Sette 2 Rr. SS

RagolLer Lagblatt »Der Gesrüschafter"

Dienstag. S. März 1VSS

Begnadigung der Mecklenburger Fememörder Schwerin. 8. März. Die mecklenburgische Regierung hat lautB.T." die im November 1925 wegen Fememords zum Tod Verurteilten. Leutnant Schüler und Feldwebel Liezka, Kalla, Notzen. Oldt und Peters zu lebenslänglicher Zucht­hausstrafe begnadigt.

Verfahren gegen Hitler und Genossen Mönchen, 8. März. Hitler und eine Anzahl seiner An­hänger hatten kürzlich eine Versammlung der Deutsch-Völki­schen mit Gewalt gesprengt. Nach derM. Post" soll nun die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Hitler und Ge­issen eingeleitet haben.

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Der Krieg in Marokko

, Tanger, 8. März. Der Gründer und Führer der spa- «ffchen Fremdenlegion ist bei einem Angriff gegen die be­festigten Stellungen der Kabylen vor Tetuan tödlich ver­wundet worden.

Ueber Paris wird gemeldet, daß der spanische Angriff amt einer schweren verlustrei^en Niederlage endigte. Die Mndjeras und Djeballas, die sich angeblich den Spaniern «terworfen h den sollten, kämpften tapfer gegen die Spa­rer, und den Rifleuten soll es gelungen sein, die spanischen Knien an mehrere» Stellen zu durchbrechen und bis auf AZ6 Kilometer an die Stadt Tetuan herangekommen zu sein.

Vom chinesischen Bürgerkrieg Peking, 8. März. Aus dem Hauptquartier des National­heeres (Peking) wird gemeldet. General Lutschunglin habe «nen erfolgreichen Gegenstoß gegen den mit Tschangtsolin verbündeten General Litschinglin bei Matschang (in der Nähe von Tientsin) gemacht.

Württemberg

Stuttgart. 8. März. An die Altbesitzer Württ- Staatsschuldverschreibungen. Nach einer Ver­ordnung des Reichsministers der Finanzen vom 20. Februar d. Js. läuft die Frist für die Anmeldung der Markanlsihen des Reichs zum Umtausch in die Anleiheablösungsschuld des Deutschen Reichs und für die Veantragüng von Auslosungs- rechten erst am 31. März ds. Js- ab. Diese Fristverlängerung gilt sonach auch für die Altbesitzer der vormals württembg. Staatsschuldverjchreibungen mit den Buchstaben A bis W. .EE bis HH oder den Seriennummern 1 bis 35 und für die Anmeldung des Altbesitzes bei den vormaligen württembg. Staatsschuldbuchforderungen, soweit sich solcher nicht ohne weiteres aus dem Schuldbuch oder den Schuldbuchakten ergibt.

Todesfall. Schriftsteller und Redakteur Johannes ÜF rizenschasist gestern vormittag im Alter von 73 Jahren gestorben. Er war an mehreren Zentrumszeitungen, beson­ders am Deutschen Volksblatt tätig. Im letzten Jahr hat er fein aoldenes Berufssubiläum gefeiert.

Stuttgart, 8. März. Herabsetzung des Zoll­satz es für Nikotin. Der Abg. Dr. Wider (BP.) hat im Landtag folgende Kleine Anfrage gestellt: Zur Bekämp- jung der Obstschädlinge ist neuerdings Nikotin als eines der erfolgreichsten Mittel anerkannt. Der Zollsatz auf diesem von Amerika einzuführenden Pflanzenschutzmittel soll ^ ^'«ach Ziffer 380 des neuen Zolltarifs die ungeheuerliche H»i-e von 1000 RMk. für 100 Kg. brutto betragen, sodaß also 1 Kg. mit etwa 13 Mk. Zoll 37 v. H. des Stofswerts be­tastet ist. Ich frage das Slaatsministerium im Interesse des einheimischen Obst- und Gartenbaus, ob es bereit ist, bei der - Reichsregierung für Herabsetzung dieses Zolls einzutreten.

Zur Ausbildung von Volksschullehrern für den Gewerbe- fchuldienst soll vom 1. Mai d. I. ab ein aus drei Jahre be­messener Lehrgang mit Abschlußprüfung in Stuttgart ab­gehalten werden. Die Teilnehmer, die die Prüfung bestanden haben, können in der Gehaltsgruppe 9 mit Vorrückungsmög- kichkeit nach Gruppe 10 der staatlichen Besoldungsordnung «ach Maßgabe der verfügbaren Planmittel angestellt werden.

Rettuugswachdieast am Neckar. Die Deutsche Lebens- rettungs-Gesellschaft hat beschlossen, den Rettungs-Wach­dienst im Neckar bei Cannstatt auch im kommenden Sommer wieder auszuüben. Eine große schwimmerische Veranstal-. tung im Juni unter der Losung.1000 Schwimmen weisen ihre Tätigkeit als Rettungs-Schwimmer nach" wird die Auf­nahme des Diensts der Oeffentlichkeit anzeigen. Kostenlose Kurse auch für Nichtmitglieder sind im ganzen Land möglich. Anmeldungen an die Geschäftsstelle Stuttgart, Hauptstätter- straße 36.

Zur Trinkgelderfrage. Da in Stuttgart die Trinkgelder­frage sehr ungleichmäßig geregelt ist, hat der Ausschuß des Stuttgarter Wirtsvereins oorgeschlagen. in allen Hotel- und

Die Methode Eoue.

Am Freitag abend wird ein Lehrer der Methode Couch Fr. Wäschle - Pforzheim, im Festfaal des hiesigen Seminars die weltberühmte Methode Coue auseinandersetzen und demon­strieren. Da höchstwahrscheinlich ein sehr großer Teil unserer Leser und ebenso ein Teil der eventl. Zuhörerschaft über die behandelte Methode garnicht oder nur wenig unterrichtet ist, so wollen wir durch nachfolgende Zeilen zur vorherigen Ein­führung und zum späteren, besseren Verstehen beitragen.

Im Laufe der letzten 15 Jahre hat sich in Nancy (Frank­reich) eine psychologische und medizinisch-pädagogische Richtung entwickelt, die unter der BezeichnungNeue Schule von Nancy" oderMethode Coue" weltbekannt geworden ist. Begründer und Haupt dieser Richtung ist der heute im 68. Lebensjahr stehende frühere Apotheker Emil Couö.

Während man bisher jedem Kranken, jedem Zaghaften und jedem Unglücklichen Willensenergie empfohlen hat, kam nun Couö und erklärte, daß dies nur dann als zweckmäßig erscheine, wenn Willensenergie und Einbildungskraft in gleicher Richtung sich bewegen. Da dies aber nur in den seltensten Fällen zutrifft, tut uns wie Coue sagtnicht Erziehung unseres Willens, sondern Erziehung unserer Einbildungskraft not". Wenn jemand sagt:ich will und ich kann", so ist da­gegen nichts einzuwenden, denn der Betreffende wird das ge­wollte erreichen. Anders aber liegt der Fall, wenn wir sagen: ich will schon, aber ich werde es nicht schaffen", denn hier ist jeder Erfolg von vornherein ausgeschloffen und zwar deshalb, weil unsere Einbildungskraft gegen unseren Willen gerichtet ist. Dieser psychologische Vorgang wird uns vollständig klar, sobald wir bedenken, daß das, was wir als Einbildungskraft bezeich­nen, eine in unserem Unterbewußten wurzelnde Kraft ist und, daß eben dieses Unter- oder Unbewußte unsere inneren Organe

Gastwirtsbetrieben mit mehr als zwei Bedienungen Vas freie Trinkgeld abzuschaffen. Das Bedienungspersonal rechnet in diesen Betrieben 10 v. H. auf Speisen und Ge­tränke für Bedienung auf. Betrieben unter drei Bedie­nungen ist es freigestellt, das Bedienungsgeld einzurechnen oder das freie Trinkgeld beizubehalten. Dieser Vorschlag fand eine Mehrheit in der Hauptversammlung. Jetzt soll mit den Angestellten verhandelt und im Fall einer Einigung der Antrag gestellt werden, den Tarifvertrag für Stuttgart für verbindlich zu erklären.

Aus dem Lande

korutal. 8. März. Aus dem Zug gesprungen. Gestern abend sprang die 17jährige Tochter des Schuh­machers Klein von hier aus dem noch fahrenden Zug. Sie kam zu Fall und trug schwere Verletzungen davon.

Eltingen OA. Leonberg, 8. März. Scheune ubrand. In der Nacht auf Sonntag brannte gegen 12 Uhr die Scheuer des Heuhändlers Wilhelm Scheufele vollständig nieder. Es wird Brandstiftung vermutet.

Schorndorf, 8. März. Konzert der Banat­kapelle. Die 26 Mann starke schwäbische Bauernkapelle aus dem Banat, ist am Samstag hier eingetroffen und wurde durch Stadtschultheiß Raib ! e und Dr. Rüdiger als Vertreter des deutschen Auslandsinstituts begrüßt. Das Konzen fand stürmischen Beifall.

Gmünd. 8. März. Letzten Samstag und Sonntag fand im Kath. Vereinshaus in Gmünd unter starker Beteiligung des ganzen Lands der 21. Württ. Malerbundstaa statt.

Neckarsulm. 8. März. M i l ch v e r s o r g u n g. Der Gemeinderat beschloß den Anschluß an die Milchversorgung Heilbronn G. m. b. H. unter der Voraussetzung, daß die Neckarsulmer Bevölkerung mit Milch nach Menge und Güte genau so beliefert wird, wie die Heilbronner Bevölkerung. Im übrigen wurde der Milchhandel in Neckarsulm voll­ständig freigegeben.

Reutlingen, 8. März. Saalbaupläne. Hier wird gegenwärtig viel von Saalbauplänen gesprochen. Der eine Plan, am Listplatz, enthält einen großen Zunftkeller, auch für gesellschaftliche Veranstaltungen verwendbar, ferner Autogaragen, mehrere Läden, ein großes Hallenschwimm­bad, einen Konzertsaal mit dreimanualiger Orgel und 1400 Sitzplätzen, Gesellschaftsräume für Museum, mehrere Stimm- und Künstlerzimmer für den Liederkranz, ein Haus für Lichtspielkunst mit 600 Sitzplätzen, eine Theaterbühne, ein Hotel mit Cafe, 70 Fremdenzimmer, Restaurant und Tee­stube und eine große Anzahl Drei-, Vier- und Fünszimmer- wohnungen. Als Rechtsform des Unternehmens ist eine gemeinnützige Grundstück-Aktiengesellschaft gedacht. Ein zweiter Plan sieht, im Gegensatz zu dem ersten Projekt, das einen ganzen Gebäudekomplex umfassen soll für den neuen Saalbau nur den Platz des Museums vor. Dabei find vor­gesehen Autogaragen, Kegelbahnen, ein großer und ein kleiner Saal, eine Wirtschaft mit Wirtschaftsgarten, Cafe und Läden, Gastzimmer und Bäder.

Am Freitag abend geriet der 26 I. a. verh. Aushilfs­weichenwärter Wilhelm Rauscher von Unterhäuser! zwischen zwei Puffer und war sofort tot.

Tübingen, 8. März. Selbsthilfe eines Vogels. In der letzten Woche wurde von Förster Spranz in Beben- Hausen eine Schnepfe geschossen, die an einem Fuß eine Bandage hatte. Spranz übergab sie der Merkwürdigkeit halber dem zoologischen Institut. Dort wurde festgestellt, daß das Tier sich selbst eine Lehmschicht um den offenbar durch einen Schuß verletzten Fuß legte. Daß die Verletzung von einem Schuß herrührte, geht daraus hervor, daß an dem Fuß eine Kralle fehlte. Die wissenschaftlich viel umstrittene Frage, ob sich ein Vogel auf diese Art von Selbsthilfe Hei­lung verschafft, hat mit diesem Fall eine wertvolle Stütze erkälten.

Dodelshaufen OA. Rottenburg, 8. März. Frei- gelassen. Der gleichzeitig mit seinen beiden Söhnen ver­haftete Gastwirt zurKrone" ist aus der Haft entlassen worden. Nähere Ermittlungen schweben noch.

Rotkweil, 8. März. Aus dem Parteileben. Die Deutsch-demokratische Partei hielt hier gestern ihre Früh­jahrstagung ab. Nach einer Landesausschußsitzung, in der Dr. Mauthe über Landespolitik und wirtschaftliche Fragen berichtete, fand" nachmittags eine öffentliche Versammlung statt. Reichstagsabg. Minister a. D- Dr. Dietrich sprach dabei über Reichspolitik und besonders die Fürstenabfindung. Er bekannte sich zu dem Kompromiß der Koalitionsparteien und wandte sich gegen die Beteiligung am Volksbegehren. Weiterhin sprach noch Staatspräsident a. D. Dr. HLeber über Kulturpolitik.

Meckenbeuren, 8. März. Einbrüche. In der stürmi­schen Nacht aus Samstag wurde hier in zwei Häuser ern- gebrochen. Die Diebe gingen in einem Haus leer aus, in dem andern fiel ihnen wenig Nennenswertes in die Hände.

lenkt und leitet und alle unsere Handlungen bestimmt. Denken wir nur an die vieloerbrntete Untugend des Nägelbeißens oder des Stotterns. Niemand wird einer solchen üblen Gewohnheit bewußt oder sagen wir, mit verstandesmäßiger Berechnung, huldigen. Im Gegenteil! Aber da die Ausgangsstelle derartiger Uebel nicht im bewußten Denken und Wollen, sondern eben im Unterbewußtsein liegt, kämpfen solche Menschen ihr Leben lang vergebens gegen ihre Fehler an. Durchaus gleichartig liegt der Fall bei übermäßigen Tabakrauchern, Trinkern und vielen anderen, von Leidenschaften und schlechten Gewohnheiten geplagten Menschen. Die Redewendung:Ach was, der fehlt nichts, die bildet sich nur ein, krank zu sein", ist täglich zu hören, geschieht aber insofern mit Unrecht, als eben diese Ein­bildung gewissermaßen die Krankheit selbst ist. Der Kranke kann einfach nicht anders, er muß an sein Leiden denken, ob­wohl jeder Gedanke die Symptome der Krankheit (Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Reißen in den Gliedern, Erröten und dergl.) erst recht in Erscheinung treten läßt. Dank der Entdeckung desGesetzes der das Gegenteil bewirkenden Anstrengung" durch CouH, wissen wir heute, daß es geradezu verkehrt ist, wenn ein Kranker, durch Aufbringung bewußter Willensenergie, sein Leiden zu bessern sucht. Er wird bald feststellen müssen, daß seine Kopfschmerzen stärker und sein Gliederreißen hart­näckiger geworben ist. Es ist Coutz von gegnerischer Seite viel- .fach der Vorwurf gemacht worden, er wolle den freien Willen ganz ausgeschaltet wissen. Dieser Einwand ist mit Unrecht erhoben worden! Eoue läßt den bewußten Willen überall da gelten, wo er sich nicht gegen uns selber auswirkt. Wo es sich aber darum handelt, eine für uns mögliche Autosuggestion (Selbsteinflößung) auszulösen, muß jede Willensanstrengung vermieden werden. Mittels Autosuggestion, die, wie gesagt, ohne jede Anstrengung zu erfolgen hat, sind wir in der Lage, die in unserem Unterbewußtsein ruhenden Kräfte für uns nutz­bar zu machen und sie evtl, als Förderer unserer Gesundheit aufzurufen. Dies wird am einfachsten und sichersten dadurch

Aus Stadt und Land

Nagold, 9. März 1926

Gott bleibt uns stumm, er spricht denn aus Menschen.

Hauptmann.

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Sozialdemokratische Partei Deutschlands.

Wie wir in unserer gestrigen Ausgabe bereits erwähnten, sprach am Sonntag nachmittag in derTraube" Landtags­abgeordneter Oster überFürstenenteignung". Auch hier wa­ren, wie fast immer bei politischen Versammlungen in Nagold die leeren Stühle die größte Zuhörerzahl, was von einer voll­ständig falschen Einstellung politischer, d. h. heute Lebensfragen, gegenüber zeugt. Landlagsabgeordneter Oster führte kurz zu sammengefaßt ungefähr folgendes aus:

Die Enteignung der Fürstenhäuser hat zwei Seiten, l. Eine rein rechtliche, finanzielle und 2. eine politische. Um die rechtliche Frage zu lösen, müssen wir uns fragen:Wie sind die Fürsten zu ihrem Vermögen gekommen?" Vor nicht allzulanger Zeit waren sie noch Besitzer von Land und Leuten und die Fürstett haben es noch viel bester verstanden zu ent­eignen, wie unsere heutige Regierung. Bismarck war z. B. ein Meister auf diesem Gebiet, indem er das enteignete, was ihm nicht in seinen Kram paßte (Welfen Welfenfond!) Wenn manche Kreise behaupten, daß die Fürstenhäuser durch Spar­samkeit usw. zu ihrem Vermögen gekommen sind, stellen wir fest, daß der weitaus größte Teil der Mitglieder derselben Ver schwender gewesen sind, die in Saus und Braus gelebt haben und in Mätreffenwntschaft untcrgegangen sind. Davon zeugen heute die Mättessenprozeffe des Mecklenburg-Strelitzir Landes. Es wurde von den regierenden Häusern in den meisten Fällen Staarseigentum in Privateigentum verwandelt; log.Erb­schaften" waren zum Teil Schenkungen anderer Fürsten für treue Waffenhilfe, d. h. die Schenkungen bestanden aus staat­lichem Besitz des betr. Landes, niemals aber aus Privateigen­tum des in Frage kommenden Fürsten. Weiterhin verstanden es dieHerren" großartig zu Geld zu kommen, indem sie ihre Landeskinder wie Ware verkauften und zwar in der Zeit der englisch-amerikanischen Auseinandersetzungen. Es wurden für einen Deutschen, der in englischen Diensten gegen Amerika focht, dem Landessürsten 200 Gulden und für jeden Gefallenen 300 Gulden bezahlt. So wurden in dieser Zeit 300 000 deutsche Landeskinder verschachert, einzig und allein um den Geldbeutel der Fürsten zu füllen Der Kaiser, der heute als deutscher Bürger die ungeheuren Ansprüche an den Staat stellt, müßte eigentlich als Deserteur an die Ward gestellt werden, da er 1918 dachte:Lieber 5 Minuten ierg, als ein ganzes Leben lang tot" und auf das Anra­ten von Grüner, sich an die Spitze seines Heeres m stellen und den Soldatentod zu sterben, erwiderteer:nur nicht drängeln, mein Lieber" (s. gestr. Bericht derNat.-Soz. Partei). Die politischen Gründe sind nun auch sehr einfach zu verstehen, denn wenn wir heute den ehemaligen deutschen Fürsten die geforderten 2V-, Milliarden bezahlen, werden die Feinde mit Recht sagen, und zwar zu einer Zeit, wenn wir um Reduzierung der uner -träglichen Dawesleistungen nachsuchen: Wenn ihr diese unge heuren Summen ein paar Dutzend Faulenzern in den Rachen schmeißt, dann können wir euch mit dem besten Willen keinen Nachlaß gewähren. Da nach dem augenblicklichen Stand der Dinge im Reichstag nicht die Aussicht besteht, mit der Enteignung der Fürstenhäuser durchzudringen, müssen wir mit allen Mitteln versuchen, einen Volksentscheid herbeizuführen. Aber auch das wird ein schwerer Kampf werden, zumal wir zuerst ein Zehntel aller stimmberechtigten Deutschen und dann im eigentlichen Volksentscheid sogar 20 Millionen Stimmen haben müssen. Doch soll sich jeder Deutsche vorstellen, was für eine Not gelindert werden könnte, wenn 100000 Bauem­stellen für Arbeitslose geschaffen würden. Wir müssen darnach streben, wieder einen gesunden Bauernstand zu bekommen, zu­mal unsere Industrie durch die Kriegs- und Nachkriegszeit in derartigem Maß zurückgeblieben, daß wir heute auf dem Weltmarkt nicht mehr mitkonkurrieren können. Wir müssen nach Verständigung streben, um unsere Not zu lindem, wir müssen zusammenarbeiten und nur in einem europäischen Staatenbund kann uns Heil erwachsen. Die nationale Phrase birgt in jedem Land das drohende Unheil in sich und der Nationalismus wird der Untergang des Abendlandes sein. Wenn es heute noch Narren gibt, die an Wunder glauben, z. B. an solche Künstler und Schlauköpfe, die mit fünf Fischen Zehntausende speisen können, so sollen sie es ruhig, doch werden auch ihnen eines Tages die Augen aufgehen. Wir dürfen nicht weiter den Haß predigen, sondern wollen die Völker zur Verständigung aus gegenseitigem Vertrauen zusammenführen. Und wenn wir im Volksentscheid nicht siegreich sind und die Fürsten die ungeheuren Summen ausbezahlt bekommen, so be­steht die Gefahr, daß sie diese Gelder dafür verwenden, um gegen die Republik Front zu machen. Wie groß die Gefahr ist, kann sich jeder vorstellen, der die heutige Einstellung weiter Volkskreise in Deutschland kennt. Sollte es zu keinem Volks­

erreicht, daß man sich öfters pro Tag das in Bezug auf die eigene Gesundheit wünschenswerte versagt, was am besten mor­gens kurz nach dem Aufwachen und abends kurz vor dem Ein schlafen, in bestimmter Form, zu geschehen hat. Tritt tagsüber irgend ein Schmerz auf, so begibt man sich in irgend einen Raum, wo man ungestört bleibt, ruht einen Augenblick aus, legt dann die Hand leicht auf die schmerzende Stelle und sag! mindestens 2 Minuten lang, halblaut und so rasch als möglich: es gehl vorüber, es geht vorüber

Es können auch rein körperliche Leiden nach und nach zum Schwinden gebracht werden, ja sogar in solchen Fällen, wo jeder anderen Behandlungsweise ein Erfolg versagt blieb.

Besonderen Wert muß der Methode Coue auch auf dem Gebiete der Kindererziehung zuerkannt werden. Kinder sind Fremdsuggestionen besonders leicht zugänglich und da sie ferner eine große Suggestibilität besitzen, können ihre unterbewußten Seelenkräfte leicht in nützlicher oder schädlicher Weise gelenk! werden. Schimpfworte und Schläge werden bei Kindern in Bezug auf Betragen, Lernen, Ordnungssinn und dergl. selten gute Resultate zeitigen. Schon Walter von der Vogelweide hat dies anerkannt und in folgenden Worten zum Ausdruck gebracht:

Niemals pflanzt die Rute Kindern ein das Gute:

Wer zu Ehren kommen mag,

Dem gilt Wort soviel wie Schlag"

Da nun die auf das Kind einzuwirkenden schädlichen Fremd suggestionen zahlreicher sind, als die nützlicheren, ist es Sache der Eltern, dafür zu sorgen, daß hier ein Ausgleich geschaffen wird.

Zusammenfaffend kann gesagt werden, daß die Methode CouH sowohl ein Heil- als ein Erziehungsmittel ist, über das heute nur noch derjenige lacht, der es nicht kennt und darum nicht vermag, seinen hohen gesundheitlichen und erzieherischen Wert abzuschätzen.