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Dienstag den S. März zernsprech» m s» 100. Jahrgang

Ein Notschrei der Moselwinzer

Der Winzerverband für Mosel, Saar und Ruwer wendet sich mit einer Kundgebung an die deutsche Oeffentlichkeit, in der es heißt:

Winzernot" heißt der Titel einer Schrift, die in Trier im Jahre 1921 erschienen ist. Als Ursachen der Not wurden damals hauptsächlich der unzulängliche Schutzzoll, die Ueber- schwemmung unserer Märkte mit fremden Weinen und die verfehlte Weingesctzgebung namhaft gemacht und entspre­chende Maßnahmen durch die Gesetzgebung erdeten. In­zwischen ist jedoch das Elend der Winzer ins Uferlose ge­wachsen.

Das deutsch-spanische Handelsabkommen vom August 1924 setzte die Zölle auf 30, 20 und 15 Mark pro Doppelzentner herab und öffnete die Schleusen zur Ueberflutung unserer Märkte mit fremden Weinen. Während der vierzehnmonatigen Gültigkeit des Vertrages wurden ein­geführt:

l 351 087 Dz. Wein für rund 67 088 000 Mrk,

1 047 445 Dz. Trauben für rund 54 342 000 Mark.

Damit ist die durchschnittliche Friedenseinfuhr weit über­schritten. Im Monat Oktober 1925 betrug die Wen'-ünfubr 409 723 Dz. Das ist mehr, als in einem sehr guten Jahr in dem gesamten Weinbaugcbiet der Mosel, der Saar und Ruwer wächst.

Der Steuerdruck wurde insofern unerträglich, als der Wert der Weinberge von den Finanzbehörden an der Mosel, Saar und Ruwer viel zu hoch angenommen worden ist.

Infolge der Inflation und einiger Mißernten hatten die WiiMr ihre Betriebsmittel gänzlich verloren. Das führte rasch zur Verschuldung und dann zur Kreditnot.

Heute stehen die Winzer buchstäblich dem Nichts gegen- üver. An der Mosel wurden verkauft:

stn Oktober 1925 6070 Hl. pr 37 ^ gleich 224 500

m, Noober. 1925 795« Hl. Wein je 35 ^ gleich 278 25«

im Dezber. 1S25 34«« Hl. Wein je 38 . 1 t gleich 129 20« .«

im Januar 1926 578« Hl. Wein je 39 gleich SIS 42t)

Die Winzerbevötkerung der Mosel beziffert sich aus rund 75 000 Köpfe. Verteilt man die obige Summe, so entfallen auf Tag und Kopf im Oktober .zehn Pfennig, im November zwölf Pfennig, im Dezember sechs Pfennig und Januar neun Pfennig Einnahinen.

70 bis 75 Prozent der Winzer betreiben nebenbei etwas Ackerbau und haben vorläufig spärlich ihr Brot, aber was

sangen die anderen 25 bis 3« Prozent an7 lchr ltos >ji oie Veriweislnng!

Man ha« gesagt, der Mangel an Weinabsatz sei auf die verminderte Kaufkraft der Verbraucher zurückzuführen. Das ist n i ch t r i ly l i g. Wir hatten doch Gcldfürdie aus­ländischen Weine, warum nicht für deutsche? Auch der Verbrauch ist in den letzten Jahren nicht wesentlich zurückaegangen. Das beweist die geringe Senkung des Weiintenerertrags.

Man hat gesagt, dem Weinbau sei überhaupt nicht inehr zu helfen. Bis heute ist der Versuch nicht gemacht morden. Die Behauptung bleibt deshalb obne Beweis.

Demgegenüber glaubt der Weint,au mit bestimmter Zu­versicht an seine Zukunft, wenn fünf Bedingungen erfüllt werden, und zwar:

t. Schutz der Erzeugung gegen den ausländischen Wett­bewerb, d. h. Zollsätze, die die mit Italien verein­barten unter keinen Umständen unterschreiten dürfen:

2. sofortige bedingungslose Aufhebung der W e in­st e u e r:

3. Aenderung des W e i n g e s e tz e s, soweit es die Verwertung der Reben Produkte hindert:

4. darlehensweise Betriebsmittel für ein Jahr;

5. Stundung und Niederschlagung der Steuern für ein Jahr.

Aber auch das Volk trägt eine schwere Verantwortung für die Winzernot. Warum trinken wir fremde Weine und lassen unsere Mitbürger darben? Warum?

Die Mosel- und Saarminzer verlangen nichts Unmög­liches. Die Forderungen können befriedigt werden, ohne die Interessen anderer Stände zu tränken und ohne die Re­gierung und das Parlament nar große Schwierigkeiten zu -stellen-. Warum hat man , erst zu Unruhen kommen lassen?

Bayerns Hilfe für die pfälzischen Winzer Neustadl (Haardt), 8. März. In einer in Neustadt auf Vc-anlasiung der Regierung der Pfalz einberufenen Winzer- »«'.ianrmlung teilte Ministerialrat Dr. Hänlein, München, mit, daß die bayerische Staatsregierung zur Linderung der durch den Heu- und Sauerwurm im Jahr 1925 entstandenen Not den Betrag von 500 00 -4l bereitgestellt hat, um m diesem Jahr den pfälzischen Winzern den Bezug non Be­kämpfungsmitteln zum verbilligten Preis zu ermöglichen.

Nk. 56 Segrünclet 1S26

T «rge-spiegel

Der französische Staatspräsident Doumergue besprach sich am Montag mit Briand. dem Senatspräsidentea de Seines und Herriot über die Kabinettskrise.

Einige Londoner Mütter glauben, daß der Sturz Briands nur ein Manöver der französischen Politik sei. Gehe es in Genf nach dem Wunsch Frankreichs, so werde die französische Vertretung zusiimmen, sollten die Verhandlungen aber eine ungünstige Wendung nehmen, so könne sie sich jederzeit hinter den juristischen Deckmantel verschanzen, daß sie ange­sichts der Kabinettskrise keine Vollmacht habe.

Die türkische Regierung hat die Einladung, einen Ver­treter zn der Völkerbundstaguag zu entsenden, abgelehnk.

Der Auftakt der BAKerbundstagung

Die Vorbesprechung der Locorno-Manner

Gens. 8. März. Im Hotel Beau Rivage, wo Chamber- lom wohnt, traten gestern die sechs am Locarno-Vertrag beteiligten Staatsmänner Chamberlain, Briand, Dr. Luth « r, Dr. Stresemann. Vandervelde (Bel­gien) und Senator Scialoja (Italien) zusammen. Von deutscher Seite wird über die fast vierstündige Be­sprechung mitgeteilt: Es handelte sich zunächst um die Klar­stellung und Begründung der beiderseitigen Ansichten. Die vier anderen Vertreter hielten daran fest, daß der Bölke r- bundsrat erweitert werden könne. Dr. Luther pnd Dr. Strejemann dagegen erklärten, daß für sie der «an der Reichsregierung einmütig geteilte Standpunkt als lest stehend betrachtet werden müsse (daß nämlich der Rat nicht gleichzeitig mit der Ausnahme Deutschlands durch andere Staaten erweitert werden könne). Die Verhand­lungen wurden sachlich geführt. Wenn sich daraus auch erhebliche Schwierigkeiten ergeben haben, so sind sich doch die am Locarno-Vertrag beteiligten Mächte Ser Verantwortung für die Durchführung dieser Aufgabe bewußt. Ob und wann angc,ichts der Regierungskrise in Frankreich eine Lösung geschaffen werden kann, läßt sich Nicht bestimmt Vorhersagen, um so mehr, als die Erörterung Ser Durchbrechung des Grundsatzes, daß nur Großmächte ständige Ratssitze erhalten sollen (Polen!) bereits dazu geführt hat, daß über die schon bekannten Be­werbungen weitere Ansprüche erhoben wurden und nicht obzusehen ist, ob es auch nur dabei sein Lewenden haben wird.

Der amtliche Bericht bemerkt nichtssagend, die sechs Vertreter haben in ihrer Unterredungmühelos" die gegen­seitige Lage aufgeklärt, worauf sine zweite Unterhaltung sisigen solle.

VuHa« Lage

Der Sturz Briands hat im Völkerbundssekretariat Bestürzung hervorgerufen. Briand selbst erschien als ein alter, müder Mann, aus dessen Mienen das freundliche Lächeln und die Siegesgewißheit von Locarno verschwun­den sind. Auch Chamberlain und Vandervelde schienen schwankend geworden zu sein, und sie würden wohl eine Verschiebung der Frage bis zur Herbfttagun« des Völ­kerbunds nicht ungern sehen. Die Bewerbung "Polens ist jetzt hinter diejenige Spaniens und Brasiliens .zurückgetreten. Schweden beharrt auf seinem Wider- zpruch gegen die Ratserweiterung.

Die Auffassung in Paris

sichis. 8. März. Havas verbreitet, Briand werde die auswärtige Politik Frankreichs nicht festlegen können, die Vorbesprechungen, die er mit Chamberlain, Danguas (Spanien) Skrzynski (Polen) und Nintschitsch (Südslawien) gehabt habe, haben daher nur die Bedeutung eines allge­meinen Meinungsaustausches. Die nebenhergehendcn Ver­handlungen werden daher wohl vorläufig aufgeschoben ^ uiujsen. Briand soll die Absicht gehabt haben, be­züglich der Ratsfrage einen Vertagungsantrag in Genf zu stellen, er herbe aber mit Rücksicht aus bie anderen Vertretun­gen daraus verzichtet. Briand ist nach Paris Zurückgereist.

Befürchtungen in London

London. 8. März. Die Nachrichten aus Paris und Genf «oben die Befürchtung wachgerufen, ob der Völkerbund bei der Krise m Poris die Aufnahme Deutschlands in den Volkerbund an der der britischen Regierung alles liegt, werde vollziehen können oder ob die Völkerbundstagung auf un­bestimmte Zeit verschoben werden müsse. DieDaily News" melden aus Genf, weder Spanien nach Brasilien könne auf einstimmige Unterstützung der südamerikanischen Staaten rechnen, es seien sogar Gerüchte im Umlauf über Drohun­gen,-« verschiedene Staaten zur Bekräftigung ihrer An­bruche «nif Ratsfitze geäußert haben sollen. (Austritt?)

Geheimsihuug des Rats RacA»rüfung dermilitärischen

Verhältnisse" Deutschlands

Genf, 8. März. Heute vormittag fand eine Geheim- lrtzung des ganzen Rats statt, in der, wie verlautet, Mittei­lung über die Besprechungen mit der deutschen Abordnung vom Sonntag gemacht und das Verfahren bei der Aufnahme Deutschlands besprochen wurde. Dabei wurde insbesondere aus .-neu 'Ablaß in Artikel 1 der Völkerbundslalwna Bema

genommen, der die Frage behandelt, ob die milltär i'- schen Verhältnisse eines Staats bei seinem Eintritt in den Völkerbund den Bestimmungen bestehender inter­nationaler Abkommen entsprechen. Um im Fall Deutsch­lands diese Frage zu entscheiden, wird der Völkerbundsrat, wie seinerzeit bei der Aufnahme Bulgariens,'Oesterreichs und Ungarns, das Gutachten des Ständigen mili­tärischen Ausschusses des Völkerbundes einholen, der sich seinerseits vor Abgabe seines Urteils an den Pariser Botschafterrat wenden wird.

Die Völkerbundsversammlung trat nach­mittags 3.15 Uhr zur 7. Tagung unter den üblichen Förm­lichkeiten zusammen.

Deutscher Reichstag

Me Steuersenkung

Bersi«. 8. März

173. Sitzung. Ans der T.-O. steht die 2. Lesung des Haus­halts des Reichsfinanzministers. Verbunden damit ist der Gesetzentwurf über Steuer Milderungen zur Erleich­terung der Wirtschaftslage. Ferner sind mit zur Beratung gestellt drei Interpellationen und 33 Anträge aller Parteien, die Abänderungsvorschläge zu den Steuergesetzen enthalten und Maßnahmen zur Behebung der Wirkschaftsnat fordern.

Abg. Keil (Soz.j: Keine Verwaltung sei so unbeliebt, wie die Steuerverwaltung, ausgenommen vielleicht noch die Justiz. Es sei aber ein billiges Vergnügen, nach der Finanz­verwaltung mit Steinen zu werfen. Die Stcuerbeamten tun nur ihre Pflicht, wenn sie die Gesetze zur Durchführung bringen. Ein Personalabbau bei der Finanzverwaltung sei nicht möglich. Für die Einschätzung des Vermögens geschehe offenbar zu wenig. Bon der gesamten Lohnsteuer entfallen 82 v. H. auf Einkommen bis zu 5000 Mark. Der landwirt­schaftliche Großgrundbesitz und auch der mittlere Grundbesitz erziele angeblich keinen Gewinn. Seine Steuerfreiheit be­ruhe auf seinen Bilanziernngskiinsten. Der Redner fordert Offenlegung der Steuerlisten. Es herrsche eln ziemlicher Wirrwarr im Sieuerwesen. Ans der Aufwertung erwachse der Finanzverwaltung eine gewaltige Arbeit.

Reichsfinanzminister Dr. Neinhold stellt fest, daß das Gesetz über Steuermiidernnacn sicb eng an seine Etotsrede anlehne. Eine Abweichung sei nur insofern vorhanden, als die Regierung sich jetzt entschlossen hat, die Luxus- steuer vollständig auszuhebcn. Die Steuer­senkungen seien ein Teil des Programms der Reichsregie­rung fiir die Wiederbelebung der Wirtschaft. Dazu oebört in erster Linie auch die Hebung und Förderung der Aus­fuhr. Dazu gehören weiter Maßnahmen zur Kreditbilse. Der Wea wr Erivarnis oebt über die Arbeitsvereinfachuna

und über die Berwaltungsreform. Wir haben Len Ländern und Gemeinden schon die Möglichkeit zur Beschaffung billiger Zweiter Hypotheken gegeben. Wir wollen jetzt auch bei der Beschaffung erster Hypotheken helfend vorgehcn, zunächst durch einen gewissen Zwischenkredit aus Reichsmitteln. Da- durck, wird die Bautätigkeit belebt werden.

Eine weitere Voraussetzung für die Steuersenkung ist es, daß wir die Ausgaben des außerordentlichen Etats, die für die Zukunft bestimmt sind, auf Anleihe nehme». Die beantragte Senkung von Verbrauchssteuern werde sich nicht durchführen lassen, sie würde auch keine Entlastung und Belebung der Wirtschaft bringen. Die Zeit müsse erst ergeben, wie sich das jetzige Steuersystem bewähre. Die Herabsetzung der Umsatzsteuer werde auf die Dauer die Preise beeinflussen. Das Steuermilderungsgesetz wäre nicht möglich gewesen, ohne die vorsichtige Steuerpolitik des letz­ten Sommers. (Hört, hört, rechts.)

Abg. Dr. Obersohren (Deutschnational) weist aus den ungewöhnlich kostspieligen Apparat der Finanzverwal­tung hin. Das deutsche Reichsheer koste mit allen seinen Ausgaben nur 28 Millionen mcdr als die Finanzverwal tung. (Hört, hört.) Für das Branntweinmonopol müsse der Grundsatz gelten, daß nicht in erster Linie Brannt- wein, sondern Futtermittel erzeugt werden müssen. Wir brauchen eine organische Reform der Steuergesetz­gebung mit dem Blick aufs Ganze. (Beifall rechts.) Der Redner billigt die Aufhebung der Luxussteuer, regt aber an, statt der Senkung der Umsatzsteuer den Abbau der Hauszins st euer oorzunehmen. Die Hauszinssteuer sei eine unsoziale, geradezu gemeingefährliche Steuer. Notwendia wäre auch eine Ermäßigung der di­rekten Steuern im Interesse der Wirtschaft.

Reveftes vom Lage

Hindenbvrg an Generot Vooth Berlin. 8. März. Der Herr Reichspräsident hat dem G: al der Heilsarmee Booth in London zu seinem 7V.

Geburtstage das nachstehende Glückwunschschreiben zugehe« lasst»:

Zu ihrem 70. Geburtstage spreche ich Ihnen meine besten Glückwünsche aus, in dankbarer Anerkennung der zahlreichen Wohltaten, die Angehörige der Heilsarmee not- leidenden Schichten des deutschen Volkes, insbesondere sei­ner Großstädte haben zuteil werden lassen. Möge es Ihnen vergönnt sein, noch viele Jahre an der Spitze Ihrer Organ, jation zum Wöhle der Menschheit zu wirken.

tgezi) von Hindenbvrg.