Sette 2 - Rr. SS
Ragolder Tagbla« »Der Gesellschafter«
ör zu erkennen gab, daß er mit einer Zahlung in entwerteter Papiermark nicht zufrieden war. Der Nachweis dieses Vorbehalts muß aber erbracht werden, falls die Gesellschaft diesen bestreitet.
Z. Sind Versichcrungsansprüche anzumeiden?
Nein! Eine Anmeldefrist für Lebensversicherungs- und Rentenansprüche ist nicht vorgesehen und wird auch von 4»en Gesellschaften nicht gewünscht, da alle zur Regelung nötigen Angaben in den Akten der Gesellschaften verzeichnet jfind. Nur Ansprüche aus bereits vor dem 15. Juni 1922 susbezahlten Versicherungssummen, bei deren Auszahlung «in Vorbehalt gemacht wurde, sind geltend zu machen. Gegenteilige Zeitungsmeldungen sind irrig.
4. Wie hoch wird aufgewertet?
Der Prozentsatz, den die einzelnen Gesellschaften zahlen werden, läßt sich heute noch nicht annähernd bestimmen. Jedenfalls wird der Aufwerttmgsprozentsatz bei allen Gesellschaften je nach der Höhe der vorhandenen Werte 'm Ber- hältnis zum Bers.-Bestand verschieden sein.
5. Wann werden die AufwerkungsbekrSge ausbezahlk?
Dies hängt von der schnelleren oder langsameren Liquidierung der von einem Treuhänder verwalteten Verteilungsmasse ab. Der Verteilungsplan des Treuhänders kann nicht vor dem 1- April 1926 aufgestellt werden, da bis dahin die im Aufwertungsstock befindlichen Vermögensbestände noch nicht mit ihrem positiven Werte festgestellt werden können. Cs läuft am 1. April 1926 die Frist ob, bis zu welcher «in evtl. Antrag auf Herabsetzung des Aufwertungssatzes der Hypotheken von 25 bis 15 Prozent von dem Hypothekenschuldner gestellt werden kann. Nachdem ein großer Teil der Perteilungsmasse aus Hypotheken besteht, muß erst die Auswirkung dieses Termins der Härteklausel abgewartet werden. Fällig gewesene oder fällig werdende Versicherungen muffen dann nach Maßgabe der verfügbaren Barmittel vom Treuhänder ausbezahlt werden. Für später fällig werdende V»rsicherungsansprüche hat der Treuhänder das Recht, die Versicherungsform zu ändern und den Ablauf der Versicherung evtl, hinauszuschieben, da, wie erwähnt, Auszahlungen nur nach Maßgabe der im Verteilungsfonds sich ansammelnden Bargelder vorgenommen werden können.
6. können Vorschüsse s Lanka der Aufwertung gewährt
werden?
Die Treuhänder sind berechtigt, aus dem Aufwertungs- stockr Vorschüsse auf die Ansprüche der Versicherten zu zahlen und über den Fonds zu verfügen, soweit diese Verfügung im Interesse der Versicherten, insbesondere einer beschleunigten endgültigen oder vorläufigen Durchführung der Auswertung zweckdienlich erscheint. Versicherte, die sich in pekuniärer Notlage befinden, können bei den Treuhändern den Antrag auf eine Vorschußzahlung d Conto der Aufwertung stellen, Renten werden von vielen Treuhändern schon K Conto der Aufwertung mit einem kleinen Prozentsatz weiterbezahlt.
7. kann eine Versicherungsgesellschaft eine Auszahlung bis 1832 verweigern?
Nein mit Ausnahme des Falles, daß die Gesellschaft eine besondere Genehmigung der Behörde besitzt, mit welcher ste Zahlungen auf die im Teilungsplan sich ergebenden Leistungen bis 31. Dezember 1932 ganz oder teilweise ablehnsn kann. Diese Genehmigung wird seitens der Auffichtsbehörde aber wohl nur in ganz besonderen Fällen erteilt werden.
Wie werden nach dem 1. Januar 1919 abgeschloffene Versicherungen behandelt?
Im Teilungsplan kain vorgesehen werden, daß die Ansprüche für gewisse Gruppen von Versicherten oder für die versicherten aller oder einzelner Jahrgänge der seit dem <1. Januar 1919 abgeschlossenen Versicherungen aus der allgemeinen Verteilung ausscheiden und abgesondert geregelt werden. In diesem Falle kann insbesondere dem Versicherten an Stelle seiner bisherigen Versicherung eine neue beitragspflichtige Versicherung mit einem von der Aufsichtsbehörde festgesetzten Mindestbeitrag unter Berücksichtigung »eines Aufwertungsanteils cmgeboten werden. Lehnt der Versicherungsnehmer diese? Angebot ab, so wird ihm nach Wahl der Unternehmung der Aufrvertungsanteil auf seine
.Losten bar ausbezahlt oder eure entsprechende beitragsfreü Versicherung eingeräumt.
T. Kann eine alte Versicherung in ein« solche i» Goldmarl umgewandell werden?
Ja! Der Treuhänder kann später fällig werdende Po- Aren in beitragsfreie oder beitragspflichtige Versicherung auss Reichsmark umwandeln, in letztere jedoch nur mit dem
Einverständnis der Versicherten und kann bei der Berechnung die Versicherungsform ändern. Es kann dies jedoch erst geschehen, nachdem der Verteilungsplan von dem Treu- häniwr aufgestellt und von der Behörde genehmigt ist. Zur Zeit ist Abschluß einer neuen Versicherung unter Vergütung für das Erlöschen der alten Versicherung nicht zu empfehlen, da die Höhe des Anspruchs des Versicherten aus der alten Versicherung jetzt noch nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, sondern nur geschätzt. Die Gesellschaften vergüteten bislang für das Erlöschen der alten Versicherung nur bis zu einem Freijahr.
10. können ausländische Versicherungs-Gesellschaften zu einer höheren Aufwertung gezwungen werden?
Ja! Ausländische Gesellschaften, die sich nicht dem Versicherungsgesetz von 1901 unterwarfen» unterliegen der Auswertung durch die Gerichte. Gegen englische Gesellschaften ist bereits durch eine deutsche Interessengemeinschaft (I- Wulff, Hamburg, Handelskammer, Börse, Zimmer 219) Kollektivklage beim deutsch-engl. Schiedsgerichtshof >n London eingereicht worden. Amerikanische Gesellschaften versucht eine Jnteresientengruppe (Bankier Herrmann, Heidelberg, Gartenstr.) durch Klage bei amerik. Gerichten zur Höhsraufwertung zu zwingen. Dieses Vorgehen erscheint nicht aussichtslos, da nach einer kürzlich erfolgten Reichsgerichtsentscheidung z. B. die „New-'Zork Life" durch ihren mit der „Kronos" geschlossenen und behördlich genehmigten Ueber- tragungsve'rtrag nicht von jeder Versicherungshaftung befreit ist. Dieses deutsche Urteil hat in Amerika jedoch keine Rechtskraft. Deswegen sind zur restlosen Klärung der Aus- wertungs- und Uebertragungsfrage Urteile im Auslande herbeizuführen. Um einem vorzeitigen evtl. Verfallen des Anspruches vorzubeugen, sind durch eingeschriebenen Brief den ausländischer Gesellschaften die Ansprüche anzumelden. Den einzelnen Spezial-Jnteresientengruppen bleibt überlassen, Prozesse im Ausland zu führen. Die drei in Deutschland hauptsächlich eingeführten amerikan. Gesellschaften, die „New Torker Germania", „New-Tork Life" und „Equitable" haben sich dem Versicherungsgesetz von 1901 unterworfen rmd mußten ihre Prämienreserven in Deutschland „mündel- sicher" hinterlegen. Diese den deutschen Versicherten gehörigen Prämienreserven unterliegen dem Aufwertungsgcsetz vom 16. Juli 1925 und die Verteilungsmasse steht nach Liquidierung den Versicherten zur Verfügung. Bezüglich Schweizer und niederländischer Versicherungen ailt dasselbe. Die „New- Bork Life" hak ihren deutschen Bestand ans die „Kronos" Berlin und di« „New-Dork Germania" aus die „Guardian" resp. „Phönix" in Wien übertragen.
Württemberg
Stuttgart, 6. März. V o m L a n d t a g. Der Abg Dr. Wider (BP.) hat folgende Kleine Anfragen gestellt: 1. Nach Mitteilungen der Presse ist es dem württ. Finanzminister gelungen, eine größere innere Anleihe cuifzu- nehmen. Ist das Staatsministerium bereit, aus dieser Anleihe einen größeren Betrag zur Förderung des Wohnungsbaus und eine angemessene Summe zur Stützung der wirtschaftlichen Lage der notleidenden mittleren und kleinen Industrie und damit zur Steuerung der E r w e r b s- losennot abzuzweigen? 2. Die Not der der Aufwertung nicht teilhastig werdenden Kleinrentner nimmt immer schärfere Formen an: Ist das Staatsministerium bereit, bei der Reichsregierung dahin zu wirken, daß 1. die 'ozials Fürsorge für die durch die Aufwertung nicht aufgebessertsn Kleinrentner in verstärktem Maß und einheitlich für das ganze Reich in Stadt und Land erhöht wird? 2. die Hausratoerpfändungen ebenso einheitlich für das ganze Reich aufgehoben und wo sie als Gegenwert für die Rente gefordert sind, rückgängig gemacht werden? Ist das Staatsministerium ferner bereit, vorliegender Not der Sozialrentner die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken?
70. Geburtstag. General d. Inf. Frhr. v. Soden in Stuttgart feiert am 9. März den 70. Geburtstag.
Die Milchversorgung Stuttgarts. Die Württ. Landwirtschaftskammer, der Landw. Hauptverband Württemberg und Hohenzollern, alle milchwirtschaftlichen Vereinigungen und Genossenschaften, verschiedene Frauenverbände usw. veranstalten am Mittwoch, den 10. März im Stadtgartensaol in Stuttgart eine öffentliche Versammlung, in der die Verhältnisse und die Aufgaben der Milchoersorgung Stuttgarts, sowie die Tätigkeit der Milchzentrale von mehreren Rednern behandelt werden.
Montag, 8. März 1V26
Versammlung. Am Sonntag, den 11. März, vormittags 10 Uhr, findet im Goldenen Bären in Stuttgart eine Versammlung der Schweizer, Melker und berufstätigen Vich- wärter in Württemberg statt.
Ein Skuttgarker Flieger m Afrika. Dipl.-Ing. Herman, Schroth, ein gebürtiger Stuttgarter, ist mit eine« Junkersflugzeug in zehn Stunden von Athen nach Kaire geflogen. Jetzt unternimmt er einen Werbe- und For- schungsflug nilaufwärts.
dem Lande
Sindelfingen, 6. März. D a u m b e s ch ä d i g u n g. In Magstadt wurde acht Besitzern eine größere Anzahl Obst- bäume beschädigt. Es ist gelungen, die Täter zu ermitteln.
Meildersiadk, 6. März. Das der Skadtgemeinde Weil- derftadt gehörige Forstwarthaus in Mölklingen ist durch Feuer größtenteils zerstört worden.
Kochendors, 7- März. Le i ch e n l ä n d u n g. An der Schleuse des Kanals wurde die Leiche eines 23 I. a., zuletzt in Heilbronn wohnhaften Mannes, namens Stahl, von Schloßberg, OA. Neresheim, gelandet. Es liegt Selbstmord vor.
Neckarsulm, 7. März. Wirtschaftslage. Während sich die Lage in der hiesigen Großindustrie in den letzten Wochen gebessert hat, was in einer Vermehrung der Arbeitstage zum Ausdruck kommt, ist die Lage im Weinbau nicht rosig. Nicht weniger als 10 Besenwirte verkaufen ihr Gewächs, eine Anzahl weiterer „Besemvirrschaften" ist angemeldet.
Tübingen, 7. März. Verweisung. Der kommunistische Student Werner Abingt, der trotz verschiedener Verweise beharrlich die Veranstaltung einer kommunistischen Versammlung betrieb, in der der Kommunist Rojenberg sprechen sollte, wurde aus zwei Jahre von der Universität verwiesen:
Aichhalden, OA. Oberndorf, 6. März. Brand. Das Anrvestzn des Franz Sekinger am Schachen ist vollständig niedergebrannt. Außer dem Vieh konnte nichts gerettet werden. Das Gebäude war sehr alt und noch mit Stroh bedeckt. Die Enkstehungsursache des Brands ist unbekannt.
Münsingen, 7. März. Ueberfahren. Die vor ein Langholzfuhrwerk gespannten Pferde des Christian Sigler von Apfelstetten scheuten am Bahnübergang vor dem Güterzug und gingen durch. Der mitfahrende Küfermeister Stotz von Apfelstetten und Sigler kamen zu Fall. Stotz, über den das Fuhrwerk hinweging, wurde erheblich verletzt, während Sigler mit leichten Verletzungen davonkam.
Wlssenstcig, 5. März Kündigung. Den Arbeitern und Beamten der hiesigen Federstahlfabrik, Filiale von Kassel, wurde auf den 24. März gekündigt, nachdem das Werk schon längere Zeit mit Unterbilanz gearbeitet hatte. Beinahe 70 Personen werden dadurch arbeitslos.
Alm, 5. März. Vom Münster. Ger Gssamtkirchen- gemeinderat hat vor einiger Zeit eine von der württem- bergischen Regierung befürwortete Eingabe an das Reich gerichtet, um Reichsmittel zur Erhaltung des Ulmer Münsters zu erhalten.
Um die Notlage der Erwerbslosen zu mindern, verabreicht die Konsum- und Spargenossenschaft an ihre arbeitslosen Mitglieder bis auf weiteres wöchentlich einmal 1500 Gramm Roggenbrot.
Alm, 7. März. Triebwagen. Die günstigen Erfahrungen mit den drei von Ulm nach württ. Nachbarstädten verkehrenden Triebwagen haben den Gemeinderat von Neu-Ulm veranlaßt, bei der Münchner Behörde um Einführung von Triebwagen auf der (bayerischen) Illerbahn nachzusuchen.
Diberach, 7. März. Italienischer Falschmünzer- In dem nahen Oberhöfen wurde in der Tenne eines Wohnhauses eine Falschmünzerei entdeckt, wo der Besitzer des Hauses, der Italiener Luigi Maniago Prägungen von falschen Zweimarkstücken und Zwanzigfranken- stücken vornahm. Maniago wurde verhaftet, ebenso sind auswärtige Graveure, die dem Falschmünzer die erforderlichen Stempel geliefert hatten, ermittelt und in Untersuchung gezogen worden.
Frrsdrichshafen, 7. März. Tauchapparak. Die hiesige Sanitätskolonne erhielt kürzlich als werkvolle Bereicherung ihres Hilfsmittelbestands durch Vermittlung des Landesvereins einen Tauchapparak. Ein Mitglied der Kolonne wird in Kiel als Taucher ausgebildet werden.
Der KariMeLbaron
M, Humoristischer Roman von Fritz Gantzer
Verärgert langte er in Krachtwitz an, Ernst nach dem Aussteigen sofort sagend, daß da im Wagen ja eine „nette Schweinerei" sei. Ehe der junge Kreyenbühl dazu kam, fragend zu erwidern, spazierte die Katzemnutter, von vier Kindern gefolgt, die beiden breiten Wagentritte hinab. Nur das! Nesthäkchen, ein ängstliches Ding, blieb, kläglich schreiend, zurück.
„Donnerwetter!" fluchte Ernst Kreyenbühl nach einem langen entsetzten Stummsein. „Da soll ja gleich! Entschuldigen Sie man bloß, Herr Amtsrichter! Solche Bande! Na, ich sage schon! Wie ist denn das bloß möglich?"
„Ja, wenn Sie's nicht wissen. Lieber?" Eberty sagte es unverhohlen spöttisch und ärgerlich. „Jedenfalls eine tolle Sache, mich mit einer Katzenfamilie über Land zu fahren."
Mutter Mieze hatte unterdessen Rat gewußt, war zurück- gefprungen und hatte das Nesthäckchen zart ins Genick gefaßt- Nun standen alle sechs unten. Und die Aste sah zu Eberty hoch, als wolle sie sagen: „Nun bitte, weiter, Lieber! Willst du etwa mit uns hier stehen bleiben?"
Ehe Ernst sich soweit besonnen hatte, abzusteigen, um Eberty von seiner Gefolgschaft zu befreien, kam Herr von Leffenthm die Freitreppe herab. Er überflog die ganz« Gruppe mit einem schnellen Blick und hob ein dröhnendes Lachen an.
Als es ihm endlich möglich war, zu sprechen, rief er: „Das wird ja immer niedlicher! Nun bringen die Kreyenbühl- schen schon gar einen halben zoologischen Garten mit. Oder ist das Ihre Menagerie, Herr Amtsrichter?"
Der schluckte heftig, daß er seine Wut herunterbekam. „Ein Skandal. Herr von Leffenttnn. was einem m diesem Bütenhagen alles passieren kann."
„Ja. ein wunderbares Nest! Guten Tag, Herr Amtsrichter! Kreyenbühl soll die Biester nur wieder verladen, während wir über die 5 Mark 45 Pfennige verhandeln. Denn oeswegen kommen Sie doch?"
Eberty wich der Erkundigung aus. Erst als er dem Krachtwitzer in dessen Zimmer gegenübersaß, gab er die Richtigkeit der vorhin ausgesprochenen Vermutung zu.
Es wurde ein langes Her und Hin. Der Amtsrichter bat, kam mit Railonnements und erklärte seinem vergnügt
M
lächelnden Zuhörer schließlich, es sei undenkbar, daß die Sache mit der einfachen Weigerung, die Kostenrechnung zu bezahlen, erledigt sein könne. Er verstünde seinen Vorgänger im Amte nicht und . .
„Lassen sie doch den ollen Briesewetter ruhig schlafen", unterbrach der Krachtwitzer an dieser Stelle. „Was kümmern den noch ausgegrabene Kostenrechnungen!"
„Aber zu seinen Lebzeiten hätte er sich darum kümmern sollen. Seine I. d. E.-Verfügung spricht Bände."
„Er wollte es mit mir nicht verderben und die Post nicht länger bemühen."
„Die preußische Justiz darf sich aber doch von derartigen Erwägungen nicht leiten lassen", belehrte Eberty stirnrun- zrlnd. „Wo bleibt da die Gerechtigkeit?"
„Ja, die möchte ich auch finden, Amtsrichter!" lachte der Hüne bissig auf. „Ich suche bereits seit drei Jahren nach ihr. Mit der Laterne suche ich! Wenn ich sie nun übermorgen in Leipzig nicht finde, gibt's keine. Dann ist unsere ganze Rechtspflege keinen Dreier wert. Und der alte Fritz muß sich im Grabe umdrehen."
Eberty schwieg. Er sah die Nutzlosigkeit seiner Bemühungen ein und wollte sich empfehlen.
Herr von Lessenthin erhob sich. „Tun Sie, was Sie wollen. Wenn Sie meinen, daß es nötig sei, mich auspfänden zu lassen, so schicken Sie den Kukfficke in Gottes Namen. Raus fliegt er sicher!"
„Bedenken Sie auch die Folgen, Herr von Lessenthin?"
„Pah, Folgen! Dann gibt's eben einen neuen Prozeß, der meinetwegen auch drei Jahr« dauern und bis nach Leip- zig gehen kann. Jedenfalls bezahle ich nicht . . . Und nun kommen Sie zu meinen Damen mit rüber. Das Kriegsbeil wollen wir vorläufig begraben, und bei einer Tafle Kaffee können wir Waffenstillstand schließen."
Eberty kam gar nicht dazu, dankend adzulehnen. Er fühlte sich plötzlich unter den Arm gefaßt und war nicht mehr imstande, seiner beabsichtigten Weigerung Wort« zu verleihen, obwohl er sich vorkam wie einer, der sich bestechen lassen will.
Aber schließlich war ja solch Plauderstündchen mit der liebenswürdigen Hausdame Fräulein von Restawo und der Komteß kein Verbrechen. Und nun sagte er: „Ich bleibe gern ein Weilchen, obschon ich nicht viel Zeit habe."
„Sie meinen, der Katzenbrut wegen? Die läuft Ihnen ebenso wenig davon, wie es Kreyenbühls Fettwänste tun .
Sie waren lachend über den Flur gegangen und traten nun in ein Zimmer, das zur Linken lüg.
Und da sah sich Eberty nicht nur den beiden Damen gegenüber, die er zu sehen allein erwartet hatte, sondern einer dritten auch noch . .. Und diese dritte war . . .
Ja, war denn das wirklich . . . Renate Brandt, der er plötzlich gegenüberstand? Wirklich und wahrhaftig Renate Brandt?
Ehe er sich ganz von seiner maßlosen Bestürzung, die aus seinem Gesicht, vor allem aus seinen Augen sprach, zur Fassung hinzufinden vermochte, sprach Herr von Leffenthm schon.
„Der Amtsrichter von Bütenhagen hat Kreyenbühls junge Katzen spazierengefahren. draußen steht die Kalesche, und möchte den Damen nun seine Aufwartung machen. Die Herrschaften kennen sich ja bereits mit einer Ausnahme. Re- natchen, darf ich Ihnen Herrn Amtsrichter Eberty vorstellen?"
Die schlanke junge Dame, von der Eberty seinem Freund« Fritz Feldern damals so schwärmerisch geschrieben: „Wenn Du Dir von der Person Renatens eine annähernd richtige Vorstellung machen willst, mußt Du Dir einen sonnsngeseg- neten Frühlingstag ausmalen. Emen, der leuchtende Schleienblüten im Haar trägt und mit verträumten Augen nach duftenden Heckenoeilchen sucht, lieber dessen Schönheit sich ein mit lichten Wolkenstreifen geschmückter tiefblauer Himmel wölbt und dem ein weicher West die rosenroten Wangen küßt", trat dem verblüfften und immer noch fassungslosen Amtsrichter mit heiterer und unbefangener Miene entgegen. Nur ein flüchtiges Rot. von der Ueberraschung gemalt, war bei seinem Eintritt über ihr Gesicht geglitten und hatte seine Schönheit — von der Eberty, wenn auch etwas schwärmerisch, nicht zuviel behauptet — nicht unbedeutend erhöht.
Und nun sagte sie. ohne das leiseste Schwanken in der Stimme, obwohl ihr Herz heftig schlug und der Schatten, der seit dem letzten Begegnen mit Eberty aus ihrem Innenleben lag, infolge dieses Wiedersehens noch um einen Schein dunkler wurde: „Auch wir sind uns bekannt, Herr von Lei- senthin. Nicht wahr, Herr Amtsrichter? Wie geht es Ihnen? Ich hörte erst vor kurzem, daß Sie nach Bütenhagen versetzt seien."
(Forksetzvvg folgt.)