Seite 2 / Nr. 87

SCHWÄBISCHES TAGBLATT

25. Juli 194|

angesichts der drohenden Schatten, die den Horizont Westeuropas verdunkeln, die so bit­ter notwendige echte Kollaboration zwischen Deutschland und Frankreich anderer Anstren­gungen bedarf als des Glaubens, auf der Basis der Besetzung für die eigene Sicherheit Sorge zu tragen und alles andere einer besseren Zu­kunft anheimzustellen. Dafür ist ja gerade der Fall Abetz ein abschreckendes Beispiel, wobei natürlich *zu berücksichtigen ist, daß die Schrecken des NS-Regimes uns von der Be­satzungsseite erspart blieben.

Dem europäisch denkenden Menschen ist längst aufgegangen, daß die deutsch-französi­sche Verständigung das Kernproblem für ein Europa, das sich in der Zukunft behaupten will, darstellt. Wird hier keine Lösung ge­funden, bleiben Europa-Rat und alle ähnlichen Bemühungen Theoreme, Objekte einiger seliger Utopisten. >

Der Fall Abetz lehrt, daß der Glaube an die Macht, die man zeitweilig innehat, keine Grundlage selbst für ein aufrichtiges Bestre-. ben ist. Dazu ist jede Macht zu verführerisch. Echter Vers! ändigungswille setzt die Aner­kennung des Partners voraus, was in der heu­tigen Situation, da es um Fortbestehen oder Untergang Europas geht, nicht gar . so schwer fallen sollte wie in vergangenen besseren Zei­ten, da man sich noch um einige Quadratkilo­meter hüben oder drüben die Köpfe blutig schlug.

Jchmid und Menzel sollen klagen

DÜSSELDORF. Konrad Adenauer hat Prof. Dr. Karl Schmid und Innenminister Menzel aufgefordert, ihn wegen seiner Aeuße- rungen über die Kenntnis der SPD von der zweiten Außenministernote zum Grundgesetz zu verklagen. Er werde vor Gericht die Wahr­heit beweisen. Adenauers Behauptung in Hei­delberg, die SPD habe von dieser Note vor­zeitig erfahren und so auf ihrer Vorstandsit­zung am 20. April ihre Forderungen aufstel­len können, war von den beiden SPD-Politi- kern dementiert worden.

Auch Dr. Schumacher, der erste Vor­sitzende der SPD, der am Freitag in Hanno­ver und am Samstag in Koblenz sprach, hat die Behauptungen Adenauers als unrichtig be­zeichnet In seinen-Reden. hat Schumacher vor allem Stellung genommen gegen d'e britische Demontagepolit'k. Er habe seit Kriegsende keine böseren Worte gehört als die Bevins in der Unterhaussitzung am Donnerstag. Seine Partei werde die Lebensrechte der deutschen Arbeiter auch gegen britische Ansprüche ver- tefcr 7 !. g^umacher wandte sich erneut ge­gen die Versuche, das Saargebiet in den Eu­ropa-Rat aufzunehmen.Das Saargebiet, so erklärte er,ist ein politischer und volksmäßi* ger Bestandteil Deutschlands und seine Auf-, nähme in den Europa-Rat könnte .zu einer Odor-Neiße-Linie im Westen führen.

Der SPD-Parteivorstand hat Pressemeldun­gen als unwahr bezeichnet, nach denen die SPD von der britischen Arbeiterpartei einen Wahlfonds erhalten haben soll.

Einen interessanten Versuch hat die Flücht­lingsvereinigung Mannheim gemacht, die in einer gemeinsamen Versammlung vor etwa 14 000 Flüchtlingen Vertreter aller Parteien sprechen ließ

Dr. Müller in der Schweiz

FRIEDRICHSHAFEN. Staatspräsident Dr. Gebhard Müller, der zur Eröffnung der Bodenseefestwochen wir berichten darüber im Innern des Blattes in Friedrichshafen weilte, begab sich am Samstagnachmittag von dort nach Romanshorn. Er war vom Ratskolle­gium dieser schweizerischen Uferstadt zu einem Besuch eingeladen worden.

Zehn Millionen DM gefälscht

FRANKFURT. Nach Mitteilung der ameri­kanischen Militärregierung ist man in Mann­heim einer internationalen Geldfälscherbande auf die Spur gekommen, deren Mitglieder, Deutsche, Franzosen, Spanier und Polen, fal­sche 100-DM-Scheine und Besatzungsdollar im Werte von rund zehn Millionen DM in Umlauf gesetzt haben. Bisher wurden acht Mitglieder der Bande in Paris festgenommen.

Das Koi nteld im Volksglauben

Als Stätte, wo das tägliche Brot wächst, ist das Kornfeld zu allen Zeiten für den kostT barsten Teil der dörflichen Flur gehalten wor­den. Daher steht es bei den meisten acker­bauenden Völkern unter höherem Schutz. Nach dem Volksglauben sind es hauptsächlich Dä­monen, die man durch Opfer ehrt und stärkt, durch Zauber sich gefügig macht und deren Segens- und Wachstumskräfte man mit dem letzten Halm oder der letzten Qarbe einzu­fangen sucht. Sie offenbaren sich besonders im befruchtenden Wind oder als Kinderschreck.

Als Winderzeuger im Kornfeld stehen männ­liche, weibliche und tierische Gestalten neben­einander. So sagt man, wenn das Getreide wogt:Das Kornmännchen geht um oderder Teufel peitscht seine Großmutter, auch der wilde Jäger fährt, über das Korn hin. Der weibliche Erntedämon, die Kommutter oder Komfrau, spielt als Verursacherin der Halm- bowegung eine geringere Rolle. Dagegen wer­den am häufigsten Tiergestalten als Wind­erzeuger genannt: die wilden Eber oder Schweine laufen durchs Korn, jagen oder wäl­zen sich im Roggen. Gelegentlich wird von einer ganzen Horde von Schweinen gespro­chen. und ebenso erzählt man von Rudeln von Wölfen.

Als Kinderschreck sollen die Emtedämonen die Kleinen vom Kornfeld abhalten, damit sie sich nicht darin verlaufen. Die Vorstellung von Tierdämonen ist vornehmlich an die Ost- und Nordseeküste gebunden; von hier stößt ihr Verbreitungsgebiet mehr oder weniger weit ins Binnenland vor. Es handelt sich vor allem um den Wolf, Werwolf, Hund. Bär, Hasen und Hahn. Die weiblichen Dämonen haben ihre größte Verbreitung im Osten, besonders im deutsch-slawischen Grenzgebiet. Am schreck­haftesten ist die Korn- oder Roggenmuhme, ein todbringendes altes Weib, das die Kinder entführt, verschleppt, schlachtet und verzehrt. Sie erscheint auch als Zitzenweib mit langen

Gegenseitige Hilfe tut not

Großkundgebung der Heimatvertriebenen Staatspräsident Dr. Müller sprach

EH- TÜBINGEN (Eig. Bericht). Der Rittersaal in Tübingen faßte längst nicht die große Zahl der Heimatvertriebenen, die aus dem ganzen Lande Württemberg-Hohenzollern und dem Kreis' Lindau gekommen waren, um die Einig­keit der Heimatvertriebenen zu demonstrieren, und um zu hören, mit welchen Hoffnungen sie in die Zukunft sehen dürfen.

Der Vorsitzende des Verbandes der Heimat­vertriebenen Dr. Schoenfeld eröffnete die Kundgebung und begrüßte den Staatspräsiden­ten Dr. Müller, den Rektor der Universität Prof. Dr. Erbe, und eine große Zahl von Be­hördenvertretern, Vertretern der caritativen Verbände, Parteien, nicht zuletzt den Leiter des Amts für Fragen der Heimatvertriebenen bei der Verwaltung des vereinigten Wirt­schaftsgebietes in Frankfurt, Dr. Ottomar Schreiber, den ehemaligen Präsidenten des Memellandes. In seinen Ausführungen legte er den Zweck der Kundgebung klar, die nicht die Absicht verfolge, eine Wahlversammlung zu sein, sondern eine Demonstration im ge­hobenen Sinne des Wortes.

Er ging auf die Frage der eigenen Partei ein und erntete bei der Feststellung, daß der Ver­band sich gegen die Aufstellung eigener Kan­didaten entschieden habe, den ersten Zwischen­ruf dieser an Zwischenrufen reichen Kund­gebung, ein Beweis für die innere Beteili­gung sämtlicher Anwesenden an den sie zu­tiefst betreffenden Problemen.

Nach der Feststellung, wie Regierung und Parteien den Forderungen der Heimatvertrie­benen nachgekommen sind, unterbreitete Dr. Schoenfeld dem Staatspräsidenten folgende Fragen, die die brennendsten Probleme der Heimatvertriebenen betreffen: 1. Flüchtlings­gesetz, 2. Lastenausgleich, 3. Gleichberechtigung (nicht nur auf dem Papier und bei den Steuern), 4. WohnraunrC Arbeit und Pensionen.

Staatspräsident Dr. Müller wies auf das hin, was bereits geleistet wurde, gab aber zu, daß noch vieles geschehen müsse. Man müsse einen Weg der gegenseitigen Hilfe, des gegenseitigen Verstehens finden, erst dann würden auch die staatlichen Maßnahmen von Erfolg sein. Allein könne es der Staat nicht schaffen, Heimatver­triebene und Einheimische müßten voll besten Wollens mitarbeiten Wenn der Staatspräsident betonte, es sei ein Wunder, daß es bisher noch zu keiner Katastrophe gekommen sei, so stellte

er damit den Heimatvertriebenen das beste Zeugnis aus. Staatspräsident Dr. Müller wies auf die Lage des württembergischen Staates hin, zeichnete die zeitbedingten Schwierigkei­ten auf, die dem Wollen oft ein Nicht-Können entgegensetzen und betonte, daß auch von der Regierung der Anspruch auf Rückgabe der deutschen Ostgebiete erhoben wird. Das Un­recht der Austreibung von 13 Millionen Men­schen aus ihrer ererbten Heimat müsse gut­gemacht werden.

Nach Ausführungen, die die einzelnen Pro­bleme aufgriffen, appellierte der Staatsprä­sident an das christliche Gewissen der Ein­heimischen. Diese sollten einmal bedenken, wie ihnen in der Lage der Heimatvertriebe- nen zumute sein würde. Und wie sie es sich für eine solche Lage wünschten, so möchten sie den Heimatvertriebenen entgegentreten. Die Heimatvertriebenen aber rief er zur täti­gen und verständnisvollen Mitarbeit auf. Al­ler Erfolg beruhe auf dem gegenseitigen Ver­trauen. Mit der Versicherung:Was an uns liegt, wird geschehen, um Ihnen zu helfen! schloß Staatspräsident Dr. Müller seine oft von Beifall unterbrochenen Ausführungen.

Dr. Ottomar Schreiber gab einen hoch­interessanten, wissenschaftlich fundierten Ueberblick über das Werden des deutschen Ostens. Er setzte sich ausführlich mit der ge­schichtlichen Entwicklung auseinander und sagte zum Schluß:Ueber das Schicksal sind wir nicht Herr, aber was wir daraus machen, das beweist den Wert des Einzelnen!

Der 2. Vorsitzende des Verbandes verlas abschließend eine Resolution, an deren erster Stelle ebenfalls der Anspruch auf die Heimat mit aller Deutlichkeit und Nachdrücklichkeit erhoben wird. Die weiteren Punkte der Re­solution fassen die dringendsten Forderungen der Heimatvertriebenen nochmals zusammen und appellieren an die künftige Bundesregie­rung und die übrigen Länderregierungen, die­sen Forderungen gerecht zu werden. Die Hei­matvertriebenen wollen ihrerseits alle Hilfe leisten, um diese gerechten Forderungen, die auf die Gegebenheiten Rücksicht nehmen, er­füllen zu helfen.

Mit dem gemeinsamen Gesang des Liedes Nach der Heimat möcht ich wieder schloß diese eindrucksvolle Kundgebung.

Nachrichten aus aller Welt

MÜNCHEN. In zwei Dörfern in der Umge­bung von Nürnberg ist eine Typhusepidemie ausgebrochen. Es sind 25 Erkrankungen und .ein Todesfall zu verzeichnen.

COBURG. In Coburg sind 18 Fälle von spi­naler Kinderlähmung aufgetreten. Vier davon verliefen tödlich.

KASSEL. Der Gründer und ehemalige Vor­sitzende desDeutschen Blocks in Hessen, Wolf Leck, der führende parteipolitische Per­sönlichkeiten in ausfälliger Weise angegriffen hatte, wurde auf Anraten verschiedener Aerzte in die Landesheilanstalt Marburg verbracht.

BERLIN. Nach vierjähriger Arbeit ist das Hauptbuch der Reichsschuld erschienen, das im Auftrag des Alliierten Kontrollrats von Sachver­ständigen der ehemaligen Reichsschuldenver­waltung herausgegeben worden ist. Nach den darin veröffentlichten Angaben ist die Ver­schuldung des Reiches von 11,6 Milliarden Mark im Jahre 1933 auf 19 Milliarden Mark im Jahre 1938 und schließlich bis zum Kriegsende auf 400 Milliarden angewachsen.

BERLIN. Der Präsident desDeutschen Volks­rates der Ostzone, Hermann Kästner, erklärte am Samstag, die Schaffung einer ostdeutschen Regierung sei nunmehr, nachdem die Bildung des westdeutschen Bundesstaates nicht mehr ver­hindert werden könne, aktuell geworden.

BERLIN Der Chef der schweizerischen Mili­tärmission in Berlin, Major Biesbach, ist am Samstag bei einer Fahrt auf dem Wannsee aus einem Segelboot gefallen und ertrunken.

LONDON. Einer Meldung desSunday Dis­patch zufolge haben seit Kriegsende nahezu

42 000 Ausländer die britische Staatsangehörig­keit erhalten, darunter 6332 Deutsche, 3216 Öster­reicher, 1733 Tschechoslowaken und 1192 Russen.

ROM. Die Zahl der Wohlfahrtsempfänger in Italien beläuft sich auf über 3,5 Millionen. Etwa 413 000 Personen sind in Armenhäusern unterge­bracht und 1.6 Millionen erhalten kostenlose Mahlzeiten.

ROM. Der britische Gesundheitsminister Be- van wird während seines Urlaubs, den er zum Teil in Italien verbringt, zehn Tage als Gast der italienischen Regierung in Rom weilen.

MOSKAU. Am Sonntag wurde in Rußland der Tag der Sowjetmarine begangen. Die Presse hob vor allem die russischen Entdeckungen und Erfindungen auf dem Gebiet der Seefahrt her­vor. Nach ihr sollen die Russen das Untersee­boot, das Torpedoboot den Panzerkreuzer und den Unterwasserminenleger erfunden sowie erstmalig die drahtlose Nachrichtenverbindung für Schiffe eingeführt haben.

ISTANBUL. Am Samstagnachmittag wurde die türkische Hafenstadt Izmir (Smyrna) am Aegäi- schen Meer von einem Erdbeben heimgesucht. Ueber 100 Häuser wurden zerstört.

AMANN König Abdullah von Transjordanien wird auf Einladung der spanischen Regierung nach seinem Aufenthalt in London zu einem zweiwöchigen Besuch nach Spanien reisen.

WASHINGTON. Der juristische Unterausschuß des amerikanischen Senats veröffentlichte am Samstag eine Erklärung eines ungenannten Zeugen Nr. 8, in der behauptet wird, das Sekreta?lat der Vereinten Nationen sei von kommunistischen Spitzeln durchsetzt.

Atiantikpakt-Partner

-a.Mit der Ratifizierung des Atlantikpak­tes wird der Senat uns auf 20 Jahre an ein Konsortium abgekämpfter Matadoren binden schrieb noch am Donnerstag dieNew York Daily News, offensichtlich im Groll der Iso­lationisten, die sich darüber im klaren waren daß der Senat dem Atlantikpakt zustimmen werde.

Der Senat hat zugestimmt und das tröstet etwas über die Ueberheblichkeit oben wieder gegebener Aeußerung hinweg. Es schadet aber gar nichts, noch zu wissen, wie dieselbeNew York Daily News die Partner des Atlantik­pakts einschätzt.

Da heißt es:Kanada: Der einzige Staat, mit dem ein Bündnis sich verlohnt. Belgien: Ein netter Kleinstaat, der sich aber im zweiten Weltkrieg nur 19 Tage lang behauptete. Däne­mark: Auch ein netter Kleinstaat. Hitler hat allerdings Dänemark an einem Tage sozusa- geii telefonisch erobert. Frankreich: Eine Na­tion, die bis etwa 1936 eine ruhmreiche Ge­schichte hatte. Als Hitler zuschlug, hielt Frank­reich aber nur 44 Tage aus. England: Es lie­ferte im Kriege einen ehrenvollen, doch schwer­fälligen Kampf, wurde von den Deutschen im Jahre 1940 auf dem Kontinent vernichtend ge­schlagen und erwies sich als unfähig, seine fernöstlichen Besitzungen zu halten oder uns im Kriege mit Japan nennenswert zu unter­stützen. Jetzt wird es von einer Sozialisten- Clique regiert, die uns größtenteils haßt, uns aber ständig und bisher mit bemerkenswer­tem Erfolg anbettelt, um ihre Regierung zu finanzieren. Holland: Hier gilt das gleiche wie für Belgien, nur daß Holland sich von Hitler in fünf Tagen untejkriegen ließ. Island: Bei einem etwaigen Kriege mit Rußland eine gute Zwischenstation für unsere Bomber. Italien; Im zweiten Weltkrieg auf beiden Seiten. Für uns wie für Hitler ein Passivum, nicht ein Ak- tivum. Luxemburg: Praktisch der gleiche Fall wie Dänemark. Norwegen: Es lebt in ständi­ger Angst vor dem Kreml. Portugal: In einem eventuellen Krieg mit Rußland strategisch wertvoll, falls Spanien in den Atlantikpakt einbezogen wird, was aber nicht der Fall ist.

Für das so verächtlich angesehene Europa, das, um vor den Segnungen der östlichen Welt sich zu bewahren, sich mit den USA in dem Atlantikpakt zusammengetan hat, sollten die angeführten Urteile ein Menetekel sein und den Willen beflügeln, sich enger zusammen­zuschließen, um eine echte Freiheit und Un­abhängigkeit zu erlangen; um beiden Mäch­ten Achtung abzuverlangen, derjenigen so­wohl, gegen die man sich schützen möchte, als auch jener, mit der man sich gegenwärtig ver­bündet. Falls man es nicht erleben will, eines Tages von beiden mißachtet zu werden.

Landtag am 29. Juli

BEBENHAUSEN. Qer Landtag für Württem­berg-Hohenzollern tritt am Freitag, den 29. Juli, vormittags 9.30 Uhr, zu seiner 65. Sitzung zusammen. Auf der Tagesordnung stehen eine ganze Reihe größerer Anfragen, aarunter auch die bereits gemeldete über das Verhalten von Rundfunk und Presse zur Urteilsverkündung im Grafeneck-Prozeß. Weiter kommt der Eilt- wurf des Staatshaushaltplanes für das Rech­nungsjahr 1949/50 zur ersten Beratung. Ferner sollen beraten werden der Entwurf eines Ge­setzes für die Aufhebung von Gehaltskürzun­gen, eines Gesetzes über die Bekanntmachun­gen in Fällen der Kriegsverschollenheit, eines Gesetzes über die öffentliche Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Erzeugnisse u. a.

Bedell Smith optimistisch

PHILADELPHIA. Der ehemalige USA-Bot- schafter in Moskau, General Walter Bedell Smith, vertrat in einer Universitätsrede die Auffassung, die führenden sowjetischenPer­sönlichkeiten seien der Ueberzeugung, daß ihr Land in den nächsten zehn Jahren keinen Krieg gegen den Westen führen könne.

Heradkgeber: Will Hanns Hebsacker, Dr. Ernst Müller und Karl Kirn

Mitglieder der Redaktion: Gudrun Boden, Dr. Wil­helm Gail Dr. Otto Haendle, Dr. Helmut Kiecza, Joseph Klingelhöfer und Franz Josef Mayer

schwarzen oder eisernen Brüsten, an denen es die Kinder totdrückt oder sich zu Tode saugen läßt. Kleinen Kindern verschmiert sie die Augen mit Teer, um sie zu blenden. Auch zerstampft sie die Kinder in einem großen But­terfaß oder in einer Salztonne. Als halsab- schneidender Mittagsgeist, der die sengende Gotu verkörpert und den Menschen im Korn­feld in die Irre führt, tritt die Kommuhme in Gestalt desSichelweibs auf. Anderwärts ist der Mittagsgeist eine verführerische Hexe, die nackt und schwarz mit rotglühenden Fin­gern im Korn lauert. Auch der sächsische Komengel, der die Kinder erwürgt, trägt die Züge des weiblichen Komgeistes. Das Ver­breitungsgebiet der männlichen Komdämo- nen stößt von der Südgrenze Mittel- und Süd­deutschlands ins Innere vor. Sie treten unter verschiedenen Namen auf: Kornmann, wilder Mann, Butzemann, Butzekerl u. a. Der Ha­fermann sitzt mit schwarzem, dreispitzigen Hut und gewaltigem Krückstock im Korn una entführt die Kinder durch die Lüfte. Auch als graues Männchen, als Feuermann, beson­ders aber alsSchwarzer Mann schreckt er die Kinder. Oder man sagt:Der Waldteufel ist im Korn! desgleichen:Der Kornhansli schneidet Hände und Ohren ab! Im deutsch­slawischen Grenzland heißt der schwarze Mann auch Bubaack, Bombantz, anderswo Popanz, Mummenatz, Butz Dieser Dämon hat große Krallen, mit denen er die Kinder packt, um sie aufzufressen. Auch der Bilmusschnitter oder Binsenschneider geht um, mit Sicheln an den Füßen, schneidet W6ge in das Kornfeld,' trägt das Korn einem zauberischen Nachbarn zu und schreckt die Kinder. Schließlich ver­mischen sieh mit den Korndämonen auch Wald- und Wassergeister, letztere aus Teichen oder Brunnen aufsteigend, wie der Nickelmann und der westdeutsche Putzeimann.

Bezeichnend sind die Erntebräuche, durch die man Komdämonen als Fruchtbarkeits­oder Wachtstumsgeister einzufangen sucht in den letzten Halmen oder in der letzten Garbe

(z. B. denAlten, den Wolf, Hasen, Hahn usw.). Dabei werden oft die Namen der Korn­geister auf den Schnitter der letzten Halme, auf die Binderin der letzten Garbe selbst übertragen. Diese gelten nun als Träger künf­tiger Fruchtbarkeit und gewährleisten rei­chen Ernteertrag im kommenden Jahr. Sie erhalten auch deshalb beim Erntefest die be­sten und größten Bissen. F.

Rudolf Cammisar als Landschafter

Die SaulgauerFähre zeigt zurzeit Werke des Tübinger Malers und. Graphikers Rudolf Cammisar.

War der Künstler schon bisher als hervorra­gender Graphiker jedem Kenner süddeutscher Kunst vertraut, so bringt diese Schau in Saul­gau den Beweis, daß man Cammisar unrecht tut, wenn man ihn ausschließlich als Graphiker würdigt: Pinsel und Palette sind ihm nicht we­niger vertraut wie Nadel und Stift. Gerade seine Hochgebirgsbilder vom Allgäu und Bre­genzerwald erweisen ihn als Meister der Na­turschilderung. Man hat ihn schon, fast zu sehr, möchte man sagen, mit Edmund Steppes ver­glichen, und doch ist jeder Cammisar etwas Ureigenes Steppes belebt in bayerischei Leicht­lebigkeit seine Natur mit Menschen und Tieren und gibt ihr so oft eine beschwingtere Note Cammisar hat etwas vom Grüblerischen, das den Menschen aus der Südwestecke unseres Vater­landes anhaftet. Seine Kunst ist religiös emp­funden und er, der nach seinem eigenen Ge­ständnis seine ersten nachhaltigen Eindrücke im Schatten des Straßburger Münsters empfan­gen hat, ist heute noch mit jener andachtsvol­len Liebe der alten Meister begnadet, die sie voller Ehrfurcht keine noch so minutiöse Klein­arbeit verabscheuen ließ. Für ihn ist Kunst nicht bloß subjektives Erlebnis oder Wieder­gabe höchst privater Seelenvorgänge, sie ist ihm ebenso Form und Harmonie, Schönheit und Wohlklang. Es ist hier nicht der Ort, seine ausgestellten Werke aufzuzählen, sie sind alle, ob sie nun aus dem Neckar- oder dem Rheintal, aus Hegau oder Bodenseelandschaft geholt sind oder er die Höfats oder sonst einen All­gäuer Berg ersteigt, beglückende Zeugnisse sei­ner gereiften Meisterschaft, die sich auf ein­samer Höhe bewegt. P.W.K.

Kulturelle Nachrichten

Die neue Spielzeit des Städtetheaters Tübin­gen-Reutlingen beginnt am 1. September. Zur Aufführung kommt das ZeitstückDie Ver­schwörung von Erich Walter Schäfer Intendant Paul Rose plant für die neue Spielzeit einen Schiller-Zyklus. Bisher sindDie Räuber und Die Braut von Messina zur Aufführung vor­gesehen. Die Kammerspiele bringen als erstes Stück die KomödieDas fängt ja gut an von Todmarsh heraus.

Der Vertreter der UNESCO für die franzö­sische Zone, Leclaire, hat seine Tätigkeit in Mainz, wo er auch künftig seinen Sitz haben wird, aufgenommen.

Die Galerie Valentien im Königsbau in Stutt­gart zeigt vom 20. Juli bis 23 August eine Aus­stellung von 80 Zeichnungen und Aquarellen Franz Maros.

Erich R-o ß m a n n hat dem Wunsch des funkratsvorsitzenden Dr. Gaa entsprochen, b» zur Bestätigung beziehungsweise Neuwahl des Intendanten des Süddeutschen Rundfunks, des­sen Rechte und Pflichten zu übernehmen.

In Göttingen ist der Germanist Dr. Walde­mar Oehlke im Alter von 70 Jahren gestor­ben. Prof. Oehlke war Mitbegründer »- deutsch-chinesischen Kulturbundes und wur 1920 an die Universität Peking berufen.

Der Frankfurter Sender wird die R e< 3 e > Thomaä Mann zum Goethejahr am Montag der Paulskirche in Frankfurt hält, übertrag Die Goethefeier beginnt um 19 Uhr.

Nach einer Erklärung der drei westlich® Militärgouverneure ist die Max-Planck-Ge Schaft nunmehr auch in der französischen anerkannt.

Ein kleiner Planet, der der Sonne näher kommt als irgendein anderer bisher bewa ter Himmelskörper, wurde vom Techno sehen Institut in Kaliforma entdeckt.

In Moskau wurde ein Abkommen Obere russisch-amerikanischen Filmaustausch g® fen. Die UdSSR hat sich verpflichtet, 80 am« kanische Filme in Vertrieb zu nehmen, unter auch solche, die bisher in der =>o> j presse als .dekadente Machwerke der ve ten Bourgeoisie bezeichnet worden waren.