Sette 2 - Nr. V2
Nagoltzer Tagvlatt »Der Sesellschafter"
Donnerstag 22. Aprtt 192V
Neuestes vom Tag»
Landrat Schaible in Paris festqenonnyen Karlsruhe. 21- April. Landrat Schaible-Karlsruhe, der sich vor einigen Tagen auf eine Urlaubsreife nach Paris begeben hatte, ist nach einem Brief, den er selbst nach Karlsruhe gerichtet hat, dort festgenommen worden. Die Gründe Per Festnahme sind unbekannt. Es sind Schritte zur Aufklärung des Sachverhalts eingeleitet worden.
Die englisch« Besatzung in Königstein London, 21- April. Auf eine Anfrage über das rücksichtslose Vorgehen der englischen Besatzung in dem Badeort Königstein antwortete Kriegsminister Worthingkon ausweichend, es seien 27 Offiziere und 72 Unteroffiziere und Mannschaften in Königstein untergebrachk und 8 Privathäuser und 8 Skockwohnungen beschlagnahmt. In Quartieren seien 4 Offiziere und 37 Unteroffiziere und Mannschaften untergebracht. Die britische Besatzung habe denselben Anspruch auf Räumlichkeiten wie die französische. Ob deutsche Familien auf die Straße gesetzt wurden, darüber Hobe er keine Nachrichten.
Andauernde Krise im englischen Bergbau London, 21. April. Die Meldung, daß die Grubenbesitzer -er Festsetzung eines nationalen Mindestlohnes für die Bergleute zugestimmt hätten, ist unzutreffend. Die Grubenbesitzer beharren auf Regelungen nach Bezirken Die Lage ist noch immer ernst.
3« den englisch-türkischen Verhandlungen Konstantinopet, 21. April. Hier verlautet, Großbritannien, habe der Türkei einen langfristigen Sicherheitsvertrag mit
wirtschaftlichen Borletlen angeboken unter der Bedingung, -aß die Türkei die mesopotamische Grenze so, wie sie vom Völkerbund festgesetzt worden ist, annehme.
Bevorstehende Besetzung Pekings durch Tschangtsolin Peking, 21. April Mit dem ersten von Tientsin wieder «»kommenden Zug sind Quartiermacher Tschangtsolins ein- «etroffen- Seine angemeldeten Generale werden mit einem Vertreter Wupeifus die neue Regierung bilden.
Hauptversammlung der Württembergischen Landwirtscha Mammer
Stuttgart. 21. April. Die zweite Sitzung wurde am Dienstag vom Alterspräsidenten, Baumschulenbesitzer Aldi n g e r - Feuerbach-, eröffnet. Auf Vorschlag von Herrn a n n - Blaufelden wurde sodann unter dem Beifall der Anwesenden der bisherige Kammerpräsident, Gutsbesitzer Adorno-Kaltenberg, mit 61 von 63 abgegebenen Stimmen wiedergewählt. Für den nach Bayern übergesiedelten stellvertretenden Vorsitzenden Hornung-Schau- deü, dem der Präsident Worte herzlichen Dankes widmete, wurde Landtagsabg. Wilhelm Din gier-Calw gewählt.
Die Zuwahl von 11 weiteren Kammermitgliedern, bei der von den verschiedenen Landwirtschaftszweigen Bitten um Berücksichtigung vorgebracht wurden, hatte folgendes Ergebnis: Dr. Franck, Gutsbesitzer, Oberlimpurg-Hall, 63 St-, Dr- Strobel, W., Direktor der Württ. Laudwirtschafts- kammer, Stuttgart, 62 St.^ Kugler, I., Weingärtner, Fellbach, 61 St., Dr. Münzinger, A., Professor, Hohenheim, 50 St.. Beißwenger, W., Gutsbesitzer, Leinzell OA. Gmünd, L6 St-, Dr. v- Stauffenberg, F., "Frhr., Gutsbesitzer, Riß- tissen, 55 St-, Dr. Wacker, I. Professor, Hohenheim, 51 St-, btorz, K., Landoberstallmeister, Marbach OA. Münsingen, 80 St., Graf v. Rechberg, Borsitzender des Waldbesitzerverbands, Donzdors, 46 St-, Lang, H., Gutsbesitzer, Balingen, 45 St-, Dietlen, Präsident des Landw. Hauptverbands. Tübingen, 41 St.
In den Vorstand wurden gewählt:
Landwirte: Maunz, G-, Schultheiß a. D., Altheim, 88 St., Bogt, W., Oekonomierat, Gochsen, 57 St., Zeiner, Fr., Oekonomierat, Neuhaus, 56 St-, Melchinger, I., Landwirt, Unterensingen. 42 St-, Herrmann, Hugo, Landwirt, vlaufelden, 39 St.
Arbeiter: Brotbeck, W,- Oberschäfer, Hohenheim, 62 8t., Oesterlen, G., Forrenwärter, Unterjettingen. 53 St.
Stellvertretende Borstandsmitglieder: L a n dwirte: Schwörer, I., Schultheiß, Oberstetten, 61 kt.. Könio. M, Landwirt. Kaubach, 60 St-, Treiber^ W»
Dvmänepä'chter,' Schaichbos, 57 St.,' Dr. Franck. Fr. Gutsbesitzer, Oberlimpurg, 52 St-, Hermann, I., Gntspächter, Hohenmühringen, 37 St. Arbeiter: Hirning, I., Dienst, kriecht, Schimmelmühle, 59 St-, Roschmann, Oberschweizer, Ehrbach, 50 St.
In ausgedehnter Aussprache wurden Wünsche und Anträge seitens der Kammermitglieder vorgebracht. K e r m a nn - Hohenmühringen kam auf die Erklärung des Regierungsvertreters zurück. Die Beweise durch wirkliche Taten blieben aus. In den Milchversorgungsverhandlungen habe das Ernährungsministerium unbegreiflicherweise Gewehr bei Fuß gestanden. Die große Spanne zwischen Erzeuger- und Verbraucher-Milchpreisen sei unhaltbar. Das Konzessionsrecht der Städte lasse sich nicht mit der gleichzeitigen Beteiligung an den Milchzentralen vereinen. Stuttgart versperre täglich 20 bis30000 Litern Milch den Weg zu den Verbrauchern. Diese erzwungene Absatzstockung einheimischer Produktion einerseits und die Ueberschwemmung mit Auslandsware andererseits könne nicht mehr länger geduldet werden. Redner kritisierte weiter das Urteil des Reichsgerichts, das den Verkauf von Anfangsgemetk als „Nahrungsmittelfälschung" bezeichnet. Es sei hierbei der Mangel einer Hinzuziehung landwirtschaftlicher Sachverständiger bemerkbar. In der Versorgung des Landes mit elektrischer Kraft mache sich eine immer größere Willkür der Ueberlandwerke m der Preisgestaltung unangenehm fühlbar. In steuerlicher Beziehung werde vielfach rücksichtslos vorgegangen. All dies berechtige zu der Frage: Wo ist die Regierung?
Schüle-Wurzach wandte sich gegen die Einschätzung der Umsatzsteuersätze als Nicht- oder Mindestsätze. Sie müßten als Höchstsätze gelten. M a y e r - Pommerts- weiler und D a n g e l - Aepfingen verlangten in der Elektrizitätswirtschaft die Einsetzung von Sachverständigen zur Nachprüfung der die Landwirte erdrückenden Kostenberechnungen. Auf Antrag von Herrmann- Vlaufelden wird dieses Gebiet in der nächsten Kammersitzung einer eingehenden Besprechung unterzogen werden. Siegel- Lichtensgg begründet zwei einstimmig angenommene Anträge, denen zufolge von der Erhebung einer Gebäudeentschuldungssteuer für landw. Wohngebäude wegen der sonstigen steuerlichen Belastung und außerordentlich großen Notlage der Landwirtschaft abgesehen und Schritte unternommen werden mögen, daß die Banken und sonstigen Geldgeber die Zinsspanne zwischen Einlagen und Darlehen endlich auf ein erträgliches Maß zurückführen. Ein Antrag S ch m a lz r i e d t - Münchingen bittet das Ministerium, dahin zu wirken, daß. solange der 8 2 der Reichsmilchverordnunq noch besteht, dieMolkerei- und Milchabsatzgenossenschaften in ihrer Eigenschaft als Erzeugervereinigungen berechtigt werden, die von ihren Mitgliedern erzeugte Milch ohne besondere Handelserlaubnis unmittelbar den Verbrauchern zuzuführen. Ein weiterer ebenfalls einstimmig unterstützter Antrag Schmalzriedts wendet sich gegen das Urteil des Reichsgerichts betr- des Anfangsae melks. Zum Schluß wurde die vorläufig noch offene Frage aufgeworfen, wie sich die Kraftpflüge, -Schlepper und -Maschinen zu dem Trepprecht verhalten und auf die Notwendigkeit der Herabsetzung der Feldbereinigungskosten nachdrücklich hinge- wiejen.
Württemberg
Stuttgart. 21. April. Vom Landtag. Im Finanzausschuß teilte Präsident Körner mit, daß die Kanzleikosten des Landtags um 10 000 Mark höher angesetzt werden müssen, da die Druckkosten gestiegen seien. Die Drucklegung des Haushastplans habe allein 8000 Mark gekostet. Er schlägt vor, zwei jetzt vom Arbeitsministerium benützte Räume des Landtagsgebäudes der kommunistischen Fraktion und der Presse, die sehr mangelhaft untergebracht seien, zu überlassen. Ein Sozialdemokrat erhebt Widerspruch. Beim Kapitel Staatsministerium beantragt der Berichterstatter Dr. Wolff (Bbd.) Genehmigung. Auf verschiedene Anträge antwortet Staatspräsident Bazille.
Die württembergische Regierung habe Verständnis für eine der Befriedung Europas dienenden Politik, halte sich aber von übertriebenen Hoffnungen hierüber frei. Die Ge- landtkckasten in Berlin und München müssen bestehen.klei
ner Narmckewaron
57 humoristischer Roman von Fritz Gantzrr
Sie gab ihre Zustimmung und schritt schon im nächsten Augenblick an seiner Seite dahin.
Ein kurzes Zaudern ging dem Beginn seines Erzählens voraus. Und die ersten Worte klangen dann, als müsse er; sie sich unter seelischen Qualen abringen. Rrst nach und nach stoß die Rede leichter über seine Lippen. !
Und Renate erfuhr alles. Von dem Auftauchen seines! verdachtes an bis zu den Regungen, die erst vor Minuten,! da sie vom .verachten* gesprochen, durch seine Seele ge-> zogen. !
Ihr Kopf war immer tiefer herabgesunken, und mehr als einmal hatte ein qualvoller Seufzer den Weg über ihre Lippen gefunden.
Eie gingen gerade durch Hellen, lachenden Sonnenschei»H über einen weiten Rasenplatz, als er am Ende war. Er hatte ^ zu'.ctzt davon gesprochen, daß er noch vor kurzem an ihr Ber-! zeihe« geglaubt, nun aber nicht mehr darauf hoffe, da er wisse, daß sie ihn verachten müsse.
Sie schwieg lange. Ging immer noch mit tief gesenktem Kopf und rang mit sich.
Endlich fand sie Worte. „Sie haben mir da eine böse Geschichte erzählt, Herr Amtsrichter. Er geht so eigen darin zu, daß man vieles nicht zu verstehen vermag. Und wenn ich nun konsequent sein würde, müßte ich Ihnen als Antwort mein Urteil von vorhin sagen. Aber es gibt ja auch eine Inkonsequenz.* Sie lächelt« fein. „Wenn etwas anderes stärker ist als das Gefühl der Verachtung *
Er blieb hart stehen. „So darf ich auf Ihr Verzeihen hoffen?'
Sie neigte das schöne Haupt. .Im Erinnern an die glückliche« Tag« von Sylt wird es mir nicht schwer, Ihnen eia rundes Ja zu sagen - .
„Sie schenken mir mehr Güte, als ich verdien«, Renate*, sagte er warm. „Der Dank, den ich Ihnen schulde, wird mir abzutragen nie möglich sein. Es ist mir, als habe mir diese Stunde ein Geschenk von unendlichem Wert« gegeben, dessen ich mich aber doch nicht voll und ganz zu erfreuen vermag, weil es zu dem, was ich einst von Ihnen zu empfangen hoffte, in gar keinem Verbältnis steht . . . Sie erinnern mich
an oie unvergeßlichen Tage von Sylt, Renate. Ja, jene fernentrückte, nie wiederkehren' Zeit! In Torheit und Ver- ist düng habe ich dem, was uns damals geeint und zusam- mengesührt hatte, den Lebensnerv unterbunden und zum Sterben gebracht. Warum war ich nicht offen und ehrlich? Was hielt mich ab, eine klärende Frage zu tun? Und wie durfte ich Sie dessen für fähig halten, was Sie . . .*
„Ich glaube, das ist nun zwischen uns erledigt*, unterbrach sie, bestimmt sprechend, während eine leichte Wolke des Unmuts ihre reine Stirn für Augenblicke beschattete. „Warum beginnen Sie noch einmal?*
„Es läßt mich noch nicht los. Ja, es saßt mich jetzt erst mit voller Härte an, daß ich mir alles verscherzte: Ihre Freundschaft ging mir verloren. Und jenes andere, das noch schönere und höhere, muß verklungen und verrauscht sein wie eines lieben Liedes Töne.*
„Ich verstehe Sie nicht, Herr Amtsrichter", sagte sie sehr konventionell, obgleich es in ihrer Seele wie ein frohes, warmes Lachen war und der lose Schelm ihren schönen Augen ein Helles Leuchten gab. „Was sollte verklungen sein?"
„Quälen Sie mich doch nicht, Fräulein Renate!" bat er flehend. „Sie müssen es ja wissen, was ich mit meinen Worten sagen wollte."
„Nein!" log sie mit seeligcm Herzerzittern. „Und ich bitte Sie nun dringend, mir auch das noch zu sagen. Oder wollen Sie, daß neue Mißverständnisse einen Schatten über unser Scheiden bereiten?"
Also so hatte sie zu ihm gestanden! Eine locker« Freundschaft war es nur gewesen, die in jenen Tagen auf Sylt ein leises Band zwischen ihr und ihm gesponnen. Und er hatte geglaubt, ihrem Empfinden den Namen „Liebe" geben zu dürfen. Tor» der er gewesen! Und nun verlangte sie, daß er von seinen Hoffnungen, die sowieso zertrümmert am Boden lagen, spreche? Er wollte schon ausweichend und abwehrend erwidern, als ihn der Trotz packte. Gut, mochte auch das noch gesagt sein!
„Sie wünschen es, Fräulein Brandt*, preßte er dumpf heraus. „Lassen Sie mich ganz kurz sein. Sie ist so eigen, unsere ganze Geschichte. Gelegentlich einer Unterhaltung mit der Komtesse Leffenthin wurde das Gespräch auch auf ihre Person gelenkt. Ich erfuhr vieles von Ihnen, und es wurde mir zur Gewißheit, daß Sie das Mündel meines verstorbenen Onkels sein müßten, der in seinem Testament die eigen-
ben. Die Verlegung des Staatsministeriums nach Der Villa Reitzenstein habe sich bewährt: über die Verwendung des alten Gebäudes in der Königstraße habe der Landtag zu entscheiden. Von einer „politischen Krankheit" könne bei ihm, dem Staatspräsidenten, keine Rede sein. Das seien Märchen. Die Koalition arbeite gut zusammen. Auf dem Gebiet der Aerwaltungsreform werde sich eine Verständigung finden lassen. Der Glaube, daß mit der Staatsvereinfachung eine wesentliche, die Steuerleistung herabsetzende Wirkung zeitigen werde, sei ein Köhlerglaube. Daran ansck'ießend wurden Personalfragen erörtert. Die Anträge der Komm», nisten aus Beseitigung der Pressestelle und der Geiandts.chaf. ten werden gegen deren Stimmen abgelehnt, desgleichen ein Antrag Scheef lDem.s, der sich gegen die Beamteneigenschaft des Inhabers der Pressestelle richtete. Angenommen wurde ein Antrag des Berichterst. Dr. Wolfs und ein Antrag Keil, der von der Regierung alljährlich eine Uebersicht über ihre Stellungnahme zu den Beschlüssen des Landtags fordert. Hierauf wurde mit der Beratung des Etats des Arbeit»- und Ernährungsministeriums begonnen. Berichterstatter Pflüger (Soz.) besprach soziale und Verkehrsfragen.
In der Eisenbahnfrage erklärte Staotsrat Rau, das Hemmnis liege beim Reich, das seine Verpflichtung zum Weiterbau der begonnenen Nebenbahnen zwar nicht bestreite, den Ansprüchen Württembergs aber Nichtvorhan, densein von Geldmitteln entgegenhalte. Die Verhandlungen werden fortgesetzt und die württ. Regierung werde nötigenfalls eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs her» beifübren. Die Frage, ob das Reich sich an den Nachbarschaftsbahnen in der Gegend von Stuttaart beteilige, werde demnächst entschieden werden. Dann erst könne über Konzessionserteilunaen beschlossen werden. Der Plan einer Schnellbahn Stuttaart—Tübinaen sei noch zu wenig "eklärt, besonders hinsichtlich des Unternebw-rs. Die Gemeinde Waldenbuch selbst sei noch nicht schlüssig.
Todesfall. Der Professor an der Hochschule für Musik in Stuttgart, Paul Otto Möckel. ist im Alter von erst 36 Jahren nach schweren Leiden in Zürich gestorben.
Schuleinweihung. In der Vorstadt Kaltental wurde gestern das neue Schulhaus mit Turnhalle eingeweiht.
Perkehrselnschränkung. Ab Samstag. 24. April 1928, verkehrt wegen Verkehrsrückgangs der Zug 874 Stuttgart Hbf- ab 4.17, Weilderstadt an 5.48 Nm. nur noch Werktags, ausgenommen Samstags.
Am Sonntag, den 9. Mai, wird ein billiger Verwaltungs- Sonderzug von Augsburg nach Stuttgart ausgesührt, Augsburg ab 5 Uhr früh, Stuttgart an 8.30 Uhr. Abends 8 Uhr verläßt der Zug Stuttgart.
Willenlos und durstig. Vor dem Stuttgarter Schöffengericht hatte sich der 40jährige Schultheiß Albert Gairing von Stetten auf den Fildern wegen Unterschlagung im Amt zu verantworten. Gairing hatte als Verwaltungsmann gelernt, die staatliche Prüfung aber nicht abgelegt. Nach der Besoldungsordnung konnte er daher nicht in die ersehnte Gehaltsgruppe 7 einrücken. Er wußte sich aber zu Helsen,
indem er aus dem Quittungsbogen mit einem Federstrich aus einer römischen VI eine VII machte, und die eigenmächtige Verbesserung trug ihm im ganzen etwa 1600 Mark an Gehalt und 130 Mark an erhöhter Aufwandsentschädigung ein. Außerdem eignete er sich aus der von ihm verwalteten Feldbereinigungskasse 2000 Mark an. Letzteren Betrag Hut er mit Hilfe eines Darlehens, das er von Freunden erhielh wieder gedeckt- Gairing erhielt vom Oderamtsvorstmd da» Zeugnis, daß er zwar von Haus aus nicht schlecht und intelligent, aber willenlos und auch durstig sei. Er lieble die „Viertele", von denen er bis zu zehn zu sich zu nehmen pflegte. Der Staatsanwalt beantragte eine Gefängnisstrafe von 1 Jahr 2 Monaten. Das Gericht ließ es bei 9 Monaten bewenden.
Aus dem Lande
Endersbach OA. Waiblingen, 20. April. Lrichen- ländung. Der 60 Jahre alte Postfahrer Christian Hen- bach von Strümpfelbach, der seit 14 Tagen vermißt wurde, hat sich selbst das Leben genominen. Sein Leichnam wurde aus der Rems geländet.
Heilbronn, 21. April. Wohnungselend. Nach den Feststellungen des Wohnungsamts wohnen hier in 30 Haushaltungen 5 Personen, in 68 Haushaltungen 4, in 45 Haushaltungen 3 und in 8 Haushaltungen 2 Personen meinem Zimmer.
tümlichen Bestimmungen getroffen. Nicht wahr, ich täuschte mich nicht?"
„Nein. Lore schrieb in einem ihrer Briefe von jener Unterhaltung, und ich ahnte, wußte nun, daß ich damals auf Sylt jemand kennen gelernt, der mich einst ausgeschlage»' hatte."
„Ja, ich wollte Sie damals nicht, weil ich grundsätzlich gegen Ehen bin, die andere in Vorsehung zurechtzumachen sich bemühen. Ich gab mich mit der Busennadel zufrieden."
„Und ich bekam ein zweites Exemplar, das dem andere» völlig glich."
Er nickte. „Dann begegneten wir uns auf Sylt, nicht ahnend, daß man uns für einander bestimmt." Er machte eine lange Pause und fuhr endlich, schneller sprechend forr: „Dort kam mein Herz den Wünschen meines wunderliche» Verwandten entgegen. Ich empfand bald, daß ich das für Sie fühlte, was nur ein einziges Wort unserer Sprache treffend bezeichnet. . .*
„Und das nun wieder verklungen ist?*
Er beobachtete ihr feines, frohglückliches Lächeln »sicht und sagte: „Nein, es ist noch heute in alter Stärke vorhanden. Ich wählte vorhin einen falschen Ausdruck. Aber es muß sich mit einem Bescheiden abfinde», da es nie auf Entgegnung hoffen darf."
„Sie meinen, das Mündel würde sich mm dafür räche», daß man es einst nicht wollte?"
„Es hat mich wohl noch nie gemocht. Und wenn ich mich in dieser Hinsicht täuschen sollte, so müßte doch mein Vergehen jeden Funken dieses Empfindens erstickt haben."
„Es waren nie Funken vorhanden" erwiderte sie, sich bemühend, einen entschiedenen Ton zu finden.
„Ich wußte es," sagte er resigniert, als sterbe erst in dio- ser Sekunde sein letztes Hoffen.
„Aber es gibt ja nicht nur Funken." Ein Helles Rot stieg in ihre Wangen, als schäme sie sich, ihm so weit entgegen- konnnen zu müssen, um ihn endlich sehend zu machen. Und ,zögernd und ganz leise, wie verträumt sprechend, fuhr sie fort: „Es gibt auch Flammen, blankes Feuer, das nimmer verlöscht."
Und nun kam ihm endlich das Verstehen. Wie ein blitzendes Aufleuchten durchzuckt« es seine Seele, so grell und scharf, daß er für Sekunden kein Wort fand und endlich nur eins sagen konnte, in scheuer, glücksdurchzitterter Frage: „Renate?" (Fortsetzung folgt.»