden Mark im Jahre 1938 und schließlich bis zum Kriegsende auf 400 Milliarden angewachsen.
BERLIN. Der Präsident des „Deutschen Volksrates“ der Ostzone, Hermann Kästner, erklärte am Samstag, die Schaffung einer ostdeutschen Regierung sei nunmehr, nachdem die Bildung des westdeutschen Bundesstaates nicht mehr verhindert werden könne, aktuell geworden.
BERLIN Der Chef der schweizerischen Militärmission in Berlin, Major Biesbach, ist am Samstag bei einer Fahrt auf dem Wannsee aus einem Segelboot gefallen und ertrunken.
LONDON. Einer Meldung des „Sunday Dispatch“ zufolge haben seit Kriegsende nahezu
42 000 Ausländer die britische Staatsangehörigkeit erhalten, darunter 6332 Deutsche, 3216 Österreicher, 1733 Tschechoslowaken und 1192 Russen.
ROM. Die Zahl der Wohlfahrtsempfänger in Italien beläuft sich auf über 3,5 Millionen. Etwa 413 000 Personen sind in Armenhäusern untergebracht und 1.6 Millionen erhalten kostenlose Mahlzeiten.
ROM. Der britische Gesundheitsminister Be- van wird während seines Urlaubs, den er zum Teil in Italien verbringt, zehn Tage als Gast der italienischen Regierung in Rom weilen.
MOSKAU. Am Sonntag wurde in Rußland der „Tag der Sowjetmarine“ begangen. Die Presse hob vor allem die russischen Entdeckungen und Erfindungen auf dem Gebiet der Seefahrt hervor. Nach ihr sollen die Russen das Unterseeboot, das Torpedoboot den Panzerkreuzer und den Unterwasserminenleger erfunden sowie erstmalig die drahtlose Nachrichtenverbindung für Schiffe eingeführt haben.
ISTANBUL. Am Samstagnachmittag wurde die türkische Hafenstadt Izmir (Smyrna) am Aegäi- schen Meer von einem Erdbeben heimgesucht. Ueber 100 Häuser wurden zerstört.
AMANN König Abdullah von Transjordanien wird auf Einladung der spanischen Regierung nach seinem Aufenthalt in London zu einem zweiwöchigen Besuch nach Spanien reisen.
WASHINGTON. Der juristische Unterausschuß des amerikanischen Senats veröffentlichte am Samstag eine Erklärung eines ungenannten „Zeugen Nr. 8“, in der behauptet wird, das Sekreta?lat der Vereinten Nationen sei von kommunistischen Spitzeln durchsetzt.
Atiantikpakt-„Partner“
-a. „Mit der Ratifizierung des Atlantikpaktes wird der Senat uns auf 20 Jahre an ein Konsortium abgekämpfter Matadoren binden“ schrieb noch am Donnerstag die „New York Daily News“, offensichtlich im Groll der Isolationisten, die sich darüber im klaren waren daß der Senat dem Atlantikpakt zustimmen werde.
Der Senat hat zugestimmt und das tröstet etwas über die Ueberheblichkeit oben wieder gegebener Aeußerung hinweg. Es schadet aber gar nichts, noch zu wissen, wie dieselbe „New York Daily News“ die Partner des Atlantikpakts einschätzt.
Da heißt es: „Kanada: Der einzige Staat, mit dem ein Bündnis sich verlohnt. Belgien: Ein netter Kleinstaat, der sich aber im zweiten Weltkrieg nur 19 Tage lang behauptete. Dänemark: Auch ein netter Kleinstaat. Hitler hat allerdings Dänemark an einem Tage sozusa- geii telefonisch erobert. Frankreich: Eine Nation, die bis etwa 1936 eine ruhmreiche Geschichte hatte. Als Hitler zuschlug, hielt Frankreich aber nur 44 Tage aus. England: Es lieferte im Kriege einen ehrenvollen, doch schwerfälligen Kampf, wurde von den Deutschen im Jahre 1940 auf dem Kontinent vernichtend geschlagen und erwies sich als unfähig, seine fernöstlichen Besitzungen zu halten oder uns im Kriege mit Japan nennenswert zu unterstützen. Jetzt wird es von einer Sozialisten- Clique regiert, die uns größtenteils haßt, uns aber ständig und bisher mit bemerkenswertem Erfolg anbettelt, um ihre Regierung zu finanzieren. Holland: Hier gilt das gleiche wie für Belgien, nur daß Holland sich von Hitler in fünf Tagen untejkriegen ließ. Island: Bei einem etwaigen Kriege mit Rußland eine gute Zwischenstation für unsere Bomber. Italien; Im zweiten Weltkrieg auf beiden Seiten. Für uns wie für Hitler ein Passivum, nicht ein Ak- tivum. Luxemburg: Praktisch der gleiche Fall wie Dänemark. Norwegen: Es lebt in ständiger Angst vor dem Kreml. Portugal: In einem eventuellen Krieg mit Rußland strategisch wertvoll, falls Spanien in den Atlantikpakt einbezogen wird, was aber nicht der Fall ist.“
Für das so verächtlich angesehene Europa, das, um vor den Segnungen der östlichen Welt sich zu bewahren, sich mit den USA in dem Atlantikpakt zusammengetan hat, sollten die angeführten Urteile ein Menetekel sein und den Willen beflügeln, sich enger zusammenzuschließen, um eine echte Freiheit und Unabhängigkeit zu erlangen; um beiden Mächten Achtung abzuverlangen, derjenigen sowohl, gegen die man sich schützen möchte, als auch jener, mit der man sich gegenwärtig verbündet. Falls man es nicht erleben will, eines Tages von beiden mißachtet zu werden.
Landtag am 29. Juli
BEBENHAUSEN. Qer Landtag für Württemberg-Hohenzollern tritt am Freitag, den 29. Juli, vormittags 9.30 Uhr, zu seiner 65. Sitzung zusammen. Auf der Tagesordnung stehen eine ganze Reihe größerer Anfragen, aarunter auch die bereits gemeldete über das Verhalten von Rundfunk und Presse zur Urteilsverkündung im Grafeneck-Prozeß. Weiter kommt der Eilt- wurf des Staatshaushaltplanes für das Rechnungsjahr 1949/50 zur ersten Beratung. Ferner sollen beraten werden der Entwurf eines Gesetzes für die Aufhebung von Gehaltskürzungen, eines Gesetzes über die Bekanntmachungen in Fällen der Kriegsverschollenheit, eines Gesetzes über die öffentliche Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Erzeugnisse u. a.
Bedell Smith optimistisch
PHILADELPHIA. Der ehemalige USA-Bot- schafter in Moskau, General Walter Bedell Smith, vertrat in einer Universitätsrede die Auffassung, die führenden sowjetischen ‘Persönlichkeiten seien der Ueberzeugung, daß ihr Land in den nächsten zehn Jahren keinen Krieg gegen den Westen führen könne.
Heradkgeber: Will Hanns Hebsacker, Dr. Ernst Müller und Karl Kirn
Mitglieder der Redaktion: Gudrun Boden, Dr. Wilhelm Gail Dr. Otto Haendle, Dr. Helmut Kiecza, Joseph Klingelhöfer und Franz Josef Mayer
schwarzen oder eisernen Brüsten, an denen es die Kinder totdrückt oder sich zu Tode saugen läßt. Kleinen Kindern verschmiert sie die Augen mit Teer, um sie zu blenden. Auch zerstampft sie die Kinder in einem großen Butterfaß oder in einer Salztonne. Als halsab- schneidender Mittagsgeist, der die sengende Gotu verkörpert und den Menschen im Kornfeld in die Irre führt, tritt die Kommuhme in Gestalt des „Sichelweibs“ auf. Anderwärts ist der Mittagsgeist eine verführerische Hexe, die nackt und schwarz mit rotglühenden Fingern im Korn lauert. Auch der sächsische Komengel, der die Kinder erwürgt, trägt die Züge des weiblichen Komgeistes. Das Verbreitungsgebiet der männlichen Komdämo- nen stößt von der Südgrenze Mittel- und Süddeutschlands ins Innere vor. Sie treten unter verschiedenen Namen auf: Kornmann, wilder Mann, Butzemann, Butzekerl u. a. Der Hafermann sitzt mit schwarzem, dreispitzigen Hut und gewaltigem Krückstock im Korn una entführt die Kinder durch die Lüfte. Auch als graues Männchen, als Feuermann, besonders aber als „Schwarzer Mann“ schreckt er die Kinder. Oder man sagt: „Der Waldteufel ist im Korn!“ desgleichen: „Der Kornhansli schneidet Hände und Ohren ab!“ Im deutschslawischen Grenzland heißt der schwarze Mann auch Bubaack, Bombantz, anderswo Popanz, Mummenatz, Butz Dieser Dämon hat große Krallen, mit denen er die Kinder packt, um sie aufzufressen. Auch der Bilmusschnitter oder Binsenschneider geht um, mit Sicheln an den Füßen, schneidet W6ge in das Kornfeld,' trägt das Korn einem zauberischen Nachbarn zu und schreckt die Kinder. Schließlich vermischen sieh mit den Korndämonen auch Wald- und Wassergeister, letztere aus Teichen oder Brunnen aufsteigend, wie der Nickelmann und der westdeutsche Putzeimann.
Bezeichnend sind die Erntebräuche, durch die man Komdämonen als Fruchtbarkeitsoder Wachtstumsgeister einzufangen sucht in den letzten Halmen oder in der letzten Garbe
(z. B. den „Alten“, den Wolf, Hasen, Hahn usw.). Dabei werden oft die Namen der Korngeister auf den Schnitter der letzten Halme, auf die Binderin der letzten Garbe selbst übertragen. Diese gelten nun als Träger künftiger Fruchtbarkeit und gewährleisten reichen Ernteertrag im kommenden Jahr. Sie erhalten auch deshalb beim Erntefest die besten und größten Bissen. F.
Rudolf Cammisar als Landschafter
Die Saulgauer „Fähre“ zeigt zurzeit Werke des Tübinger Malers und. Graphikers Rudolf Cammisar.
War der Künstler schon bisher als hervorragender Graphiker jedem Kenner süddeutscher Kunst vertraut, so bringt diese Schau in Saulgau den Beweis, daß man Cammisar unrecht tut, wenn man ihn ausschließlich als Graphiker würdigt: Pinsel und Palette sind ihm nicht weniger vertraut wie Nadel und Stift. Gerade seine Hochgebirgsbilder vom Allgäu und Bregenzerwald erweisen ihn als Meister der Naturschilderung. Man hat ihn schon, fast zu sehr, möchte man sagen, mit Edmund Steppes verglichen, und doch ist jeder Cammisar etwas Ureigenes Steppes belebt in bayerischei Leichtlebigkeit seine Natur mit Menschen und Tieren und gibt ihr so oft eine beschwingtere Note — Cammisar hat etwas vom Grüblerischen, das den Menschen aus der Südwestecke unseres Vaterlandes anhaftet. Seine Kunst ist religiös empfunden und er, der nach seinem eigenen Geständnis seine ersten nachhaltigen Eindrücke im Schatten des Straßburger Münsters empfangen hat, ist heute noch mit jener andachtsvollen Liebe der alten Meister begnadet, die sie voller Ehrfurcht keine noch so minutiöse Kleinarbeit verabscheuen ließ. Für ihn ist Kunst nicht bloß subjektives Erlebnis oder Wiedergabe höchst privater Seelenvorgänge, sie ist ihm ebenso Form und Harmonie, Schönheit und Wohlklang. Es ist hier nicht der Ort, seine ausgestellten Werke aufzuzählen, sie sind alle, ob sie nun aus dem Neckar- oder dem Rheintal, aus Hegau oder Bodenseelandschaft geholt sind oder er die Höfats oder sonst einen Allgäuer Berg ersteigt, beglückende Zeugnisse seiner gereiften Meisterschaft, die sich auf einsamer Höhe bewegt. P.W.K.
Kulturelle Nachrichten
Die neue Spielzeit des Städtetheaters Tübingen-Reutlingen beginnt am 1. September. Zur Aufführung kommt das Zeitstück „Die Verschwörung“ von Erich Walter Schäfer Intendant Paul Rose plant für die neue Spielzeit einen Schiller-Zyklus. Bisher sind „Die Räuber“ und „Die Braut von Messina“ zur Aufführung vorgesehen. Die Kammerspiele bringen als erstes Stück die Komödie „Das fängt ja gut an“ von Todmarsh heraus.
Der Vertreter der UNESCO für die französische Zone, Leclaire, hat seine Tätigkeit in Mainz, wo er auch künftig seinen Sitz haben wird, aufgenommen.
Die Galerie Valentien im Königsbau in Stuttgart zeigt vom 20. Juli bis 23 August eine Ausstellung von 80 Zeichnungen und Aquarellen Franz Maros.
Erich R-o ß m a n n hat dem Wunsch des funkratsvorsitzenden Dr. Gaa entsprochen, b» zur Bestätigung beziehungsweise Neuwahl des Intendanten des Süddeutschen Rundfunks, dessen Rechte und Pflichten zu übernehmen.
In Göttingen ist der Germanist Dr. Waldemar Oehlke im Alter von 70 Jahren gestorben. Prof. Oehlke war Mitbegründer »- deutsch-chinesischen Kulturbundes und wur 1920 an die Universität Peking berufen.
Der Frankfurter Sender wird die R e< 3 e > Thomaä Mann zum Goethejahr am Montag der Paulskirche in Frankfurt hält, übertrag Die Goethefeier beginnt um 19 Uhr.
Nach einer Erklärung der drei westlich® Militärgouverneure ist die Max-Planck-Ge Schaft nunmehr auch in der französischen anerkannt.
Ein kleiner Planet, der der Sonne näher kommt als irgendein anderer bisher bewa ter Himmelskörper, wurde vom Techno sehen Institut in Kaliforma entdeckt.
In Moskau wurde ein Abkommen Obere russisch-amerikanischen Filmaustausch g® • fen. Die UdSSR hat sich verpflichtet, 80 am« kanische Filme in Vertrieb zu nehmen, unter auch solche, die bisher in der =>o> j ‘ presse als .dekadente Machwerke der ve ten Bourgeoisie“ bezeichnet worden waren.