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Nr. 182 Gegründet 1826 Samstag, den 7. August 1826 Fernsprecher Nr L9 100. Jahrgang

Tagedspiegel

Der amerikanische Schallsekretär Mellon halte in Rom eine einstündige Unterredung mit Mussolini. Sie sollen .vollkommen einverstanden" miteinander gewesen fein.

Lin französisches Geschwader von 50 Schissen wird im September eine Ostseefahrk bis Lettland ausführen.

In Lodz (Polen) sind die Arbeiter des Gaswerks und der Straßen- und Vorortbahn in den Ausstand getreten. Me Arbeiter des Elektrizitätswerks und der Fernsprech- ffelle wollen sich ihnen anschließen.

Me mexikanische Regierung, hat die am 2. August ver­fügte Beschlagnahme der amerikanischen Kirche San Jose de Gracia aufgehoben und ihren Leiter, einen mexikanischen Priester, in seine Rechte wieder eingesetzt.

Politische Wochenschau.

Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts". Und unser Ehamberlain weiß ebenfalls von nichts: er weiß nicht, daß man in Locarno den Deutschen für den Fall ihres Ein­tritts in den Völkerbund Kolonialmandate versprochen; er weiß nicht, daß man ihnen damals Herabsetzung der Zahl der Besatzungstruppen und andereRückwirkungen" in Aus­sicht gestellt hat; er weiß nicht, daß die Pariser Botschafter­konferenz die vollzogene Entwaffnung Deutschlands quittiert und dabei erklärt hat, daß der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund kein Hindernis im Wege stehe. Don all dem weiß Ehamberlain nichts mehr. Merkwürdig! Haben denn die Herren Dr. Luther und Dr. Stresemann ge­träumt oder phantasiert oder geschwindelt? Sie sehen wahrhaftig nicht danach aus. Im Gegenteil, es ist anzuneh­men, daß sie ohne alle diese Zusagen niemals Locarno paraphiert und ratifiziert hätten.

Daß Ehamberlain mit seiner handgreiflich unwah­ren Behauptung, De-utsOand hätte noch nicht abgerüstet und Monsieur Walch habe mit seinen Ausstellungen recht, der öffentlichen Meinung in Entstand eine unangenehme Ueber- raschung bereitet hat, bezeugen die neuesten bedeutsamen Erklärungen führender Staatsmänner im englischen Ober­haus. Deutschland, sagte Lord Robert Cecil, sei sei­nen Verpflichtungen nachgekommen, und die Kleinigkeiten, mit denen man sich noch zu beschäftigen habe, seien ohne Belang. Und Lord Grey betonte in seiner Rede die Not­wendigkeit, daß Deutschland im Völkerbund als völlig gleich­berechtigt behandelt werde, und daß die Zukunft des Bun­des davon abhänge, ob die Frage der Abrüstung gelöst werde. Endlich machte Lord Parmoor darauf aufmerk­sam, daß die Aeußerung Chamberlains nicht geeignet sei, Deutschland den Eintritt in den Völkerbund zu erleichtern, da es klar sei, daß Deutschland die geforderte Entwaffnung vollkommen erfüllt habe.

Der Mann hat recht. Chamberlains und setzen wir gleich hinzu des PariserTemp s" Katzenmusik ist das richtige Vorspiel für die September-Aufführung des Völ­kerbunds. Man könnte meinen, diese Herren in Lon-' don und Paris wollen uns Deutschen den Genuß, in ihre hohe Gesellschaft ausgenommen zu werden, von vornherein verekeln. So brachte derTemps" am 28. Juli einen halb­amtlichen Aufsatz überDie Abrüstung Deutschlands". Dort liest man u. a., der deutsche Pressefeldzug bezwecke nur, vor dem Eintritt Deutschlands in den Bund die Entwaffnungs­frage als erledigt hinzuftellen, die Verminderung der Be­satzungstruppen am Mein herbeizuführen und die Oeffent- üchkeit auf eine Aenderung des Dawes-Abkommens vorzu- bereiten. Die ganze Welt wünsche den Beitritt Deutschlands zum Bund, jedoch unter den gewöhnlichen und ordnungs­mäßigen Bedingungen. Aber es sei völlig unzulässig, wenn man, um das zu erreichen, neue Zugeständnisse und neue Opfer von den Siegern verlang«.

Das ist also die Luft, die sich um den Völkerbund lagert! Eie beweist, daß die deutschen Forderungen, wenn sie vor­her nicht erfüllt werden, nach dem Eintritt erst recht unter den Tisch fallen. Wieder einmal hoben wir das Vergnügen, ganz gehörig geprellt zu werden.

In der französischen Kammer wurde Poincares Fi­nanzprogramm gebilligt. Freilich, viel ist damit nicht gewonnen, denn tatsächlich enthält das Programm keine wirklich neuen und entscheiden«» Reformen. Im Gegenteil, man hat fast den Eindruck, als ob Poincare die Staatsaus­gaben eher erhöhen als vermindern wolle. Jedenfalls will er an der Stelle, wo am meisten gespart werden könnte, nämlich am Heer und an der Marine, alles beim alten lassen. Und so werden immer noch wöchentlich Millionen an die Kämpfe in Marokko und in Syrien, wo das Feuer des Aufruhrs noch lange nicht erloschen zu sein scheint, ver­schleudert. Poincare kennt eben nur zu gut die französische Eitelkeit, als daß er ihr auf solchen Gebieten durch Abstrei­chungen zu nahe treten möchte.

Radikaler erscheint uns die neueste Maßnahme der bel­gischen Regierung gegen die Inflation. Das Kabinett hat nämlich die Einlösung der Schatzscheine kraft des Ermächtigungsgesetzes vom Ist. Juli eingestellt. Diese Anordnung hat in Belgien eine ungeheure Bestürzung hervorgerufen, die in finanzieller, wie auch in innerpolitischer Hinsicht von überaus weittragender Auswirkung sein wird. Db aber eine Radikalkur, die den Staatskredit in feine» Grundfesten erschüttert, die belgische Inflation auf die Dauer mchalten läßt, bleibt allerdings abzuwarten.

Einen anderen Weg, um Geld für die leere Staatskasse zu beschaffen, hat Calles, der Bräschent Merikos ein-

Deutschlands neues Riesenheer"

Eine engtische Alarmnachrichk Berlin, 6. Aug. Aus dem Internationalen Arbeitsamt in Genf kommt durch Vermittlung der LondonerDaily News" die Alarmnachricht, daß Deutschland vorsätzlich und planmäßig wieder ein neues Riesenheer heranbilde und daß man in Genf für diesen Vertragsbruch Deutschlands unwiderlegliches Beweismaterial" besitze. Für deutsche Leser bedarf es keines Aufwands an Gegenbeweisen, um die Gen­fer Nachricht zu widerlegen, kennzeichnet sie sich doch als baren Unsinn durch die weitere Behauptung, daß im Reichs­haushalt die Kosten für dieses Riesenheer nicht im Heeres­haushalt, sondern unter städtischen und staatlichen Anleihen, Vorschüssen für Industrie und Wirtschaft und Ausgaben für Wohlfahrtspflege verzeichnet seien. Auch im Internationalen Arbeitsamt in Genf weiß man natürlich, daß man hier eine fette Ente hat fliegen lassen. Beachtenswert bleibt auf jeden Fall die Tendenz, die sich unter dem dick aufgetragenen Unsinn der Genfer Meldung verbirgt. Die Alarmnachricht hat das Licht der Welt unmittelbar nach dem Wieder­zusammentritt des Abrüstungsausschusses erblickt, der es be­kanntlich fertiggebracht hat, eine Ueberlegenheit des deut­schen Mannschastsbestands Arer den französischen hinaus

auszurechnen. Das mutz natürlich durch alle möglichen Schauermeldungen bewiesen werden. Auch ein etwaiges Widerstreben Frankreichs, die Verhandlungen über die Stärke der Besatzung im Rheinland in entgegenkommendem Sinn zu sichren, kann vor einer schlecht unterrichteten Oefsentlichkeit im Ausland wirkungs­voll durch die Genfer Meldung unterstützt werden. Daß diese Lüge gerade ihren Weg in ein Londoner Blatt ge­funden hat, wird verständlich aus einem Entlastungsbedürf­nis, das sich ohne Zweifel in Herrn Ehamberlain regt, der sich kürzlich vor dem Unterhaus in der gleichen Angelegen­heit in Widerspruch mit den Tatsachen festgelegt hat. Sollte der Interalliierte Militärüberwachungsausschuß während der vergangenen sechs Jahre wirklich so tief geschlafen haben, daß ihm die Schöpfung eines deutschen Millionenheers un­bekannt geblieben sein könnte? Wenn die Erfahrung, die man bisher mit ähnlichen Zwecknachrichten gemacht hat, nicht trügerisch gewesen ist, wird das von derDaily News" angeschlagene Thema wohl noch einige Fortsetzungen er­fahren. Auch der größte Unsinn wird ja schließlich von denen geglaubt, die ein Interesse daran haben, ihn für bare Münze zu nehmen oder auszugeben.

Poincares wichtigste Finanzgefetze angenommen

Paris, 6. Aug. Die Kammer hat in einer Nachtsitzung den Gesetzentwurf betr. die Einrichtung der Schuldentilgungs- kasse mit 420 gegen 140 Stimmen angenommen. Das Ge­setz, das die Bank von Frankreich ermächtigt, Gold und aus­ländische Devisen anzukaufen und in entsprechendem Betrag Banknoten auszugeben, fand mft 365 gegen 181 Stimmen Annahme.

Man spricht von einer neuen 7)4prozentigen Amerika- Anleihe in Höhe von 100 Millionen Dollar.

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Nach dem Wochenbericht der Bank rum Fnmkrqjch stchb«» sich der Banknotenumlauf in voriger Woche um IZRLtil- lionen Franken, die Vorschüße der Bank an den Staat am 400 Millionen erhöht.

Verminderung -es französischen Parlaments Paris. 8. Aug. Aus Ersparnisgründen und weil die großen Parlamente sich als arbeitsunfähig erwiesen hätten, haben die Abgeordneten Serot, de Monicoult und Bonnefeus (Republ. Vereinigung) den Antrag eingebracht, die Zahl der Senatoren auf 176 und die der Kammerabgeordneten auf 350 herabzufetzen.

Vom Prozeß in Angora

Angora, 6. Aug. In de« bisherige» Verhandlungen wurde das deutsch-türkische Kriegsbündnis mehrfach behandelt. Die Behauptung ging dahin, daß es ab­geschlossen worden fei, ohne daß das Kabinett darüber ent­schieden hatte. Allmählich verschiebt sich also di« SchuK» zum Tefl auf Persönlichkeiten, die bereits gestorben sind, wie Envsr, Talaat, Said Halim, Kara-Kemak. Der Antrag -es Staatsanwalts lautet auf Verbannung der Angeklagten nach bestimmte» Orte«. Todesurteile werden nicht erwartet.

geschlagen. Er enteignete einfach die Kirchen. Damkt aber stieß er in ein böses Wespennest. Es kam zu blutigen .Zusammenstößen zwischen den Katholiken und der Polizei. Da und dort mußten sogar die Truppen in den Streit aktiv eingreifen. Andererseits haben Arbeiter und Regierungs- an gestellte große Kundgebungen für die neue Regierungs­politik veranstaltet. Es ist nicht unmöglich, daß Calles feinen Kulturkampf" mit dem Leben bezahlen muß. So etwas nimmt ja der heißblütige Mexikaner nicht besonders schwer.

Auf die anmaßenden Behauptungen des englischen Ko­lonialministers Amery und seines Kollegen im Auswär­tigen Amte, Ehamberlain, hat die Hamburger Kolonialwoche die einzig richtige Antwort erteilt. Na­mentlich war es Gouverneur a. D. Dr. Seitz, der die Ko- Ämalfrage an ihrer wirtschaftlichen Seite aufzog. Heute erleben wir eine vollständige Umstellung der Welt­wirtschaft. Alle Kulturslaaten, die jahrhundertelang zu schla­fen schienen, ringen um politische und wirtschaftliche Selb­ständigkeit. Der einst gültige Satz:Die Industrie zieht den Rohstoff an" habe sich umgekehrt. Heute gelte vielmehr -er Satz:Der Rohstoff steht die Industrie an". Deshalb brauche Deutschland Kolonien. Das sei einfach eine Lebensnotwendig­keit für uns. Eine erfolgreiche Kolonialpolitik könne aber nur getrieben werden, wenn hinter ihr der ge­schloffene Wille des Volks stehe.

Zu einem häßlichen Auftritt kam es auf dem Bonner Studententag. Die Leitung der Deutschen Studenten­schaft ließ beim Kommers fchwarz-weiß-rote und schwarz- rot-goldene Flaggen anbringen. Der Vorsitzende -er Stu­dentenschaft Bonn aber, ein cand. theol. Mayer, ließ sie eigenmächtig entfernen. Darüber gewaltige Empörung unter

den Studenten, die sich erst legte, als Mayer freiwillig zurück­trat. Jetzt konnte der einmütige Beschluß gefaßt werden, den Hannoverschen Studenten wegen des Falls Lessing die Zustimmung der gesamten Deutschen Studentenschaft aus­zusprechen und den preußischen Unterrichtsminister zu er­suchen, die Strafe der Ausschlusses, die vom Senat über 11' Hannoversche Studenten ausgesprochen werden mutzte, zu­rückzunehmen.

Wie leben unter dem Zeichen von Einhoitsbestrebungen. Reichskanzler a. D. Dr. W i r t h, von dem das geflügelte, in Neckarsulm von Professor Ott wiederholte Wort:Der Feind steht rechts" stammt, ruft die Deutschenvon Köln bis Wien, von Konstanz bis Königsberg" zur Gründung einer Republikanischen Union unter dem Schutze des Reichsbanners Schwarz-rot-gold" auf. Aber er scheint wenig Glück mit seiner Idee zu haben. DieW jener Reichs­post" lehnt im Nomen derChristlich-Sozialen" in Oester­reich ab. Ebenso dieGermania", das Organ des reichs- deutschen Zentrums, und dsrWestfälische Merkur" schreibt gor: »Ernstlich besorgte Mitglieder dar Zentrum» «artei ... . vartcmoen. üaL «bkä» «»AM »»Aa.

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fortwährend Schwierigkeiten macht".

^Wer^einigen will, darf nicht bestehende Gegensätze Lv,

Neuestes vom Lage

Widerruf des Geständnisses Schröder»? Magdeburg. 6. Aug. Auf eine Anfrage teilte der Untere suchungsrichter Kölling der Magdeburger Zeitung mit» Schröder ist von gestern abend 7 Uhr bis heute morgen 4 Uhr und von heute morgen 9 Uhr bis nachmittags 4 Uhr vernom» men worden. Seine Braut ebenfalls. Er erklärte, daß ev sein Geständnis widerrufen müsse und seine frühere Aussage aufrechterholte.

Die Schwester Schröders wurde verhaftet.

kein« Verfassungsfeier in Bayern München, 6. Aug. In Bayern wird der Weimarer Ber- fassungstag auch in diesem Jahr nicht amtlich gefeiert. Ar» der Feier der Demokratischen und der Sozialdemokratische» Partei am Sonntag in der Flugzeughalle auf dem Ausstel- lungspiatz wird die Regierung nicht vertreten sein.

Der badische Staatshaushalt^an angenommen Karlsruhe, 6. Aug. Der Landtag hat den Staatshaushalt, plan 1926/27 mit 39 gegen 3 Stimmen (Kommunisten) an­genommen. 7 Abgeordnete der Bürgerlichen Vereinigung «nt- hielten sich der Stimme. Der Landtag wurde geschlossen.

Operation des badischen Finanzminifier»

Freiburg i. D-, 6. Aug. Der badische Finanzministor Dr. Köhler hat sich heute vormittag im hiesigen Lorettv-Kranken- haus« einer Bruchoperation durch Professor Dr. Diemer Un­terzöge«, di« gut verlief.

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Uebersaüen und tödlich verletzt

Frankfurt a. RT, 6. Aug. In der Nacht zum Mittwoch wurde auf dem Roßmarkt der Artist Lippold mit schwere» Hieb- und Stichwunden aufaefunden. Die eingeleitete Un­tersuchung hat ergeben, daß Lippold von einer größeren An. zahl kommunistischer Parteigänger überfallen, über das Git- ter des Gutenderg-Denkmal geworfen und am Kopf in furcht- barer Weise zugerichtet wurde- Lippold ist gestern im Kran- kenhaus gestorben, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben.

Zurückziehung der britischen Truppen au» China? London, 6. Aug. DerWeftminster Gazette" wird «M Schanghai gemeldet, die Msicht der britischen Regierung, k« britischen Bewachungstruppen an der Bahnlinie Tientsin