Sette 2 Nr. 18S

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Montag, S. August 1S2V

für die im Weltkrieg "gefallenen Studenten" geweiht wer­den wird.

Der Winzerverein in Mayschoß im Ahrtal hatte die Teilnehmer des Studententags zu einer Kostprobe ein­geladen. Bürgermeister Dr. Schmidt begrüßte die Studen­ten und forderte sie auf. eingedenk zu bleiben, daß in deut­schen Gauen der edelste Wein wächst und daß e§ eine vater­ländische Pflicht sei, den deutschen Winzer zu unterstützen, der durch die französische Masseneinfuhr so schwer geschädigt werde. Kein deutscher Student soll fremde Weine trinken.

Der Frankfurter Mord

Frankfurt a. M.. 8. Aug. Die Ermordung des Architekten (nicht Artisten) Leippold am Gutenbergdenkmal durch eine Gruppe Kommunisten erregt hier großes Auf­sehen und Besorgnis wegen der öffentlichen Unsicherheit. Den Umständen nach, unter denen die geradezu bestialische Tat ausgeführt wurde, muß ein verzweifelter Abwehrkampf des Ermordeten stattgefunden haben. Die Polizei erschien aber erst, als es zu spät war. Leippold war Führer einer Orts­gruppe des Jung-Stahlhelms.

Die Kämpfe in China *

Schanghai, 8. Aug. Hier find Meldungen eingelaufen, daß Marschall Wupeifudie befestigte Stellung desNatio­nalheers" (Feng) im Hank u; ß angegriffen und dem Geg­ner eine schwere Niederlage beiaebracht habe. Das Natio­nalheer ziehe sich eilig auf Kalgau zurück, wo General Fengjuhsjang nach seinem Besuch in Moskau mittlerweile ein­getroffen sein soll. Wupeifu ist nach Hankau zurückgekehrt, um den Feldzug gegen das (bolschewistische) Heer von Kanton (Südchina) einzuleiten, das inzwischen erhebliche Fortschritte in nördlicher Richtung gemacht habe.

Die Lage in Marokko »

Paris» 8. Aug. Wie dem Journal aus Rabat gemeldet wird, zeigen sich die Eingeborenen der französischen Zone, die noch als .Abtrünnige bezeichnet werden, immer an- müffslufkiger. Sie griffen bereits zwei Stämme an. In Fez herrscht wegen Wassermangels, den die Franzosen ver- ichukdet haben, große Erregung. Bon den Juden sollen Zusammenstöße hervorgerufen worden sein.

Württemberg

Stuttgart. 8. Aug. Vorauszahlung des Ruhe­gehalts. Das württ. Staatsministerium ist ermächtigt, Wie die Bezüge der planmäßigen Beamten, so auch die Be- Nge der Wartegeld- und Ruhestandsbeamten bei Uebec- rveifung auf ein Konto monatlich oder zweimonatlich Voraus­wahlen zu lassen, solange die Finanzlage eine vierteljährliche Vorauszahlung nicht gestatte.

Die Durchfuhrtarife der Deutschen Reichsbahn. Gegen­über dem Vorwurf, daß die Deutsche Reichsbahn mit ihren ermäßigten Durchfuhrtarifen die heimische Wirtschaft schä­dige, weist die Reichsbahndireklion darauf hin, daß der Verkehr stets dem billigsten Weg folge und daß jede Eisen­bahnverwaltung im Interesse ihrer Selbsterhaltung diesem Umstand bei der Gestaltung der Durchfuhrtarife Rech­nung tragen müsse. Mit Hilfe der Durchfuhrtarife sei es -er Reichsbahn gelungen, den größeren Teil des ihr zu- Dtehenden Verkehrs auf ihre Bahnen zurückzuführen. So­bald sie den Tarifsenkungen der Auslandsbahnen nicht augenblicklich folgte,, blieb der Verkehr aus. Daneben habe die Reichsbahn ihre Pflicht gegenüber der deutschen .Wirtschaft nicht aus dem Auge gelassen. Es sei nicht ein­zusehen, welche Schädigung die einheimische Wirtschaft da­durch erfahren sollte, daß ausländische Ware über die deut­schen Strecken zu denselben Frachtsätzen befördert wird, wie sie ihr über die Auslandswege zur Verfügung stehen. Würde die Reichsbahn ihre Durchfuhrtarife aufheben, so hätte die heimische Industrie hievon keinen Vorteil, wohl aber den Schaden, daß die Reichsbahn Einnahmeausfälle hätte und unter Amständen genötigt wäre, ihre Tarife zu erhöhen. Mindestens wäre sie nicht in der Lage, der heimischen Wirtschaft durch Tariferleichterungen im Binnen- und insbesondere im Ein- und Ausfuhrverkehr zu helfen, wie sie das bisher in weitem Amfang getan hat.

Reue internationale Fluglinie über Stuttgart. Noch im Lauf des Sommers soll eine neue Ost-Westverbindung im Luftverkehr, die von Saarbrücken über Karlsruhe, Stuttgart nach München führt, eröffnet werden. In München besteht unmittelbarer Anschluß nach Wien, Pest und Innsbruck. Die Zielktationen können beiderseits in einem Tag erreicht

werden. ' Man hofft sogar, die geplante Linie den Winter über durchführen zu können.

70. Geburtstag. Frau Geheimrat von Payer, die vor kurzem mit ihrem Gatten die goldene Hochzeit feiern konnte, vollendete am Samstag das 70. Lebensjahr.

Aus dem Lande

Weinsberg. 8. Aug. Diebstähle. Kürzlich wurde einem hiesigen Geschäftsmann die Taschenuhr aus seinem Rock, der im Zimmer hing, gestohlen. So treibt schon seit einiger Zeit ein Dieb in Hölzern sein Unwesen. Vor etwa 4 Wochen wurden dem Milchhändler Häfele 600 -il entwendet. Später wurden anläßlich einer Abschiedsfeier vor einer Wirtschaft ein Fahrrad und ein Polstersitz von einer Chaise gestohlen. Letzte Woche versorgte sich der Dieb mit Zigarren, die er nachts in einer Wirtschaft stahl. Der Dieb wurde dabei er­tappt, ist aber entkommen.

hall, 7. Aug. Motorradunfall. In Geislingen am Kocher fuhr ein Motorradfahrer mit Doppelsitzer in voller Fahrt auf einen Holzmast der elektrischen Leitung zwi­schen Kocherbrücke und dem Gasthaus Adler auf. Der An­prall war so stark, daß der Mast abgeknickt wurde. Der Beifahrer wurde zu Boden geworfen und erlitt eine Ge­hirnerschütterung. Er wurde im Auto nach Künzelsau ver­bracht.

Aalen, 8. Aug. Städt. Anleiheaufwertung. Der Gemeinderat beschloß auf Vorschlag der Stadtpflege die reichsgesetzliche Aufwertung der städt. Anleihen in Höhe von 12 >2 Proz. für nachgewiesenen ununterbrochenen Altbesitz. Bedürftige, insbesondere Privatpersonen, sollen 15 Proz. aufgewertet erhalten. Die Anleihen nach dem 1. Juli 1920 sollen auf Goldmark umgerechnet und voll bezahlt werden. Rückwirkung ist zugelassen. Die Heimzahlung soll in bar er­folgen. Die Stadt benötigt für die Aufwertung eine Summe von 383 995 -ll. Davon sind 15 000 -il vorhanden: die rest­lichen 368 000 -tl sollen durch Schuldaufnahme beschafft werden.

Heidenheim, 8. Aug. Einspruch gegen eine K r a f t p o st l i n i e. Die Württ. Nebenbahnen AG. hat gegen die Einrichtung einer Kraftpostlinie Heidenheim Neresheim Einspruch erhoben. Es wird deshalb mit der Härdtsfeldbahn verhandelt werden wegen Zurücknahme des Einspruchs. Die beteiligten Gemeinden und Amtskörper­schaften würden auf anderer Grundlage unter allen Um­ständen die geplante Linie ausführen, wenn die Oberpost­direktion dieselbe nicht übernehmen oder befürworten würde.

Alm, 8. Aug. Folgen des Hochwassers. Infolge des anhaltenden Hochwassers der Donau werden in letzter Zeit im Donaugebiet verschiedene Verkäufe von landwirt­schaftlichen Anwesen zu Schleuderpreisen getätigt und viele Hochwassergeschädigte Bauern tragen sich mit dem Gedanken, ihre Anwesen ebenfalls zu veräußern, um aus dem Äoch- wassergebiet herauszukommen. Durch diese übereilte Ver­käufe erleiden viele Bauern schwere Einbuße.

Wegen tätlicher Beleidigung einer Lehrerin wurde eine Frau aus Söflingen vom Amts­gericht zu 30 Mark Geldstrafe oder 6 Tagen Gefängnis, einer Buße von 75 Mark an die junge Lehrerin und den Kosten verurteilt. Die Lehrerin hatte eine Tochter der Frau wegen unenkschuldigten Fernbleibens vom vorge­schriebenen gemeinsamen Baden mit zwei Tatzen bestraft. Die Mutter beschimpfte im Gang des Schülhaufes die Lehrerin, zog sie an den Haaren und schlug auf sie ein. Das Gericht berücksichtigte strafmildernd, daß die Frau, eine Witwe, schwer nervös ist und sich dauernd unter­drückt fühlt.

Vom bayerischen Allgäu, 8. Aug. Tödlicher Unfall. Josef Sieger aus Unterhingau versuchte mit seinem Motor­rad bei Eggen an der Kemptener Stadtgrenze ein Fuhrwerk zu überholen, als im gleichen Augenblick von der entgegen­gesetzten Seite der Radler Rift von Weitnau den Motorrad­fahrer mit voller Wucht anfuhr. Beide Fahrer wurden heruntergeschleudert und schwer verletzt. Sieger starb im Krankenhaus.

Aus Bayern, 8. Aug. Auf der Suche nach dem Mörder. Am 19. Mai d. I. wurde in Bischofsried bei Dießen am Ammersee der Gutspächter Blau von einem Mann, der sich fälschlich den Namen Blau beigelegt hatte, ermordet. Der angebliche Albert Blau hat sich auch Josef Hirlemann genannt, vermutlich auf Grund von Papieren, die einem Dienftknecht dieses Namens schon im Januar 1925 in Truschwende bei Leutkirch gestohlen worden sind. Cs bestellt kein Zweifel. daß dieser den wirklichen Blau er­

mordet hat. Die bisherigen Ermittlungen haben ergeben, daß der Flüchtige ein Dienstknecht namens Otto Klein von Roßwälden bei Kirchheim (Württ.) ist. Der 24 Jahre alte Bursche wird von der Staatsanwaltschaft Ravensburg wegen Brandstiftung verfolgt. Er hat sich auch schon Schupp und Graf genannt. Bis jetzt ist von ihm keine Spur gefunden.

Aus Stadl uud Land

Nagold, 9. August 1926.

Hindurch und nicht vorbei geht dein Weg, und nicht sollst du dich fürchten vor deiner Kraft.

Reeg.

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Dieustnachrichteu.

Der Herr Staatspräsident hat je die Stelle eines Ober­sekretärs in Gruppe VII bei dem Staatsrentamt Rottweil dem Verwaltungspraktikanten Storz in Hirsau, Heilbronn dem Steuerpraktikanten Lasch in Freudenstadt übertragen.

Die Ministerialabteilung für Bezirks- und Körperschafts Verwaltung hat die Wahl des Sparkassendirektors Gottlob Killingerin Nagold zum Oberamtspfleger in Nagold bestätigt.

Die Reichsbahndirektion hat den Güterinspektor Stein­hart in Wildbad nach Reutlingen Hbf. versetzt.

Dom Rathaus.

Gemeinderatssitzung am 5. Juli 1926.

Im Einlauf befinden sich der Kassenbericht der Stadtpflege vom Monat Juli, ein Dankschreiben des Stadtschulth.-Amts Haiterbach für die Bewilligung eines Beitrags zu dem Auto- abmangel, das Protokoll der Amtsversammlung über die Land­wirtschaft!. Winterschule.

Waldsacheu. Der Vertrag zwischen der Forstverwaltung und der Fa. Geigle, Waldsamenhandlung hier, über die Ab- erntung der Weißtannenzapsen in einzelnen Abteilungen der Stadtwaldungen wird genehmigt. Als Vergütung hat die Fa. Geigle 10 Prozent des gewonnenen Samens unentgeltlich an die Forstverwaltung abzuliefern.

Feuerwehrabgaben. Einige Beschwerden gegen den An­satz der Feuerwehrabgaben für 1926 werden teils entgegen­kommend, teils ablehnend befchieden.

Wasserleitung. Einige Anschlüsse an die neu zu erbau­ende Höhenleitung werden unter den üblichen Bedingungen ge­nehmigt. Ebenso einige besondere Vereinbarungen über die Einlegung der Leitung.

Grundstiicksabtretungeu. Der zwischen der neuen Molt- kestraße und dem Grundstück des Apothekers Schmid liegende schmale städt. Streifen wird an Apotheker Schmid zum Preis von 3,50 Mk. pro qm abgetreten.

Privat-Autolinie NagoldMötzingenUnter-Ober­jettingenHerrenberg. Die Privatkraftlinie hat sich recht gut entwickelt nnd nach der Mitteilung der Unternehmerin, der Fa. Benz <L Koch, Automobile hier, müssen die Kurse besonders mor­gens und abends meistens doppelt gefahren werden. Zudem sind die Wagen öfters überlastet. Die Firma hält es für dringend nötig, einen größeren, stärkeren Omnibus an Stelle eines der kleineren Wagen alsbald zu beschaffen. In einer allgemeinen Aussprache der beteiligten Gemeinden mit der Unternehmerin in Herrenberg wurde das Bedürfnis für die Beschaffung eines solchen Wagens allgemein anerkannt und zu diesem Zweck soll die Bürgschaft der Gemeinden um 9000 erhöht werden. Natürlich sind anch die Abzahlungen für Kapital nnd Zinsen entsprechend zu erhöhen. Entsprechend der bisherigen Beteili­gung der Stadtgemeinde Nagold wird die 35°/oige Bürgschaft für die Kapitalerhöhung übernommen. Voraussetzung ist natür­lich, daß der zu erwerbende Wagen in erster Linie als Sicher­heit gestellt wird. Das Zusammensein des Gemeinderats Nagold mit den Vertretern der Oberamtsstadt Herrenberg und den Vertretern der Gemeinden Ober- u. Unterjettingen und Mötzingen war ein recht freundnachbarliches und es kam allseits die Be­friedigung zum Ausdruck, daß die Linie nun in privaten Händen so gut prosperiere, keine Zuschüsse brauche und die Beziehungen zwischen den beiden Oberamtsstädten nach der Zeit einiger Miß­verständnisse wieder ungetrübte seien. Der Gemeinderat mi­die Gemerbetreibenden von Herrenberg werden voraussichtlich im Herbst einen Gegenbesuch in Nagold machen.

Urlaub, lieber die Dauer des Urlaubs von Stadtschultheiß Maier find wie bisher Stellvertreter Gemeinderat Kläger und Obersekretär Schuster.

Das Planetarium

In Jena und Dresden sind in den letzten TagenPlane­tarien" eröffnet worden, wie solche bereits in München, Berlin und Düsseldorf aufgestellt sind. Auch die Stadt Stuttgart hat von der Welffirma Zeiß in Jena ein Planetarium um 200 000 erworben, das unweit des Hauptbahn Hofs zur Aufstellung gelangen wird.

Das Planetarium, eine Erfindung des Konstrukteurs Dr -Jng. W. Bauersfeld in Jena, ist ein Wunderwerk d« T«hnik und Feinmechanik, das uns di« Wunder des Himme l s fozufagen in greifbarer Nähe zu veranschaulichen imstande ist. Betritt man die aus Zement auf HalbkuaÄ- förmigeiNrffenjvangengestell im Spritzverfahren hergestellte n»itze Kuppel, deren Durchmesser je nach verfügbarem Raum 10 (München) bis 25 Meter (Düsseldorf) beträgt, so erblickt man auf einem Sockel einen Apparat mit einem Glaszylin­der an der Seite und oben eine 14 Meter große Halbkugel, ähnlich einem zusammengerollten Riesenigel. Beim Näher­treten sehen wir gegen 80 Objekte, von denen 31 zur Pro­jektion (Darstellung) des Sternenhimmels und 12 zur Milch­straße gebraucht werden: die übrigen dienen zur Projektton der Sternenbildnamen (Tierkreisbilder weiß, übrige Sternen- bttdernamen rot). Die Drehachse dieser Halbkugel mit ihren gleich Stacheln vorstehenden Linsentrögern liegt parallel zur Erdachse, d. h. entsprechend der geographischen Breite (astron. Polhöhe) des Aufstellungsortes Düsseldorf 5114 Nürnberg 4914 " und so fort ,zum Horizont geneigt. Unter diesen Objektiven befinden sich in der Hohlkugel genau zu­einander abgestimmt«Diapositive" mit je einem Teil des Himmels und die starke Lichtquelle, eine Hochvoltige Glüh­lampe In dem großen Glaszylinder, dessen Achse zur Achse der Fixsternkugel um 2314 ° gleich -er Schiefstellung der Erdachse zur Erdbahn, geneigt ist. befindet sich der Mecha­nismus zur.optischen Darstellung der Sonnen-, Mond- und Planetenbewegunq jeweils in Verbindung mit der Erde und ihrer Bahn. Die Himmelsdrehung und Planetenbewegung wird von einer Schalttafel aus durch Elektromotor« bewirkt und «regelt. Im Dreiviertelkreis (Südseite offen) ist die

Sitzgelegenheit für die Zuschauer und ringsherum im Hinter­gründe sehen wir in etwa 2 Meter Höhe (gleich der Licht­quelle in der Linsenkugel, dem Zentrum der Kuppel) am Horizont die Silhouetten der sich vom Nachthimmel abheben­den Höhen und Bauwerke.

Zuerst wird nun der Planetenzylinder in Bewegung ge­setzt und, Len Tageslauf in 4 Minuten vollendend, zieht di« Sonne mit allen Planeten ettiche Male an uns vorüber. In dieser Zeit kann sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnen, um später auch die kleinsten Stern« bis 6. Größe wahr nehmen zu können, und es kann sich die Darstellung der Planeten einprägen, um diese «rm Sternenhimmel gleich herauszufinden. Die Sonne mit ihrem Hellen Strahlenkranz, der Aureole (am Mond bekannt als Hof und bei Nebel an j^ier Straßenlaterne sichtbar), verbreitet während ihres Tagesbogens ein mildes Dämmerlicht- Das grelle Licht ist bedeutend abgeschwächt, um die Sonnenbewegung unter den Sternen auch am Tag verfolgen zu können. Der kleine Merkur ist immer um die Sonne zu finden, ebenso im doppelten Abstand Venus. Nach dem Verschwinden der Sonne im Westen sehen wir den roten Mars, den großen Jupiter und den ringgeschmückten bleichen Saturn.

Wieder ein Griff an der Schalttafel und über uns wölbt sich in ungeahnter Pracht der herrlichste Sternenhimmel, wie er sich uns sonst nur in ganz klaren Winternächten oder in der reinen Luft des Südens zeigt. Wir beenden uns nun in schönster Sternennacht auf einem hohen Punkt unseres Heimatorts und über uns Unendlichkeit. Jeder Matzstab für Raumtiefe ist dem Auge völlig verloren ge­gangen. Run wird der Fixsternapparat eingeschaltet und wir sehen nacheinander alle Sternbilder auf- und Nieder­achen, die wir im Lauf des Jahrs zu sehen gewohnt sind. Das ganze Firmament enthält alle sichtbaren Sterne bis 6. Größe, ungefähr 414 Taufend. Da erscheint am Osthimmel di« Morgendämmerung> dann fährt, alles überstrahlend, die Tageskönigin auf. Sie zieht in den verschiedenen Jahres­zeiten, bald höher, bald tiefer im Süden weilend, zum West- Horizont, dort eine mehr und mehr dunkelnde Dämmerung »rrücklaffend. In der Hellen Morgen- und Abenddämmerung sehen wir wieder den sonnennahen Merkur, im größeren Abstand den Morsen, und Abendstern Venns, je nach ihrer

augenblicklichen Stellung zur Sonne, und im weiteren Ge­folge der Sonne alle übrigen Planeten an unserem Auge oorüberziehen.

Während dieser Vorführung, bei -er wir eine Reihe von Tagen und Nächten verleben, mindestens einen Monat, zieht der Mond in allen seinen Phasen seine Bahn. Wir sehen fein Wachsen, bis er als Vollmond um Mitternacht im Süden steht, und fein Abnehmen, bis er als Neumond mit der Sonne über den Tageshimmel geht. Sinnreiche Vorrich­tungen gestatten, diesen Kreislauf der Gestirne mit ver­schiedenen Geschwindigkeiten abtaufen zu lassen. So einen Tag in 414 Minuten und in 50 Sekunden, wobei wir genau die Mondbewegung und ihre Stellung zur Sonne, die Ur­sache der Phasenbildung, verfolgen können. Es werden aber noch größere Geschwindigkeiten eingeschaltet, wobei die Vor­gänge eines Jahrs in 414 Minuten, in 50 Sekunden und w 7 Sekunden ablaufen, um die langsamen Bewegungen der äußeren Planeten wahrnehmen zu können-

Niemand weiß, welche Umwälzungen unserer kleinen Erde in dchi nächsten und folgenden Perioden von je 26 000 Jahren ( Sonnenjahr) bevorstehen. Man weiß auch nicht bestimmt, zu welchen Zeiten in solchen zurückliegenden Perio­den die Runen im Buch der Erdgeschichte eingetragen sitz"- Ist es da nicht ein erbebendes Gefühl, daß Menschengeist, und doppelt erheben- für uns Deutsche, daß deutsche Arbeit es ermöglicht hat, den erhabenen Himmelsanblick aus allen Perioden der Erdgeschichte in Jahrhunderttausenden vor und in Zukunft unserer Zeitrechnung genießen .zu können? H^r Iurahimmel, hier Eiszeithimmel, hier der Himmel um 15 000 n. Ehr. u. s. f und Ehrfurcht erfaßt uns in diesem Wunder, das uns die Größe der Unendlichkeit und di« Ge­ringfügigkeit unseres Erdendaseins offenbart.

Schon bei dem Jahreslauf von 414 Minuten Gefchwinl digkeit fährt die Sonne mit rasender Eile am Himmel dahm, nun immer im Westen aufgehend. Sie legt jetzt ihre im Tierkreis ostwärts gerichtete Bahn am Himmel zurück. Um diese Vorgänge Ostwanderung und Westaufgang -er Sonne zum Verständnis und überhaupt zur Darstellung zu bringen, waren zwei bedeutende Eingriff in das natür­liche Weltaetriebe erforderlich- Einmal mußten diese un»