Sette 2 Nr. ISS

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Mittwoch, 11. August 1S2«

und 1>ie freiwilligen Abgaben. 3. Im Falle, Satz die Mittel nicht genügen sollten, soll ein entsprechender Jahresbeitrag in den Staatshaushaltplan ausgenommen werden", in den Staatshaushaltplan ausgenommen werden". Der Entwurf wird darauf an den Ausschuß, der aus 10 Sena­toren und 20 Abgeordneten besteht, überwiesen.

Englisches Mißtrauen in die französische Finanzpolitik London. 10. August. DerDaily Telegraph" schreibt, die Befestigung des französischen Franken sei ohne ausländische Anleihen nicht durchzuführen. England und Amerika seien bereit, zu dem Zweck Frankreich Darlehen bis zu 250 Millio­nen Franken zu geben, jedoch nur, wenn die Schulden- abkommen von Frankreich bestätigt werden. Die Blätter verurteilen den Brief Clemenceaus. Das Ausland werde nicht eher Vertrauen in die französische Finanzpolitik ge­winnen, bis Frankreich ein für allemal den Verdacht aus­geräumt habe, daß es eines schönen Tags seine Ausland­schulden für ungültig erklären werde.

Reise des dänischen Königs nach Finnland Kopenhagen. 10. August. Nach Blättermeldungen wird der König im November nach Finnland reisen, um dem Präsidenten einen Gegenbesuch abzustatten. Es ist das erste­mal in der Geschichte, daß ein dänischer König dem freien Finnland einen Besuch abstattet.

Königin Alerandrine ist zum Besuch ihres Bruders, des früheren Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, nach Mecklenburg abgereist.

Die portugiesischen Kriegsschulden an England Lissabon, 10. August. Der .Seculo" schreibt, die portugie­sische Kriegsschuld an England solle von 23 auf 18 Millionen Pfund Sterling herabgesetzt werden unter der Voraus­setzung, daß das Gleichgewicht des Staatshaushalts her- gestellt und ein vurchführbares Programm zur wirtschaft­lichen Gesundung angenommen werde.

Peking abgeschlossen

London. 10. August. Einer noch unbestätigten Meldung zufolge haben in der Umgebung von Peking schwere Kämpfe zwischen verschiedenen chinesischen Parteien stattgefunden, die Äeichshauptskadt sei infolgedessen von jeder Verbindung mit der Außenwelt abgeschlossen.

Württemberg

Stuttgart, 10. August. Politik und Erwerbs­los e n k u r s e. Aus eine Beschwerde des Landtagsabgeord. rieten Schlumpberger (Nationalsoz.) gegen den Jung­lehrer Mayer, daß er in dem Unterricht in den Erwerbs­losenkursen Angriffe auf die nationalsozialistische Partei ge- macht habe, hat das Arbeits- und Ernährungsministerium geantwortet, nach Len angestellten Erhebungen treffe der Vorwurf der parteilichen Unterrichtserteilung durch Mayer nicht zu. Es liege somit kein Grund vor, gegen Mayer etwas zu veranlassen.

Ernennung. Der Staatspräsident hat den beim Lehrer­seminar in Backnang planmäßigen Studienrat Dr. Schwen­ket zum Hauptkonservator beim Landesamt für Denkmals­pflege in Stuttgart ernannt.

Mackensen in Stuttgart. Im Hotel Marquardt fand gestern abend der .Polterabend" zur Vermählung des Sohns des Generalfeldmarschalls von Mackensen mit der Tochter des Botschafters in Rom, Frhr. v. Neurath, stakt. Der Generalfeldmarschall nahm an der Feier teil. -v-

Der Spar- und Konsumverein Stuttgart hatte im ersten Halbjahr 1926 einen Umsatz von 5 711311 Mark gegen 4146 052 Mark im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Genossenschaft gehören jetzt 44 454 Mitgliederfamilien an.

Schlaganfall. Als Oberlehrer König in Stuttgart-Bot- nang heute nachmittag von einem Spaziergang heimkehrte, wurde er von einem schweren Schlaganfall betroffen. In großes Leid wurde die Familie des Baumeisters Epple in Degerloch, des Erbauers der großen Stuttgarter Stadthalle in Berg, versetzt. Die Ehefrau kam mit dem neugeborenen Kind aus dem Entbindungsheim zur großen Freude der An­gehörigen zurück. Plötzlich fühlte sich die Frau unwohl und ln wenigen Minuten gab sie den Geist auf. Ein Schlagan­fall hatte dem Leben ein Ende gemacht.

U)ie finde ich das Glück?

Von Artur Brauseweiier.

Es muß doch etwas sehr Seltenes um das Glück sein.

Der Größesten einer, den so viele als ein Schoßkind des Glückes ansehen, Goethe, sagt zu Eckermann:Man hat mich immer als einen vom Glück besonders Begünstigten gepriesen: auch will ich mich nicht beklagen und den Gang meines Lebens schelten. Allein im Grunde ist es nichts als Mühe und Arbeit «wesen, und ich kann wohl sagen, daß ich in meinen sünfund. siebenzig Jahren keine vier Wochen eigentliches Behagen gehabt. Es war das ewige Wälzen eines Steines, der immer von neuem gehoben sein wollte."

Und ganz ähnlich äußert sich Bismarck:Was nennen Sie glücklich? Ein glücklicher Mensch bin ich in meinem Leben nur selten gewesen. Wenn ich die spärlichen Minuten wahren Glückes zusammenzähle, dann kommen wohl nicht mehr als vierundzwanzig Stunden im ganzen heraus." (Poschinger, Tisch, gespräche, 1895).

Warum mag auch in unserem Leben das Glück etwa» so Seltenes sein?

Vielleicht, weil wir es suchen, wo es nie zu finden ist. .Weil wir einem Manne gleichen, der die sorgsam ausgerüstete Angel in einem Brunnen auswirft. Oder einem Fischer, der seine Netze in ein Gewässer legt, in dem niemals ein Fisch gesehen ist. Wir lachen über ihn und machen es ebenso, suchen das Glück in den ewig kommenden, ewig gehenden Dingen dieser Welt, glauben es fest in den Händen zu halten und wundern uns, wenn es uns, Quecksilber gleich, zwischen den Fingern entgleitet. Dir beneiden unseren Nächsten um sein Geld oder seine Erfolge, sehnen uns voller Inbrunst in seinen Zustand hinein und ahnen gar nicht, daß er sich mit ebensolcher Inbrunst aus diesem heraussehnt.

Er hat im Leben viel Glück gehabt und ist doch nie-, »als glücklich gewesen", das war die Grabschrift, die sich Dingel­stedt wählte.

Niemals können wir ein dauerndes Glück im Vergänglichen finden. Und das ist gut und weise so eingerichtet. Denn gerade' die« Unbefriedigtsein in der Vergänglichkeit, diese nie schwei- gende Sehnsucht, die uns über diese Welt hinaustreibt zu Hellen Sonnenflügen in ein weites, unbekanntes Land, in dem unser heißes Glücksverlangen Befriedigung findet, ist das einzige Band, das uns mit dem Ewigen verbindet. Zur restlosen Er- fülluna kommt es in diesem Leben ja nie. Suchen und Sehn- sucht. Vas ist des Menschen Los und zugleich sein bestes Teil.

Und doch gibt es ein Glück, auch auf dieser Welt. Das Leben wäre sonst unerträglich.

In der Anspruchslosigkeit sehen die einen das Glück. Es gibt eine reizende persische Legende. Da ist irgendwo ein reicher, all» lalle unglücklicher König. Der fragt seine Sterndeuters

Großfeuer im Proviaukamk. Am Montag nachmittag nach 3 Uhr bemerkten Arbeiter, die im Proviantamt der Reichswehr in Feuerbach mit Umlagern des Heus durch einen elektrischen Aufzug beschäftigt waren, brennendes Heu. In wenigen Sekunden entwickelte sich ein dichter Qualm und bald schlugen oben die Flammen empor. Der Herd des Feuers lag in den beiden, der Stadt Feuerbach zugekehrten Anbauten des Proviantamts, die unter sich durch eine Brandmauer getrennt sind, aber eine Verbin­dungsöffnung haben, in der der elektrische Heuheber sich befindet. Die gegen das Feuer zuerst angewendeten Feuer­löschapparate erwiesen sich den Flammen gegenüber als nutz­los. Als um Uhr die Cannstatter Feuerwehr und Kurz darauf die Feuerwache 2 von Stuttgart erschien, hatte der Brand schon die Dachstnhle zerstört oder dem Einsturz nahe- gebracht. Der Wasserdruck der ^"Kranken war zu schwach und mußte durch Motorkrafk verstärkt werden: auch von Feuerbach wurde Wasser zugeleiket. Mit der Feuerwehr rückten im Eilmarsch Mannschaften des Inf.-Regts. 13, des Schühenregiments 18, des Ueberfallkcm.nandos und der Schutzpolizei an, die sich an den Nettungsarbeiten beteiligten. Doch war nichts mehr viel zu retten, vielmehr mußte vor allem das eine. Dc-b, einzuskürzen drohte, beseitigt wer­den. Es wurde ein langes Seil am Giebel festgemacht an dem die Reichswehrmannschaften ihre Kraft erprobten. Mit lautem Krachen stürzte das Dach zusammen. Eine weiters Ausbreitung des Feuers konnte verhütet werden, obgleich ein dritter Anbau stark bedroht war. Kräftige Wasserstrahlen in das Innere dieses dritten Speichers bannten die Gefahr. Freilich ist durch das Wasser viel Heu verdorben worden. Dem Feuer sind etwa 9000 Zentner Heu zum Opfer ge­fallen. Bei den Löscharbeiken erlitten zwei Feuerwehrleute leichte Verletzungen.

Gköcksspieler. Das Schöffengericht hat den 38 I. alten Möbelreisenden Wilhelm Issel von Duisburg wegen ver­botenen Glücksspiels zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Verschiedene Mitangeklagte erhielten Geldstrafen von 100 bis 600 Mark. Drei Angeklagte wurden freigesprochen.

Aus dem Lande

Heilbronn. 10. August. P r e f f e p r oz e ß. Die Straf­kammer hat die Berufung des Redakteurs Lukas Müller vom sozialistischenNeckar-Echo" gegen die Verurteilung zu 40 Mark Geldstrafe wegen Beleidigung des Verlegers de: Leintalboten" in Schwaigern, Wilhelm Zundel, kosten­pflichtig verworfen.

Heilbronn, 10. August. Unterschlagung und Selbstmordversuch. Wie dem ..Neckarecho" mit­geteilt wird, hat sich im Laufe der vergangenen Nacht der bei der städt. Krankenhausverwaltung bedienstete Obersekre- tär Stephan nach erfolglosem Selbstmordversuch bei der Poli­zei cingefunden. Stephan bekannte, der Unterschlagung im Amte schuldig zu sein. Es soll sich um 7000 Mark handeln.

Ellwangen. 10. August. Hoher Besuch. Gestern weilte hier Bischof Messing von San Jose in der Republik Costarika (Mittelamerika). Er ist ein geborener Württem- berger und besucht auf einer Erholungsreise seine Ver­wandten im Lande.

Alkshausen, OA. Saulgau, 10. August. Verkehrs­unfall. Ein hiesiger Bürger wurde auf der Hauptstraße durch einen Motorradfahrer angefahren und schwer verletzt.

Oehringen, 10. August. Brand. Im benachbarten Renzen fiel infolge Blitzschlags am Samstag vormittag die Doppelscheuer Roth-Bullinger mit großen Heu- und Ernte­vorräten einem Brand zum Opfer. Nur das Vieh konnte gerettet werden.

Rappach OA. Oehringen, 10. August. Tödlicher Sturz. Der verheiratete 53jährige Bauer Christoph Wen- ninger fiel in seiner Scheuer vom Futterschneidmaschinen­gerüst auf den Boden und war sofort tot.

Blaufelden OA. Gerabronn, 10. August. Unfall. Gutsbesitzer Georg Plank in Billingsbach brachte seine rechte Hand in die Futterschneidmaschine, wobei ihm vier Finger abgeschnitten wurden.

Welzheim, 10. August. Schlägerei. In der Nacht zum Sonntag früh 2 Uhr gerieten drei Hausierhändler mit Welzheimer Burschen in eine Schlägerei. Zwei der Frem­den mußten ins Krankenhaus verbracht werden.

Roltweil, 10. August. Opfer st ockdieb stahl. In der an dem Feldweg Rottweil-Hardthaus erbauten Kapelle wurde der Opferstock mit Gewalt erbrochen und seines In­halts beraubt. Von dem Dieb ist bis jetzt nichts bekannt.

Alm» 10. August. Die neunte Lebensrettung. Reichswehrunterosfizier Josef Neubrand rettete am Frei­tag ein 21 I. a. Mädchen, das sich aus Liebeskummer in die Donau gestürzt hatte, vom Tod des Ertrinkens, obwohl sich das Mädchen gegen die Rettung sträubte. Damit hak Neubrand die neunte Lebensrettung vom Tod des Er­trinkens ausgeführt.

Aus Stadt und Land

Nagold, 11. August 1926.?

Große Zeiten sind immer solche Zeiten, in denen alles schief geht.

Fo ntane.

Dteuftnachrichte«.

Durch Entschließung des Herm Kirchenpräsidenten wurde Pfarrer Bilfinger in Unterjesingen, Del. Herrenberg seinem Ansuchen gemäß in den Ruhestand versetzt.

Meisterprüfungen.

Die Handwerkskammer Reutlingen teilt uns mit, daß in den kommenden Wintermonaten in sämtlichen Gewerben wieder Meisterprüfungen stattfinden. Den Prüfungen gehen nach Bedarf Vorbereitungskurse in Buchführung, Kalkulation, Wech­selkunde, Gewerberecht, Steuerrecht und Gesetzeskunde voraus, je nach der Zahl der Beteiligung werden diese Kurse in den einzelnen Bezirken abgehalten. Anmeldungen zur Meisterprüfung, wozu Formulare von der Geschäftsstelle der Kammer bezogen werden können, sind bis spätestens lO. September 1926 an die Handwerkskammer Reutlingen einzureichen. Die Prüfungsgebühr beträgt 30«^ und im Roh­baugewerbe (Maurer, Zimmerer und Steinhauer) 40 ^k. (Näh. folgt im Anzeigenteil).

Kraflfahrlinie

EbharrsenWartBerneckZwerenberg.

Mit heutigem Tag wird nun endlich ein Wunsch so vieler zur Wirklichkeit, eine gute Fährverbindung zwischen den Ort­schaften des Hinteren Waldes. Aus den ausgehängten Fahr­plänen und auch aus dem heutigen Anzeigenteil ist gut ersicht­lich, wie ausschließlich der praktischen Seite des Unternehmens Rechnung getragen ist, indem die 3 Fahrten je hin und zurück stets an Züge nach Nagold resp. Altensteig Anschluß haben. Auch die Fahrpreise sind so günstig, d. h. so niedrig gehalten, daß es jedem ermöglicht ist, diese neue Fahrgelegenheit zu be­nutzen, was besonders von Arbeitern, die sonst jeden Morgen und jeden Abend bei Wind nnd Wetter stundenlang zu Fuß oder per Rad haben unterwegs sein müssen, begrüßt werden wird. Den Arbeitern steht außerdem noch für Wochenkarten eine Preisermäßigung zu. Wenn auch manch einer der alten Gewohnheit und Tradition gemäß sich diesem neuenVehikel" zuerst nicht anvertrauen mag und seines Weges auf Schusters Rappen fürbaß schreitet, so wird er sich mit der Zeit auch zu der Verkehrsneuerung bekennen und wäre höchst betrübt, wenn eines Tages die Linie wegen mangelnder Benutzung einschlafen würde. Darum ist es Pflicht eines jeden, die Krastwagenlinie zu benutzen, auch wenn er nicht an die Bequemlichkeit denkt, sondern in Anbetracht der wirtschaftlichen Erschließung seiner engeren Heimat.

Wie wir kurz vor Redaktionsschluß noch erfahren, mußten die beiden Abendverbindungen entgegen den Zeiten in dem gestern angeschlagenen Fahrplan um je 20 Minuten vorverlegt werden, was übrigens durch den Vergleich mit dem im heutigen Anzeigenteil veröffentlichten Fahrzeiten klar ersichtlich ist.

VersicherungsansprSche betreffend. In einer neuen Ver­ordnung des Reichsjustizministers werden alle Ansprüche aus Hafkpflichkversicherungsverkrägen einschließlich derjenigen mit unbegrenzter Deckung und aus lebenslänglichen Verträgen, soweit sie nicht bereits unter 8 59 Abs. 1 des Aufwerkungs- qesetzes fallen, ans 20 v. des Galdmarstbefraas. der noch

Was mutz ich tun, um glücklich zu sein?"'Allmächtiger König," antworten diese,Du mußt dich entschließen, das Hemd eines vollkommen glücklichen Menschen zu tragen."

Man stellt Nachforschungen durch die ganzen Lande an. Nach langem, langem Suchen findet man einen Bauern, der vollkommen glücklich ist. Aber der arme Kerl hatte über­haupt kein Hemd an.

Glücklich sein, heißt gar nicht wissen, was ein Hemd ist es liegt Sinn in diesem Worte.

Glück ist: im Einklang mit sich selber sein, sagte vor kurzem jemand. Und fraglos in dem stillen, starken Einklang, in dem ein Mensch sich mit sich selber befindet, in dem innerlichen Gleichgewicht unserer Seele, das uns vor allen Stürmen des Lebens bewahrt, liegt ein großes Glück.

Aber das wahre Glück ist auch das noch nicht. Das liegt in etwas anderem beschlossen: im Verhältnis des Menschen zum Menschen. Denn wie alles Schwere und alles Leid dem Men­schen durch den Menschen kommt, so auch alles Große und Schöne.

Je mehr man lieb hat, inn so glücklicher ist man. Je mehr man es über sich vermag, aus der Enge seiner kleinen Eigen­interessen, seiner Selbstsucht herauszukommen und andere mit seiner Liebe zu umfassen, um so glücklicher ist man. Haben wir erst mehr Liebe, werden wir auch mehr Glück haben. Denn' Glück ist nichts anderes als das wundersame Jnnewerden der Wechselwirkung zwischen der säenden und der erntenden Liebe.

Nicht das Glück wollen wir suchen, sondern die Liebe.

Erst wo die Liebe ein Herz erfüllt, es stark und froh und reich macht, kann es zu jenem inneren Einklang kommen, der, das Glück ausmacht.

Bezoare

Bezoare oderBezoarsteine" finden sich gar nicht selten in Magen von Ziegen (Bezoarziegen), Schafen, Rindern, Gazel­len, Rehen usw. Sie bestehen aus Haare«, die die Tiere durch Belecken ihrer Haut in den Magen ausnehmen. Diese Haare ballen sich filzartig zu rundlichen Gebilden zusammen. Zuweilen , ist die Oberfläche der Bezoare rauh, oft aber glatt, in letzterem Falle setzten sich Salze an der Oberfläche fest, und durch das Umherwälzen im Magen wurde die Oberfläche glatt und glän- zend. Die rundlichen Gebilde schaden den Tieren zumeist nichts, gefährlich können sie indes werden, falls sie den Eingang oder den Ausgang des Magens verstopfen. Wie so ziemlich alles, werden die BezoareBezoar" soll aus dem Arabischen stam­men undGegengift" bedeuten früher eifrig in der Medizin verwendet, besonders gegen Epilepsie sollten sie helfen. In alter gründlicher deutscher Weise wurden sie in occidentalische und orientalische klassifiziert, die kostbarsten waren natürlichdie orientalischen", diese letzteren waren schön grünlich-schwarz, »bläulich oder gräulich und halsen außer gegen Epilepsie noch so

ziemlich gegen alle Gebresten. Es wurde ein schwunghafter

Handel damit getrieben. Wir lächeln heute über unsere Urgroß­väter vielleicht wird man indes einst wiederum über uns lächeln... Noch lange Zeit, nachdem man nicht mehr an die wunderbaren Heilkräfte der Bezoare glaubte, wurden solche in Apotheken als Kuriositäten oorgezeigt. Heutzutage kümmert sich niemand mehr darum. Das früher jedem geläufige Wort ist in Vergessenheit geraten. Or. A. K.

Die Pflanze im Stadium des Tieres

Von Kurt Bibi.

Eine der kleinsten bekannten Pflanzen ist das Moos. Als Einzelwesen würde es hilflos den starken Gewalten seiner Um­gebung preisgegeben sein, durch sein Gemeinschaftsleben im Millionenverband behauptet es sich seit den Anfängen alles Wer­dens und stellt ein sehr wichtiges Glied im Kreislauf des Wassers dar. Während des Regens saugen sich die schwammigen Polster voll und geben dann die Wassermassen nur allmählich ab, ver­hindern dadurch die Ueberschwemmungen und begünstigen die Quellenbildung. In den Friihlingsmonaten und auch während des Sommers tragen manche Moospflanzen rötliche Köpfchen, andere grüne Knötchen. Die roten Knospen der Volksmund nennt sie Moosblüten enthalten Schläuche mit Blütenstaub, während die grünen Knoten slaschenähnliche Gebilde tragen, in derem Schoße eine kleine Kugel schlummert, die Eizelle. Könn­ten wir nach einem warmen Regen das Mikroskop auf einen Wassertropfen richten, der auf dem Moose hängen geblieben ist, dann würde uns auf diesem winzigen Naturtheater ein wunder­schönes Stück vorgespielt werden. Der vorhin erwähnte Bluten­staub scheint durch eine Zauberhand lebendig geworden zu sein. Gleich den Urtieren schlagen sich die Stäubchen mit feinen Flim­merhaaren durch das nasse Clement. Rastlos streben sie einem unbekannten Ziele nach, bis ein Glücklicher in die Nähe einer Flasche kommt. Ein kurzes Zögern und dann stößt der Eindringling bis zur Eikugel vor, die das kleine Wesen um­strickt und es nimmer freigibt. Aus der Zweiheit entsteht die Einheit, das neue Leben. Nach einigen Tagen sproßt aus der Flasche ein rötliches Haar hervor, und bald wächst ihm eine

Zipfelmütze. Der Wind weht und husch!-fliegt das

Hütchen davon. Ein Gebilde kommt zum Vorscheine, ähnlich der Salzstreubüchse auf dem Speisetische. Wieder weht der Wind und schüttelt das Füßchen aus dem Stile sanft hin und her, und dabei quillt aus den Löchern am oberen Rande ein feiner schwarzer Staub, der sich überall auf den Waldboden verstreut. Nach einigen Tagen bildet sich dort ein grüner Anflug, die Vor- beime. Diese setzen Knospen an, und aus jeder Knospe wachst eine junge Moospslanze. Ja. die grünen Polster im Walde, auf denen es sich so wunderbar ruht, haben eine seltsame Entwick­lung. Es gibt Augenblicke, da sprengen auch manche Pflanzen die Fesseln ihres an die Erde enggebundenen Daseins und zeigen in den Stunden des Losgelöstseins die Einbeit alles Lebendiaen.