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Mt den illustrierten Unterhaltungsbeilagen „Zeierstunden" und „Unsere Heimat"
Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage „Haus-, Sarten- und Landwirtschaft"
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Rr. 82
öegrünciet 1828
Samstag den 10. April
Zernsprecher Nr. 2S
roo. Jahrgang
rage»s»ie»el
Das amllick-e Ergebnis des VEsbeovstrons über Mrftenabfindung iin Reich soll noch dem B.T. am Sonn- lag bekannt gegeben werden.
Der 39. Deutsche kmdwirtschchtliche Genossenichajistag wird am 15. und 1k. Juni in Rostock stattfinden.
Der Pariser „Quottdien" berichtet. Abd el Krim habe den, französischen Vorschlag einer Ansammeakunst seiner Vertreter mit französisch«» Unterhändlern in Adsa zwecks Verhandlungen über einen Waffenstillstand zugestinrrnl Die Zustimmung Spaniens stehe noch aus.
Zea» Durand (radikaler Senator) hat das durch den Rücktritt Malvys freigewordene Portefeuille des französischen Innenministeriums angenommen. Malvy wird die Waffenfiiilskmdsverharchlungen mit Abd el Krim testen, die in Udja stattfinden.
Die australischen Staaten mit Ausnahme von Reusüd- woles hoben der Ausnahme einer großen Anleihe zvgeskimmt, mit deren Hilfe die Einwanderung nach Australien gefördert werden soll.
Politische Wochenschau.
Dos Kabinett Briandgerettet! Die Peret - scheu Steuergesetze von Kammer und Senat angenommen! Dies nach heißem Kampf, wobei es hart an einem Konflikt zwischen Kammer und Senat vorbeiging. Der Franzose ist nun einmal steuerscheu. Das war er von jeher und ist es durch die leichtfertige Politik Pmncares noch «ehr geworden. Immer hieß es: Der Boche wird alles zahlen! Dazu kam noch der frevelhafte Einbruch in das Ruhrgebiet. Auch -er sollte Kohlen und Geld in Hülle und Fülle bringen. Aber beide Hoffnungen trügren. Und Frankreich rutschte inzwischen rascher und tiefer auf der abschüssigen Dahn der Inflation: der Franken fiel von Woche zu Woche. Wie nun helfen? Fünf Finanzminister, unter ihnen sogar das Finanzgenie Caillaux, konnten das Finanzelend nicht kurieren. Immer der heftige Gegensatz zwischen der Linken, welche mehr Besitzsteuern forderte, und der Rechten, die sie ablehnte. Zuletzt drehte es sich um die Umsatzsteuer, also dieselbe Steuer, di« der deutsche Reichstag kurz vor Torschluß auf 0,75 v. H. herabgesetzt hatte. Was Doumer nicht gelang, das brachte 14 Tage später Per et fertig- Run hat auch Frankreich seine Umsatzsteuer und will mit deren Hilfe sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf der Inflation herausziehen. Später soll zur Nachkur noch ein Zucker- und Erdölmonopol dem Geretteten gereicht werden.
Freilich, wie lange das alles hilft, weiß niemand. Die glückliche Wendung verdankt Briand dem gewaltigen Einfluß des Kammerpräsidenten Herriot und der drohenden Finanzkrisis. Aber noch bleiben 2,5 Milliarden ungedeckte Ausgaben. Briand wird also über kurz oder lang abermals in die Schranken treten müssen. Es gäbe allerdings ein gutes Heilmittel: die Nbr ü st u n g. Aber „der brave Mann denkt zuletzt an sich". So auch Frankreich in der Abrüstungsfrage. Wohl soll am 20. Mai die „vorbereitende Abrüstungskonferenz", die wiederholt verschoben worden war, doch endlich inGenf zusammentreten. Ob es aber wirklich so weit kommen wird? Rußland hat abgesagt, denn die Schweiz ist immer noch in Verruf der Sowjetherren. Auch hast Tschitscherin die ganze Sache für eine Komödie. Rußland kann und will nicht abrüsten, da es von den kapitalistischen Großmächten fortgesetzt bedroht sei. In England hat der Abg. Ponsonby im Unterhaus mit Berufung auf die Bestimmungen des Versailler Vertrags und auf die Tatsache, daß Deutschland nun anerkanntermaßen entwaffnet sei, die Wahl gestellt: entweder Deutschland als eine gleichberechtigte Großmacht die Vermehrung seiner Rüstung wieder zu gestatten oder man soll allgemein, und zwar bis auf das Maß Deutschlands herunter abrüsten. Die Regierung hat nichts gegen eine Abrüstung zu Lande- Zur See aber habe England „ausgedehnte und verlegbare Handelswege" zu schützen, könne somit an der Seeflotte nicht abbauen — ein Standpunkt, den auch Amerika für seine Seerüstung in Anspruch nimmt. Kurz, die Mächte alle miteinander, von Italien und Polen ganz zu schweigen, zeigen keinerlei Lust zur Abrüstung. Sie. die ehemals Himmel and Hölle gegen den „verfluchten preußischen Militarismus" in Bewegung gesetzt hotten, pflegen nun mit allem Eifer diesen bösen Geist in ibren Böllern und ganz besonders m ihrer Jugend. Allüberall sind Schulen, Juaendoerbände, Sportvereine der militärischen Ausbildung gewidmet. Gleichviel. ob die allgemeine Wehrpflicht wieder aufgehoben ist (wie in England und in Amerika), oder ob sie noch zu Recht besteht. „Ihre Lippen triefen von Frieden, im Herzen aber denken sie Arges." Die Welt war trotz Locarno und Völker kund und Abrüstungskonferenzen nie so ferne vom Frieden als heute.
Das gilt ganz besonders von Frankreich und seinen Abenteuern in Marokko mG Syrien. AbhekKrimhat den Feldzug wieder ausgenommen. Die Syrier wollen von Frankreich loskommen. Das syrisch-palästinensische Komitee bat eine Depesche cm die französische Kammer und an den Senat gerichtet. Da heißt es u. a.: Syrien lehnt die Pläne Iouoenels, die auf eine Aufteilung Syriens in vier Einzelstaaten hinauslaufen, nachdrücklich ab, und wird keinesfalls mit sich über seine völlige Unabhängigkeit und Unteilbarkeit handeln lasten." — Das ist deutlich. Dabei wird »Frankreich für die Zerstörung von Damaskus und für die Riedermetzeluna von Tausenden van Fronen und Männern
Intimes vom Völkerbund
Konstant! nopcl. 0. April. Die türkische Regierung hegt zu der von England angeregten Wiederaufnahme der Verhandlungen über Mossul kein Vertrauen, denn die bekannte Entscheidung des Bölkerbundsrats über Mossul sei durch ein Ränkespiel Englands zustande gekommen. Sie behauptet, Spanien habe gegen jene Entscheidung stimmen wollen, aber Chamberlain habe den spanischen Völkerbundsvertreter davon abgehalten, indem er ihm einen ständigen Nats- sitz versprach. — Die Genfer Komödie sowie die Scheinheiligkeit Chamberlains werden dadurch wieder in eine neue interessante Beleuchtung gerückt.
Rücktritt Malvys
Paris, 6. April. Der Minister des Innern Malvy, hat Briand sein Rücktrittsgesuch überreicht. Briand hatte lange Beratungen mit verschiedenen Ministern. Es wird für möglich gehalten, daß der Schritt Malvys, der mit mehreren Ministern in schwerer Meinungsverschiedenheit stand, den Sturz des Kabinetts Briand nach sich ziehen könne, da Briand Stimmen der Linken verlieren wird. Mit der Wahrscheinlichkeit, daß Herriot die Regierung in kurzer Zeit übernehmen wird, wird allgemein gerechnet.
Das „Echo de Paris" glaubt, daß der Sturz Malvys aus Herriot und sei« Freunde zurückzuführen sei.
Rußland gegen sei« Einkreisung durch England London, 9. Avril. Die „Times" will wissen, die Sowjet regierung habe Polen, Finnland, Litauen und Estland M Verhandlungen über gegenseitige Sicherheits- und Neutral^ täts- und Handelsverträge einqeladen, durch die sich Staaten die gegenseitigen Grenzen verbürgen.
Besprechungen des Reichskanzlers in München Berlin, 9. April. Reichskanzler Dr Luther wird sich in nächster Zeit in Begleitung des Reichsinnenministers Dr. Külz und des Reichsfinanzministers Reinhold nach München begeben, um mit der bayerischen Regierung übe» wichtige Fragen zu verhandeln. — Es soll sich um da» Verhältnis zwischen Bayern und dem Reich, den Finanz ausgleich und die von Bayern gewünschte Vereinfachung der Verwaltung auch im Reich handeln.
Die Frankenlöhnuna der Saararbeiter Saarbrücken, 9. April- Diejenigen deutschen Arbeite« die im Saargebiet beschäftigt sind, aber im Reichsgebiet außerhalb des Saargebiets wohnen, entsteht ein schweres Schaden dadurch, daß sie in dem entwerteten französische» Franken entlohnt werden. Die Saarregierung lehnt die Ent» lohnung in Mark aber hartnäckig ab. Die Rcickisregierun» bat nun. um die Schädigunn m lindern, eine Beihilfe y»ch 350 000 Mark auswerfen müssen.
Englische Nimm znr Enlsegnng der Rheinländer
Der „Manchester Guardian" über die Besehuagslafl London, S. April. Der „Manchester Guardian" begann gestern mit der Veröffentlichung einer Artikelreihe seines Berichterstatters im besetzten Gebiet über die dortigen Verhältnisse. Der Berichterstatter führt aus: Die rechtliche Grundlage für die deutsche Forderung, daß das gesamte Rheinland unverzüglich geräumt werden solle, ist der Versailler Vertrag. Es ist klar und anerkannt, daß Deutschland alle Verpflichtungen dieses Vertrags erfüllt hat. Wenn schon durchaus Verbands-Truppen im Rheinland verbleiben sollen, so sollten nach Locarno so wenig Truppen wie möglich im Rheinland bleiben. Sie müßten so wenig wie möglich in Erscheinung treten und io wenig Lasten wie möglich verursachen. Es dürfte keine Einmischung in Angelegenheiten der Zivilbevölkerung stattfinden, soweit das nicht die Sicherheit der Verbandstruppen unbedingt erfordert. Statt dessen hat aber die Rheinlandkommiffion immer noch Befugnisse, die über das, was für die Sicherheit dieser Truppen notwendig ist, hinausgehen. Me diese Rechte können gefährliche Werkzeuge des Drucks werden, wie schon so oft vorher, wenn, insbesondere di« französische Politik Deutschland ungünstig ist. Weder die französischen Gendarmen noch die französischen Sicherheitsagenten hätten ein Recht, auf deutschem Boden zu sein
Mussolini nach Tripolis abgereist Rom, 9. April. Gestern vormittag begab sich Muss»> kini nach Ostia und an Bord des Panzerschiffs „Caoour". auf dem sich bereits die faszistische Parteileitung und die Parteisekretäre der Provinzen eingefunden hatten. Mussolini, dessen Nase noch verbunden ist, hielt an sie eine A« prache, die mit den Worten schloß: „Wir (Italiener) find Menschen des Mittelmeers und unsere Zukunft — ich will damit niemand Nachreden — hatimmeraufder» Meer gelegen und wird immer auf dem Meer liegen." (Mussolini hat damit das bekannte Wort des Kaisers Wilhelm ll. nachgeredet: Unsere Zukunft liegt auf dem Master.) Gegen 12 Uhr dampfte der „Caoour", von mehrere» Kriegsschiffen begleitet, in See. In Garta wurden die Par- terleute an Land gesetzt und Mussolini setzte seine Fahrt »ach Tripolis fort.
Anschlag auf den russische« Inneukommistar Moskau, S. April. Ein Student, der Sohn eine« früheren Schloßangestellten, schoß aus den Jnnenkommistar Beloborodow und verletzte ihn an der Schulter. Der Täter wurde verhaftet. (Beloborodow war an der Ermordung der Zarenfamilie beteiligt.)
allein verantwortlich gsmackt. Wehrend des Weltkriegs, als Europa in Blut schwamm, babe Syrien den Beweis seiner hoben Auffassung und menschlicher Gesittung geliefert. Es babe das beste Einvernehmen zwilchen Mohammedanern und Christen bestanden. „Wir protestieren gegen die A'rffastung, die Räumung Syriens könnte Metzeleien zur Folge haben."
Es wäre also böchste Zeit, auch im dringenden Intereste der französischen Finanzen aelegen. wenn dieses io bald als nur möglich seine marokkanische und syrische Gewaltpolitik aufgeben würde. Freilich wird es dann um sa mehr wieder Zeit für seine deutschfeindlichen Wühlereien in Polen und in der Kleinen Entente finden. Hier wird man geradezu nervös, wenn man etwas von einer Annäherung zwischen Oesterreich und Deutschland merkt. So hat man natürlich sich fiirchterfick über den freundnachbarlichen Besuch des Wiener Bundeskanzlers Dr. Ramek in Berlin aufgereat. Dieser gab deshalb zur Beruhigung der eifersüchtigen Gemüter gleich daraus eine Gastrolle in Prag, die andererseits ihm die schwerbedrückten Sudetendeutschen» welche immerbin 3,5 Millionen m der Tschechoslowakei zählen, schwer verübelten.
Auch auf dem Balkan wollen die Regierungen nicht zur Ruhe kommen. In Bukarest haben Bratianu und Avarescu wieder einmal die Rollen getauscht. Der Regierungswechsel bedeutet Kampf gegen die Beamtenverderbnis und die Spekulantenwirtschaft, die unter der alte» Regierung großgezüchtet wurde, vielleicht auch die Rückkehr des verbannten Kronprinzen Carol, der trotz seiner Liebesabenteuer außerordentlich volkstümlich ist. Das ganze Ränke, spiel der Abdankung ist Bratianu zur Last zu legen, der auk den ehrlichen Kronprinzen schlecht zu sprechen war-
Wichtiger und einschneidender ist der Rücktritt de» südslawischen Ministerpräsidenten Pasitsch, der seit mehr als einem Jahrzehnt die Geschicke des serbischen Volkes leitet ind der zweifellos der Schöpfer des heutigen „Königreichs der Serben, Slowenen und Kroaten" ist. Aehnlich oder noch mehr als die Tschechoslowakei ist Jugoslawien eine» der dümmsten Pfuschioerke» welche die Weisen von Versailles und St. Germain seinerzeit verbrochen hatten. Kein Nationalstaat, sondern ein Völkerstaat, wo di« einzelnen Rationen, wie r. V. die Serben und die Kroaten wie Hunde und Kotze»
Zusammenleben. Pasitsch nun ist der Vertreter einer stram men Zentralisierung, und deshalb nahm er voriges Jahr R a- ditsch, den Führer der Kroaten, in sein Kabinett herein. Das war damals ein großes Verbrüderungsfest. Jetzt, nach Jahr und Tag zeigt es sich doch, daß die beiden nicht zu sämmenpassen. Daher die Regierungskrists.
Der 1. April ist wieder einmal ein kritischer Tag erster Ordnung für unfern altersgrauen Planeten. An diesem Tag hat das große Indien in der Person des Lord Irwin einen neuen Vizekönig erhalten, und just zu seinem Empfang gab es in Kalkutta eine fürchterliche Schlägerei zwischen Hindus und Moslims, die bekanntlich von jeher einander sptn- nenfeind sind. ^
Am 1- April hat das Saarland einen neuen Prast- deuten bekommen. Der Kanadier Stephens hat das Erbe seines allgemein verhaßten Vorgängers, des Franzose» Ra ult, angetreten. Die Saarländer hoffen, daß es best« werde. Ob aber Stephens, der seither das am besten gelittene Mitglied der völkerkundlichen Saarregierung war. soviel Rückgrat hat, um den übermächtigen pcflitischen Einflüssen aus Paris zu widerstehen und namentlich auch mit der Franzosenwirtschaft in den Kanzleien auszuräumen, da« muß die Zukunft lehren.
Am 1. April ist seit 13 Jahren erstmals wieder ei» Reichshaushalt rechtzeitig in Kraft getreten, mit den» selben Tage auch die neuen Reinholdschen Steuergesetze, die rund eine halbe Milliarde Steuern weniger verlangen. Wer wollte sich nicht über solche Steuermilderung freuen? Hoffe» wir, daß Dr. Rein hold sich nicht verrechnet hat! E« kommt ja manchmal anders, als man denkt.
Betrüblich und beschämend sind die Unterschleis« bei der Reichsbahn. Der Hauptschuldige, Reichsbahn- rat Föl sing, bei der Reichsbahndirektion Osten, hat sich selbst gerichtet. Nun kommen die anderen an die Reihe. Freilich, wenn man von 60 Beamten und gar von einer Unterschlagung von 20 Millionen sprach, so ist das stark üdertrie- den. Aber immerhin, auch wieder ein Zeichen von Demoralisierung, wie sie im alten „Obrigkeitsstaat" einfach unmög lich gewesen wäre- Hoffentlich wird ein strenges Gericht gö kalten werden. Das lieot nickt mir im Interesse der Reicks-
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