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Nagoldes Tagblatt »Der «esellschafter-

Dieuslag, 1. Juni 1S2S

Die schwierige Stellung Vriands

Paris, 31. Mai. Die Regierung hat einen Bericht «n das ganze Volk veröffentlicht und ihre Auffassung der Währungskrise sowie einige Maßnahmen, die sie zu er­greifen gedenkt, dargelegt. Zur Ueberwachung des Deoisen- niarkts soll ein beratender Ausschuß von Sachverständigen eingesetzt werden. Die Steuerpflichtigen sollen einer neuen Einteilung unterzogen werden unter Verminderung der sSteuer aus den beweglichen Besitz. Den Banken und der Bank von Frankreich wird die Regierung entgegenkommen. 88riand wird am Dienstag in der Kammer die Vertrauens­frage stellen. Er scheint immer mehr auf die Unterstützung Der Rechten zu rechnen.

Die Tatsache, daß Briand in dem Kampf mit der Kammer in der Währungsfrage es für nötig hielt, sich über ' Das Parlament hinweg an das Volk zu wenden, zeigt, wie Schwierig die Stellung seines Kabinetts geworden ist. Zu Weinen schärfsten Gegnern zählen jetzt die Sozialradikaien, !tüe das Kabinett bisher unterstützten.

Der kohlenstreit in England

London, 31. Mai. Das Unterhaus wird morgen sich !imt der Lage in der Kohlenindustrie befasse». Heute abend flaust die von der Regierung gestellte Frist ab. Wird der jvom staatlichen Untersuchungsausschuß vorgelegte Bericht micht von beiden Teilen angenommen, so zieht die Regierung »hr Angebot, weitere 3 Millionen Psd. St. Staatsunter- zftützung zu geben, zurück.Daily Expreß" sagt, die Re­gierung solle nun die Verhältnisse in der Kohlenindustrie 'auf gesetzgeberischem Weg regeln.

England und Aegypten

London, 31. Mai. Die englische Regierung hat, beun­ruhigt durch den großen Wahlerfolg der Zaglul-Partei, dem britischen Oberkommissar in Aegypten, Lord Lloyd, volle Handlungsfreiheit gewährt.

Der Putsch in Portugal

Lissabon, 31. Mai. Havas meldet, die Aufständischen seien vollkommen Herr der Lage. Die Infanterie- und die Marineschule in Lissabon haben sich ihnen angeschsossen. Der Staatspräsident habe das Entlassungsgesuch des Mini­steriums nun doch angenommen und unterhandle mit den Führern der Aufständischen über die Bildung einer natio­nalen Rechtsregierung, die die Führer bereits übernommen staben. Die Aufständischen verlangen schärfstes Einschreiten gegen die unter der Herrschaft der Linksparteien eingerissene Verderbnis in der Verwaltung.

Württemberg

Stuttgart, 31. Mai. DerleihungderRettnngs- « edaiile. Der Staatspräsident hat den Brüdern Ludwig ,nd Karl Zost, Schuhmachern in Knittlingen, OA. Maul- bronu. die Rettungsmedaille verlieben.

Von der Handwerkskammer. Der Vorstand der Hand­werkskammer Stuttgart beschäftigte sich in einer Sitzung init der Frage der Neufassung der Bestimmungen über die Höchstzahl von Lehrlingen. Die Bestimmungen sollen für ganz Württemberg vereinheitlicht werden. Dem vorgelegten Entwurf einer Verordnung des Arbeitsministerrums, dem die Beschlüsse der Vo'lverfammlunoen der Handwerkskam­mern zugrunde liegen, wurde im ganzen zugestimmt, nur soll noch aus kleine Abänderungen nach dein Wunsch.zweier Organiicnione» hin-ttnürki werden.

Hegen den Volksentscheid. Der Lanüesausschuß der Deutschen Bolkspartei hat die Losung gegen den Volksent­scheid (Richtbeteiligung oder Abstimmung mit Rein) aus- Uegeden.

Gegen die Oberamtsausteilung die wirklich oder ver­meintlich beabsichtigte wehren sich auch die Bezirke Ba­kugen und Gaildorf. Da über die Absichten der Regierung, «ne und in welchem Umfang sie die Verwaltungsänderungen

vorzuschlagcn gedenkt, abenteuerliche Gerüchte umgehen und Beunruhigung verursachen, wäre es zu wünschen, wenn baldigst von zuständiger Seite eme Aufklärung ge­geben würde.

Württ. Wsinbauverein. In der Hauptversammlung des Württ. Weinbauvereins in Stuttgart wurde mitgeteilt, daß im Vorjahr bei 168 400 Hektoliter Gesaniternte Württem­berg wieder den kleinsten Durchschnitts-Hektarertrag hatte. Der Rebenstand 1926 ist ungünstig. Der Frost hat bedeuten­den Schaden angerichtet, teilweise bis zu 90 Prozent. Der Mitgliederstand des Vereins beträgt 2897.

Lin Stuttgarker Reichswehrsoldat in Worms von den Franzosen verhaktet. Der Soldat Flaig vom Reichsmehr­regiment 13 in Stuttgart, der ohne Erlaubnisschein ins be­setzte Gebiet gefahren war, wurde in Worms verhaftet. Die Franzosen meiden, er habe zu entfliehen versucht und sei darauf durch einen Schuß des französischen Postens schwer verwundet worden.

Freie Postfahrt für Landtagsabgeordnete. Nach einer Verfügung der Oberpostdirektivn sind die Mitglieder des Landtags berechtigt, vom 1. Juni an die von der Oberpost­direktion Stuttgart betriebenen Krastposten ohne Erlegung des Fahrpreises zu benutzen.

Vom Tage. Beim Löten eines Autokühlers explodierte in einem Haus der Ulmerstraße in Wangen eine Lötkanne. Dabei erlitt ein 30 I. a. Schlosser Brandoerletzungen im Gesicht und an den Händen. Seit einigen Tagen wird Flaschnermeister Lutz von Kaltental vermißt. In der Schwabstraße fuhr ein aus dem Depot kommender führer­loser Anhängewagen auf einen Motorwagen der Straßen­bahn. Beide Wagen wurden beschädigt.

tag mit einer Sitzung des Gesamtpräsidiums und der Ab­geordneten. Rach Sem vorgetragenen Nechenschaftsberickf für 1924 und 1925 hat der Bund in 1650 Vereinen rund 140 000 Mitglieder. Die Einnahmen betrugen 1925 179 407 Mark, für Unterstützungen wurden 55 845 Mark, für die Krieoererholungshetme 19 170 Mark ausgegeben. Fitt IMg sind für Unterstützungen nsw. 103 000 Mark vorgesehen Der nächste Bundestag soll 1929 in W i l d b a d stattsinden. Am Samstag abend fand eine Begrüßung im Saalbau statt, bei der u. a. ein WcihespielGermanins Söhne" von Felix Reu­mann zur Aufführung gelangte. Die Verhandlungen^ am Sonntag vormittag eröfsnete der Bundespräsident General­leutnant Dr. v. M a u r. Er gedachte in warmen Worten aller der Freunde und Gönner des Bundes und derjenigen Mitglieder, die im abaelaufenen Iabr zur großen Armee ab- gcruscn worden sind. Der bisherige Bundespräsident General der Infanterie von Gerok wurde zum Ehrenpräsidenten er­nannt. Oberregierungsrat Köstlin entbot die Grüße des Staatspräsidenten, worauf noch weitere Begrüßungsan- sprachen folgten. Den Geschäftsbericht erstattete Major a. D. B ü r g e r, der u. a. mitkeilke, daß die Kriegererholungsheime in Herrenalb und Bad Riedernau jetzt insgesamt 83 Betten enthalten. In den Heimen sind 241 Kameraden an 3141 Berpflegungstagen untergebracht gewesen. Nach einem ge­meinsamen Mittagessen im Hotel Fezer fand nachmittags ein Festzug durch die Stadt zum Stadion stakt. Der Zug halte eine Länge von mehreren Kilometern. Im Stadion nahmen Bundesehrenpräsident und Bundespräsidium den Vorbeimarsch der nahezu 400 Vereine mit 12 000 Mitglie- dern und etwa 200 Fahnen ab. Nach einer Ansprache des Generals Dr. v. Maur verteilten sich die Festtoilnehmer in die verschiedenen Gssellschaftsgärten der Friedrichsau.

Ans dem Lande

Köngen, OA. Eßlingen, 31. Mni. R a d u n f a l l. Der 35jührige verh. Arbeiter Kurz von Unterboihingen fuhr auf der Kirchheimerstraße auf eine Telegraphenstange. Er stürzte ab und erlitt lebensgefährliche Verletzungen.

Zuffenhausen, 31. Mai. Todesfall. Nach mehrwöchi­ger Krankheit ist im Ludwigsburger Krankenhaus der in Sängerkreisen geschätzte Chormeister Albert Roller im Alter von 40 Jahren gestorben.

Kornwestheim. 31. Mai. Schwindler. Letzter Tage stellte sich ein Schwindler hier bei einigen Familien als Assistenzarzt von Professor Dr. Gaupp in Tübingen vor, gab für Nervenleiden ein Pflaster im Wert von einer Mark ab und ließ sich dafür 60 Mark bezahlen.

kirchheim a. N., 31. Mai. Blühende Trauben. In den.Berglagen Kapellenberg, Neuenberg sind schon seit einigen Tagen prächtig blühende Trauben anzutresfen. Diese Lagen blieben von Frostschäden verschont.

Schwaigern, 31. Mai. Einbruch in den Bahn­hof. In der Nacht auf Samstag wurde in das Bahnhofs­gebäude eingebrochen und die ganze Einnahme aus der Abendkasse gestohlen.

Rottweil, 31. Mm. Im Zeichen des Verketrs. Die Kraftpostlinien Rottweil-Rotenseld-Tübingen und Ratt- weil-Wellendingen wurden am Samstag dem öffentlichen Verkehr übergeben. Die an der Autolinie gelegenen Ort­schaften Böhringen, Dietingen, Gößlingen. Tübingen und Wellendingen haben dem Oberamtsvorstand -eramtmann Regelmann zum Dank das Ehrenbürgerrecht verliehen.

Dotternhausen OA. Rottweil, 31. Mai. Tödlich ver­unglückt. Beim Langholzabladen wurde der von hier gebürtig« 26jährige Franz Eckstein von einem rutschenden Stamm so unglücklich ins Genick getroffen, daß der Tod so­fort eintrat.

Schwenningen, 31. Mai. Leichenverdrennungs- hall e. Zum Bau einer Leichenverbrennungshakle hier hat die Haupikasse des Frcidenkervereins in Berlin ein Dar­lehen von 30 MO Mark gegeben. Hier sind 27 000 Mark gesammelt worden.

Alm, 31. Mai. Württ. K r i e g e r b u n d s t a g. Der Bundes- taa der württ. Krieaervereine beacmn am Samstag nachmit-

Aus Stadt und Land

Nagold, 1. Juni 1926.

Ein Einziges aus Erden ist nur schöner und besser als das Weibdas ist die Mutter. L. Scheser.

Handelskauimerfitzung vom 27. Mai 1S26.

Dem Beispiel der übrigen Kammern des Landes folgend wurde beschlossen, ein Prüfungsamt für Kurz- und Maschinen­schrift bei der Handelskammer Calw einzurichten. Da die bei­den Handelsschulen hier ihre Lehrer in Kurzschrift als Sach­verständige zur Verfügung gestellt haben, ist es möglich, die Prüflinge in allen üblichen Systemen zu prüfen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß ein solches amtliches Zeugnis in Kurz­schrift dem Inhaber den Weg zu einer Stelle immer erleichtert. Die Prüfung findet statt nach Bedarf, mindestens einmal im Jahr. Anmeldungen sind an die Handelskammer Calw zu richten. Weiterhin wurde beschlossen, eine Verbilligung, min­destens gerechtere Verteilung in den Fernsprechgebühren herbei- zusührcn. Die hohen Fernsprechgebühren rühren zu einem großen Teil daher, daß die Reichspostverwaltung sich nicht wie andere Organisationen hat entschließen können, ihre werbenden Neu­anlagen aus Anleihemitteln zu decken, sondern daß sie glaubte, alles aus laufenden Mitteln bestreiten zu muffen. Dieser Weg, der vielleicht im ersten Jahr nach der Inflation seine Berech­tigung gehabt haben mag, muß jetzt unbedingt verlassen werden. Der heute geltende Tarif, wonach keine Grundgebühr, sondern nur eine Gesprächsgebühr erhoben wird, führt dazu, daß der Teilnehmer, der viel sprechen muß, unverhältnismäßig stark be­lastet ist gegenüber dem Wenigsprecher, der den billigsten An­schluß in sämtlichen Ländern der Welt hat. Es muß daher unter allen Umständen wieder zurückgekommen werden aus Ein­führung einer Grundgebühr für Miete der Anlage, von jedem Teilnehmer gleich zu tragen, und einer billigeren Ortsgesprächs­gebühr, nach der dann auch jeder sparen kann, so gut es mög­lich ist. Tatsache ist, daß heute 6070°/, aller Teilnehmer einen für die Reichspostoerwaltung unrentabel« Anschluß haben. Mit dieser Ungerechtigkeit muß gebrochen werden. Endlich soll noch eine crhebliche Verbilligung der Nahferngespräche dis zu 100 Klm. beantragt werden. Die Reichsbahndirektion Stutt­gart hat die Anregung gegeben, zwecks Vereinheitlichung der

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Roumn von Fritz Steine mann.

HveVetz*«- Nachdruck verboten.

Grollend rief Möller den Namen seines Hundes, der tztrich daraus mit gesenktem Kopse heranschlich. Mit har- de» Griff sachte Möller cha und die Peitschenhiebe sausten Hernieder.

»Hallo, was gibt es da?" herrschte eine andere Stimme W eivch de» Waid.

Möller lietz de» Hund lo« und ivandte sich de» Nufer «n. der, offenbar sehr überrascht, den Herrn auf Mens seid chor sich M sehen, in gemessener Entfernung jllllftand und m Mrammer Haltung grüßte. Burkhard war er. der Förster »er MeuSfekder Waldungen.

.Schlecht erzogen, wollte wildern!" sagte Möller z» Er. «Vvmg. und durchforschte dabei Burkhards Sestcht, da» iH» jedoch nichts verriet.

.Ja, ja. die jungen Hund« haben viel Dressur u-otwen- Gig. Dar Temperament geht zu leicht mit ihnen durch."

Möller gab keine Antwort.

.Ich wollt« sowieso bei Ihnen versprechen. Herr Möller, Wie um einige Entscheidungen bitten."

Möller hieß den Förster «itkvmmen «nd beide tt tea Wie Wanderung nach der Billa an.

Burkhard erzählte von notwendigen Abschlägen u«d von Meupflanzungen. Möller hört« ihm ohne inner« Anteil- »ahme zu. nur hin und wieder warf er ein Wort hin. gleich. Ga» als Fade« für Burkhard, der denn auch getreulich wei­cher erzählte.

.Sagen Sie mal. Burkhard," nahm Möller das Wert, s.sett wann gibt e» eigentlich im Meusselder Wald Rei- Herinnen?"

Burkhard streifte sehr vorsichtig Möllers Gesicht, mrd in* sein«, kleine«, tiefliegenden Angen war ein vergnügtes Dlttryeto.

- .Seit kurzer Zeit gibt es eine, so da«» «nd wann, Fräu- Dch, Thiele."

Möller zuckte verständnislos die Schultern. Burkhard »ßte di« Bewegung richtig auf und erging sich in Einzel-

Mlten.

.Die Tochter des Automobilfaürikante« Reinhold Thiele .Herr Möller. Sie kennen ihn ganz sicherlich, zumindest«»,

dem Namen nach. Er ist doch geborener Rrustädter, hat ganz klein angefangen, als Schlosser, dam» durch die Hei­rat mit Luise Kleemann bekam er Mittel, etablierte sich als Fahrradsabrikant und ist schließlich zum Automobilbau übergegangen. Er gilt unten in Neustadt als wohlhabend."

.Sie kennen Wohl die Verhältnisse sehr gut?"

.Ich habe vor Jahren, als Thiele sozusagen noch klein war, mit ihm am Stammtisch gesessen. Wir stehen auch heute durchaus nicht schlecht miteinander, nur, die Jahre haben uns etwas entfernt."

.Hm. hm, verstehe, große Leute geworden, was?"

.Das wäre zu viel gesagt. Thiele ist nicht die Natur, um großartig zu tun. Freilich an sein« Tochter Hai er et­was gewendet. Sie ist ja auch sein einziges Kind."

.So, so," machte Möller, ohne auf das Thema noch wei­ter einzugehen. Er ärgerte sich im stillen, so viel von den Leuten mit angehört zu haben, die ihm im Grunde doch gleichgültig sein konnten.

Sie waren am Porktor qngelanqt.

.Wie ist es nun. .Herr Möller, soll ich Jagen 27 schlagen lassen?"

.Ich werde Ihnen noch Bescheid geben."

Nach dieser Antwort ließ Möller seinen Förster stehen und schritt langsam auf die Villa zu.

3.

Der Abend fand Möller, wie fast immer, einsam ln semem Bibliochelzimmer über ganzen Stößen von Akten, in die er sich prüfend vergrub. Der Tag war ihm in rast­loser Tätigkeit vergangen, hemmungslos war er von einer Aufgabe zur anderen geeilt, nicht eine Sekunde hatte er an dl« Erlebnisse dieses Vormittags zurückgedacht.

Der maßlos gesteigerten Anstrengung folgte di« Ermü­dung fricher als sonst, und mit der Erlahmung der vor- wärtstreibenden Kraft gingen sein« Gedanken ihre eigenen Wege. Sie streiften die Angelegenheit Wenbt. sie strebten sie aber eben nur, um alsdann inleresfiert, fast lückenlos di« Szene aufzubanen, die im Meusselder Walde von Täsar so grausam zerstört wurde.

Diese Erinnerung faßte Möller weit stärker als das Er­lebnis selbst. Es war ihm unmöglich, zur Arbeit zurück­zufinden. Die selbftgeschaffene Isolierung legt« sich gleich einem schweren Alp auf ihn imd alles drängte ihn nach einem heiteren Spiel des Lebens. Der Grmrd. der ihn bis­her zur Einsamkeit veranlaßt, galt nicht mehr, denn das

Werk stand, wie es der Plan gewollt, weshalb sollte er sich jetzt noch abseits hatten?

Run hatte ihn der Drang nach dem Leben ergriffen, fort Wollte er, irgend wohin I

Unten in Neustadt feiert« der Verein .Concordia" die fimfundzwanzigste Wiederkehr seines Stiftungsfestes. Der Vorsitzende hatte ihn persönlich um sein Erscheinen gebeten, mit der Mitteilung, daß man ihn zum Ehrenmitglied er­nannt habe. Er war kein Freund von solchen Veranstal- . tungen. Lediglich nm etwas zn unternehmen, entschloß er sich, hinzugehen.

Der Gesamtvorstand eilte zu seinem Empfang herbei.

Man geleitete ihn in die für ihn reservierte Loge, und es war «in ausnehmend eindrucksvoller Moment, als da? Sicht in dem kleinen Raume aufslammte und Möller sich der , Menge im Saale da unten zeigte.

Sogleich nachdem er seinen Platz eingenommen, er­schollen Fanfaven, und der Vorsitzende des Verein? begann die Festrede.

Aeußerlich folgte Möller den Ausführungen beinahe an­dächtig, im Grunde seines Herzens war er ganz und gar nicht im Banne des Redners. Nicht allzulange, und ec sah hinunter in den Saal, heimlich, verstohlen, um die Leut« zu mustern. Wofür er sonst nie ein Auge gehabt, da wriltt sein Blick mit stiller Bewunderung. Wieviele und was pft hübsche Frauen und Mädchen doch Stadt« imd Landkreis Meusfeld aufzuweisen hatte!

Plötzlich zuckte er innerlich zusammen. War sie e« wirt­lich. oder täuschte er sich? Er sah da? Bild, das er iw Meusselder Walde geschaut, und verglich damit die junge Dame in dem geschmackvollen, lichtblauen Seidenkleide, die soeben den Kopf hob. Er empfand bei der VestStiguna einen freudigen Schauer, ein Gkücksgefühl.

Beifall rauschte durch den Saal und entriß ihn seim' stille« Bettachtung. Er mußte sich ordentlich zusawme nehme«, um weiter die Rolle zu spielen, die er sich am« legt. Besucher erschienen, die darairf brannten, ihm t Hand drücken zu dürfen, neben ihm in seiner Loge eher zu können. Und immer kamen neue, unaufhörlich. Als er glaubte, des Schwarmes ledig zu sein, erschien Banldirek- ivr Lindner an seiner Seite. Natürlich kam er mit sine» Anliegen.

(Fortsetzung folgt.)