is. Juni 1949

UMSCHAU IM LANDE

Nr. 69 / Seit« 5

Lohnzahlung an Fionleichnam

Tübingen. Zu unserer in der Samstagausgabe veröffentlichten Notiz über den Fronleichnamstag teilen wir ergänzend mit. daß in den Gemein­den, wo Fronleichnam Festtag ist und deshalb allgemeine Arbeitsruhe herrscht, die Arbeitge­ber für die ausfallende Arbeitszeit den regel­mäßigen Arbeitsverdienst zu zahlen haben.

ln den Betrieben des Gaststätten- und Beher­bergungsgewerbes, sowie in allen übrigen Be­trieben, in denen die Arbeit aufrechterhalten werden muß, ist innerhalb der folgenden fünf Wochen ein freier Tag unter Fortführung des Lohnes zu gewähren. Ist die Höhe des ausge­fallenen Lohnes zweifelhaft, so ist das Urlaubs­geld für einen Tag zu bezahlen Geleistete Ar­beitsstunden sind mit dem tariflichen Zuschlag zu vergüten. ^

In den Schulen aller Gemeinden ist schul­frei Die Gemeindebehörden in solchen Gemein­den, in denen Fronleichnam nicht herkömm­licherweise Festtag ist, haben, wie die anderen Betriebe auch, normalen Dienstbetrieb.

Erhöhung der Renten

Tübingen. Auf eingegangene Anfragen von Rentenempfängern teilt uns die Zweigstelle Tübingen der Landesversicherungsanstalt Würt­temberg mit: Die auf Grund des Sozialversi­cherungs-Anpassungsgesetzes ln der Bizone auf 1. 6. 1949 zur Auszahlung gelangten Zuschläge zu den Renten aus der Invaliden- und Ange­stelltenversicherung kommen voraussichtlich auf 1. 7. 1949, rückwirkend ab 1. 6. 1949, auch in der französisch besetzten Zone Württembergs zur Auszahlung. Voraussetzung dafür ist die recht­zeitige Verabschiedung des Anpassungsgesetzes durch den Landtag von Württemberg-Hohen- zollem, die Zustimmung der Militärregierung, und daß es der Postverwaltung im Laufe des Monats Juni noch möglich ist, die nötigen Vor­bereitungen zu treffen für die Auszahlung der erhöhten Renten auf 1. Juli.

Schnellverbindung TübingenFreudenstadt Tübingen. Wie wir vom Innenministerium, Abt. Eisenbahnen in Tübingen, erfahren, wird ange­strebt, einen schnellfahrenden Zug von Tübin­gen über FreudenstadtHausach nach Offenburg einzuführen.

Aufbauarbeiten der Eisenbahnen gestoppt Tübingen. Nachdem die zur Fortführung der Wiederaufbauarbeiten der Südwestdeutschen Eisenbahnen erteilte Bindungsermächtigung von 6 Millionen DM erschöpft ist und nicht erhöht werden kann, müssen, wie sich auf der letzten Vollsitzung des Verkehrsrates ln Baden-Baden ergab, die Wiederaufbauarbeiten allgemein ab- gestoppt werden. Der kurz vor der Vollendung stehende Grüntal-Viadukt bei Freudenstadt soll jedoch mit Hilfe eines zweckgebundenen Kre­dits noch fertiggestellt werden. Weiter sind Be­mühungen im Gange, um wenigstens den Roh­bau des Bahnhofgebäudes in Reutlingen und andere besonders vordringliche Aufbauarbeiten abzuschließen.

Der Fremdenverkehr im Nagoldtal RM. Bad Liebenzell. Das Nagoldtal wird in diesem Jahr nach langjähriger Pause wieder Mittelpunkt des Fremdenverkehrs in Nordwürt­temberg-Baden werden. Besonders Bad Lieben­zell scheint wieder seinen alten Ruf als Frem­denort aufzufrischen Ein Gang durch die Ho­tels und Gaststätten zeigt, daß seit der Freigabe emsig gearbeitet wurde. Die Häuser sind fast alle neu hergerichtet und geben dT?r Stadt ein sauberes und behagliches Gesicht.

Dr.KohlerOberbürgermeister von Schwenningen

S. Schwenningen. An der gestrigen Oberbür­germeisterwahl beteiligten sich 54,4 Proz. aller Wahlberechtigten Dr. med. Hans Köhler (DVP) Schwenningen wurde mit 4414 Stimmen »rni ehrenamtlichen Oberbürgermeister gewählt. Der zweite Bewerber Eugen Leitermann

Rückgang der Tuberkulosenfälle bei Heimkehrern

Kongreß der Tuberkulosegesellschaft / Vereinheitlichung der TL*c-Bekämpfungsmaßnahmen Eigenbericht desSchwäbischen Tagblatts

KR. Bad Schachen, 12. Juni

Die wissenschaftliche Gesellschaft süddeutscher Tuberkuloseärzte hielt am Samstag und Sonn­tag in Bad Schachen bei Lindau ihren Jahres­kongreß ab, an dem rund 400 Fachärzte teilnah- men. Außer den Ländern Württemberg-Baden und Bayern, über die sich das Gebiet der Ge­sellschaft erstreckt, waren auch die norddeut­schen Länder und die russische Besatzungszone vertreten. Oesterreich und die Schweiz hatten mehrere Teilnehmer entsandt, Dänemark war durch Dr. Jenssens vertreten, der in Oehringen (Württemberg) ein Hauptquartier des Dänischen Roten Kreuzes leitet. Auch die Gesundheils­abteilung der vier zuständigen Länderministe- rien und die süddeutschen Universitäten hat­ten Abgeordnete entsandt.

Professor Parade, Lindau sprach über in­nere Sekretion und Tuberkulose. Er führte aus: Die Aufmerksamkeit der Fachärzte gilt hier be­sonders der sogenannten Nebenniere, über die noch vor 40 Jahren so gut wie nichts bekannt war, die aber nach den heutigen Erkenntnissen eine Zentralstelle im Abwehrkampf des Orga­nismus gegen jede Infektion ist. Die Erfor­schung dieser Zusammenhänge wird für die Tuberkulosebekämpfung sicher noch wichtige Hilfsmittel ergeben.

Ueber Tuberkulose und Wehrdienstbeschädi­gung sprach Oberarzt Dr. Lehmann, Göppin­gen. Die Bearbeitung der Wehrdienstbeschädi­gungert ist durch zwei Umstände sehr erschwert: Die Vernichtung fast aller karteimäßigen Un­terlagen, Krankengeschichten usw., sowie durch die Uneinheitlichkeit der Versorgungsrichtli­nien in den verschiedenen Ländern der Besat­zungszonen. Die rentenfreien Untersuchungen erhalten durch Erarbeitung neuer karteimäßiger Uebersichten erhöhte Bedeutung. Die Tuberku­losefälle bei den Heimkehrern aus russischer Kriegsgefangenschaft haben sich von 1946 bis

1947 glücklicherweise sehr erheblich vermindert.

Der Samstagnachmittag galt besonders dem ThemaModerne Tuberkulosenbehandlung mit neuen chemischen Mitteln. Dieses Thema wurde im Einvernehmen mit dem Nobelpreis-' träger, Professor Dr. Domagk, Elberfeld- Göttingen erarbeitet, dem das wichtige neue Bayermittel Tb 1/696 zu verdanken ist. Von diesem und zwei weiteren neuen Mitteln ist eine wertvolle medikamentöse Unterstützung bei bestimmten Formen der Tuberkulose inj Rah­men der bisher bewährten Behandlungsmetho­den zu erwarten. Das Bayermittel ist in den Heilstätten bereits für alle Patienten, deren Fälle sich zur Behandlung eignen, erhältlich. Im freien Handel ist es noch nicht zu haben, da die Dosierung vorerst in der Hand bewähr­ter Fachleute bleiben soll.

Am Sonntag wurden allgemeine Fragen der Tuberkulose behandelt. Unter anderem die Tu­berkulose außerhalb der Lunge, deren Anteil an den Erkrankungen in letzter Zeit etwas zu­genommen hat. Besonders interessant für die Oeffentlichkeit mag das Thema der Tbc- Schutzimpfung erscheinen. Dank dem Entgegen­kommen des Dänischen Roten Kreuzes sind in Schleswig-Holstein, in Hessen und zuletzt im amerikanisch besetzten Württemberg-Baden so­wie im Regierungsbezirk Schwaben auf frei­williger Basis umfangreiche Reihenimpfungen vorgenommen worden. Sie bedeuten keinen hundertprozentigen Schutz, aber nach tausend­facher Beobachtung läßt sich sagen, daß Schutz­geimpfte bei einer späteren Infektion einen mil­deren Krankheitsverlauf haben.

Die Tagung beschloß einstimmig, die Fachor- ganisation, die Deutsche Tuberkulosegesellschaft, soll beim künftigen Bundesinnenministerium vorstellig werden, um baldigst eine Vereinheit­lichung der Tbc-Bekämpfungsmaßnahmen im deutschen Gebiet zu erzielen.

Gründung einer Arbeiterbank geplant

Tagung des Vorstandes des Gewerkscbaftsbundes / Notopfer wird in jedem Fair abgelehnt Eigenbericht desSchwäbischen Tagblatts

RV. Wasserburg bei Lindau, 11. Juni.

Am Samstagabend fand eine Sitzung des er­weiterten Vorstandes des Gewerkschaftsbundes Württemberg-Hohenzollern im Erholungsheim Primbs in Wasserburg statt. Unter strenger Wahrung der Neutralität haben die Gewerk­schaften im Interesse der Schaffenden Ent­schlüsse fällen müssen, die auf die gesamtpoli- tische Lage in unserem Land nicht ohne Einfluß sein werden. Der nächste Bundesverbandstag wurde auf Ende September Anfang Oktober festgelegt. Im Mittelpunkt desselben wird die Beschlußfassung über den trizonalen Zusam­menschluß stehen Bemerkenswert ist ferner, daß dieser voraussichtlich letzte Bundestag ne­ben den Geschäftsberichten und den Wahlen noch wichtige, theoretische, wirtschaftspolitische und sozialpolitische Referate bringen wird, zu denen die Delegierten in einem vorgesehenen weiteren Diskussionszeitraum Stellung nehmen sollen. Der Bundesvorsitzende Fritz Fleck wurde beauftragt, an der ln dieser .Woche in Recklinghausen stattfindenden Vorbesprechung über den trizonalen Zusammenschluß, teilzu­nehmen.

Eine bedeutungsvolle Entschlußfassung wird die Zentralisierung der Mittel bedeuten. Sie wird bei den gegebenen Verhältnissen im Kampf um die wirtschaftliche Entwicklung besonders notwendig erscheinen. Es war die Gutheißung der Gründung einer Arbeiterbank für die französische Zone, die von allen Gewerkschafts­bünden der drei Zonenländer ins Auge gefaßt wurde. Nach dem trizonalen Zusammenschluß

--___ kann dann eine Fusion mit Instituten gleicher

(SPD) Schwenningen, konnte 3296 Stimmen auf. Art in der Bizone erfolgen. Der Bundesvorsit-

sich vereinigen.

Der neue Oberbürgermeister war seither als Arzt in Schwenningen tätig. Außer dem Ge- ffleindekollegium gehört er auch dem Landtag als Abgeordneter der DVP an.

zende Fritz Fleck brachte zum Ausdruck, daß bei Durchführung dieses Planes kühles Rechnen erforderlich sei, um durch diese Gründung auch eine wirklich wirtschaftliche Wirksamkeit zu er­zielen. Bei der Frage des Anlagekapitals sollen

Badisch-württembergisdi es Durcheinander

Eine Grenzwanderung im Donautal ! Die Menschen sind hüben wie drüben die gleichen

WS. Es ist nicht ganz einfach, in Südbadens äußerstem Zipfel den Verlauf derGrenze zu bestimmen. Der Wanderer im oberen Donautal, uer Postkartengrüße in die Ferne schickt, tut Sut, sich an Hand einer Karte über die jewei- Jf®® »Nationalität des Ortes, in dem er sich ge- ade befindet, zu orientieren. Baden hat andere Briefmarken als Württemberg Im oberen Do- Hnh 1. aber mac ht die Grenzlinie oft bedenk- Iitc, Z'rkzackkurse und Kreise, die bekannten ril'Worte Beuron und Tiergarten gehören zu lern, und damit zu Württemberg, wäh- stp 5 ausen un< * Gutenstein, zwei der schön- v.j. P rte in diesem romantischen Felsental, badisch sind.

Unser Weg führt uns aus dem Dorf Guten- . , ln P 31 * alten Schloß des Grafen Douglas einsamen Weg durch hübsche Fels- tien hinauf ins badische Oberland, eine Hoch- ne , m die sich vor vielen Jahrmillionen der

Wir hören im Rundfunk

Von Radio Stuttgart

g> 14 - Jum - 14.00 Schulfunk; 14.30 Aus StuttP., 1 « sd ? aft: 15 '°° Der Kammerchor von Radio Weiimil . sin st; 15.lj Klaviermusik; 15.45 Aus der Men«iv, e P at 'i r; . 16 '®° Nachmittagskonzert; 17.00 Der und Ai t P. s P e 8 e l; 17.15 Konzertstunde; 18.00 Mensch fiir Ho eit; 15-15 Jugend und Beruf: Unfallschutz ».00 Ä, J ^ ngarbeiter ( 10*30 Klänge der Heimat; StranR. Bukolische Tragödie von Richard

4 " m Das Tanzensemble von Radio Stutgart; Nacht US Tleater und Konzertsaal; 23.00 Musik zur

mni *=*'!'? c h 15 - J uni. 14.50 Havanaise von Ca- Dicäi mt-Saens; 15.15 Kleine. Melodie; 16.00 Für 16 S >elne humorvolle Plauderei mit Musik;

Um- i» ab,sehe Komponisten; 17.15 Ein zärtlich tfTha'/o Sport gestern und heute; 18.15 Wir un- Scur*"f n Sie mit Mu sik; 20.00 Seiner Erdentage retteniii? e Sendereihe zum Goethe-Jahr; 21.00 Ope- t-led- Gitarrenklänge; 22;45 Das schöne

Jsmt 0P?,P r - Dietrich Seckel:Kunst und Kult in pans Allt-ig«; 23.30 Tanzmusik.

« Vom Südwestfunk

iben' ufii 3 g . 14 - JunI - 14-15 Melodische Rhyth- 17,0# v-rtSinfoniekonzert des SWF-Orchesters. bas Qrnh * orn: Die Dramen Sartres. 17.30 Es spielt 20.00 in,* S u, E - J äger. 1015 Deutsche Volkslieder. Wann 5?l ungrkonZfirt - 20.45

1&49* Wie HinH *>o oa tfn«

. .».»» Hörspiel:Ein

wie Hiob". 22.30 Musik der Welt. 23.30 Jazz

,< ken t \ 1 c , n " 0 ^ 1 15 JuhL 1415 Wir Jungen Men- konzert 1 10 n Musik zur Teestunde. 17.30 Solisten- »isik L»L 00 ^ us der WeIt des Sports. 19.15 Volks- SWpnLT , _ Die bunte klingende Filmschau des Gim'r, '" Das Prisma: Bekannte Melodien. 22.30 'baozmiif/iiT r ,, fer: In memoriam Michael Brink. 23.00 " usik zu m Tagesausklang.

Wasserlauf der Donau sein Bett fraß. Es geht durch dichte Tannenwälder, langsam steigt der Weg. Wenn wir den Blick zurückgehen lassen, breitet sich vor uns das Felsenpanorama des Tales aus, ein wahrhaft erhabener Anblick. Aber schon bald nimmt uns der Wald die Sicht, und wir vertrauen uns den Wegweisern an, den klei­nen Schildern und Zeichen, den Insignien der Wanderlustigen.

Auf der Höhe im Wald finden wir Grenz­steine. Zu Zeiten des Großherzöglichen Gene­ralstabes patrouillierten hier wahrscheinlich die Leibjäger und Zöllner. Heute spürt niemand et­was von derGrenze, der Wald hüllt sich drü­ben wie hüben in sein schönes Gewand, nur die Wege geben hier und da Aufschluß von den Vor­gängen in der Historie auch heute noch: der Baurat von der Straßen- und Wasserbauabtei­lung des Württembergischen Ministeriums in Tübingen würde hier seinem Fahrer Anweisung geben, schneller zu fahren, ihn interessiert nur der Zustand der Straßen in Württemberg. Nun, wird sind jetzt auf württembergischen Boden, zwar nur für zehn Minuten, denn drüben wech­selt der Waldweg schon wieder ins Badische hin­über. Unser Ziel Ist das kleine badische Dörf­chen Engelswies, eine der letzten menschlichen Ansiedlungen im badischen Zipfel. Hier treffen wir alsoechte Badener an.

Das Kirchlein des Dorfes mit seinem Zwie­belturm grüßt weit über die Hochebene. Nicht ganz 700 m hoch befinden wir uns. Der klare Himmel öffnet einen Fernblick von seltener An­mut. Da liegt das badische Oberland vor uns, sanft schwellen die Hügel, und drüben, über dem Horizont, leuchten die Schneeberge der Schweizer Alpen. Still ist es im Dorf, Wald­arbeiter gehen nach der Mittagspause wieder zu­rück in den Tann, der rings herum die Hoch­flächen bedeckt. Beim Verlassen des Dorfes fällt der Blick auf das ferne Meßkirch, ein Schild weist auch in das nahe Kreenheinstetten, dem Geburtsort Abraham a Santa Claras, des mittel­alterlichen Predigermönches.

Wir durchqueret den Wald ln Richtung auf Göggingen, gleichfalls badisches Grenzdorf, denn das unweit davon gelegene Krauchenwies mit dem fürstlich hohenzollerischen Park und dem Waldschloß ist wiederum württembergisches Ter­ritorium. Aber die Menschen sind die gleichen, Schwaben und Alemannen. Württemberger und Badener wer will hier streng unterscheiden, wo selbst der Dialekt einheitlich gefärbt zu sein scheint? Auch das Bild der Landschaft offen­bart nichts von Grenzen im politischen Sinne, es ist schön in einer Weise, die allen Zank um Besit* und Macht auszuschließen scheint.

auch die Landesberufsgewerkschaften entschei­dend mitwirken. Die Höhe des Anlagewertes wird später nach erforderlichen Verhandlungen entschieden werden.

Eine besonders intensive Kritik fand die Ju­gendarbeit, zu der der Jugendsekretär Luitpold Entwicklungsstand, Vorhaben verschiedener Art und die Richtung in der Aktivität der Jugend­gruppen darlegte Es wurde festgestellt, daß die Mitarbeit der Jugend noch nicht so allgemein ist wie es sich die Gewerkschaften wünschen. Aus den Reihen der Vorstandsschaft wurde da­vor gewarnt, die Gewerkschaftsjugend in die Fußstapfen der Arbeitsweise anderer Jugend­verbände gleiten zu lassen Um bei der Jugend des -Landes mehr Interesse zu wecken, wurde festgelegt, die jugendlichen Aktivisten, die nach­weisbar zahlreiche Altersgenossen in die Ge­werkschaften geführt hätten, einen lOtägigen Er­holungsurlaub im Gewerkschaftsheim .Primbs zu gewähren, wobei ihnen auch Gelegenheit zu gewerkschaftlicher Aussprache und Befassurfg mit den Fragen des Bundes unter Mitwirkung bewährter Gewerkschaftler gegeben sein soll. .

Bundgesvorstand F. Fleck wandte sich scharf gegen die langsamen Ritte des Amtsschimmels in unserem Lande. Besonders bei den Entschei­dungen über die Festlegung der Erziehungsbei­hilfen beim Handwerk und der Einschaltung der Gewerkschaften bei den Industrie- und Han­delskammern sei dies der Fall gewesen. Er stellte ein stark mangelndes Verständnis bei ge­wissen Stellen fest wenn es darum gehe, den Schaffenden, gegenüber dem Unternehmertum Hilfestellung zu leisten. Besondere Bedeutsam­keit kommt einer Entscheidung des erweiterten Bundesvorstandes im Falle des Versuches einer Weiterführung des Berliner Notopfers zu. Er machte sich hier einen Antrag des Kreiskartells Reutlingen zu eigen, der vorschlug, daß alle ge­werkschaftlich organisierten Landtagsabgeord­neten aufzüfordern seien, im Landtag das Fort­bestehen des Berliner Nptopfers abzulehnen, auch dann wenn ein Notopfer für andere Zwecke gefordert werde. Es kam eindeutig zum Aus­druck, daß der Arbeitnehmer weiteren Bela­stungen nicht ausgesetzt werden kann.

An dieser Sitzung nahm auch der Südwestfunk teil, der Ausschnitte aus diesen Verhandlungen in den Dienstagmittag-Sendungen der nächsten Wochen bringen wird. Wir werden hier Fritz Fleck über die Arbeiterbank, Karl G e n g 1 e r über den sozialen Wohnungsbau und Ludwig Becker über die Betriebsrätewahlen referie­ren hören.

Quer duich die Zoutnj

Stuttgart. Die erneute Berufungsverhandlung gegen den früheren Reichsbankpräsidenten Dr. Hjalmar Schacht beginnt heute vor der Zentral­berufungskammer in Ludwigsburg. Das Entnazi­fizierungministerium rechnet jedoch nicht mit dem Erscheinen Dr Schachts. Die Spruchkam­mer kann in diesem Fall erneut vertagen oder Schacht in Abwesenheit verurteilen.

Stuttgart. 12 000 Kinder vermißter, gefallener oder in Gefangenschaft befindlicher Väter Wer­der auf Veranlassung der freien Wohlfahrtsver­bände während der Sommerferien in Stuttgar­ter Heimen zur Erholung untergebracht.

K. Stuttgart. Vor ein paar Tagen versuchten zwei junge Burschen einen Mann in der Hos­pitalstraße zu überfallen. Der Ueberfallene wurde dabei im Gesicht verletzt. Durch einen hinzukommenden Wachmann konnte eine Be­raubung des Ueberfallenen verhindert werden. Die Täter flüchteten

RM. Mühlacker. Seit einiger Zeit wird in Mühlacker an einem neuen Großsender gear­beitet. Der frühere, 193 m hohe Turm war im April 1945 kurz vor dem Eintreffen der Alliier­ten von abziehenden deutschen Einheiten ge­sprengt worden. Zur Zeit dienen vier freiste­hende Eisenmasten als Antennenträger, da aber neben den Sendungen von Radio Stuttgart auf Mittel- und Kurzwellen auch noch die des ame­rikanischen Soldatensenders AFN München- Stuttgart ausgestrahlt werden, kann dies nur ein behelfsmäßiger Zustand sein. Bei dem neuen Hochturm handelt es sicii um einen sog. selbst-'- strahlenden Antennenmast von 260 m- Höhe. Der Mast soll einen runden Querschnitt von gerin­gem Umfang haben und sich nach oben verjün­gen. Mit der Fertigstellung dieses Antennen­mastes werden sich die Empfangsverhältnisse in Württemberg-Baden und im weiteren Umfang erheblich verbessern.

TG. Ulm. Der Ulmer Gemeinderat befaßte sich kürzlich mit der Gestaltung der Ulmer Heimat­woche, die erstmalig nach langjähriger Unter­brechung vom 6. bis 14. August durchgeführt wer­den soll. Im Rahmen des Festprogramms, das eine Vielzahl von Veranstaltungen vorsieht, wird u, a. in der Müiisterstadt eine Handwerkertagung, eine Sommermodenschau und ein Kinderfest stattfin­den. Die städtische Bühne wird mit Freilichtauf­führungen des Urfaustes und des Götz von Ber- lichingen aufwarten. Den Höhepunkt der Heimat­woche wird zweifellos die Einweihung der neuen Herdbrücke über die Donau sein, an der promi­nente Persönlichkeiten Württemberg-Badens und Bayerns teilnehmen werden. Oberbürgermeister Pfizer wird vom alten Rathaus aus einen Rechen­schaftsbericht abgeben. Das beliebte Fischer­stechen muß jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach aus technischen Gründen abgesagt werden. Als besonders wirkungsvolle Attraktion erwartet man die Illuminierung der Friedrichsau.

LN. Nürtingen. In der Zeit vom 23. bis 26. September findet in Nürtingen ein landwirt­schaftliches Fest statt. Mit diesem Fest verbun­den wird eine Vieh- und Schweineprämiierung, eine Schau landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte, eine Obstausstellung, eine Getreide­schau, sowie eine hauswirtschaftliche Ausstel­lung. Auch ist eine Ehrung langjähriger land­wirtschaftlicher Dienstboten in Aussicht ge­nommen.

Heute abend 17.15 Uhr wird der Landesverband der Körperbeschädigten, Arbeitsinvaliden und Hinterbliebenen sein für Württemberg-Hohen­zollern geplantes Bauprogramm über Radio Stuttgart bekanntgeben. Während eines Gewitters schlug der Blitz in die Kirche von Dürrenwaldstetten, Kreis Saulgau, und beschädigte diese erheblich. Eine höhere Han­delsschule wird in Tuttlingen mit Beginn des neuen Schuljahres eröffnet werden. Dieser Tage traf im Kreislager Balingen eirfe Flüchtlingsfrau aus Königsberg ein, deren elf und neun Jahre alten Kinder weder schreiben noch rechnen können. In der Gustav-Wemer- Stiftung zum Bruderhaus in Reutlingen wurde für Flüchtlinge ein Lehrlingshei m einge­richtet. Die 17jährige E. Schoch aus Dettingen (Hohenzollern) stürzte in Sulz aus einer Sdjiff- schaukel und wurde dabei sehr schwer verletzt. In Herrenberg wird am 6. und 7. August ein Heimatfest der Neubürger stattfinden, an dem sich die Neubürger der Kreise Stuttgart, Leon­berg, Nürtingen, Ludwigsburg und Eßlingen be­teiligen werden. Die Donautalb3hn, Teilstück Blaubeuren Ehingen wurde vor 80 Jahren in Betrieb genomemn. 6000 DM ver­jubelt hatte ein 19jähriger kaufmännischer Lehr­ling einer Firma in Stuttgart-Feuer­bach. Er hat aus dem. verschlossenen Schreib­tisch des Buchhalters seiner Firma Scheckformu­lare entwendet und mit gefälschter Unterschrift bei Stuttgarter Banken den genannten Betrag ab­gehoben.

Die Euthanasie bei Kindern

Vernehmung Dr. Mauthcs abgeschlossen / Justiz erhielt

Tübingen. Am Samstagvormittag wurde im Grafeneckprozeß die Vernehmung des Ange­klagten Dr. Mauthe abgeschlossen. Dabei wurde auch die bereits am 18. 8. 1939 in einem ver­traulichen Erlaß des Reichsinnenministers än- geordnete Erfassung mißgestalteter Neugebore­ner besprochen. Die Hebammen sollten darüber hinaus auch solche Fälle melden, wo bei Neu­geborenen Schwachsinn festzustellen war,so­weit dies durch Besonderheiten des Gesichts­ausdruckes zu erkennen ist. Da die württem­bergischen Hebammen mit derartigen Angaben äußerst sparsam waren, rügte im Februar .939 das Reichsinnenministerium diese Haltung der württembergischen Hebammen.

Dr. Mauthe erklärte zu diesen Erhebungen, daß er zunächst nur an eine der üblichen sta­tistischen Erfassungen gedacht habe. In einem Schreiben vom 20. Dezember 1941 wurde betont, daß die Kinder nicht in Irrenanstalten, sondern in besonderen Fachabteilungen bestehender Krankenhäuser zusammengefaßt werden sollten. Der eigens zu diesem Zwecke der Kindereutha­nasie gegründeteReichsausschuß zur wissen­schaftlichen Erfassung von erb- und anlagebe­dingten schweren Leiden hatte die Absicht, eine solche Kinderabteilung an der Universi­tätsklinik Tübingen einzurichten.

Der Vorsitzende verlas Briefe von Eltern gei­steskranker Kinder, in denen der Angeklagte Dr. Mauthe gebeten wurde ihr geisteskrankes Kindvon seinen Leiden zu erlösen. Diese vom Gericht zitierten Aeußerungen bestätigen die Er­klärungen Dr. Mauthes, daß sehr viele Angehö­rige geisteskranker Kinder über die Euthanasie geschwiegen, bzw. sie sogar herbeigewünscht hätten. Der Verteidiger des Angeklagten Mauthe wies in diesem Zusammenhang auf Euthanasie­bestrebungen im Ausland, z B. Amerika, bin.

Im Verlauf der Samstagvormittagsverhandlung kam auch die Einstellung der Justiz des Drit­ten Reiches zu den Euthanasieverfahren zur Sprache. Dabei wurde bekannt, daß der württ. Generals) aatsanwalt eine längere Aussprache

Anweisungen

mit dem Inzwischen verstorbenen Leiter des Ge­sundheitswesens im württ. Innenministerium, Dr. Stähle, dem Vorgesetzten Dr. Mauthes ge­habt hatte, nachdem bei ihm eine Anzeige we­gen Mordes gegen Unbekannt erstattet worden war. Der Inhalt dieser Aussprache kann heute leider nicht mehr rekapituliert werden, dage­gen erfuhr man, daß alle deutschen General­staatsanwälte und Oberlandesgerichtspräsiden­ten nach Berlin zusammengeholt wurden und dort Anweisungen über ihr Verhalten zu den Euthanasieverfahren erhielten Der damals aus der Mitte der Juristen geäußerte Wunsch nach einer Diskussion über das Thema Euthanasie sei nicht beachtet worden.

Das geht alle an

Wir suchen:

Le Services des Personnes Deplacees, Rastatt/Ba­den, Schloß, bittet um Auskunft über das Schicksal oder die jetzige Adresse der folgenden vermißten Personen französischer Nationalität:

Lefschetz Achiie, am 15. 5. 1890 geh.? wurde am

1. 3. 1943 verhaftet, war im Arbeitslager Birkenau bei Neubrunn O/S Block 14 B. Lehmann Robert, am

2. 10. 1890 geb., wurde im September 1942 nach Deutschland deportiert. Lelievre Anatole-Jacques, am 12. 3. 1903 geb.; wurde am 25. 5. 44 verhaftet, vermutlich nach Deutschland deportiert. Lemasson Georges-Ren4, am 24. 12. 1921 geb.; wurde im August 1944 verhaftet und nach. Dachau deportiert. Le Me- tayer Gaston, am 1 8 . 1896 geb.; wurde am 21. 5. 1942 verhaftet nach Oranienburg, später nach Maut­hausen deportiert. Warim Lazarett KZ Mauthausen am 5. 5. 1945. Lepont Auguste, am 2. 7. 1896 geb.; wurde am 8 . 5 44 verhaftet und nach Sandbostei de­portiert Stalag X B Lesuisse Eugöne-Marcel, am 10. 11. 1919 geb.; wurde am 31. 7. 1944 verhaftet «nd nach Deutschland deportiert. Levy Andr, am 31. 5. 1911 geb.; wurde am 13. 7 44 verhaftet, vermutlich nach Deutschland deportiert. Levy Sadia, am 20. 1. 1901 geb.; wurde am 17. 1. 44 verhaftet, vermutlich nach Auschwitz deportiert Liebault Jean-Charles, am 4. 5. 1916 geb.; (Pseudo: Decotognies Charles) wurde am 16. 7. 44 verhaftet nach Sachsenhausen deportiert.