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Ragolder TagblattDer Gesellschafter"

Donnerstag,^22. Juli 1926

Württemberg

Stuttgart. 21. Juli. BesuchdesWienerSchubert- bunds. Am Dienstag vormittag wurde der auf einer Reise durch Deutschland begriffene Wiener Schubertbund auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof von Mitgliedern des Stuttgarter Liederkranzes feierlich empfangen und begrüßt. Nachmittags folgten die Sänger einer Einladung der Stadtverwaltung in die Villa Berg. Abends fand vor dem Schubertdenkmal im Garten der Liederhalle eine Huldigung mit anschließen­dem Konzert in der Liederhalle statt. Heute morgen ver­sammelten sich die Sänger zu einer Huldigung am Schiller­denkmal. Nachmittags erfolgte die Rückfahrt nach Wien.

Bewertung der Naturalleistungen bei Dorzugsrenten. Der Zentrumsabgeordnete Bock wendet sich in einer Kleinen Anfrage dagegen, daß nach einem Erlaß des Reichsfinanz­ministers im Vorzugsrentenverfahren die Naturalleistungen nach dem tatsächlichen Verkaufswert eingesetzt werden sollen, sodaß sie in städt. Verhältnissen eine geldwerte Einnahme von 800 -N darstellen. Dadurch würden die wirtschaftlich Schwachen, besonders die Hausangestellten nicht in den Genuß einer Vorzugsrente gelangen. Der Abgeordnete wünscht Aufhebung des Erlasses und entsprechende Nach­prüfung aller Gesuche, die unter dem Einfluß des Erlasses abgelehnt worden sind.

Unterstützung studierender Saarländer. Auf die Kleine Anfrage der Abg. Roos und Dr- B e i ß w ä n g e r^betr. Studienhilfe für an württ. Hochschulen studierende Saar­länder hat das Kultministerium geantwortet, daß die an den württ. Hochschulen studierenden Saarländer dieselben Unter­stützungen wie in Preußen und Bayern erhalten.

Zweigleisiger Ausbau der Strecke UlmAalen? Der Abg. Dr. Hölscher hat folgende Kleine Anfrage gestellt: Vom Reich werden Bahnbauten in großem Maßstab als vroduk- tive Erwerbslosenfürsorge ausgeführt. Ist das Staats­ministerium bereit, daraus hinzuwirken, daß die Strecke Ulm Aalen zweigleisig ausgebaut wird? Der Unterbau der Strecke ist zum Teil schon vorbereitet, ein Ausbau scheint im Interesse der Verkehrsförderung dringend wünschenswert.

Zugsverkehr. Seit Eintritt des günstigen Wetters hat der Reiseverkehr erheblich zugenommen-, so ist der zuschlag­pflichtige D-Zug 108, Stuttgart ab 8.36 nach Friedrichshafen stark besetzt. Anläßlich des bevorstehenden Ferienbeginns verkehren zur Entlastung der D-Züge 107/108 die neuen Eil- züge Nr. 15 und 16 zwischen Stuttgart und Friedrichshafen: Eilzug 15 Stuttgart ab 7.42 vorm., Friedrichshafen an 11.37 vorm, mit unmittelbaren Schiffsanschlüssen nach Lindau Bregenz und Konstanz, sowie Peresonenzugsanschluß nach Radolfzell: Eilzug 16. Friedrichshafen ab 7. abends. Stutt­gart an 11. 20 abends, ebenfalls mit Schiffsanfchlüssen von BregenzLindau und Konstanz.

Skafetlenritt. Voraussichtlich am 31. 3uli und 1. August wird, wie bereits berichtet, der Landesverband der länd­lichen Reit- und Fahrvereine eine Reiterstafekke über die größte Strecke des Landes, MergentheimFriedrichshafen gehen lassen. Für die etwa 300 Kilometer lange Strecke werden etwa 20 Stunden gebraucht werden. Es wird auch bei Nacht geritten. Es soll jedoch steine Höchstleistung er­zielt werden, es wird also weder lahme noch überanstrengte Pferde geben. lieber 30 Vereine werden sich beteiligen.

Der württ. Syarerbund ha! beim Slaaksministerium In einer Eingabe beantragt, den gewöhnlichen Satz für die Auf­wertung der Sparkassen über 1214 v. H. hinaufzusetzen, jedenfalls aber den Kaffen eine höhere Aufwertung ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend sreizustellen und zu empfehlen.

Fleischpreisabschlag. Die Stuttgarter Metzgerinnung hat mit sofortiger Wirkung den Preis für Kalbfleisch erster Güte von bisher 1-15 -st auf 1-10 -st herabgesetzt. Der Preis für Kalbfleisch zweiter Güte mit 1 -st bleibt unverändert.

Aus dem Lande

Heilbronn, 21. Juli. Landesversammlung der württemdergischen Gärtner. Aus Anlaß der Gartenbauausstellung, die vom 28. August bis 7. September hier siatkfindek, wird auch eine außerordentliche Hauptver­sammlung des Landesverbands Württemberg im Reichs­verband des deutschen Gartenbaus abgehalken. Die Haupt­versammlung findet am Sonntag, den 29. August statt und beginnt vormittags 10 Uhr, nachdem vorher die Arbeitsaus­schüsse und die Obmänner ihre Beratungen erledigt haben.

Korb OA. Waiblingen, 21. Juli. Leichtsinnige Burschen. Beim Hochzeitsschießen durch Mitglieder des Schützenvereins wurde durch Sprengstücke eines kreppieren- den Böllers der Giebel eines Arbeiterwohnhauses schwer be­schädigt.

Reutlingen, 21. Zuli. Gedenktafel an Erzber- gers Geburtshaus. Die Reutlingcr Ortsgruppe des Reichsbanners Schwarz-rok-gold will an dem Geburtshaus Erzbergers in Buttenhausen eine Gedenktafel an­bringen lassen.

Dienstag früh kam der Zug von Honau mit ^ständiger Verspätung an, da ein Gewiktersturm bei dem Münsinger Zementwerk eine Reibe Telegraphenstangen mit über hun­dert Drähten auf das Gleis geworfen hakte.

3n der Tübingern-"-^-' snhr ein Ro^kabrer mit einem Auto zusammen. Er erlitt dabei eine schwere Gehirn- erschükter- " und wurde ins Bezirkskrankenhaus gebracht.

Sluppach OA. Mergentheim, 21. Juli. Ue Verfüh­rung der Stuppacher Madonna. Die Stuppacher Madonna ist am Montag nachmittag durch eine Kommission von ihrem bisherigen Standort abgenommen und in einer Kiste mittelst Kraftlastwagen wohlverwahrt in die Wohnung des Oberpostmeisters a- D. Schlecht gebracht worden, von wo sie am Dienstag früh nach Stuttgart übergefü-hrt worden ist. Die Reichsbahndirektion Stuttgart hat das größtmög­lichste Entgegenkommen für den gefahrlosen und hemmungs­freien Bahntransport des kostbaren Bildwerks zugesichert.

Heidenheim. 21. Juli. Eine stattliche Ringel­natter. Eine Ringelnatter in der stattlichen Länge von 1,02 Meter und einer Stärke von 314 Zentimeter wurde von Schülern im Haardt an der Oggenhauser Straße ge­fangen.

Backnang, 21. Juli. Vermißt. Seit letzten Samslag wird der 54jährige ledige Bauer Christian Häußermann vom Heidenhof vermißt.

Tannhausen OA. Ellwangen, 21. Juli. Die sechste Tochter. Der Reichspräsident von Hindenburg hat bei der sechsten Tochter der Maurermeisterseheleute Lechner hier die Patenschaft unter Uebereichung eines Glückwunschschreibens nebst einer Ehrengabe übernommen.

Ehningen OA. Böblingen, 21. 3uli. Ein junger Le­bensretter. Beim Baden in der Würm geriet ein des Schwimmens unkundiger lOjähriger Schüler an eine tiefe Stelle und sank unter. Zur rechten Zeit bemerkten es seine mikbadenden Kameraden. Der 13jährige Realschüler Ernst Rösch rettete ihn vom Tod des Ertrinkens.

Dußlingen OA. Tübingen, 21. Juli. Hindenburg als Pate. Dem Ziegeleiarbeiter siohannes Hämmerte hier wurde als 10. lebendes Kind ein 8. Sohn geboren. Aus diesem Anlaß hat der Reichspräsident von Hindenburg die Ehrenpatenschaft übernommen und eine Ehrengabe für . den Täufling überreichen lassen.

Ennetach OA. Saulgau, 21. Juli. Vor der Hochzeit in den Tod. Ein in den 50er Jahren stehender Witwer hatte die Absicht, sich mit seiner Haushälterin zu verehelichen. Die Hochzeit sollte in den nächsten Tagen stattfinden. Die Kinder waren aber dagegen. Der Bräutigam sagte die Ab­sendung des Brautwagens telephonisch ab und erschoß sich mit einem Gewehr, machte aber zuvor noch einen Strick um den Hals.

Rottenburg. 21. Juli. Weitere Beile, dskuno- gedungen. Staatspräsident Bazille hat aus Berch­tesgaden an den Domdekan ein Beileidstelegramm zum Tode des Bischofs gesandt. Minister Beyerle, Ministerialrat Meyding und der bayerische Gesandte in Stuttgart, Dr Tischer, haben anläßlich der Beisetzung des Bischofs dem Kapitularvikar Weihbischof Dr. Sproll und Domdekan Dr Kottmann Besuche abgestattet. Der Oberrat der isrealiti- schen Religionsgemeinschaft Württembergs in Stuttgart hat ebenfalls sein Beileid ausgesprochen.

Rottrveil, 21. Juli. Wirbelsturm. Ueber das Un­wetter am Montag abend wird noch berichtet: Die Wind­hose hat fast im ganzen oberen Neckargebiet unheimlich ge­kauft, am schlimmsten war die Wirkung in Trossingen, wo die Straßen nachher besät waren mit Dachziegeln, Fenster­läden und dergl. Ueberall lagen entwurzelte Bäume und abgerissene Aeste. Der wolkenbruchartige Regen mit Hagel untermischt durchnäßte die beschädigten Häuser aufs schwerste. Etwa */- der Häuser sind abgedeckt. Dem Bauer Elias Meßner wurde der Dachstock weggesegt und ein großer Schuppen einer Brennholzsägerei weggetragen, ein anderer zusammengedrückt. Ein Kirchtum und zwei Kamine wurden rimgelegt. Bei Zepfenhau ist die ganze Ernte vernichtet, ebenso in Schömberg, wo Häuser z. T. abgedeckt und die Mundharmonikafabrik vom Fundament gerückt wurde. Viel­fach «ußte das Vieh anderwärts in Sicherheit gebracht wer- s««. Schlimm hat das Unwetter auch in der Balinger gehaust.

Aus Stadl und Land

Nagold, 22. Juli 1926.

Wer als ein Fuchs ein Amt erschleicht, der wird es als ein Wolf verwalten. K. Kretschmarin.

Nag oldlurng au »Gauturnfahrt.

Am Sonntag, den 18. Juli, fand die diesjährige Gauturn- fahrt des Nagoldgaues statt. Sie führte nach Mötilingen und war verbunden mit Turnhalleeinweihung, Einzel- und Mann- schaftswettkämpsen.

Die meisten Teilnehmer hatten von der Bahn aus noch einen tüchtichen Fußmarsch zu machen, ehe sie zum Festorl kamen! Die einen stiegen direkt vom Nagoldtal auf, durch morgenfrische Wälder, deren kühle, würzige Luft erfrischend in die Lungen strömte, die andern kamen von Althengstett her und hatten ihre Freude an der weit ausgebreiteten Pracht tau­belegter Felder und Wiesen und am weiten Blick in die Ferne, den man im Schwarzwald seltener genießt.

In Möttlingen angekommen, begaben sich die Wettkänrpfer nach kurzer Rast, nach alkoholfreier Erfrischnng, nach Ablegen der staubbedeckten Kleider im leichten, luftigenSport" zum Kampfplatz, dessen Lage am Rand eines schattenspendendm Waldes, auf einer leicht geneigten Anhöhe mit Fernsicht in den Schwarzwald allen wohl gefiel.

Um 9 Uhr begannen die Wettkämpfe der Turner und Turnerinnen. Sie dauerten bis über die Mittagsstunde hinaus. Da hieß es für jeden Teilnehmer und jede Teilnehmerin: Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz". Die Sonne brannte heiß, es troff der Schweiß". Ja, nur zu gut meinte es der Himmel mit den Turnern. Es war kein Leichtes, in solcher Hitze von Anfang bis zu Ende durchzu­halten und doch in jeder Kampfesart die gleichen Lüftungen wie auf dem Sportplatz zu Hause aus dem mehr und mehr ermüdenden Körper herauszuholen. Ein frischer Trunk, ein an­gefeuchtetes Taschentuch um die Stirne, ein leichter Wasserguß über die angestrengten Muskeln halfen da und dort noch nach.

Müde, aber im frohen Bewußtsein, wieder einmal seine ganze Kraft für eine hohe und kerngesunde Sache eingesetzt zu haben, gings zum Mittagstisch. Da und dort sagte wohl einer: Ich kann nicht mehr, bei mir ist'süber den Hunger hinüber". Andere wieder hielten auch hier wacker durch.

Die Entwicklung der Feuerwehr Wildberg

Von P. Schuster.

Aus Anlaß des Bezirksfeuerwehrtags in Wildberg wurde der Wunsch geäußert, es möge die Entwicklung der Feuerwehr Wildberg geschildert werden. Beim Suchen u. Studieren der alten Feuerwehrakten fand man dann alte Lokalfeuerlöschordnungen und ein Stück Heimatkunde entrollte sich, das wohl wert ist, auch andern gezeigt zu werden. Vielleicht auch mag es dazu beitragen, dem und jenen: eine andere Meinung über seine Stellung zur Feuerwehr zu geben. Es sei darum der Vortrag, der auf dem Bezirksfeuerwehrtag gehalten wurde, in etwas ab­geänderter Form der Allgemeinheit unterbreitet.

Die Regierung hat stets Verordnungen herausgegeben, die sich auf das Löschwesen beziehen und wenn wir diese durch­lesen, so sehn: wir ein Bild der Entwicklung. Das Löschwesen und damit die Bildung der Feuerwehren hängt ganz mit der Entwicklung der Wirtschaft und Technik zusammen. Dies gilt für das Land sowohl als auch für die einzelnen Orte. Wenn nun die Entwicklung der Wildberger Feuerwehr gezeigt wird, fo muß auch von der Entwicklung der Wehr des ganzen Lan­des die Rede sein. Als Quellen dienten dazu die alten Rap­portbücher, die Löschsrdnungen der Stadt aus den Jahren I8l4, 34, 54, 60, 68 und 73. Dazu kommen einige Fest­schriften aus den Jahren 76, 77 und 82, die über das Feuer­löschwesen in Württemberg berichten. Nicht vergessen soll sein die mündliche Ueberlieferung der alten und ältesten Leute von Wildberg.

Die Furcht vor dem Feuer hat stets auch Mittel suchen lassen, den Brand zu verhüten oder zu dämpfen. Das erste allgemeine Gesetz, in welchem der Feuerspritzen Erwäh nung geschieht, ist ein General-Reskript vom 7. Nov. 1671, welches die Einrichtung von Feuerordnungen in jedem Amte und die Anschaffung der nötigen Löschwerkzeuge:Feuercimer, Leitern, Feuerhaken, Spritzen und was dergleichen mehr noch notdurst" für jedes Ort befiehlt.

Wenn wir nun an manchen Brandsall denken, so werden wohl schmerzliche Gedanken geweckt. Bedenken wir aber, daß dadurch die Möglichkeit gegeben, Besseres und Schöneres zu erstellen, dann müssen wir doch sagen:Wohltätig ist des Feuers Macht". Wie ganz anders sind doch unsere Dörfer und Städte im Lauf der Jahrhunderte geworden, denn der Brände lassen sich gar viele anführen! Wenn wir die Ge­schichte der Brände in unserer Stadt vorbeiziehen lassen, so haben wir ein gut Teil Bau und Entwicklungsgeschichte der Stadt. Sehen wir das Bild der Stadt nach Merian aus dem Jahr 1643 an! Wie ganz anders steht das Bild von heute aus! Das Schloß ist 1618 abgebrannt, 16 24 brannte die

Stadt bis auf die Kwche, das Raihaus, das Spital und einige I wenige Häuser ab. Wenn wir wissen, daß damals der dreißig- , jährige Krieg in den deutschen Landen wütete und auch unsere Gegend von seinen Schrecken nicht verschont geblieben ist, kön­nen wir uns wohl vorstellen, daß der Bau nur langsam und äußerst sparsam vor sich ging. Doch malerisch und dem Ort und der damaligen Zeit entsprechend haben die Alten gebaut, so daß heute noch dre alten Winkel und Gäßchen das Ent­zücken der Maler sind, allerdings aber auch der Schrecken für die heutige Feuerwehr.

Das Schloß in seiner heutigen Gestalt ist erst 1688 wieder aufgebaut und schaut in erhabener Ruhe auf das Städtchen. Was könnte es und was könnten die alten Häuser nicht alles erzählen! Wie manchesmal hörten sie die Sturmglocken läuten, wenn der rote Hahn sich irgendwo niedergelassen hatte. An größeren Bränden im vergangenen Jahrhundert sei erinnert an das Jahr 1 8 2 4: Das Kloster Reuthin ist teilweise abge­brannt. Das Hauptgebäude mit der Kirche wurde xin Raub der Flammen. Es stand dort, wo heute das Forstamtsgebäude steht. Ein zweiter Brand vernichtete ein Gebäude, das in gleicher Linie mit der Landjägerwohnung stand und der unteren Scheuer zu gebaut war.In der stürmischen Nacht vom 16./17. Okt. 1841 brach auf der zwischen Gültlingen und Wildberg gelegenen sog. untern Papiermühle, welche dem Michael Lazarus und den: abwesenden August Rivinius, Vater von 6 Kindern, gehörte, Feuer aus, das mit einer solchen reißen­den Schnelligkeit um sich griff, daß die Bewohner außer ihrem Leben fast nichts mehr zu retten im Stande waren, und das ganze Wohn und Fabrikgebäude in wenigen Stunden ein Raub der Flammen wurde". So lesen wir in: Amts- und Intelligenz-Blatt, dem Vorgänger desGesellschafter" vom Jahr 1841 und wird für die Geschädigten von den Pfar­rern von Gültlingen und Wildberg sowie vom Dekan in Na­gold um Unterstützung gebelen. I 8 4 9 brannten in der Oberstadl 3 Häuser ab, an deren Stelle das H.:us von Kon­ditor Reichert und der Bären gebaut worden sind. Der Brand­fall ist deshalb tragisch, weil dabei ein junges Menschenleben vernichtet wurde. In einem der Häuser wohnte, wie mir die älteste Bewohnerin der Stadr, Frau Schmelzte, erzählte, ein Arzt, Dr. Jenisch. Von einem verschuldeten Zeugmacher soll der Brand gelegt worden sein. Die Tochter des Arztes schlief mit der Magd im Hinterhaus. Man muß sich die Häuser mit der Giebelseite zur Straße gestellt denken, so wie das Haus von Metzger Rühm. Der Sohn des angeblichen Brandstiftecs wollte das Kind retten. Von seinem Haus aus ginger an den Garnstangen vor und das Kind sollte ihm auf demselben Wege entgegenkommen. Ehe das Kind den Mut dazu aufbringen konnte, war die Stange mit dem Retter durchgebrannt und dieser abgestürzt und erlitt bedeutende Verletzungen. Die Magd ist dann aus dem Haus herausgesprungen und erlitt einen Beinbruch. Das Kind hat den vom Kloster herbeieilenden Pächter um Hilfe ge-

I rufen:Major, Major helfet mir", doch es war umsonstdas , Kind ist in den Flammen umgekommen. Von dem angebl. Brandstifter wurde noch erzählt, daß er später ein Gewächs auf dem Rücken bekommen habe, das die Form eines Kindes gehabt hätte. Am 10. Jan. 1858 brannte die Webanstalt ab. Heute steht an ihrer Stelle das Haus der Barmherzigkeit. Ta­bei war die Nagolder Feuerwehr zur Hilfe gekommen. Zum Bau der Webstühle wurde der Dachstock des Herenturins ver­wendet, weil er ganz aus Eichenholz war. Schade, daß aas gemacht worden ist.

Ein weiterer größerer Brand war am 5. Oktober 1868 : 6 Häuser von Metzger Röhn: an gegen das Schloß bis Aug. Reicherts Haus, also gegenüber dem Rathaus, brannten ab. Hier stand die Wirtschaft zun: goldenen Lamm. Damals war durch den Bahnbau in Wildberg viel Leben. Viele Italiener waren hier und durch eine leichtsinnige Magd in: Lamm soll der Brand entstanden sein. Als die Emminger Wehr nach ause fuhr, fiel ein Mann von der Spritze und verlor ia olge dessen das Leben.

Der größte Brand aber war der vom Jabr 18 74. Mit­tags 12 Uhr brach der Brand aus, der durch zündelnde Kinder entstanden ist. Zuerst brannten Häuier, an deren Sülle das Haus von G. Seeger und I. Kuonath in der Talstraße gebaut wurde. Flugfeucr ließ auch die weiter oben stehenden .Hämer in der besetzten Gaffe verbrennen. Der Keller von Leop. Schuaible ist heute noch der Rest des abgebrannten Hanfes. Ob diesem steht ein kleines Häuschen, das jetzt von K. Dittus bewohnt yr. Die Bewohner vom Jahr 1874 räumten aus und brachten ihre Habe in das gegenüberliegende alte Spital. Der Wind aber hatie nch wieder gedreht, und das Feuer erfaßte das Svikal, aber das kleine Häuschen blieb verscbont und steht heute »och- Das Haus neben dem Schulhaus ist an Stelle eines damals abgebrannten großen Hauses erbaut worden. Durch Flugteuer Hai damals sogar schon die Hinterseite der Traube Feuer ge­faßt, konnte aber rechtzeitig gelöscht werden. 8 Häuser brannten ob und 12 Familien waren obdachlos. Nach diesem Brand sind bis heule etwa 12 kleinere Feuer entstanden, denen jemen» eine -cheuer oder ein Wohnhaus zum Opfer gefallen lind-

Daß die Feuerwehr stets auch bei auswärtigen Branden zu Hilfe kam, soll der Vollständigkeit wegen erwähnt lew. Etliche Mal mußte man in Nagold helfen, da es ja dort ver­schiedene große Brände gegeben hat. Natürlich halfen die Na golder in freundnachbarlicher Weise auch in Wildberg.

Auch darf nicht vergessen bleiben, daß die Feuerwehr bei andern Unfällen und Gefahren für die irdischen Güter heran­gezogen wird. Wie manchesmal schon ist sie ausgerückt bc: Hochwasser. Oder neulich erst ward sie alarmiert, um vie Wälder nach einem verschwundenen Kind abzusuchen. Nicht umsonst steht am Nagolder Steigerturm ein Wort und es gut wohl jeder Wehr uns wird von ihr beherzigt:Einer sur alle alle für Einen". (Fortsetzung folgt.»