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SCHWÄBISCHES

TAGB IAH

MITTWOCH, 13. JULI 1949

ÜBERPARTEILICHE ZEITUNG FÜR WÜRTTEMBERG UND HOHENZOLLERN

5. JAHRGANG / NUMMER 82

De Gaulle zur de Gaulle-Krise Normalisierung des Lebens in Berlin Splendid Isolation?

DARIC nonorol Ha Hanlla TV/Tov_ ' * tt __i ah_

PARIS. General de Gaulle nahm in Mar seilles zum ersten Male öffentlich zu den Dif­ferenzen Stellung, die zum Rücktritt des Frak­tionsführers der gaullistischen Parlaments­gruppe und zu schweren Meinungsverschie­denheiten zwischen den Parlamentariern der gaullistischen Bewegung und deren Führern Anlaß gab. De Gaulle betonte in seiner An­sprache, er«erstrebe die Sammlung des Volkes und nicht die der Politiker. Er verlange von seinen Anhängern Achtung vor der Disziplin.

Bei den Kommunalwahlen, die am Sonntag in der Stadt Cahors im Departement Lot statt­fanden, verlor die de Gaulle-Bewegung von sieben Stadtratssitzen vier, die den Regie­rungsparteien zugute kamen.

Die Kommandanten beraten /Kleine Blockade geht indessen weiter

BERLIN. Gestern kamen die vier Komman­danten des geteilten Berlin zusammen, um zum . ersten Male miteinander Mittel und Wege zur Verwirklichung der im vorigen Monat ergan­genen Weisungen ihrer Außenminister zur Normalisierung des Lebens der Stadt zu be­raten. Da jedoch die von den Sowjets im Au­genblick verhängtekleine Blockade eine in­terzonale Angelegenheit ist, die die Militär­gouverneure, nicht die Stadtkommandanten, angeht, so befindet sich der sowjetische Gene­ralmajor Alexander Kotikow formal im Recht, wenn er eine Diskussion über diese Angele­genheit ablehnt.

Truman will wirtschaftlichen Rückgang aufhalten

ll-Punkte-Programm / Taft gegen Atlantikpakt /Unterstützung Spaniens"

WASHINGTON. Am Montag gab Präsident Truman in seinem Halbjahreswirtsehaftsbe- rlcfat dem Kongreß bekannt, daß die Regie­rung beabsichtige, die im Bundeshaushalt vor­gesehenen Ausgaben zu überschreiten, um den Rüdegang in der amerikanischen Wirtschafts­tätigkeit aufzuhalten. Die wirtschaftlichen und sozialen Defizite wögen weit schwerer als ein zeitweiliges Defizit im Bundeshaushalt. Gleich­zeitig empfahl Truman die Annahme eines Elfpunkteprogramms, das den höchsten Wohl­stand in der Geschichte der USA zum Ziel habe.

Vertreten wurde außerdem der Standpunkt, die Wirtschaft der USA sei im Anschluß an die Nachkriegsinflation in einer Uebergangs- phase:Wir können keinen Wohlstand er­zielen, indem wir uns dem Gedanken an eine Depression anpassen, d. h. Investierungen, Be- schäftigungslage, Löhne oder wichtige Regie­rungsprogramme zurückschrauben. Wir kön­nen nur dadurch zu Wohlstand kommen, daß wir für den Wohlstand planen und ar­beiten.

Iu dem Elfpunkteprogramm steht an erster Stelle die Preisgabe des Plans, zusätzliche Steuern in Höhe von vier Milliarden Dollar zu erheben. Außerdem wird u. a. vorge- ßcblagen: Verlängerung der Fristen für die Fälligkeit von Anleihen, umfassende Unter­suchungen über den Investierungs- und Ent­wicklungsbedarf sowie die Marktlage bei ei­ner erweiterten Wirtschaftstätigkeit, ein ver­bessertes Programm zur Unterstützung der Farmereinkommen, Erhöhung der Mindest­stundenlöhne auf wenigstens 75 Cents und Er­weiterung ihres Geltungsbereichs, Verstärkung der Arbeitslosenunterstützung, Heraufsetzung der Unterstützungen und Erweiterung bei der Hinterbliebenenversicherung.

Aus dem Ueberblick Trumans ging im üb­rigen hervor, daß eine leichte Abwärtsbewe­gung in der wirtschaftlichen Aktivität der USA im ersten Halbjahr 1949 eingetreten ist. Die Beschäftigtenzahl blieb bei durchschnitt­lich 58 Milionen, die Zahl der Arbeitslosen beläuft sich auf etwa 3,2 Millionen eine wehr als im ersten Halbjahr 1948. Die indu­strielle Produktion ist gegenüber Herbst 1948 um 13 Prozent gesunken.

Bei der Diskussion über den Atlantikpakt erklärte am Montag der republikanische Se-

Otto Abetz vor Gericht

PARIS. Am Dienstag begann vor einem französischen Militärgericht die Verhandlung gegen den 46jährigen ehemaligen deutschen Botschafter in Frankreich, Otto Abetz. Die An­lage lautet auf Plünderung, Menschenraub, Mord und Folterung französischer Staatsbür- gor. Abetz befindet sich seit November 1945 Untersudiungshaft. Kurz vor Ausbruch des Krieges war er aus Frankreich ausgewiesen Vörden, traf jedoch dann mit den ersten in Baris einrückenden deutschen Truppen am 13. Jl *n940 in Paris ein.

Während seiner Tätigkeit als Botschafter hat ? nac h der Anklage die deutsch-freundliche Bresse organisiert, «französische Kunstschätze Deutschland abtransportieren lassen, die " e Portierung französischer Juden veranlaßt dt »zu beigeträgen, daß viele Franzosen als Arbeiter nach Deutschland zwangsverpflichtet "brden. Als Belastungszeugen werden drei pemalige französische Ministerpräsidenten B*ul Reynaud, Edouard Daladier und Pierre

M in ~ auf treten.

l n re< hnet mit einer zweiwöchigen Dauer öes Prozesses.

Antikommunistischer Pazifikblock

t ®JANILA. Ueber den Besuch Marschall Pl/r.'aagkaischeks bei dem Präsidenten der bl»H? pinen Quirmo (s.Schwäbisches Tag- die h j 0m Juri) wurde noch bekannt, daß nio D . en Staatsmänner über ein Dreierbünd- und ^ ac rien den Philippinen, Nationalchina Unin Südkorea als Basis für eine pazifische tritt A beraten hätten. Dabei sei auch der Bei- InrW stralienS ' Japans, Thailands (Siam), nl a i sie «s und Vietnams zu dem antikommu- fem en Pazifikblock erörtert und die Lie- an N f VOn Poristoffen seitens der Philippinen Nationalchina beschlossen worden.

nator Robert Taft, er werde gegen den At­lantikpakt stimmen, da er in ihm die Ver­pflichtung für die USA, Westeuropa zu be­waffnen, sehe. Nur wenn in dem Vertrag eine Klausel eingefügt werde, die jede Verpflich­tung der USA, Westeuropa mit Waffen zu versorgen, ausschalte, sei er bereit, den Pakt zu unterstützen. In der jetzigen Form könne der Vertrag zum Kriege führen.

Die Budgetkommission des Senats beschloß am Montag, von dem für den Marshallplan bereitgestellten Fonds 50 Millionen Dollar für eineUnterstützung Spaniensabzuzweigen. Allgemein wird allerdings angenommen, daß das Staatsdepartement jegliche Finanzhilfe für Spanien im Rahmen des Marshallplans unbedingt ablehnen wird.

. An der Grenzübergangsstelle bei Helmstedt befolgen inzwischen sieben russische Soldaten auf das genaueste den ihnen am Sonntag er­teilten Befehl, stündlich nicht mehr als vier Lastkraftwagen aus Westdeutschland nach Berlin weiterfahren zu lassen. An sämtlichen anderen Uebergangsstellen entlang der Ost­zonengrenze ist der Lastwagen verkehr nach der Stadt im Augenblick vollständig gesperrt.

Politische Berliner Kreise sehen in der kleinen Blockade den Versuch der Sowjets, einen Druck auszuüben auf die im Augenblick zwischen Westdeutschland und der Ostzone im Gang befindlichen Verhandlungen über die Wiederaufnahme des Interzonenhandels. Han­delskreise vermuten als Hauptmotiv die Be­unruhigung, die die Russen über die wach­sende Unzufriedenheit der Ostzonenbevölke­rung wegen des dortigen Mangels an Ver- brauchsgütem empfinden. Die Sowjets woll­ten die Versorgung unterbinden, damit West­berlin für die Ostzone kein soattraktives Schaufenster bilde.

Im Rahmen des schrittweisen Abbaus der Berlinhilfe aus dem Gegenwertfonds des ERP sollen auch die DM-Kosten der Luftbrücke in zunehmendem Maße und ab 15. Oktober ganz von deutscher Seite getragen werden.

Der amerikanische ^Bürgermeister George A. Welsh überreichte Oberbürgermeister Ernst Reuter vorgestern im Namen des gegenwärtig in Berlin stattfindendenStädtetreflens um die ganze Welt" eine Urkunde mit den Na­men von 1000 verschiedenen Organisationen in den USA, die sich an diesem Treffen betei­ligen.

Truppen im Londoner Hafen

König Georg proklamiert nationalen Notstand / Heute Aussprache im Unterhaus

LONDON. Nachdem 6000 im Viktoria-Park versammelte Hafenarbeiter die Fortsetzung ihres Streikes beschlossen haben, trat am Mon­tag das Kabinett zu einer Besprechung der Lage zusammen. König Georg, der vorzeitig von seinem Wochenendaufenthalt in Schloß Windsor zurückgekehrt war, verkündete nach einer Beratung mit dem brit. Staatsrat den nationalen Notstand. Damit wird zum ersten­mal seit dem Generalstreik im Jahre 1926 wie­der von dem im Jahre 1920 erlassenen Not­standsgesetz Gebrauch gemacht. Die Prokla­mation wurde am Montag nachmittag um 14.50 Uhr von Lord Addison im Oberhaus verlesen. Wenige Minuten darnach marschierten 1700 Mann Truppen, die bereits in der vergange­nen Woche zur Löschung verderblicher Le­bensmittelladungen eingesetzt worden waren, in das Londoner Hafengelände.

16 Verordnungen, die gleichzeitig mit der Verkündigung des Notstandes erlassen wur­den, geben der Regierung folgende Rechte: einenAusnahmeauschuß zu bilden, der die

Verwaltung und Kontrolle der britischen Hä­fen, der Docks, der Lager und der vor Anker liegenden Schiffe übernimmt; jegliche Art von Sabotage an Gebäuden und Transportmitteln strengstens zu ahnden; gegen Streikende, die Gebäude oder Hafenanlagen besetzen wollen, mit Polizeigewalt vorzugehen; die Postverbin­dungen zu unterbrechen; die Lieferung von Gas und elektrischem Strom einzustellen; ohne richterlichen Auftrag Haussuchungen durchzu­führen, sowie verdächtige Personen festzuneh­men u. a.

Arbeitsminister George I s a a c s gab am Montagnachmittag bekannt, daß sich von den rund 27 000 Hafenarbeitern über 10 000 im Streik befänden und daß 112 Schiffe nicht hät­ten be- oder entladen werden können. Am Dienstag wurden weitere 2300 Soldaten und 400 Matrosen eingesetzt. Heute wird im Un­terhaus eine Aussprache über den nationalen Notstand stattfinden, der zunächst für die Dauer einer Woche in Kraft getreten ist, aber verlängert werden kann.

Für normale Beziehungen zum Westen

Bedeutsame Rede Titos / Scharfe Sprache gegen Ostblock

BELGRAD. In einer bedeutsamen Rede er­klärte Marschall Tito am Sonntag bei einem Besuch des slowenischen Küstengebiets von Istrien in Pola Jugoslawien sei bemüht, nor­male wirtschaftliche Beziehungen zum Westen herzustellen, ohne politische Konzessionen einzuräumen. Erwünscht sei eine Anleihe, aus der der Kreditgeber selbst seinen Nutzen zie­hen werde, wenn Jugoslawien damit Waren und Maschinen kaufen wolle.

Der Fünfjahresplan sei nach 2Jahren Laufzeit zu 50 Prozent erfüllt. Für Schwierig­keiten, die im Sektor der Elektrizitätsindu­strie aufgetreten seien, müßten die osteuro­päischen Länder, die die Lieferung bereits be­zahlter Maschinen nicht ausgeführt hätten, ver­antwortlich gemacht werden.

Ohne auf die jugoslawischen Ansprüche auf Kärnten zu verzichten, forderte Tito in dieser Frage eine disziplinierte Haltung. Zur Erklä­

rung der Westmächte, sie wollten Triest an Italien zurückgeben, betonte der Marschall, daß auch Jugoslawien, das auf seine Rechte nicht zu verzichten gedenke, hier gehört wer­den müsse.

In schärfster Form beschuldigte Tito die ost­europäischen Länder, insbesondere Bulgarien, Rumänien und Albanien, jugoslawische Staats­bürger wie Freiwild zu behandeln. Wenn die genannten Länder die jugoslawischen Waren nicht wollten, werde man sie jetzt dort ver­kaufen, wo es möglich sei. Einschüchterungs­versuche könnten die Staatsführung nicht da­von abhalten, Handel zu treiben, mit wem man es für richtig erachte.

Was das Verhältnis zu Griechenland be­treffe, so müsse Jugoslawien allmählich seine Grenzen gegenüber diesem Staat sperren und Maßnahmen zum Schutz seiner Arbeiter in diesem Grenzgebiet treffen.

Die Not der arabischen Flüchtlinge

NEW YORK.Wenn nicht eine wirksame Aktion auf internationaler Basis erfolgt, wird Im September unter den arabischen Flücht­lingen aus Palästina ein Massensterben ein- setzen, erklärte der Direktor der Hilfsorgani­sation der UN und frühere Botschafter der USA in Aegypten, Stanton Grlffis, nach seiner Ankunft in New York. Die Flüchtlinge (900 000 bis 1000 000) seien sieben Monate lang mit einem Kostenaufwand von zwei Dollar pro Person und Monat von der UN durchgeschleppt worden. Jetzt seien jedoch die Mittel er­schöpft. Die USA und England hätten mit zwölf bzw. vier Millionen Dollar als einzige Staaten ihre Zusagen gehalten. Israel selbst könne zu dieser Hife nichts beitragen, viel­mehr müsse in den USA eine Aktion zur Zeichnung von Kapital für den Aufbau Is­raels eingeleitet werden.

Nach Angaben von Griffis hat Israel sich jetzt bereit erklärt, 230 000 arabische Flücht­linge wieder ins Land zu lassen, wenn Aegyp­ten den von seinen Truppen besetzten Küsten­streifen bei Gaza freigebe.

Versklavung durch Klerus

ROM. Eines Tages würden die führenden Männer der jetzigen italienischen Regierung ihre Taten vor einem Volksgericht verant-. Worten müssen, erklärte am Sonntag der Vor­sitzende der linkssozialistischen Partei Ita­liens, Pietro Nenni, auf einer Großkundge­bung in Rom. In scharfen Formulierungen beschwerte sich Nenni über diezunehmende Versklavung Italiens durch die katholische Geistlichkeit.

Schweres Flugzeugunglück

NEU-DELHI. Am Dienstag stürzte bei Bom­bay ein Passagierflugzeug der niederländi­schen Fluglinie KLM mit 14 amerikanischen Journalisten, 20 anderen Fluggästen und ei­ner elfköpfigen Besatzung an Bord ab, wobei sämtliche Personen ums Leben kamen. Unter den amerikanischen Pressevertretern befand sich der bekannte Journalist Knickerbocker, Autor des BuchesDer rote Handel droht, das seinerzeit den Westen vor der Wirtschafts­kraft der Sowjetunion warnen sollte.

Vera Dt. Karl Albrecht

Als die deutschen Vertreter vor der euro­päischen Organisation für wirtschaftliche Zu­sammenarbeit ihr Wiederaufbauprogramm 1949/50 erläuterten, entwickelten sich über­raschende und widerspruchsvolle Diskussionen mit Vertretern der anderen Teilnehmerländer. Ob in Westdeutschland eine echte Deflations­krise zu befürchten sei, die auf das Streben nach Stabilhaltung der Währung zurückgeführt werden müsse und ob es nicht in solchem Fall richtiger und zwar auch im internationalen In­teresse yräre, zugunsten einer ständigen Voll­beschäftigung, eine kontrollierte Inflation in Kauf zu nehmen, wurden sie gefragt. Bei an­derer Gelegenheit wieder betonte der Dele­gierte eines anderen Landes, daß der aus den Vergleichszahlen gegenüber dem Jahr 1948 er­sichtliche Fortschritt so groß sei, daß man den Deutschen vielleicht eine Reduzierung ihrer Importe und eine weitere Erhöhung ihrer Ex­porte, d. h. ein bewußtes Niedrighalten ihres Lebensstandards empfehlen solle.

Dabei wurde offenbar übersehen, daß die erste Hälfte des Jahres 1948 vor der Währungs­reform einen für die übrigen europäischen Län­der besorgniserregenden Zustand darstellte, der gerade die Einbeziehung in die Marshall-Hilfe veranlagte. Schließlich wurde die Frage auf­geworfen, ob nicht in größerem Umfang die benötigten Importe aus den europäischen Teil­nehmerländern statt vom amerikanischen Kon­tinent bezogen werden könnten und gerade hierbei übersah man, daß eine Handelspolitik, welche die Einfuhr von nicht besonders lebens­wichtigen Gütern erschwert, es dem industriali­sierten Westdeutschland, welches ohne we­sentliche Rohstoffquellen und ohne eigene Ko­lonien dasteht, unmöglich machen würde, mit erhöhten eigenen Exporten in diese Länder die gewünschten erhöhten Bezüge aus ihnen zu finanzieren.

Die deutschen Vertreter hatten bei diesen Unterhaltungen das Gefühl, daß nicht so sehr deutsche Probleme als vielmehr internationale europäische Sorgen in den Vordergrund rück ten und düß~Iefzten Endes die bedrohliche englische Wirtschaftssituation und die dezi­dierte Haltung des englischen Staatssekretärs Sir Stafford C r i p p s den europäischen Wirt­schaftsfragen ihr entscheidendes Zeichen auf­drückte.

Es steht den Deutschen gewiß nicht an, an der englischen Wirtschaftspolitik Kritik zu üben oder ihr Lehren erteilen zu wollen. Die Deutschen werden auch nicht vergessen, daß gerade der zweite Weltkrieg die britische Wirt­schaft sehr geschwächt hat und für viele der heutigen Schwierigkeiten verantwortlich zu machen ist. Vielleicht aber dürfen sie doch auf das eigene deutsche Beispiel hinweisen, aus dem sie selbst nun, wie aus harten Erfahrun­gen, gelernt haben. Man muß in der deutschen Wirtschaftsgeschichte das Jahr 1931 mit dem Jahr 1948 in Beziehung setzen.

Die Entscheidung von 1931, der englischen Währungsabwertung nicht zu folgen, sondern der Mark mit staatlichen Maßnahmen ihren alten Kurs zu sichern, hatte unabsehbare Fol­gen; die zur Aufrechterhaltung des Markkur­ses eingeführte Devisenbewirtschaftung zwang bald zur Einfuhrbewirtschaftung, damit all­mählich zur gesamten Rationierung und zum Aufbau einer lückenlosen Zwangswirtschaft. Im Bereich der Ausfuhr führte sie zu einer Fülle unabsehbarer Hilfsmaßnahmen, die im Ausland Mißtrauen erregten und die deutsche Leistungsfähigkeit selbst schwächten. Auf allen Gebieten überwucherte bald eine unabsehbare Wirtschaftsbürokratie alle Initiative. 1948 zog man daraus die Lehre: man erhoffte von einer Weiterführung der Bewirtschaftung nicht mehr die Wiederherstellung des Marktgleichgewich­tes, sondern beseitigte sie als ein Hemmnis für dasselbe. Voraussetzung für diese Maßnahme war freilich eine Währungsreform, die uns das Opfer sozialer Härten auferlegte.

England will heute an einem nach Ueber- zeugung der meisten Sachverständigen über­höhten Pfundkurs festhalten und muß daher seine Einfuhren künstlich drosseln. Statt der international gewünschten Expansion betreibt es eine Diskriminierung der Handelspartner. Es kann freilich seine Planwirtschaft der Welt nicht aufzwingen. Gewiß wurde der Anteil der Arbeiterlöhne am Nationaleinkommen in den - letzten 10 Jahren von 39 auf 48 Prozent erhöht, aber durch die Politik der Austerity der Ar­beiter gezwungen, auf viele Verwendungsmög­lichkeiten seines Geldes zu verzichten. England befindet sich hier offensichtlich auf dem Wege der überwundenen deutschen Wirtschaftspoli­tik, die mit Preisstopp und Rationierung die tat­sächliche Inflation zu tarnen suchte und schließ­lich in die Währungsreform einmündete.

Die englische Arbeiterschaft antwortet mit wachsender Unzufriedenheit und neuen Streik­wellen. Die Labour-Regierung will nach wie vor Vollbeschäftigung, das bedeutet letzthin Verzicht auf verschärfte Konkurrenz mit allen ihren Risiken und ihrem Zwang zur Leistungs­steigerung. England sieht sich in neuer Isolie­rung, die sicher nicht glänzend ist. Schon wer­fen viele europäische und amerikanische Wirt­schaftspolitiker England vor, daß es mit seiner Haltung das europäische Wiederaufbauwerk und Amerikas Bereitschaft zu weiterer Hilfe gefährd» Env'and habe die ihm gewährten