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! Nr 197 Segrünllet 1826 Mittwoch, den 25. August 1926 Fernsprecher Nr 29 109 . Jahrgang

Tagesspiegel

Der amerikanische Aniversiiälsprofessor Barnes, der nach sÄner Vortragsreise durch Deutschland auch Lüdiirol be­sucht hat, erklärte einem Mitarbeiter der MH, rvas er i« Tirol an Unterdrückung der deutschen Bevölkerung ge­sehen habe, habe seine schlimmsten Erwartungen übertrosfea. Mer nicht Italien allein habe die Schuld, sondern alle Ver­bündetes, die ihre eigensten heiligsten Grundsätze, das Selbfi- hestimmungsrechk der Völker, mit Fähen treten. Rallen »nd Deutschland sollten und könnten sich verständigen, aber Frankreich trete hindernd in den Weg.

Die Londoner ..Daily News" melden, die polnische Re­gierung habe anher den 12 Riesenbombenstugzeuyen. die von Frankreich geliefert werden, einer Fabrik in Pillen 100 Militärflugzeuge in Auftrag gegeben.

In Marschau sind die Buchdrucker und die Zeitungs­drucker in den Ausfiand getreten.

Ein Vertreter des Auswärtigen Amts in Tokio erklärte, Zeynm habe die Unmöglichkeit eingesehen, seine Auswan­derung dorthin zu lenken, wo man sie nicht haben wolle. Dagegen werde Japan seine neuerwvrbenen Länder For­mosa usw. kolonisieren und der heimischen Bevölkerung durch eine hochgesteigerte Ausfuhr von Industrie waren per- dienfimöglichkesi schaffen.

Stalin oder SinowjeW?

Das sind die beiden Namen, zwischen denen Las heutige EowjetruUand zu wählen hat oder besser gesagt bereits gewählt hat. Denn Sinowjew wurde aus dem Politbüro, dem wichtigsten Institut der kommunistischen Partei, die be­kanntlich mit der Sowjetregierung identisch ist, ausgestoßen: sein Gefährte Laschewitsch vom Posten eines stellvertre­tenden Vorsitzenden des revolutionären Kriegsrats entfernt; Kamen« ff, der Len wichtigen Posten des Kommissars für den Innen- und Außenhandel innehatte, entlassen, und zwar mit dem Anfügen, daß er nie mehr ein Sowjet- oder Partei- Et beNeiden dürfe; Dzerschinski, der Henker Lenins, D Mtzlich gestorben oder nach anderer Lesart ermordet »worden.

Damit ist diePartei Sinowjew", die folgerichtige Vertreterin des krassen Leninismus erledigt, und dies ohne Bürgerkrieg und Putsche, von denen in den letzten Wochen so viel zu lesen war. Denn es stellt sich immer mehr heraus, daß die Nachrichten über blutige Militäraufstände i« der Ukraine und in St. Petersburg wenn nicht glatter Schwindel, so doch mindestens starke Uebertreibungen

waren.

Was heute in Rußland sich vollzogen hat, ist im Grund genommen nichts anderes, als der einstweilige Abschluß eine Entwicklung, die sich im russischen Kommunismus sch-cu länger her angebahnt hatte, einer Entwicklung, die foga Lenin, der Schöpfer der Sowjetunion, vorausgesehen hat Hat doch dieser begabte Staatsmann diesen Ruhm muj ihm auch sein schärfster Gegner lassen bereits am 23. Sept 1918 bei der Vollziehung des Friedens von Brest-Litows « einer Sitzung des kommunistischen Houptausschusse- gegenüber revolutionären Fanatikern erklärt:Die Po litik der leeren Phrase ist zu Ende." Also auck Lenin sah ein, daß der Kommunismus mit seinen Forde rangen von Weltrevolution, Vernichtung des staatlichen uni privaten Kapitals, Aushebung jeglichen Eigentums usw. nur einmal in dieser Welt bis auf weiteres nicht durchführbar ist

Und so gewann eineneue Wirtschaftspolitik (Rep"), die zu Zugeständnissen an das kapitalistische Wirk schaftsfystem geneigt war, verhältnismäßig bald die Ober Hand. Auf dem 14. Kongreß (Dezember 1925) ein solche: Kongreß hat für den Bolschewisten geradezu die Bedeutunc einer unfehlbaren Spruchbehörde ist bei der Abstimmunc über die künftig einzuschlagende Politik Stalin mit 55! Stimmen gegen 65 Stimmen der streng-holschervistischer Partei, die von Sinowjew geführt wurde und heute nock geführt wird, als Sieger hervorgegangen. Gerade Stalir wrd seine Anhänger wiesen darauf hin. daß Rußland eir Aa uernvolkist, daß 90 v. H. seiner Bevölkerung Bauerr sind, daß das besitzlose Industriegebiet, auf welches Lenir stm Staatsgebäude aufbaute, nicht den alleinigen Ausschlaf geben dürfe, daß man vielmehr bei dem dringend nötiger Wiederaufbau auf den Bauern Rücksicht nehmen, ihm am gemessene Fruchtpresse, seine lebensnotwendigen Märkte unk vor allem bis zu einem gewissen Grad Eigentum ge­wahren müsse.

Entwicklung, die schon 1921, und zwar unter Dirk- selbst, einsehte und im Dezember 1925 ihre zayienmahige Ueberlegenheit vor aller Welt darlegte, wirk! sich in den letzten Wochen in einer folgerichtigen Reiniqungs- maßnochme aus. Tot ist deswegen aber Sinowjew nicht.

Programm lebt noch, wenn auch in einer unterlegenen Opposition weiter. Und dieses fordert immer noch Werbung ^ - ^revolutivn, Rückkehr zum ursprünglichen Kom-

der .neuen Wirkschaftspolik" »nd des EtaatskapUalismus. Sinowjew will keine Ver- dindung mit den nichkkommunistischen Organisationen, um so mehr "der kräftigste Unterstützung jeder kommunistischen Partei außerhalb Rußlands. Er ist also auch ein Gegner je- "" die sozialdemokratische Partei. Er will rchts wissen von der Schaffung Sn er gemeinsamen Front der arbeitenden Klassen.

PckM mH her MM her deM-belg. Kerhmdlmgeu

Berlin, 24. August. Der plötzliche Abbruch der deutsch­belgischen Verhandlungen über den Loskauf von Eup««- Malmedy hat in Berlin eine peinliche Mißstimmung hep- vorgerufen, da man hier den baldigen Abschluß für sicher hielt. Plötzlich erschien in einer englischen Zeitschrift ein Aufsatz eines gewissen Poljakow, der früher der .rus­sische Rothschild" genannt wurde, und mit einem Schlag wandelte sich das Bild. Die französische Presse lief auf einen Wink Poincares S :rm gegen den Plan. Die Ver­handlungen sollen übrigms von belgischer Seite ein­geleitet worden sein, wo nach Mitteln gesucht werde, dem Schwund der belgischen Währung abzuhelfen. Poincare hat über den Kopf Brie ' d s. des Unterzeichners von Lo­carno, hinweg durch einen , Viren Druck die belgische Re­gierung zum Rückzug gezwungen. Es kam Poincare darauf an. jede etwa sich anbahnende Verständigung eines Verbündeten mit Deutschland zu unterbinden, ferner das be­queme Einfallsgebiet von Eupen-Molmedy in die Rhein- vrovinz nicht aus der Hand zu geben, wrd endlich die Siche­

rung der belgischen Währung zu ncrhindcrn und damit de« belgischen Franken von neuen' an das Schicksal des franzö­sischen Franken zu fesseln. Der belgische Ministerpräsident hat abgeleugnet, daß überhaupt Verhandlungen mit Deutsch­land geführt worden seien und erklärt, daß solche niemals- geführt werden. Aus seiner Ableuanung spricht aber u»- vcrkennbar die tiefe Enttäuschung und Erbitterung, die er über den schweren Schlag Poincares empfindet. Trvtzde« wird von französischer wie belgischer Seite Deutschland »8 der Schuldige dargestellt, obgleich Belgien schon früher kein Hehl aus seiner Abneigung gemacht hat, ein Land zu b»- halten, das ihm dem nationalen wie wirtschaftlichen Anfbcm nach nicht zukommt,

Deutschland und die Völkerbundslagung Berlin. 24. August. Wie die Blätter erfahren, wird düe deutsche Abordnung zur Völkerbundstagung sich erst noch Genf gegeben, wenn dort die Lage so weit geklärt ist, Latz die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund seststeht.

Griechenland das Land der misten Reoniniinnen

Das Strangregiment i« der Türkei.

Die Lage in Griechenland

Athen, 24. August. Obgleich das Heer und die Flotte eine Bekanntmachung abgegeben haben, daß sie mit der Regierung des Generals Kondilis einverstanden seien, zweifelt niemand daran, daß diese nur von kurzer Dauer sein werde. Kondilis hat bei allen den vielen Putschen sei der großen griechischen Niederlage im Krieg mit der Türkei 1922 eine hervorragende Rolle gespielt. Das grie­chische Volk weiß selbst nicht, was es will; es läuft dem nach, der es im Glück od r Unglück aufzureizen oder zu überraschen versteht, um ihn ebenso schnell wieder fallen zu lasten. Und da es an ^ Gönnern von Bedeutung in Grie­chenland vollständig fehlt, so wird das Volk ein Spielball ehrgeiziger Parteiführer oder Generale. An Reoolutions- macherei hat Griechenland die kleinen amerikanischen Re­publiken längst überflügelt.

Pangalos soll vor ein Boiksgericht gestellt werden; alle Mitglieder seiner Regierung befinden sich nunmehr in Hast.

Ministerpräsident KondÄis hat alle von Pangalos abge­schlossenen Verträge vorläufig aufgehoben, darunter auch den Freundschaftsvertrag mit Südslawien (Serbien) und das Abkommen über die Serbien gewährten Vergünsti- guttgen in Saloniki.

Abbruch der türkisch-griechischen Verhandlungen

Sofia, 24. August. Die Verhandlungen zwischen Grie­chenland und der Türkei sind plötzlich abgebrochen worden, da in dem Austausch der Auswechslungsbevölkerung fick ein Streit erhoben hat. Griechenland fühlt sich durch seine Sk mit d»n Bnlknnttaaten io aellärkt.

Me lange «och allmüchttger Risa Khan?

des,, es der Türkei mit größeren Forderungen entgegemrereu zu können glaubt.

Reue Todesurteile in Angora?

Konstantinopel, 24. August. Es liegen Anzeichen vor, daß das Gericht in Angora noch weitere der Verschwörung gegen Kemal angeffagte Junglürken, so den früheren I»- nanzminister Djcwid und vier oder fünf andere zum Tod durch den Strang verurteilen wird.

Der persische Aufstau-

Teheran, 24. August. Der Aufstand von Dost-Mohammed ist nur ein Teil einer groß angelegten Erhebung gegen Risa Khan. An der Spitze der Unternehmung steht Prinz Solar eb Daules, der Oheim des abgesetzten Schah, der unter de« nomadischen Kurden einen großen Anhang hat. Salar hctt die Stadt Sardjas besetzt; er und Dost-Mokammed schlugen gleichzeitig los. Die Regierungstruppen sollen Dost, der Kwasch besetzte, in der Richtung auf Baupur zurückgedrängt haben.

Neuer Streik in Schanghai

Schanghai, 24. August. Reuter meldet, der dieser Tage in Schanghai wieder ausgebrochen« Streik chinesischer Ar­beiter Hab« sich rasch ausgebreitet und eine gefährliche Wen­dung gemmimen dadurch, daß die Polizei (wohl die Polizei her Fremden) mit der Waffe gegen einen Auszug der Kulis vorging. Der Streik erstreckt sich auch auf die japanische» >Sp innereren. Mehre« Europäer ,nd Japaner um-rde« vo« de« Ehmch«« angegriffen.

Mit Sinowjews und seiner Anhänger Kaltstellung ist der sogenanntelOOprozentige Kommunismus" abgetan. Die heutigen Machthaber wollen einen andern praktischen Weg 'gehen. Ihnen liegt weniger an einer Weltrevolution, die doch mehr oder weniger in das Land der Träume gehört, als und darin haben sie völlig Recht an den lebens­notwendigen wirffchaftlichen Wiederaufbau Rußlands. Frei­lich haben sie bei dieser Arbeit noch mit anderen Gegnern zu rechnen: mit der unter der Leitung von Medwedseff und Skelyapnikoff stehenden opposikionellen Arbei- kergruppe, die zwar auch nichts von Welkrevoultion, jenem Morphium für die Arbeiter", wie sie sagen und von Geldunkerstühung ausländischer kommunistischer Parteien wissen will, die aber doch in der gegenwärtigen Bauern­politik eine Gefährdung der Interessen des Industriearbei­ters sieht. Aber solange Rußland nicht mindestens ein Zehntel seiner Bevölkerung in der Industrie beschäftigt, bis jetzt ist es noch nicht einmal ein Zwanazigstel kann von einem endgültigen Sieg des städtischen Proletariats keine Rede sein. Vi?. kt.

Neuestes vom Lage

Efseabahusreve»

Berlin, 24. August. Gestern abend kurz nach 11 Uhr stieß nach der Meldung einer hiesigen Korrespondenz der Trieb­wagen des von Berlin nach Bernau fahrenden Borortzugs etwa 400 Meter vor -dom Bahnhof Carcnv ans «in Hindernis, sodaß er hochsprang und der ganze Zug erschüttert wurde. Der Zug wurde alsbald zum Stehen gebracht und es stellte sich heraus, daß <mf dem Gleise Schottersteine «rf- gehcnrft waren, auf denen größere Felssteine lagen. Auch auf dem zweiten Gleise für die Züge ans entgegengesetzter Richtung fand man die gleiche Transportgefährdung. Rach Wegra«»n»»»g der Steine fotzte der Zug f»i«e Fahrt fort.

Wieder ein llebersall in Frankfurt Frankfurt a. 24. August. Nachdem kürzlich hier d» Vorsitzende des Stahlhelms von Kommunisten ermordak worden war, wurde gestern morgen der Schriftleiter der nationalsozialistischen ZeitungFreiheitsfahne", Hinken mit mehreren Messerstichen im Oberschenkel und i» Ar» und mit schweren Kopfverletzungen aufgefunden. Er gab» an, er fei nachts von etwa 30 Leuten, die teils rote Ar»- binden, teils das Abzeichen der roten Frontkämpfer tr»g«^ überfallen und schwer verletzt in den Main geworfen werde« sei. Polizei war nicht zur Stell«.

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Ein neues Gesetz über Waffenbesitz Berlin. 25. Aug. Während bisher nur für die Führung von Schußwaffen auf öffentlichen Straßen ein Waffenschein- erforderlich war, soll nach dem neuen Gesetz der Besitz oo« Waffen überhaupt von der Erteilung einer Erlaub- n i s abhängig gemacht werden. Weiterhin wird in bezug «ruf die Kleinkaliberwaffen ein Absatz eingefügt werden, nach dem die bisherige landesgesetzliche Regelung über den Besitz solcher Waffen so abgeändert wird, daß auch Kleinkoli- berbüchsen nicht ohne Waffenschein erworben werde« dürfen. Außerdem wird die Führung von Kleinkaliberwaffe« durch politische Vereine und Verbände, sowie das Abhalt-e« von Schießübungen in militärischer Form verboten werden.

Grühner gegen den Stahlhelm Berlin. 24- Aumist. Wie derVorwärts" meldet, Hot der sozialdemokratische Regierungspräsident von Merseburg, Grützner, bei dem preuß. Minister des Innern Seoerrng den Antrag gestellt, den Beamten die Zugehörigkeit zun» Stahlhelm zu verbieten, well die ZugehöriAett zu« Stahlhelm mit dem preutz. Beamteneid nicht vereinbar ftL Grützner hat ferner den Polizeipräsidenten von Halle «>«d die Landräte angewiesen, unverzüglich gegen die studen­tische Mensur einzuschreite».