Nr. 74
Aus dem Nagold=, Enz= und Albtal
25. Juni 1949
Eine Lehrfahrt ins Kirschengebiet des Kreises Calw
Sannuxend mit!
Die Sonne ist in ihrem scheinbaren Lauf während des Winters und Frühlings durch die aufsteigenden Zeichen des Tierkreises emporgeschritten. Nach 182 Schraubenwindungen erreicht sie den Wendekreis des Krebses, wo sie umkehrt und beim Uebergang aus der aufsteigenden in die absteigende Schraube eine Zeitlang innezuhalten scheint: Solstitium — Sonnenstillstand! Es ist der Tag der Sommersonnenwende, vor Zeiten von hoch aufflammendem Feuer überall im deutschen Volksraum festlich begrüßt. Der längende Tag und die schwindende Nacht der 1. Jahreshälfte kehren sich von da an in ihr Gegenteil. Gleichzeitig erreichen Aufgangs- und Untergangszeit die größte Aoweichung von Ost- bezw. Westpunkt} Morgen- und Abendweite wachsen vom 1. Mai bis zum 1. Juni um 7, von da an noch um rund lV* Grad. So geht am 21. Juni die Sonne annähernd im Nordosten auf und im Nordwesten unter. Noch bedeutsamer ist die Tatsache, daß damit gleichzeitig auf der Nordhalbkugel auch der höchste Sonnenstand des Jahres erreicht wird. Für den 49. Breitengrad, der' die nördliche Hälfte Württembergs schneidet, steht die Sonne am 21. Juni, mittags 12 Uhr, 64 1 /* Grad über dem Horizont, so hoch wie am 21. März über dem alten Theben in Aegypten, über Benares in Indien, über Miami auf Florida. Der Zeitpunkt des Aufgangs rückt in den beiden ersten Junidritteln, wo die Sonne noch im Steigen begriffen ist, für Stuttgart von 4.25 bis 4.19 Uhr (Normalzeit) vor, der Untergang verspätet 'sich von 20.17 bis 20.30 Uhr. Die Tageszunahme erreicht damit den geringsten Monatswert während des ganzen Jahres (nur rund 20 Minuten)? dazu tritt zwischen Sonnenwende und Monatsende eine Abnahme von etwa 4—5 Minuten. Der längste Tag dauert von 4.19 bis 20.30 Uhr, also 16 Stunden 11 Minuten, die kürzeste Nacht 7 Stunden 49 Minuten.
Der Fingerhut blüht!
Eine Charakterpflanze unserer Schwarzwaldheimat steht jetzt wieder in purpurner Blütenpracht: der rote Fingerhut. Ueberall auf steinigen Waldblößen, auf kaum besiedelten Schlägen ist er zu finden, und immer fesselt er aufs neue durch den Anblick geheimnisvoller, fast fremdartiger Schönheit. Ein Fremdling ist er aber auch in der deutschen Pflanzenwelt. Im Westen ist seine Heimat? dort reicht er von der Südspitze Spaniens bis hinauf zu den Orkney-Inseln. In Deutschland hält er sich im allgemeinen an die westlichen Gegenden und an die Sandsteinböden. So endigt seine Verbreitung bei uns im Schwarzwald ostwärts mit der Muschelkalkgrenze am Rande des Gäus, und erst die Keupersandsteinhöhen um Stuttgart schaffen ihm nochmals günstige Lebensbedingungen. Damit hat er aber seine Ostgrenze in Württemberg endgültig erreicht. Er geht also etwas weiter als eine zweite ,atlantische“ Pflanze, die Stechpalme, die schon an der Linie Durlach-Birkenfeld-Büchenbronn-Na- goldtal (von Unten eichenbach bis Nagold) an der östlichen Grenze ihres Verbreitungsgebiets angelangt ist. Die auffälligen, bis zu hundert in einseitswendiger Traube stehenden Blumenglocken werden von Hummeln besucht und lassen, da die Staubgefäße vor den Narben reifen und Selbstbestäubung erfolglos bleibt, nur Kreuzbefruchtüng zu. Der in Menge erzeugte feine Samen wird vom Winde weithin zerstreut, und ist es nicht verwunderlich, daß der Fingerhut sich überall rasch einstellt, wo der Schattenraum des Waldes dem Lichte geöffnet wird. F.
In Calmbach läßt es sich wohl sein
Nachdem nun auch hier die meisten Lokale frei wurden hat sich in erfreulicher Weise der Fremdenverkehr wieder eingestellt. Schon sind vom hohen Norden Gäste einge f roffen, um hier die herrliche Schwarzwaldluft zu genießen und sich von dem Erlebten der letzten Jahre zu erholen. Seitens der Gasthäuser wurde alles getan, um den Erholungsuchenden den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Inmitten hoher bewaldeter Berge, lieblich eingebettet in das Tal, in dem die beiden Zwillingskinder des Schwarzwaldes, die Große und die Kleine Enz, sich treffen, liegt der Erholungsort Calmbach. Die Ruhe der rings ansteigenden Wälder, die gute Luft und der städtische Charakter des Orts machen Calmbach zu einem gerne besuchten Ferienplatz. Das reizvolle, im Kleinenztal liegende, gut ausgestattete Freibad, ein großer Sportplatz mit Turnhalle, bieten den Gästen Gelegenheit, Körper und Geist bei Spiel und Sport zu pflegen. Gute Gaststätten runden das Bild angenehmen Aufenthalts; auch Privatzimmer stehen wieder zur Verfügung. Omnibusverbindungen bringen die Gäste in die weitere Umgebung. Bis zur Neugründung des Fremdenverkehrsvereins erledigt ein hierfür geschaffener Arbeitsausschuß die anfallenden Arbeiten.
Enztäler „Botten** vor 200 Jahren
Im „Württembergischen Bottenbuch“ von 1749 sind alle Männer aufgezählt, die regelmäßig nach der Landeshauptstadt gingen, um für das Oberamt, für die Herrschaft und für Privatpersonen Besorgungen zu erledigen und Einkäufe zu machen. Unter ihnen findet sich auch der „Neuenbürger Bot t". Von ihm wird berichtet! „Der Bott kommt an in Stuttgart Dienstag alle 14 Tag. Logiert im
Eine stattliche Anzahl Baumwarte aus dem Dienstgebiet der Kreisbaumwartstelle Neuenbürg nebst Angehörigen, sowie mehrere Obstbauinteressenten kamen am Sonntag, den 19. Juni, zusammen, um unter der Führung von Kreisbaumwart Scheerer vorbildliche Obstanlagen zu besichtigen und um das Kirschenanbaugebiet Arnbach — Gräfenhausen und Birkenfeld zu besuchen. Von schönem Sommerwetter begleitet trafen die meisten der Teilnehmer mit Omnibus in Neuenbürg ein, wo sie vom Kreisbaumwart erwartet wurden. In Neuenbürg galt das Interesse dem Garten- und Spalierobstbau, wobei Kreisbaumwart Scheerer die notwendigen Erläuterungen gab. Gleichzeitig war Gelegenheit, die Arbeiten von Schülern der Baumwartelehrkurse der letzten Jahre zu überprüfen. Letztere fanden allgemeine Anerkennung von Seiten der älteren Fachkollegen. Ueber- rascht hat der gesunde Bestand und reiche Behang in den besuchten Obstanlagen, trotz der erlittenen Frostschäden. Von Neuenbürg führte der Weg nach Arnbach, wobei Gelegenheit war, eine größere Gemeinschaftspflanzung von Kernobsthochstämmen der Gemeinde Arnbach auf sog. Rodungsgelände zu sehen, welches gut gefiel, nur bedürfen die jungen Bestände dringend der Nachhilfe bezw. der Düngung. Es trat augenfällig in Erscheinung, daß hier ein umsichtiger Gemeindebaumwart sein Können unter Beweis stellt. Unter der Dorflinde erwartete die Teilnehmer eine freudige Ueberraschung: als Willkommgruß durften sie eine Kostprobe edler Tafelkirschen entgegennehmen. Gemeindebaumwart Buchter zeigte anschließend gut gepflegte Kirschenanlagen, wobei die Auswirkung einer gründlichen Allgemeinpflege sehr überraschte. Der Behang an gepflegten Bäumen war ein überaus reicher, die Ausbildung der Früchte ungleich schöner als an ungepflegten Bäumen in derselben Lage. Viele der Fachleute konnten sich des Ausspruchs nicht erwehren: Ja sehen denn die andern Baumbesitzer diesen Erfolg nicht, weil diese so gut wie nichts an ihren Bäumen tun? Auch wurden nebenbei die vielen Baumruinen einer Kritik unterzogen. Ein Rundgang durch das Gewann Layer diente den Teil-
Gasthof zum Lamm. Und geht wiederum ab selbigen nachmittags. Passiert Ort von Stuttgart wieder dahin: Bothnang, Leonberg, Malmsheim, Merklingen, MÖttlingen, Hengstett, Liebenzell, Schwarzenberg, Langenbrand Waldrennach, Neuenbürg. Liegt von Stuttgart ab 5 Meil. Und wird dem Botten von 100 Gulden Geld auf hierher zu tragen bezahlt 15 Kreuzer.“ — Herrenalb wurde vom Calwer Boten mit versehen. Mußte von dort aber ein eigener Bote geschickt werden, so nahm dieser seinen Weg nach Stuttgart über Dobel, Calmbach, Altburg, Calw, Hengstett, Ostelsheim, Schafhausen und Mag- stadt. Auch W i 1 d b a d hatte keinen besonderen Boten. Seine Angelegenheiten wurden durch den Calwer Boten besorgt der „zwar hier wohnet, aber alle Freytag und Samstag abgeht und Samstag und Dienstag wieder ankommt.“ Er erhält für 100 Gulden, die er nach Stuttgart trägt, 12 Kreuzer.
Aichelberg. (Vor einhundert Jahren.) Wir kennen in Württemberg drei Orte mit dem Namen Aichelberg, weshalb es schon richtig ist, wenn
Verzweifelt und um den Lohn ihrer harten Arbeit betrogen, mußten und müssen weiterhin leider allzu viele Bauern eines Morgens feststellen, daß die Wildschweine die Getreide- oder Kartoffelbestände, aber auch die Wiesen um und um gewühlt haben. Der nun schon seit Jahren angerichtete und von Monat zu Monat allerorts zunehmende Schaden, den die Wildschweine verursachen, hat, nachdem die Hoffnung, durch baldige Verabschiedung des Jagdgesetzes und Wiederbewaffnung der deutschen Jäger mit zur Wildschweinjagd geeigneten Gewehren rasche und durchgreifende Abhilfe zu schaffen, sich anscheinend nicht so rasch erfüllen will, Bürgermeister, Gemeinderat und Bauern der Gemeinde Würzbach, Kreis Calw, dazu bewogen, zur Selbsthilfe zu greifen. Eine etwa 10 km lange Strecke entlang den die Markung umgebenden Waldungen wurde durch einen doppelt geführten Stacheldraht eingefriedigt. Der Draht wird elektrisch geladen, wobei der Strom des Nachts stoßweise durch den Draht geschickt, für Mensch und Tier ungefährlich ist, den Schwarzkitteln aber ihre nächtlichen Besuche verleidet. Die Barkosten für die Anlagen betrugen etwa 3000.— DM., wovon etwa 600.— DM. von der Gemeindeverwaltung übernommen wurden. Die baren Auslagen betrugen für die Grundstücksbesitzer, auf die eigenen und gepachteten Ackerflächen umgerechnet, nach Abzug des von der Gemeinde übernommenen Betrags je ha etwa 10.— DM. Die Wiesenflächen wurden nicht berücksichtigt. Die Anlage wurde von den Grundstücksbesitzern gemeinsam unter Anleitung eines Facharbeiters der Firma, welche die elektrische Anlage lieferte, errichtet, wobei die Grundstücksbesitzer zwei, die Gemeinde ein Drittel der
nehmern zum Kennenlernen anbauwürdiger Kirschensorten in der Reife, welche viele Baumwarte sonst nur vom Unterricht her kennengelernt hatten. Hier wurde praktischer Anschauungsunterricht vermittelt. Die Anwesenden waren sich darüber im Klaren, daß für dieses Gebiet, wo so viele verhockte und abgängige Kernobstbäume zu beobachten sind, der Süßkirschen-Großanbau am richtigen Platze wäre. Auch steht dort, gleichfalls richtungweisend, ein Riesenkirschbaum. Dieser kerngesunde Baum könnte Samenspender sein zur Heranzucht brauchbarer Stammbildner gerade für dieses Kirschengebiet,
Die Fahrt ging weiter über Gräfenhausen nach Birkenfeld. Die Besucher waren sichtlich überrascht über den reichen Obstbaumbestand in diesen Gemeinden, welcher noch große Möglichkeiten offen läßt. Am Nachmittag versammelten sich sämtliche Teilnehmer an der Lehrfahrt zur Besichtigung des Lehrgartens des Obstbauvereins Birkenfeld. Der Kreisbaumwart legte die Gründe dar, welche zu dieser Zusammenkunft führten. Diese sollte nicht nur dazu dienen, das fachliche Wissen zu vertiefen. sondern auch dem persönlichen Kennenlernen der sonst räumlich getrennten Berufskollegen und deren Angehörigen. Ein gemeinsamer Rundgang durch den Lehrgarten zeigte dessen vorbildliche Pfleg« durch Gemeindebaumwart Fix. Dementsprechend ist dort auch der Behang an Früchten ein überaus reicher und gesunder, Spuren von Frostschäden sind hier nur am Laub festgestellt worden. Eine Aussprache über die Anwendung und Auswirkung der neuen Schädlingsbekämpfungsmittel schloß sich an. Vorstand Kugele begrüßte die Erschienenen namens des Obst- und Gartenbauvereins Birkenfeld und ermahnte diese, das heute Gelernte draußen in der Praxis auszuwerten, zum Nutzen unseres heimischen Obstbaues. Kreisbaumwart Scheerer brachte im Anschluß für die Kursteilnehmer vom Jahrgang 1947/48 ein Geschenk als Anerkennung von Seiten des Kreisverbands in Form eines wertvollen Lehrbuches über Pflanzenernährung zur Verteilung. Wohl befriedigt kehrten die Teilnehmer zu neuem Schaffen in ihre Heimatgemeinden zurück.
er.
wir sie einmal nebeneinander anführen, um Verwechslungen zu vermeiden. Wir haben Aichelberg bei Kirchheim/Teck, bekannt durch den hohen Berg, zu dessen Füßen das Dörfchen liegt. Dann kennen wir Aichelberg bei Schorndorf, und schließlich unser Aichelberg, natürlich das schönste von den dreien. Eine kurze, nun über einhundert Jahre alte Beschreibung unseres Heimatdorfes lautete: „Aichelberg liegt im Oberamt Calw und ist ein Weiler von 155 Einwohnern, die zum Gemeindeverband Neuweiler gehören, aber nach Zwehren- berg eingepfarrt sind. Der Ort liegt hoch über dem kleinen Enzthale. In früheren Zeiten gehörte er zur Herrschaft Vogtsberg, einer Burg, die nicht weit von hier am Ursprung der kleinen Enz lag. Später kam er mit jener Herrschaft an die Herren von Homberg, von diesen im Jahre 1323 an Württemberg. Im Jahre 1623 wurde Aichelberg zum Amte Calw geschlagen.“ 1330 soll unser Aichelberg erstmals urkundlich als „Aychelberc“ genannt sein. Sprachforscher wollen den Namen ableiten von der Eichel. o. r.
benötigten Pfosten lieferten. An Straßen und Feldwegen sind einfache Drahtüberführungen erstellt. Die Stromzufuhr erfolgt durch Zuleitung aus dem Lichtstromnetz über Steckdosen, welche in drei, der Umzäunung am nächsten gelegenen Gebäuden angeschlossen werden. Zur Einrichtung der Anlage bzw. Stromzuleitung war behördliche Genehmigung erforderlich, die beim Landesgewerbeamt in Tübingen eingeholt werden mußte. Die Nachbargemeinde Agenbach hat diese Art der Abwehr der Wildschweine schon längere Zeit zur Anwendung gebracht — allerdings ist nur ein Draht gespannt — und. seither nicht mehr über Schaden durch Schwarzwild zu klagen. Gegen Hochwild — Hirsche — genügt die Anlage allerdings nicht. Es müßten weitere Drähte gespannt werden, was auch bereits von einem Teil der Grundstücksbesitzer, deren Aecker infolge ihrer Lage zum Wald besonders durch Hochwild heimgesucht wurden, erfolgreich durchgeführt wurde. Der Erfolg zeigt ein-' wandfrei, was bei verständnisvollem Zusammenwirken zwischen Gemeindeoberhaupt und Bürgern mit verhältnismäßig geringem, aber sieb bestimmt lohnendem Kostenaufwand durch Selbsthilfe und nur durch diese erreicht werden kann. Selbst wenn in absehbarer Zeit das Jagdgesetz vollends ausgearbeitet, vom Landtag verabschiedet und von der Miltiärregierung genehmigt sein sollte, auch, wenn sofort danach die Jäger sich eifrigst bemühen sollten, den Schwarzkitteln zu Leibe zu rücken, dann dürfte doch wohl bei dem derzeitigen großen übergroßen Bestand an Schwarzwild noch sehr geraume Zeit vergehen, bis in Aeckern und Wiesen keine Schäden mehr durch Wildschweine angerichtet werden können, wenn sich die Bauern inzwischen nicht selbst helfen. Dr. M.
Jtyotzheimec OhuidMick
Stadttheater wird weitergeführt. Unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters Dr. Brandenburg wurde auf der letzten Stadtratssitzung die Theaterfrage besprochen. Dr. Brandenburg führte in seiner langen Rede aus, daß der Stadtrat stets eine positive Einstellung zum Theater bekundete, obgleich am 30. März der Beschluß gefaßt wurde, das Theater zu schließen. Es müßte jedoch angesichts der heutigen Notlage geprüft werden, wieviel zusätzliche Mittel für den Theaterbetrieb aufgebracht werden könnten. Nach eingehender Beratung einigten sich die Stadtyäter dahin, daß das Theater weitergeführt wird. Die neue Spielzeit beträgt nur noch 8 Monate und geht vom 18. September bis 30. April 1950. Künftig wird nur noch ein Zuschuß von 190 000 DM für das Spieljahr genehmigt. Die Weiterführung des Theaters konnte nur deshalb erzielt werden, weil bedeutende Einsparungen an Personal und Spielkräften vorgenommen wurden. Die hohen Eintrittspreise wurden gesenkt. Die Theaterleitung erhofft hiervon einen besseren Besuch. Auch im kommenden Spieljahr sollen Schauspiele, Opern und Operetten zur Aufführung gelangen. —• Der Stadtrat konnte sich jedoch nicht entschließen, die Kräheneck-Freilichtspiele in städtische Regie zu nehmen. Die Wiederinstandsetzung des unter Witterungseinflüssen stark gelittenen Theaters würde zu große Mittel verschlingen, die im Augenblick nicht aufgebracht werden könnten.
Die soziale Tat. Im Herzen der Stadt steht das schwerbeschädigte Melanchthonhaus inmitten’ der Trümmer. Die Stätte selbst ist eine Ruine. Aber doch hat das Ev. Hiltswerk im vergangenen Jahr in den Kellerräumen eine Werkküche eingerichtet, die sich besten Rufes erfreut. Tag für Tag steigen 300—400 Menschen über Schutt und Geröll hinweg, um in die engen Speiseräume im Kellergeschoß zu gelangen. Die beängstigende Enge verlangte neue Räume. Mit großer Tatkraft wurden die oberen Stockwerke enttrümmert und im früheren Speise- saal des Hospizes ein freundlicher Raum geschaffen, in dem täglich 500 Essen verabreicht werden können. Anläßlich der Neueröffnung der Werkküche mit dem großen Speisesaal durch das Ev. Hilfswerk in Verbindung mit dem Verein für Jugend- und Altershilfe fand eine schlichte Feier statt, zu der die Militärregierung, Vertreter der Stadt und des öffentlichen Lebens geladen waren. Zu gleicher Zeit konnte auch das Lehrlingsheim seiner Bestimmung übergeben werden. Es ist geplant, die oberen Stockwerke des Hauses auszubauen und das Lehrlingsheim wesentlich zu erweitern. Vorerst befindet es sich im Parterreraum. Vier Doppelbetten, sauber bezogen, stehen in einem hellen und geschmackvoll eingerichteten Raum. Hier sollten hei- mat- und obdachlose Jugendliche, auch solche, die schon straffällig waren, eine Heimat finden. Die Jugendlichen werden hier erzogen und betreut und für eine saubere Zukunft vorbereitet. Oberbürgermeister Dr. Brandenburg dankte im Namen der Stadtverwaltung allen Mitarbeitern an diesem sozialen Werk und beglückwünschte sie zu ihrem Erfolg.
Der soziale Wohnungsbau. Er sollte nicht ein Problem neben vielen andern, sondern das Problem sein, dessen Lösung mit aller Energie in Angriff zu nehmen ist. Im Kreis Pforzheim geht man der Wohnraumnot mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu Wege. Nachdem in den Gemeinden die Beschaffung des Baugeländes geklärt worden ist, geht es mit Hochdruck an die Erstellung der Siedlungshäuser. Erfreulicherweise konnte die festgesetzte Zahl von 192 Wohneinheiten auf 228 erhöht werden. Vielen Gemeinden dient das von Architekt Ernst Frey in Stein erstellte Siedlungshaus als Modell. Freilich fehlen auch nicht die Stimmen, die sowohl den Aufbau des Hauses bemängeln, als auch die Erstellungskosten von 6000.— DM pro Haus anzweifeln. Eine demnächst stattfindende Bürgermeisterversammlung des Landkreises in Stein soll an Ort und Stelle die mancherlei Zweifel und Bedenken beseitigen. Die drei im Rohbau erstellten Siedlungshäuser, an denen der Innenausbau tüchtig voranschreitet, kann den Skeptiker am besten überzeugen, daß das Siedlungshaus gut und praktisch gebaut und der Kostenvoranschlag von 6000.— DM pro Haus nicht überschritten wird. Die eigene Arbeit des Siedlers ist dabei nicht berücksichtigt} sie geht je nach Leistung von diesem Betrag i ab. Dieses Beispiel zeigt, daß der soziale Wohnungsbau möglich ist, und wir auf dem besten Wege sind, die Wohnraumnot zu bannen.
Jugend erhält 2000 DM. Zur Forderung des Sportes unter der Jugend hat die Militärregierung Stuttgart 2000 DM zur Beschaffung von Sportgeräten zur Verfügung gestellt. Von dieser Spende erhalten der Kreisjugendausschuß 1000 DM, die Volksschulen und Höheren Schulen je 500 DM. N
Meisterprüfung in der Gewerbeschule. In den letzten Tagen haben sich 40 Maschinenbauer und Werkzeugmacher der Meisterprüfung unterzogen. Die theoretische Ausbildung der Prüflinge kann als sehr gut bezeichnet werden und überraschte allgemein. Die Meisterstücke waren gut, lagen oft weit über dem Durchschnitt und gaben Zeugnis vom technischen Können und handwerklichen Fertigkeiten. Um einem größeren fachlich interessierten Kreis Einblick in die Tätigkeit der Pforzheimer Jungmeister zu geben, findet am Samstag und Sonntag (25.—26. Juni) in den Räumen der Gewerbeschule, Emma-Jägerstraße, eine Ausstellung statt.
Eröffnung einer Nähstube. Vom Roten Kreuz wird im wiederaufgebauten Mädchenheim in der Kronprinzenstraße eine Nähstube unter fachmännischer Anleitung eingerichtet und am 4. Juli eröffnet werden. Der Unterrichtsplan sieht die Anfertigung von Wäsche, Hauskleidern und Kinderkleidern vor. Die zeitgemäße Einrichtung wird mit Dankbarkeit wahrgenommen. e. a.
Gutenbergjünger feierten Johannis.
Die in der Industriegewerkschaft „Druck und Papier“ organisierten Pforzheimer Buchdrucker begingen am Samstag nach längerer Zeit wieder ihr Johannisfest, das dem Andenken des Erfinders der Buchdruckerkunst Johannes Gutenberg gewidmet ist. Zwei vollbesetzte Großautowagen brachten die Teilnehmer nach Corres, wo man fröhliche Einkehr in der „Rose“ hielt. Hier entwickelte sich ein gar lustiges Treiben. Alter Tradition gemäß fand auch ein großes Preisquadräteln statt, ein Spiel, das nur den Jüngern der „schwarzen Kunst“ bekannt ist und bei dem viele wertvolle Preise zur Verteilung kamen.
nTr febrodtset d'too
Wenn oam nex Reachts eifallt, nö schwätzt mr vom Wettr. Seil isch ogfährlich, bolihtisch eiwandfrei, overbendlich ond ällweil agduell. A Wettr isch emmer, ob guat oder schleacht ond mr ka bedauerlicherweis not net amöl d' Regierong drfir verand- wordlich macha. Wenn's schau lang koane Wirtschaftsämter ond koa „Notopfer Berlin“ meih geit, iber dia mr schempfa ond krittla ka, no geit's uff jeada Fall 's Wettr. Abgseha davo henn mir en' deam Jöhr Grond gnuag, vo dr Witterong z’ schwät- za, endem daß seile bisher a sötte war, daß mr zwua hätt draus macha kenna! Isch’s net aso: Dr Abril höt a ganz Vierteljöhr dauert, em Mai henn mr seile kalte Fiaß kriagt, dia os d' amdliche ond feschtbesoldete Wettrfresch fearn em Herbscht fir dr Wenter brofezeiht henn und zwua Wucha vor dr Sonnwend isch am Morn Reifa glea. D’ ganz Mederohlogie (oder wia seil overdaulichs Glomp hoaßt) isch duranander!
Mi perseelich göht jö *s Wettr net so arg viel a, weil mir außer ama Zwiebelgaarta koan oagne Grond ond Boda henn. Des hoaßt, wenn mr vo meine lloamahäfa vorm Feschter abseha will. I brauch
also au net z* haiba, wenichschtens net fir mi. I hilf älls bloß em Denglers Gottfried, wisset’r so freind- schafts- und kaloriahalber ond weil e dö mei Milch hol. Grad beim Gottfried aber haun e neilich wieder erfahra, wia schtark d’ Baura vom Wettr ab- hängich senn. En dr Woch noch Pfengschta isch gwea, wia ne obeds zum Gottfried nommkomm ond fröge will, was d* Haiberei macht. I sag also: ,,Wa’ isch, pachsch morn“? Dr Gottfried guckt zairscht mi a, no sei Weib, nö dr Aehne, schtöht uff, lauft ans Feschter, guckt naus, dreht sich romm, lauft ans Wettrglas, klopft drana, dreht sich wieder romm, göht nomöl ans Feschter, guckt wieder naus ond dreht sich schliaßlich zom dritta Mol romm: „Hm, am Hemmel senn bloß a baar Welkla, dr Gockel uffm Kirchturm hängt dr Schwanz geaga dr Wald zua ond 's Wetterglas göht au nuff. Aells guate Zoacha. Wa' moansch, Ricka, wella mr?“
D’ Ricka (seit feifazwanzich Jöhr em Gottfried sei Weib) bienzelt au an Hemmel nuff, verziagt ’s Maul a weng, schwätzt aber nex ond göht naus. A Weile druff kommt se wieder rei: „I moan, mr kennt’s schliaßlich probiera. Wisset'r, dr Abeeh stenkt en de letzschte Däg garnemme so wiascht, wta iber Pfengschta, ond seil isch fir mi a guats
Zoacha, wenn's au koa schees isch!“ Enzwischa höt dr kloa Hansjerg am Feschter rommgwurschtelt ond brengt uff oamöl a Moggele (schprich: Kiefernzapfen) ama Schnirle drhear ond sait: ,,Dö guck, Vadder, seil Moggele isch ganz weit ussanandergau ond dees soll guats Wettr bedeita, isch em Sonn- tichschulblättle gschtau." Dr Gottfried höt zwör a grengschätziche Bemerkong gmacht, aber sich vo' sei’ra Aelteschta gearn sa’ lau, daß dr Radioh truckes Wettr brofezeit häb ond daß d’ Schwaiba am Morn zemlich hauch gfloga seiet. „Ond seil isch gwiß koa schleachts Zoacha.“
Derweil isch der Aehne döghockt. ohne a oan- zichs Wertle z' schwätza, bis’n dr Gottfried frögf: „Ha, Aehne, wa' moanet denn Ihr drzua?“ ,,Wa' i moan“, sait dr Aehne, „i moan. mr sott mit’m Haiba afanga, bevor ’s wieder reagnet. I hau heit ’ra Spenn zuaguckt wia dui a Netz gmacht höt ond dees hätt se niamöls dau, wenn schleachts Wettr en Aussicht schtau däht. Wenn’r aber dö- druff nex gean, weil ’r gscheiter sei wellat, wia a Dierle, nö kennet 'r mendeschtens meim Reißmatteiß glauba, dear mi seit geschtert vollschtändich en Ruah läßt. Ond dr ander Tag isch ghaibet worn! Eier Bäbele.
Erfolgreiche Abwehr der Wildschweine