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Nr.64

öegrünäer ISA

Donnerstag den 18. März

Zernsprecher Nr. 26

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100. Jahrgang

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Verschiebung des Eintritts Deutschlands in den Völkerbund

Genf. 17. März. In einer geheimen Sitzung des Völker­bundsrats wurde gestern abend mit 7 gegen 3 Stimmen (Schweden, Belgien und Japan) beschlossen, bei der Völker­bundsversammlung zu beantragen, über das deutsche Aufnahmegesuch erst im September abzu­stimmen. Me deutsche Abordnung hatte sich vorher mit der Verschiebung einverstanden erklärt, wie sie in einer amt­lichen Mitteilung bekannt gibt; das Friedenswerk pon Lo­carno werde dadurch nicht berührt.

Briand ist heute von Genf nach Paris ab ge reist, um im Ministerrat den Wortlaut der Regierungserklärung fest/ setzen.

Brasiliens Einspruch Legen die Ausnahme Deutschlands

Gens. 17. März. In der heutigen Vollsitzung des Völker­bunds gab der Vertreter-Brasiliens, MeltoFranco, in sichtlicher Erregung eine Erklärung ab: Die am 1. De­zember 1924 auf die deutsche Anregung betreffend Aufnahme irr den Völkerbund abgegebene schriftliche Erklärung des Völkerbundsrats (in der ein Rakssitz für Deutschland zu- gesicherr wurde) könne er (Franco) nur insoweit als bindend ansehen, als dies im Einvernehmen zwischen allen Rats­mitgliedern über alle im Zusammenhang damit aufgewor­fene Fragen möglich sei. Dem Vertrag von Lo­carno stehe Brasilien freundlich gegenüber, aber der Ver­trag müsse sich in i»en Völkerbund einstigen und nicht um­gekehrt. Brasilien verlange,als Vertreter amerikanischer Interessen" eine stärkere Beteiligung der amerikams l en Mächte im Rat. (Die südamerikanischen Staaten wollen aber gar nicht, daß Brasilien in den Rat komme.) Sein Einspruch gegen eine Veränderung des Rats im gegenwärtigen Augen­blick und- in der geplanten Weise (d. h. gegen die alleinige Aufnahme Deutschlands) sei unwiderruflich und endgültig-

Me Entgegnung Chamberlsins

' Mit sichtlicher innerer Erregung stellte Chamber! a in den Ausführungen Francos gegenüber fest, daß der Auf­nahmeausschuß des Völkerbunds (dessen Vorsitzender Cham- berlain ist) den deutschen Ausnahmeantrag einstimmig empfohlen habe. Deutschland habe von Anfang an eine selbstverständliche und vernünftige Bedingung an seinen Ein­tritt geknüpft: die Erlangung eines ständigen Raks- jitzes, der ihm mit Rücksicht aus seine große Bedeutung in der Welt unbedingt zukomme. Es sei Anstandspflich g»aen- über Deutschland, zu erklären, daß die bedauerlich n Mißverständnisse und Schwierigkeiten, dic sich bei den Verhandlungen in Genf aus beiden Seiten zeig­ten, durch das Zusammenwirken aller Beteiligten ausdew Wege geräumt worden seien.

Es erhob sich ein lebhafter Beifall, der sich zu einem Sturm steigerte, als Chamberlain denEdelmut von Schweden und der Tschechoslowakei" pries, dic durch ihr Opfer die Beseitigung aller Schwierigkeiten er­möglicht hätten. Das Werk von Locarno'sei da­durch gerettet und die Gefahr vermieden worden, daß Europa von neuem in zwei Lager gespalten wurde. Er, sei bitter enttäuscht, daß trotz dieser erzielten Ueber- einstimmung die Aufnahme Deutschlands nicht jetzt voll­zogen werden könne. Er schloß mit dem Ausdruck der festen UeberzeuguNg, daß die Vertagung zur Sicherstellung des deutschen Eintritts in den Völkerbund bei der nächsten Tagung des Völkerbunds dienen werde.

Die Erklärung Chamberlains machte tiefen Eindruck aus die Versammlung.

Lobhudelei Briands

Briand erklärte, die Mißverständnisse zwischen den Vertretern Deutschlands, Frankreichs und der anderen Rats- mächke schienen durch eine vollständige gemeinsame Ver­ständigung beseitigt, die durch die Vollversammlung und den Rat die Weihe hätte empfangen sollen. Aus der heiklen Lage werde man herauskommen, ohne daß das An­sehen irgendeines Landes oder des Völkerbunds leiden werde. Briand warnte vor einer öffentlichen Herabsetzung des Völkerbunds als Folge dieser schmerzlichen Ereignisse. Er empfinde es als eine Grausamkeit des Schicksals, daß die Zusammenarbeit mit Deutschland ihm heute noch versagt werde, ober alle seien und zwar auf Anregung der deutschen Vertreter (starker Beifall) dahin über­eingekommen, daß das ehrliche und aufrichtige Friedens- adkommen von Locarno darunter nicht leiden dürfe. Briand forderte zur «Reformierung und Veränderung des Völker­bunds' auf (!) und pries den Herzensadel der deut­schen Vertreter, der dazu geführt habe, daß das Werk von Locarno in dieser Krise unversehrt und unantastbar er­halten blieb Briand forderte als unerläßliche Handlung des Völkerbunds gegenüber Deutschland .eine Art moralischer oorausgreifender Aufnahme Deutschlands' in das Werk des Völkerbunds durch Annahme folgender Erklärung: .Die Versammlung bedauert, daß die bis jetzt aufgetauchten Schwierigkeiten es nicht ermöglichen, das Ziel zu erreichen, für welches Deutschland nach Genf eingeladen war. Sie drückt den Wunsch aus, daß diese Schwierigkeiten bis zur ordentlichen Sepiembertagung der Völkerbundsversammlung überwunden sein werden, damit dann zu diesem Zeitpunkt die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund vollzogen werden kann.'

Der Kehraus

Der Vorsitzende des Völkerdundsrats, Ishij (Japan) erhob den Vorschlag Deutschlands, einen Ausschuß zur Prü­fung der Frage der Ratserweiterung einzusetzen, zum An­trag. Unden (Schweden) bedauerte in entschiedenen Wor­ten, daß durch nationalistische Bestrebungen der einzige Zweck der Tagung, die Ausnahme Deutschlands, vereitelt worden sei.

Im Namen von Chile, Kolumbien, Kuba, Guatemala, Nicaragua, Panama, Paraguay, Uruguay, Venezuela und )er Dominikanischen Republik verlas E a b a ll e r o - Para­guay eine scharfe Erklärung gegen Brasilien. Chao Lin Ehu (Ehina) bezeichnete es als saycy, sag oer Avirer- bund die Länder nach ihrer militärischen Macht im Wert einschätze, statt nach ihrer geographischen und wirt­schaftlichen Bedeutung. Darauf wurde dis Sitzung ge­schlossen.

Die Pariser Presse meint, der Völkerbund Habs beim ersten ernsten Streitfall sich als ohnmächtig erwiesen. Me Vertagung bedeute den Zusammenbruch der Poli­tik von Locarno (Echo de Paris). Der Beweis lei er­bracht, daß es unmöglich sei, alle Länder der Welt in e i n Netz einzusperren. Gaulois uird Avenir schieben die Schuld Deutschland zu.

Der LondonerDaily Telegraph" schreibt: Selbst das Opfer Schwedens wird nicht das Ansehen einiger Staats­männer retten, die in Locarno Dinge versprachen (Polens Ratssitz), über die sie kein Verfügungsrecht besaßen.

Kapstadt. 17. März. In der Südafrikanischen Union herrscht weit überwiegend Empörung über das un­würdige Spiel in Genf und man bezeichnet Chamber­lai n als den Schuldigen. DieTage Times" schreibt: Wenn Chamberlain von Anfang an eine offene und nicht zwei­deutige Stellung eingenommen hätte, so wäre die Gefahr für den Völkerbund nicht möglich gewesen. Es sei eine Treu­losigkeit, Deutschland zum Sündenbock machen zu wollen.

MiMmmun« in Berlin

Berlin, 17. März. In weiten politischen Kreisen hat die Nachgiebigkeit der deutschen Abordnung in Genf peinliches Aussehen erregt und verstimmt, daß sie ihre Zustimmung dazu gegeben hat, daß zwei nichtständige Ratsmitglieder (Schweden und Tschechoslowakei) zurücktreten, damit Polen und Holland gewählt werden können. Damit habe der fron,Mische Standpunkt gesiegt. Das Endergebnis bleibe eine starkeVerschiebung der vom Reichs­kadinett und Reichstagsausschuß festgestellten Grundlagen der deutschen Völkerbundspolitik. Trotz dieses weitgehenden Nachgebens von deutscher Seite werde aber auch noch ver­sucht, die Ratserweiterung um einen weiteren Vasallenstaat Frankreichs, Rumänien, zu erpressen. Diese Zumutung sei schlechterdings unannehmbar. In einer Unterredung Dr. Schuberts mit Loucheur habe er diese Forderung abgelehnt und die halbamtliche Erklärung durch WTB. habe erfreulicherweise darüber auch keinen Zweifel gelassen.

Beachtliche russische Aeukerungen Genfer Streit

Moskau, 17. März. Die .Zsroestija' schreibt halbamt­lich zu den Genfer Verhandlungen: Von den Redensarten wie «Geist von Locarno", .europäische Sprache der Gemein­samkeit" (Briand) usw. ist nichts übrig geblieben als die Er­kenntnis, daß sie in ihrer ganzen Unehrlichkeit zu­tage getreten sind Die Kernfrage in Genf war derKampf zwischen England und Frankreich, die Frage, ob .das System von Versailles aufrechterhalten werden könne oder nicht. Deshalb hat die Pariser Presse so leiden­schaftlich erklärt, die Abänderung des Versailler Vertrags würde den Krieg bedeuten. England hat Deutschland mit dem täuschenden Versprechen auf seine Seite ge­zogen, daß der Versailler Vertrag wenigstens bezüglich der Lsigrenzen abgeändert werden solle. Es wird immer klarer, daß sich im Völkerbund Neugruppierungen der Mächte vor bereiten, deren Mittelpunkte England und Frankreich sind. Das ist ein untrügliches Anzeichen, daß ein neuer europäischer Krieg im Ent­stehen ist.

Rußland soll wieder militarisiert werde«

Zn der Militärwifsenschaftlichen Gesellschaft in Moskau führte der Kriegsminister Woroschilow in einer Rede aus: Die neue Militarisierung Rußlands ist unsere wichtigste Aufgabe. Die internattonale Lage ist ver­wickelter und unsicherer als je. Nach der Auffassung der Versailler Siegerstaaten können die tckwedenden Fragen nur mit der Waffe gelöst werden, und Rußland kann dann nicht abseits stehen

Der russische Staatspräsident Nykow erklärte in einer Rede am gleichen Tag: Die Friedensschaimeien von Lo carno sind in Genf verstummt, dafür werden Tatsachen be­kannt, die die zahlreichen Widersprüche im europäischen La­ger aufdecken. Man hat uns Vorreden wollen, der Ver­trag von Locarno sei für Rußland unbedenklich. Zetzk wissen wir, daß er nichts weiter bedeutet als den Versuch, Rußland einzukreisen. Der Völkerbund, der immer dieBefriedigung der Welt" im Munde führt, dient in Wirklichkeit friedensfeindlichen Zielen.

Die deutsche Abordnung ist am Mittwoch abend S Uhr mit Sonderzug von Genf nach Berlin zurückgereist.

Die Völkischen und Kommunisten werden eine Bespre­chung der Genfer Verhandlungen im Reichstag beantragen.

Rach der LondonerTimes" ist in Genf zwischen Frank­reich. Italien und Südstavien ein Abkommen grundsätzlich Mkroffen worden, das den Anschluß Oesterreichs an Deutsch- land unmöglich machen soll.

Infolge des Scheiksrns der Völkerbundsverhnldlunqeu «brr den Eintritt Deutschlands hält man in Paris die Stel­lung Driands für erschüttert. Cs ist sch : einem Kabinett herriot die Rede.

Zwischen Deutschland und Afghanistan ist ein Areund- scha-sverlrag abgeschlossen worden.

Die italienische Regierung hat am 15. März beim bri tischen Schatzamt 2 Millionen Pfd. Slerl. als erste Tilgungs­rate der ikalienischen Kriegsschuld an Großbritannien ein­gezahlt.

Eine Anzahl britischer Marineoffiziere ist in Valparaiso eingetroffen, um nach einem Vertrag mit der chilenischen Regierung bei der Reuordnung der chilenischen Flotte be- hilflich zu sein. Das chilenische Landheer ist bekanntlich von deutschen Offizieren umgebildet und es trägt auch deutsche Uniformen.

Deutscher Reichern

Berlin, 17 März.

178. Sitzung. Fortsetzung der zweiten Lesung des Reichs- bciuchaitsplans des Reichsministerium des Innern, und ^war bei den Ausgaben für wissenschaftliche und künstlerische Zwecke, für die insgesamt 1,1 Millionen Mark ausgegeben werden sollen. Neu eingestellt sind für kulturelle Zwecke 1 Million Mark.

Abg. Lambach (Dnakl.) weist darauf hin, daß in den Gebieten des Grenz- und Auslanddeutschtums heute zahl­lose gute deutsche geschichtliche Erinnerungen und Namen für geographische Gegenstände aller Art bedroht sind. Der deutsche Geograpbentag hat es bereits als nationale Pflicht bezeichnet, diese Namen zu schützen, und an alle beteiligten Kreiie die Bitte gerichtet, in allen Fällen, wo geogravhische Doppelbenennungen bestehen, dem deutschen Romen den Vorzug zu geben und ihn an die erste Stelle zu setzen.

Abg. Dr. Schreiber (Zentr.) begründet eine An­frage über die Not der deutschen Künstler und Schriftsteller. Das Reich müsse helfen, nachdem bereits Preußen und Bayern ihre Hilfsbereitschaft gezeigt haben-

Abg. Dr. H e (Dem.) warnt vor einem Kunstföderalis- mus, der dadurch entstehe, daß man die Förderung der Kunst zur Aufgabe der Länder und nicht des Reichs mache. Die Bekämpfung des Mafsenschunds in der Kunst sei Reichssache.

Abg. Schwarz (Komm.) lehnt die gegenwärtige Kunst als Klassenkunst ab.

Abg. Mumm (Dnkl.) verlangt die Einrichtung von Darlehenskassen für Künstler zur Beleihung ihrer Werke, die Veranstaltung von ständigen Verkaufsausstellungen und die Herstellung von Ateliers zu billigen Mietpreisen in öffent- lichen Gebäuden. Unerträglich seien die Mißftände im groß­städtischen Theaterwesen.

Abg. Löwenstein (Soz.) legt einen Gesetzentwurf vor, wonach als Vorbildung für die Lehrerbildung der er­folgreiche Besuch einer Bollanstalt festgesetzt werden soll

Abg. Schulze-Frankfurt (Dntl.) bedauert, daß di« Schulen nach der Revolution zum Tummelplatz politischer Leidenschaften geworden seien. Das Reichsschulgesetz müff« hier endlich Beruhigung schaffen. Der Redner beantragt, die Frist für die völlige Auflösung der Privatschulen und Vor­schulklassen bis zum Beginn des Schuljahrs 1935/36 zu ver­längern. Anläßlich der Pflege der Turn- und Leibesübungen

müsse eine ärztliche Untersuchung stattfinden. Das alte Heer habe gesunde Menschen herangezogen. Heute müßten 70 v. H. wegen Untauglichkeit von der Reichswehr abgewiesen werden.

Abg. Rheinländer (Zentr.) verweist auf die No» der Junglehrer. Der soziale Gedanke der Grundschule müsse Lurchgeführt werden. Andererseits dürfen Privatschulsn. dir dem Bedürfnis entspreche», nicht ohne weiteres zerstört werden.

Abg. Dr. Runkel (DVp.) fragt, wie weit die Verhand­lungen mit den Ländern wegen einer einheitlichen Fort­bildung taubstummer Kinder fortgeschritten feien.

Neuestes vom Tage

Das Reichssilmgesetz

Berlin, 17. März. Dem Reichsrat ist der Entwurf des Reichsfilmgesetzes zugegangen. Danach können Filme ver­boten werden, dienur der Befriedigung niederer In stinkte" dienen. Damit wird die Möglichkeit, einen Film als Ganzes zu verbieten, wesentlich erweitert. Außerdem wird im Interesse des deutschen Ansehens im Ausland eine Ueber- wochuna der Ausfubrlilme einaefübrt Weitere Bestimmun-