Sette 2 - Nr. SL

Nagolder Lagblatt »Der Gesellschafter*

Mtttwoch, 3. Mörz lVLL

es'bert s'(Zenkr.) erbittet eine Statistik Me» die Zahl der Schwerkriegsbeschädigten in der Schwer­industrie.

Abg. Dr. Koch-Düffeldorf (Dnatl.) begründet einen Antrag» der die Reichsregierung ersucht, für Weitergewäh­rung der vollen Unterstützung ohne Abzug der Invaliden­renten an die pensionierten Arbeitnehmer der früheren Reichsbetriebe zu sorgen.

Äbg. Gerig (Zentr.) ersucht die Reichsregierung, die raufenden Unterstützungen der ehemaligen Heeres- und Marinearbeiter dadurch zu verbessern, daß die Unterstützungs­sätze an die Sätze der Zuschußrenten angepaßt werden, die die Satzung der Versorgungsanstalt der Reichspost in Aus­sicht genommen hat.

Abg. Tiedt (Komm.) nennt es eine Schande, daß heute, sieben Jahre nach dem Kriege, die Kriegsbeschädigten für Heilbehandlung kämpfen müssen. ^

Ein Regierungsoertreter stellt fest, daß die Heilfürsorge für die Kriegsbeschädigten überall gesichert ist. Wegen der Anpassung der Unterstützungssätze für ehemalige Heeres­arbeiter an die der Reichspost schweben Verhandlungen.

Abg. H o f m a n n - Ludwigshafen (Z.) verweist auf die schwierigen Verhältnisse im Saargebiet, wo die treudeutsche Bevölkerung allen Lockungen der Franzosen widerstehe.

Neuestes vom Tage

Keine außenpolitische Aussprache im Rsichstig Berlin. 2. März. Der Aeltesrenrat des Reichstags hat beschlossen, daß entgegen dem Antrag der Oppositions­parteien auf Wunsch der Reichsregierung vor der Völker- dundstagung in Genf keine Aussprache über die Außenpolitik >m vollen Reichstag mehr stattfinden solle. Der Reichs­kanzler wird, wie bereits berichtet, in seiner heutigen Rede in Hamburg die Stellungnahme der Reichsregierung zur Frage der Erweiterung des Völkerbundsrats bekanntgeben.

Besprechungen über die Fürstenabfindung Berlin, 2. März. Gestern fanden unverbindliche Bespre­chungen der Regierungsparteien mit Vertretern der Reichs­regierung statt, die in den nächsten Tagen fortgesetzt werden sollen. Erst nach Abschluß dieser Besprechungen sollen die Besprechungen mit der Sozialdemokratie ausgenommen werüen-

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Seine englische Kabinettskrise London. 2. März. Der Staatssekretär des Innern Joyn- jon Hicks erklärte in einer Rede, es bestehe keine Kabinetts­krise! Die einzige Sorge der Regierung sei, zu einer fried­lichen und einmütigen Lösung zu gelangen, der alle Na­tionen der Welt zustimmen könnten.

Die japanische Regierung hat nach einer Londoner Mel­dung ihrem Vertreter im Dölkerbundsrat nur unbestimmte Weisungen über die Verteilung der Ratssitze gegeben, die es ihm ermöglichen, nach eigenem Urteil bzw. mit der Mehr­heit abzustimmen, da durch die Aufnahme Deutschlands eine neue Lage geschaffen werde, die hauptsächlich die europäischen Möchte angehe.

Umgestaltung der belgischen Eisenbahnen Pari», 2. März. Rach der »Lournee Industrielle" be­absichtigt die belgische Regierung, zum Betrieb der belgischen Bahnen eine Gesellschaft mit einem Kapital von einer Mil­liarde Franken zu bilden, in der der Staat vier Fünftel über­nehmen würde, während ein Fünftel neues Geld hinzu- kvmmen soll. Diese Eisenbahngesellschast würde 11 Milliarden Schuldverschreibungen ausgeben, die als Gegenwert für Schatzscheine dienen sollen, durch die die Umwandlung der schwebenden Schuld in eine feste Schuld herbeigeführt wer­den soll.

Kämpfe in Marokko

Paris. 2. März. Bei Mtiua machte Abd el Krim einen scharfen Angriff, der nach Haoas von der französischen Artillerie und Fliegern sowie eingeborenen Truppen zurück­geschlagen worden sein soll. Doch geht der Kampf weiter.

Ein Blatt verzeichnet das Gerücht, Abd el Krim habe ein neues Friedensangebot gemacht.

Vor einer Entscheidungsschlacht in China Paris, 2. März. Meldungen aus Tientsin besagen, daß die Hauptstreitkräfte des Regierungsheeres den Verteidi­gungskampf der Provinz Honau gegen Wu-pei-fu mit allen Kräften fortsetzen. Wu-pei-fu versucht, den Vormarsch durch Honau zu erzwingen, um sich mit den Truppen Li-tsching- lins, eines Unterbefehlshabers von Tschong. zu vereinigen. Matschona konnte bereits besetzt werden. Die Truppen setzen den Vormarsch fort.

In der Nähe von Kongmoon wurde ein chinesisches Schiff, das ein anderes Schiff schleppte, von Seeräubern überfallen. Die Räuber wurden erst durch das Eingreifen englischer Kriegsschiffe gezwungen, ihre Beute freizugeben.

Streik in Schanghai

Schanghai, 2. März. In einer Baumwollspinnerei find 3400 japanische Arbeiter in den Ausstand getreten. Eine Spinnerei wurde angegriffen, ein japanischer Werkführer getötet und die Maschinenanlage beschädigt. Es wird be- flirchtet. daß der Streik sich auf die anderen Spinnereien ausdebnt.

Württemberg

Stuttgart. 2 Marz. Neue Stunventajern zur d ie höheren Schulen. In der neuesten Nummer seines Amtsblattes gibt das Kultministerium neue Stundentafeln jür die höheren Knaben- und Mädchenschulen bekannt. Sie werden vom Beginn des nächsten Schuljahrs ab, zunächst für die drei untersten Klassen, an sämtlichen höheren Schulen Württembergs dem Unterricht zugrundegelegt. Die für diese Klassen erforderlichen lehrplanmäßigen Anweisungen und Uebergangsbestimmungen werden den Schulen vor Beginn des neuen Schuljahrs beknnntgegeben werden. Die weitere Durchführung der neuen Stundentafeln bleibt Vorbehalten, bis die gesamten neuen Lehrpläne, die im Lauf dieses Jahrs fertiggestellt werden, veröffentlicht sind.

Aus dem Parkeileben. Der Ortsausschuß der Deutschen Volkspartei hat Generalleutnant Haas zu seinem Vor­sitzenden gewählt.

Erdrutsche bei der Vaihinger Straßenbahn. Bei der Vaihinger Straßenbahnlinie sind in letzter Zeit verschiedene Erdrutsche vor sich gegangen, die nicht allein auf das Regen­wetter zurückzuführen sind. Die neue betonierte Wegüber- führung zeigt in einem Pfeiler einen großen Riß. Wann unter diesen Umständen die Bahn dem Betrieb übergeben werden kann, läßt sich noch nicht sagen.

Hurra, keine

Nein, ganz wird sie doch nicht aufgehoben, für Juwele» beispielsweise bleibt die Luxussteuer bestehen. Aber lederne Klubsessel, Perferteppiche. Möbel aus fremden Edelhölzern, feine Parfüms, und anderes sollen fortan, wenn der Reichs tag die Pläne des neuen Reichsfinanzministers Reinhold bewilligt, nur der allgemeinen Umsatzsteuer von 0,6 Prozent unterliegen. Man erhofft davon eine ungemeine Belebung des Geschäfts.

Natürlich gönnen wir den Leuten» denen s« zugute kommt, jode gerechtfertigte Steuererleichterung. Besonders, wenn man na, na die Hoffnung hegen darf, daß in­folgedessen die Preise Hinuntergehen. Aber die große Waffe der deutschen Menschheit denkt heute doch nicht an Lurus- dinge. Sie fragt sich statt dessen vielleicht:Wie kommt es, daß früher deutscher Roggen 8 Mark und deutsches Brot 12 Mark der Zentner kostete, heute aber Roggen 7 und Brot trotzdem 15 Mark?" So geht es ja auch mit sonstiger Nah­rung und Notdurft des Lebens. Die Preisspanne zwischen Urprodukt und Kleinhandelsartikel hat sich ganz allgemein von rund 30 auf über 50 Prozent gesteigert. Die Steuer auf Caoiar läßt uns demgegenüber ganz kalt.

Nun sagt der neue Finanzminister uns allerdings, daß der Abbau der Umsatz- und Lurussteuer die deutsche Wirt­schaft beleben werde. Hat der eine Ahnung!

Vielleicht hat er sie doch, aber sie ist dann partei-demo­kratisch; nämlich die Erleichterung kommt nicht dem Produ­zenten in der Landwirtschaft und Industrie und Handwerk zugute, sondern ist zumeist ein Geschenk an denHandel letzter Hand", macht also im wesentlichen den Warenhäusern das auch für sie heute schwere Dasein etwas erträglicher. Ob wenigstens der Konsument der Käufer etwas davon spüren wird, steht noch sehr in Frage; wir können nicht recht daran glauben.

Eines aber wissen wir bestimmt: daß die demokratischen Steuergeschenke, so volkstümlich sie sich auch arischen, in Wirklichkeit unsere Finanzen ruinieren.

Der Zentrumsabgeordnete Er sing rief Herrn Peter Reinhold im Reichstag zu:Wenn Sie einmal abgehen, werden Sie dann so gute Reichsfinanzen hinterlassen, wie es ihr Vorgänger tat?" Dieser Vorgänger, Minister von Schrieben, ist häufig genug angegriffen worden. Er hat aber wenigstens dafür gesorgt, daß in den Reichskaffen sich

Stuttgart, 2. März. Aus der evang. Kirche. An nächsten Sonntag wird in den ev. Kirchen ein Aufruf des Kir chenpräsidenten von der Kanzel verlesen werden, der zr vermehrtem Zugang der weiblichen Jugend zum Diakonissen­beruf auffordert, da die Zahl der vorhandenen Schwestern, so erfreulich zahlreich sie ist, nicht zureicht, allen Bitten um E; sendung einer Hilfe in Gemeinden, Familien und An- talten zu entsprechen. Das Kirchenopfer am Karfreitag ist ür eine neue Kirche der Weststadtgememde in Ulm be- t'mmt, weil der vorhandene Saalbau mit nur 400 Sitz­plätzen für die Sammlung der Gemeinde völlig ungenügend ist und sich außerdem in baulich schlechtem Zustand befindet.

Ein ungeeigneter Gefängniswärter. Das Schöffengericht hat den früheren Polizeiwachtmeister Christian Wahl wegen Amtsunterschlagung zu 10^ Monaten Gefängnis und zu 3 Jahren Ehrverlust verurteilt. Er hatte sich Delikte in einem hiesigen Gefängnis zu Schulden kommen lassen.

Aus dem Lande

Eßlingen. 2. März. Ehrung. Der Leiter des Eßlin gei Oratorienvereins, Musikdirektor Nagel, hat aus Anlaß der Feier des 75jährigen Bestehens dieses Vereins ein in den wärmsten Worten gehaltenes Anerkennungsschreiben des Ministerialdirektors von Välz als Vertreter des Kultministers erhalten. Auch die Stadt Eßlingen hat die Verdienste des Vereins und seines Leiters gewürdigt.

Vaihingen a. 2. März. Zurückgezogene Be­schwerde. Stadtschultheiß sei in hat nunmehr die Beschwerde gegen die Nichtbestätigung seiner Wahl zum Stadtvorstand zurückgezogen. Es folgt nun die zweite Stadt­schultheißenwahl.

Schwaigern, 2. März. Eine Schlafwandlerin. In Eppingen begab sich nachts die 22jährige Tochter des Lokomotivführers Harsch in einem Anfall von Schlafwandel auf das Dach und fiel, als sie von ihrem Bruder angerufen wurde, vom Dach herunter. Sie trug eine schwere Ver­letzung des Rückgrats davon.

Nordheim OA. Brackenheim, 2. März. Neubaueiner Weinkellers i. Die Unterländer Weingärtnergesellschaft hat in ihrer Generalversammlung am letzten Samstag be­schlossen, in Nordheim einen größeren Weinkeller mit Kel­lereien- usw. -Einrichtung nach neuzeitlicher Erfahrungen zu erstellen und mit dem Bau sofort zu beginnen.

Backnang, 2. März. Tödlicher Unfall. Kurz vor der Einfahrt des Abendzugs in die hiesige Skakion ist bei der Ueberfahrk über eine Weiche infolge des Rückstoßes der vor dem Wagen auf der Plattform sich aufhaltende 21jährige Schlosser Fritz Seiz von hier, der mit seinem Altersgenossen auf der Heimfahrt von Oppenweiler her war, herunter- gefallen, so daß er eine gefährliche Rückenmarkverletzung davontrug, die nachts seinen Tod im Krankenhaus herbei- fi'ibrte. Wieder eine eindringliche Warnung an die Jugend., sich nicht außerhalb des Wagens aufzuhalten.

Rottenburg, 2. März. Hunde kn der Schafherde. In die Schafherde des Schäfereibesitzers Bährle drangen nachts zwei Wolfshunde, die großen Schaden anrichteten. Die Schafe drängten sich in einem Knäuel zusammen, so daß sie z. T. erstickten, die übrigen wurden zerrissen. Insgesamt wurden 73 Schafe getötet.

Rottrveil, 2. März. Der Kreisparteitag der Zentrums­partei für den Schwarzwaldkreis findet hier am 14. März statt.

Stetten ob. Rottweil, 2. März. Zwischenfallbeider Kriegergedächtnisfeier. Nach der Kriegergedächt­nisfeier am Sonntag wurden von einem mit roten Zetteln beklebten Lastauto Flugblätter verteilt und am Fuß des Denkmals von einem jungen Burschen eine Rede gehalten, die die Fürstenenteignung forderte.

Gmünd, 2. März. BomMünster. Der kath. Kirchen­stiftungsrat hat, wie berichtet, endgültig beschlossen, bei der Heiligkreuzkirche den urprünglichen Namen .Münster un- serer lieben Frau' wieder aufleben zu lassen. So hat nun Württemberg zwei Münster: das Ulmer und das Gmünder. Mit dem Bau des ersteren wurde 1377, mit dem des letzteren um 1333 begonnen. Nach einem im Ulmer Münster 1898 aukgefundenen Denkstein ist es sehr wahrscheinlich, daß die drei ersten Münsterbaumeister der Gmünder Künstlerfamilie der Parker angehörken. die auch das Gmünder Münster er­baute.

Luxussteuer!

die nötigen Betriebsmittel finden, me Neinyorv >eyr m« vollen Händen hinauswirft. Reinhold ist ein faszinieren­der Kerl. Seine lebemärmische Auffassung der Finanz Probleme hat den Kanzler Luther so für ihn eingenommene wie früher die des Paar-Wochen-Ministers Hilferding de» j Kanter Stresemann. Aber Illusionisten begeistern sich für einander; die alte Geschichte. I

Also Reinhold wirft die Luxussteuer der Umsatzsteuer - hinterher und sagt, er habe den festen Glauben, daß unsere i Wirtschaft genese. Das gleiche hat Luther erklärt. Nun ist - cs zwar richtig, daß unsere Handelsbilanz (nicht unsere Za^ : lungsbilanz!) seit zwei Monaten wieder aktiv ist. d. h., daß wir mehr ausführen, als einführen. Aber unsere Ausfuhr ist nicht etwa gestiegen. Nur unsere Einfuhr hat sich, west i wir so verarmt sind, daß wir kaum mehr viel einkaufe« ! können, erheblich verringert. In diesem Moment will Rein-- > hold auf rund 550 Millionen Reichseinnahmen jährlich ver- ! zichten. Am Ende dieses Wegs wir werden es schon 1927 ! erleben gibt es Heulen und Zähneklappern. ^

Aber das paßt alles vortrefflich in das neue System, unter ! dem ganz wie im alten Nom durch übermäßige» j FKÜaldruck die Landwirtschaft und überhaupt die heimische- i Produktion und Konsumtion ruiniert ist und nur die vage Hoffnung auf schnelle Eingliederung in die große Weltwirt­schaft bleibt. Der frühere Staatssekretär Hamm und Stresemann auch ganz ähnlich hat dies in die Worte ! gekleidet:Wir müssen gute Menschen und gute Ware« ein-ertieren." Also hinaus mit den 20 Millionen Deutschen, die es laut Clemenceau zu viel gibt! Und hinaus mit den Waren, die wir sm Frondienst erzeugen!

Ein eitles Bemühen. Das erst" kann Herrn Reinbrlld und Genoffen natürlich o-clingen, daß gute Deutsche nämliche auch wenn sie von der Lurussteuer auf Mahagoni und Ro- - icul olz und Kölnisches Wasser befreit sind, als Arbeiter i» § das umliegende Ausland abwandern, um dem Verhungern - zu entgehen, dafür allerdings ihr Volkstum aufgeben. Da­gegen ist das andere kaum möglich: wir müßten unsere Aus­fuhr von 11 auf 17 Milliarden jährlich steigern, um dir vu^"-thalb Milliarden Dawestribut schon dieses Jahres aich zub-ugen.

Die wachsen aber binnen zwei Jahren bis .zu 2,5 Mil­liarden. Dann wird es dank unseren Regierenden zu einem Luxus werden, noch Deutscher m sein. >

Aus Stadt und Land

Nagold. 3. März 1926 Des Volkes Wohl sei oberste» Gesetz; dann wird Gesundheit. Kraft und Schönheit unser Eigentum.

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Dienstnachrichteu.

Der Herr Staatspräsident hat den Kaufmann Richard Büxenstein, in Firma Blank und Stoll in Calw, seinem An­suchen gemäß von dem Amte eines Handelsrichters bei den Kammern für Handelssachen an dem Landgericht Tübingen mit Wirkung vom 1. März ds. Js. ab enthoben und die Kauf- leute Gottlob Bräuning, in Firma Ferdinand Gröber, mecha­nische Webereien in Tübingen, zum ordentlichen Handelsrichter und Karl Otto Wagner, in Firma H. Hutten Nachf., Zigar- reniabrik in Calw, zum stellvertretenden Handelsrichter bei den Kammern für Handelssachen an dem Landgericht Tübingen vom l. März os. Js. ab für den Rest der laufenden Amts- periode bis 30. September 1927 ernannt.

Im Bereiche des Finanzamtes Stuttgart wurde der Ober­steuersekretär Hörz beim Finanzamt Herrenberg zum Steuer­inspektor ernannt.

Eduard Reiuacher.

Klein, sehr klein war Reinachers Gemeinde, vor der er gestern abend im Seminarfestsaal aus seinen Werken las. Doch wer auch hier schließlich gekommen wäre, um sich eine unter­haltende und gemütliche Stunde zu bereiten,- der tat bester, zu Hause zu bleiben. Reinachers Sprache will in ihrer mannig­faltigen, rankenfreudigen und vom Inhalt bestimmten Form verstanden und verarbeitet sein. Er las zuerst einen Abschnitt aus dem Roman »Runold's Ahnen" und zwar die Begegnung Runold's mit dem Barfüßler. Weiterhin aus seinen Idyllen und zum Schluß die »Vision in Locarno". Reinacher versteht es, durch die Gestaltungsmacht seiner Sprache Bilder in schön­sten und prächtigsten Farben vorzumalen wenn eS auch manchmal Mühe kostet, diese Bilder zu sehen und zu verstehen. Die Vision in Locarno sollte zwar nicht mit der Konferenz in unmittelbarer Berührung stehen, doch wer Wahrheit in beider­seitigen Worten, sowohl in denen des Satanas, als auch in denen des liebenden Menschen gesucht hat, der hat sie gefunden. Bei Reinacher ist es kein Weltbegreifen im rationalen Sinn, sondern im sinnlichen Sinn, es ist ein Sichhineintasten in die Welt und es wäre gut, wenn man von jedem Dichter der Deutschen Sprache sagen könnte, daß er so wenig Dichtkunst mit Philosophie vertauschte. Erich Dürr sagt sehr richtig in »Die Literatur": Reinacher zieht die dichterische Folgerung eines weltgeichichtlichen Zusammenbruchs: die Bejahung des Todes mit einem Kraftrückhalt von männlichster Fassung. Wenn wir irgendwo den Glauben finden, daß wir den Tod, der ja für uns alle schon hinter uns liegt überleben können, so finden wir ihn hier.

Fritz Haas, Slattgart.

der bekannte und auch hier in bester Erinnerung stehende Lieder und Balladensänger veranstaltet unter Mitwirkung von Herrn Studienrat K. Schmid am Sonntag, den 7. März 1926, nachmittags 4 >/r Uhr, im Musiksaal des Seminars ein Konzert, in welchem Lieder und Balladen von Beethoven, Schubert, H. Wolf und C. Löwe zum Vortrag kommen. Wie immer, wenn Haas nach Nagold kommt, werden auch diesmal wieder die Zuhörer von dem meisterhaften Vortrag und der technisch voll­endeten, warmklingenden Stimme des Sängers ergriffen sein. Auch Studienrat Schmid's Meisterschaft als Begleiter bürgt dafür, daß das Konzert einen ganz besonders nachhaltigen Ein­druck hinterlaffen wird.

Die Blätter de» württ. Schwarzwaldvereins »Aus dem Schwarzwald­bringen in ihrer Nr. 2 vor allem einen sehr interessanten Auf­satz über Scheffels Aufenthalt in Bad Teinach, dem u. a. eine sehr schöne Aufnahme des Scheffel-Denkmals am Waldesrand bei Teinach beigefügt ist. Ein Auszug aus dem Nagolder Heimatbuch ist mit Zeichnungen von Berneck geschmückt, und eine Abbildung der Ruine Zavelstein ermuntert zu einem Aus­flug dorthin, besonders um sich an der augenblicklichen Krokus­blüte erfreuen zu können. Verschiedene Bezirksvereine geben in dieser Ausgabe ihre Vereinsberichte.

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