SCHWÄBISCHEM

TAGBIATT

SAMSTAG, 18. JUNI 1949

ÜBERPARTEILICHE ZEITUNG FÜR WÜRTTEMBERG UND HOHENZOLLERN 5. Jahrgang / nummer n

Länderdiefs bei Koentg

BADEN-BADEN. Die Länderdiefs der fran- zfisischen Zone, Altmeier, Dr. Müller und Wohieb, hatten am Donnerstagnachmittag eine Besprechung mit General Koenig. Anschließend gaben sie im HotelBadischer Hof für den französischen Oberbefehlshaber und die Län­dergouverneure Hettier de Boislambert, Pene, und Widmer einen Empfang, an dem auch Genera! Noiret und der politische Berater Tarbes de Saint Hardouin sowie einige an­dere französische und deutsche Persönlichkei­ten teilnahmen.

Kirchen und Demontagen

DÜSSELDORF. Der Leiter des Außenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kir­chenpräsident D. Niemöller, hat anläßlich der gegenwärtig in Nordrhein-Westfalen durchge­führten Demontagen die Kirchen in Amerika und England gebeten, alles zu tun, um diese Aktionen zu verhindern. Niemöller wies ins­besondere darauf hin, daß die hierdurch ent­stehende Arbeitslosigkeit dreimal so viel ko­sten werde, als der Schrottwert der betroffe­nen Werke betrage.

Seit Mitte der Woche gehen die Demontage­arbeiten bei den verschiedenen Werken, wenn auch zögernd, in völliger Ruhe vor sich.

Pariser Konferenz vorerst gerettet

Voraussichtliches Ergebnis: Modus vivendi in Deutschland und Staatsvertrag für Oesterreich Von Preston Grover, Korre spondent der Associated Press

PARIS. Einer der erfahrensten Diplomaten auf der Pariser Konferenz hat die gegenwär­tige Situation mit folgendem Bild charakteri­siert. Wenn beim Abflößen von Holz auf einem Fluß eine Stauung eintrete, weil sich die Stämme verklemmt hätten, genüge es oft, ei­nen einzigen herauszunehmen, um das ganze wieder in Gang zu bringen. Diese Prozedur sei offenbar jetzt vor sich gegangen.

In der 20. Sitzung der Außenminister, die in Anwesenheit von Bohlen und Murphy, Smir- now, Robertson und Parodi am Mittwoch­abend von 19.05 Uhr bis 20.15 Uhr stattfand, wurde vor allem der Streik in Berlin behan­delt.

Die nächste Sitzung fand am Donnerstag um 16 Uhr statt. Nach einer kurzen Unterbre­chung traten die Außenminister von 19 bis 21.45 Uhr abermals zusammen, um im Ar­beitssalon des französischen Außenministers vor allem über die österreichische Frage zu beraten. In der Pause hatte eine Besprechung der drei westlichen Außenminister unter sich stattgefunden.

Am Freitagmorgen von 0.05 bis 1.25 Uhr

S-Bahnstreik geht weiter

Sowjets brechen ihr Versprechen / Schauprozeß gegen SPD-Jugendliche

BERLIN. Die Urabstimmung der Westber­liner Eisenbahner endigte mit einer überwäl­tigenden Mehrheit für die Fortführung des Streiks. 11 922 Eisenbahner sprachen sich ge­gen die Wiederaufnahme der Arbeit, 1973 da­für aus.

Wie im Donnerstag bekannt wurde, fand am Vorabend der Urabstimmung zwischen Vertre­tern der SED, der sowjetisch kontrollierten RBD Berlin und der Wirtschaftskommission der Ostzone eine Besprechung statt, bei der das Mitglied des Politbüros der SED, Walter Ulbricht, erklärte, daß die Erfüllung der Forderungen der Streikenden in dem Maß, wie es zwischen den Generälen H o w 1 e y und Kwaschnin vereinbart worden sei, einer Niederlage gleichkomme. Der Streik müsse durch die zwangsläufig immer stärker werden­den Proteste der Berliner Bevölkerung von selbst zusammenbrechen, ohne daß man zu Irgendwelchen Zugeständnissen gezwungen sei. Daraufhin wurden die von General Kwaschnin bestätigten Zugeständnisse in der gesamten Ostpresse in Abrede gestellt. Diese Tatsache bewirkte den Stimmungsumschwung bei den Streikenden. General Howley erklärte, seit der Besprechung, die er mit dem Chef der sowje­tischen Transportabteilung, General Kwasch­nin, gehabt habe, sei eine Aenderung der so­wjetischen Politik auf höhere Weisung hin er­folgt.

Unter Ausschluß der Westberliner Presse fand im Ostsektor am Mittwoch ein Schaupro­zeß gegen Angehörige der sozialdemokratischen JugendorganisationDie Falken statt. Der erste Vorsitzende der SPD-Jugend, Heinz

Hongkong soll gehalten werden

LONDON. Nach Rückkehr von seiner Inspek­tionsreise durch den Femen Osten erklärte der britische Verteidigungsminister Alexander, uie britische Regierung sei fest entschlossen, in Hongkong nicht nachzugeben. Andererseits wünsche sie aber freundschaftliche Beziehun­gen mit jeder Regierung, die das chinesische Volk sich wähle, zu unterhalten.

Am Donnerstag lief der amerikanische Kreu­zer St. Paul zu einem Besuch im Hafen von Hongkong ein, wo bereits fünf amerikanische und acht britische Flotteneinheiten vor Anker wegen.

Der Botschafter der USA in China, Leighton otuart, erklärte in einer Rede vor chinesi­schen Kaufleuten und Intellektuellen in Schang­hai, er werde Washington die Anerkennung der neuen chinesischen Regierung empfehlen, so­bald diese zentrale Behörden gebildet habe. "Wart will sich demnächst nach Washington begeben, um über die wirkliche Lage in China Bericht zu erstatten, da nach seinen Äußerun­gen der Eindruck, den die chinesischen Kom­munisten auf die Weltöffentlichkeit gemacht hatten, weniger gut sei, als der, der die in "hina lebenden Ausländer hätten gewinnen sonnen. Der Botschafter forderte alle Liberalen »if christlichen chinesischen Intellektuellen unt .. neuen Behörden ohne Vorbehalt zu unterstützen und sich an der neuen Verwal-

jj zu beteiligen, um u .a. einen mäßigenden f'umuß auf die Politik der Kommunisten aus­zuüben.

Dewey nicht für Labour

E W YORK. Thomas E. Dewey, der Gou- gp.bbbur des Staates New York, erklärte nach erot r Hückkehr aus Europa vor Journalisten, Gmnu e nicht ' daß die Verstaatlichungen in Ben n? tannien irgend welchen Erfolg verhei- von ik Tatsachen sprächen dagegen. In den zubub besuchten Ländern seien Fortschritte habe erZeit ^ lne - n H>ie sowjetische Einflußsphäre oder verm i e den, dennje näher den Russen zum « n Kommunisten, desto mehr wird man m Antikommunisten.

W e s t p h a 1, der sich unter den Zuhörern be­fand, wurde während der Verhandlung von .Ostpolizisten hinausgerufen, niedergeschlagen, und, obwohl er laut um Hilfe schrie, mit Ge­walt die Treppe hinuntergeschleift und in ein bereitstehendes Auto gezerrt. Die 18jährige Helga Wels, die Enkelin des früheren ersten Vorsitzenden der SPD, Otto Wels, die neben Westphal gesessen hatte, wurde beim Verlas­sen des Gerichtsgebäudes ebenfalls verhaftet. Auf der Straße sprangen drei Männer aus einem langsam fahrenden Auto, preßten-dem Mädchen einen Knebel in den Mund und stie­ßen es in den Wagen.

Von den neun Angeklagten wurden der 20- jährige Student Jürgen Gerull und Werner Wilke zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie westlich lizenzierte Zeitungen im Ost- Sektor verkauft und sich damitfür Zerstör­ung und einen neuen Krieg eingesetzt haben.

fand eine nächtliche Geheimsitzung der vier Außenminister statt. Nachdem Wyschinski das Rbsa-Marmor-Palais verlassen hatte, setzten seine westlichen Kollegen ihre Besprechungen bis 1.45 Uhr fort Britische Sprecher erklärten, es seieneinige Fortschritte erzielt worden. Nach Sitzungsende wurde folgendes amtliche Kommunique ausgegeben:Die vier Außen­minister setzten ihre Diskussion über den österreichischen Staatsvertrag und den Modus vivendi für Deutschland fort. Sie werden am Sonntag um 16.30 Uhr abermals zu einer geschlossenen Sitzung zusammentreten und am Montag eine Vollsitzung abhalten.

Die Konferenz wurde für zwei Tage unter­brochen, um B e v i n und S c h u m a n, die am Freitagmorgen nach Luxemburg abgeflogen sind, die Teilnahme an den dortigen Bespre­chungen des Konsultativrates der Westunion zu ermöglichen.

Die Tatsache, daß ein einigermaßen defini­tiver Zeitpunkt für eine Beendigung der Pa­riser Außenministerkonferenz festgelegt wurde, läßt darauf schließen, daß wenigstens eine Mindestvereinbarung in Aussicht steht. Das geplante Abkommen über die Wiederaufnahme des Handels zwischen den Westzonen und der Ostzone Deutschlands und über die Garantie des freien Landzuganges für die Westmächte nach Berlin ist noch in einigen Punkten um­stritten.

In Deutschland soll ein Koordinationsorgan der vier Besatzungsmächte geschaffen werden, das den Kontakt zwischen den Westzonen und der Ostzone trotz des Nebeneinanderbestehens zweier grundverschiedener wirtschaftlicher Sy­steme sichern soll.

Nach gut unterrichteten Quellen sollen sich die Westmächte damit einverstanden erklärt haben, daß die Sowjetunion von Oesterreich Reparationen im Werte von 150 Millionen Dol­lar erhält, wogegen Rußland die Unter­stützung der jugoslawischen Gebietsansprüche an Kärnten aufgeben will. Die Westmächte wi­dersetzen sich noch dem Wunsch Rußlands, die Hafenanlagen an der Donau als deutsches Ei­gentum zu betrachten, das der Beschlagnahme für russische Reparationszwecke unterliegen würde. Mit der endgültigen Unterzeichnung des Staatsvertrags für Oesterreich rechnet man nicht vor Herbst dieses Jahres.

Bundestagswahlen am 14. August

Abgeändertes Wahlgesetz durch die Ministerpräsidenten verkündet

SCHLANGENBAD. In einer Nachtsitzung vom Dienstag auf Mittwoch haben die Mini­sterpräsidenten der elf westdeutschen Länder das abgeänderte Wahlgesetz verkündet und den Termin für die Wahlen zum Bundestag auf den 14. August festgesetzt.

An der Konferenz haben auch Abgeordnete des ehemaligen Parlamentarischen Rats und Vertreter des Frankfurter Wirtschaftsrats teil­genommen, die Staatspräsident Wohieb aus­drücklich alsGäste der Ministerpräsidenten kennzeichnete.

Bei den Besprechungen stieß ein Auftei­lungsplan für die Arbeitsbereiche der Ueber- leitungsausschüsse, den Innenminister Dr. Menzel (SPD), Nordrhein-Westfalen, vor­trug, auf heftigen Widerspruch, insbesondere von Staatspräsident Dr. Müller, dem sich auch andere Ministerpräsidenten anschlossen. Schließlich einigte man sich dahin, daß ein Ueberleitungsausschuß aus den Ministerpräsi­denten, 18 Vertretern des ehemaligen Parla­mentarischen Rates und sechs Vertretern des Wirtschaftsrates gebildet werden soll.

DieAbänderungen des bereits bekannten, vom Parlamentarischen Rat beschlossenen Wahl­gesetzentwurfes, die die Ministerpräsidenten übereinstimmend mit den Weisungen der Mi­litärgouverneure vorgenommen haben, ersetzen die Zuständigkeit des Parlamentarischen Rats, durch die der Ministerpräsidenten. Der § 8 erhält folgenden Zusatz:Die Landesregierun­gen verteilen die ihren Ländern zugeteilten Sitze zwischen Wahlkreisen und Landesergän­zungslisten im ungefähren Verhältnis von 60:40. Bei der Verrechnung auf den Ergän­zungslisten werdenParteien, deren Gesamt­

stimmenzahl weniger als 5 Prozent der gülti­gen Stimmen im Land beträgt, nicht berück­sichtigt.

In einer Pressekonferenz erklärte Minister­präsident Stock (Hessen), die Ministerprä­sidenten würden den Bundestag und den Bun­desrat einberufen und auch bestimmen, wo deren erste Tagung stattfinden solle. Bundes­tag und Bundesrat würden gemeinsam in ih­rer ersten Sitzung darüber entscheiden, wel­che Stadt Bundeshauptstadt werden solle.

BADEN-BADEN. Der französische Ober­befehlshaber in Deutschland, General Koenig, hat durch die Verordnung Nr. 216 (veröffent­licht imJournal Offlciel vom 4. Juni) in Uebereinstimmung mit den Militärgouverneu­ren der Bizone eine Rechtsvorschrift erlassen, durch die es Mitgliedern des ersten Bundes­tages untersagt wird, zugleich gewisse Stel­lungen im öffentlichen Dienst zu bekleiden.

Nach Artikel 1 scheidet ein Richter, ein Be­amter oder ein Angestellter des öffentlichen Dienstes, sofern er gewählt wird, mit der An­nahme der Wahl ohne weiteres aus dem öf­fentlichen Dienst aus.

Im Artikel 2 werden von dieser Regelung Personen, die ein Ehrenamt bekleiden, solche die keine feste Besoldung beziehen, Hochschul­lehrer, sowie Seelsorger, Beamte der Kirchen oder anderer Religionsgesellschaften des öffent­lichen Rechts sowie ihrer Verbände soweit sie nicht zugleich eine andere Stelle im öffent­lichen Dienst bekleiden, von den Bestim­mungen des Artikels 1 ausgenommen.

Säuberungsaktion in Ungarn

BUDAPEST. In einem gemeinsamen Kom­munique des Vorstandes und des Zentralkon- trollausschusses der kommunistischen Arbeiter­partei Ungarns wurde der Ausschluß des ehe­maligen Außenministers Laszlo Rajk und des Leiters der technischen Sektion der Partei Ti- bor Szonyiwegen Spionage im Dienste aus­ländischer imperialistischer Mächte und Trotz­kismus aus der Partei bekanntgegeben.

Aus Prag wird gemeldet, daß das erzbischöf­liche Palais auf dem Hradschin seit Donnerstag von einem mit einer Maschinenpistole bewaff­neten Polizisten des Sicherheitsdienstes be­wacht wird.

Nach Meldungen aus London treffen die West­mächte Vorkehrungen, um den Plänen des Kominform bezüglich Tito-Jugoslawien ent­gegentreten und dem Lande zu Hilfe kommen zu können.

Beamtenstreik in Paris PARIS. Rund 800 000 französische Beamte traten am Mittwoch in einen 24stündigen Warnstreik, um ihren Lohnforderungen Nachdruck zu verleihen. Fast der gesamte Postverkehr und der größte Teil der Verwal­tungsarbeit lag still. '

Am Donnerstag erörterte das Kabinett die Entlassunghoher Beamten, die sich am Streik beteiligt haben.

Ein Versöhnungsausschuß BÜRGENSTOCK. Die Konferenz französi­scher und deutscher Bürgermeister beendete am Donnerstag ihre Arbeiten mit der Bildung ei­nes ständigen Versöhnungsausschusses, der seinen Sitz in Bern haben wird.

Weiter wurde der Austausch von Studen­ten, Professoren, Presse- und Rundfunkver­tretungen befürwortet.

Das Wahlgesetz

Von Staatspräsident Dt Gebhard Müller

Zu dem in Nr. 70 desSchwäbischen Tag­blatts veröffentlichten ArtikelKraft unserer obersten Gewalt stelle idi folgendes fest:

1. In einem Memorandum vom 2. März 1949 haben die Militärgouverneure betont, daß das vom Parlamentarischen Rat entworfene Wahlgesetz dem Grundgesetz nicht ange­schlossen werden könne. Gleichzeitig wurden die Ministerpräsidenten beauftragt, die er­forderliche Gesetzgebung in jedem Landtag vorzubereiten, wobei der vom Parlamentari­schen Rat fertiggestellte Entwurf als Grund­lage für die Vorbereitung einer Gesetzesvor­lage verwendet werden könnte. Auf Grund- eines einstimmigen Beschlusses haben die Ministerpräsidenten am 28. März 1949 den Militärgouverneuren mitgeteilt, daß sie ein einheitliches Wahlgesetz für unerläßlich hal­ten und deshalb bitten, den Parlamentari­schen Rat zum Erlaß eines solchen Gesetzes zu ermächtigen, dem Gesetz des Parlamenta­rischen Rates aber die Genehmigung nur zu erteilen, wenn es mit mindestens Zweidrittel­mehrheit beschlossen würde. Die gleiche Mit­teilung ging an den Parlamentarischen Rat

In einer Note vom 14 April 1949 haben die Militärgouverneure diesem Ersuchen mit der Maßgabe entsprochen, daß der Parlamen­tarische Rat zwar zum Erlaß eines Wahlge­setzes ermächtigt sei, seine Zuständigkeit aber auf die Festlegung der Anzahl der Ab­geordneten, die Verteilung der Sitze unter die Länder und die Bestimmung des Wahl­systems beschränkt bleibt.

Am 8. Mai 1949, unmittelbar vor Verab­schiedung des Grundgesetzes, wurde vom Par­lamentarischen Rat ein Artikel 137 beschlos­sen, wonach für die Wahl des ersten Bundes­tages das vom Parlamentarischen Rat zu be­schließende Wahlgesetz gelten soll. Am 10. Mai 1949 hat dann der Parlamentarische Rat ein Wahlgesetz beschlossen, das nur mit einer Mehrheit von wenigen Stimmen in einer Kampfabstimmung angenommen worden ist. Die von den Ministerpräsidenten gestellte Bedingung einer Annahme durch mindestens die zwei großen Parteien wurde also nicht erfüllt. Anläßlich der Genehmigung des Grund­gesetzes in der Botschaft der Oberbefehls­haber vom 12. Mai 1949, die in Frankfurt feierlich dem Parlamentarischen Rat und den Ministerpräsidenten verkündet wurde, war ausdrücklich vermerkt, daß die Miiitärgou- verneure das Wahlgesetz noch prüfen und sich, wie bei der Genehmigung des Grund­gesetzes, Weisungen für das durch den Rat verabschiedete Wahlgesetz Vorbehalten. Es ist bekannt, daß das Grundgesetz nur mit einer Reihe von Vorbehalten gegen einzelne Artikel genehmigt worden ist. Diese Vorbe­halte wurden vom Parlamentarischen Rat widerspruchslos entgegengenommen.

In einer Botschaft vom 28. Mai 1949 an die Ministerpräsidenten haben die M-ilitärgou- verneure das Wahlgesetz vorläufig genehmigt, gleichzeitig aber eine Reihe von Abänderun­gen verfügt und bestimmt, daß sie das Wahl­gesetz endgültig erst dann genehmigen, wenn eine beträchtliche Mehrheit der Ministerprä­sidenten ihm zustimme. Sie fügten hinzu, daß sie bereit seien, Abänderungen zu genehmi­gen, wenn sie von einer beträchtlichen Mehr­heit der Ministerpräsidenten vorgeschlagen würden. Damit kam offensichtlich zum Aus­druck, daß die Militärgouverneure sich der Nichteinhaltung der von den Ministerpräsi­denten gestellten Bedingung einer Annahme des Gesetzes durch eine beträchtliche Mehr­heit bewußt waren. Am 29. Mai 1949 wurden die Regierungschefs der französischen Zone in Offenburg von Außenminister Schuman, die Ministerpräsidenten der Bizone am 29. und 30. Mai 1949 von General Hayes und Botschafter Murphy über den Inhalt der Note vom 28. Mai 1949 unterrichtet.

2. Auf ihrer Konferenz am 1. Juni 1949 ha­ben sich die Ministerpräsidenten e i n s t i m- m i g mit den von den Militärgouvemeuren vorgeschlagenen Aenderungen des Wahlge­setzes einverstanden erklärt. Gleichzeitig ha­ben sie ebenfalls einstimmig dem Wunsch Ausdruck gegeben, daß Wahlscheine nicht nur an Seeleute, sondern im ganzen Bundes­gebiet ausgegeben werden. Sie haben ferner gebeten, den § 5 Abs. 2 des Wahlgesetzes betr. die Wählbarkeit von Beamten nicht ab- zuändem. Außerdem haben sie vorgeschlagen, die erforderliche Zahl von Unterschriften für einen Kreiswahlvorschlag auf 500 statt auf 100 festzusetzen und bei Wegfall eines Ab­geordneten der Bezirksliste eine Nachwahl anzuordnen und insoweit das Nachrücken auf der Landesergänzungsliste auszuschließen. Ebenso einstimmig haben sie angeregt, daß die Zahl der Abgeordneten, die unmittelbar in den Wahlkreis gewählt werden, höher (etwa 60:40) sein sollte als die Zahl der Ab­geordneten auf den Landesergänzungslisten. Sie haben ferner den Wunsch ausgedrückt, zur Vermeidung einer allzu großen Zersplit­terung der Stimmen einer Wählervereinigung nur dann einen Sitz zuzuteilen, wenn sie min­destens 5 Prozent der Stimmen im Bundes­gebiet oder einen Abgeordneten in einem Wahlkreis erhält. Die Militärgouverneure haben mit einer Note vom 1. Juni 1949 dem